seiner Klasse. Es erschienen mehrere wissenschaftliche Monographien, unter denen wir die von Leuckart und Pagenstecher obenan zu stellen haben, populäre Abhandlungen zur Beruhigung und Belehrung der Menge, darunter eine vortreffliche von Virchow, wurden in vielen Tausenden von Exemplaren verbreitet, die Regierungen erließen Jnstruktionen zur Ueberwachung des Fleisch- handels, sogar ein neues Amt, das des "Trichinenbeschauers" wurde in mehreren mitteldeutschen Staaten gegründet, zum Besten vieler Dorfschullehrer, denen die Trichinen -- das einzige Gute, was man ihnen nachrühmen kann -- zu einer Gehaltszulage für die fleißige Beschau der im Dorfe geschlachteten Schweine verholfen haben.
Sichere Fälle von dem Vorkommen der Trichinen im Zustande der Einkapselung in den Muskeln des Menschen sind erst einige und dreißig Jahre alt, und der Name Trichina spiralis wurde ihnen 1836 von dem englischen Naturforscher Owen gegeben. Er deutet auf die Aehnlich- keit des in der Kapsel zusammengerollt liegenden Würmchens mit einem spiraligen Härchen, von dem griechischen Worte Thrix-Trichos, das Haar. Die Parasiten, obschon in großer Anzahl vorkommend, erschienen unschädlich, wie denn in der That mit der Einkapselung die Krankheit überwunden werden kann. Erst acht Jahre später kam man zur Erkenntniß, daß jene Trichinen der Jugendzustand eines Rundwurmes seien; ihr Vorkommen im Menschen erschien jedoch als eine "Verirrung", man übertrug auf sie eine Ansicht, die eine Zeitlang auch für andere Eingeweide- würmer des Menschen und der Thiere gegolten, daß sie nämlich in einem gewissen Stadium ihrer Entwicklung oft den rechten Weg versehlten, in unrechte Wirthe und ihrem weiteren Wachsthum nicht zusagende Organe gelangten, darum ausarteten und eingekapselt würden. Daß die Trichinen ihre Kapsel selbst ausschwitzen, erfuhr man dabei. Auch stellte sich später durch eigens zu diesem Zwecke angestellte Versuche heraus, daß sowohl im Darm der Mäuse als in dem der Hunde die mit dem Fleisch eingeführten Trichinen ihre Kapsel verließen, wuchsen und in kurzer Zeit geschlechts- reif wurden, ferner ergab sich die für die Ansteckung mit Trichinen wichtigste Thatsache, daß die im Darmkanal des Wohnthieres geborenen Trichinen nicht nach außen wandern, sondern die Muskeln des Wirthes heimsuchen. Der erste eklatante Fall einer tödtlich verlaufendenden Trichinen- krankheit beim Menschen trug sich am 27. Januar 1860 in Dresden zu, wurde von dem Professor Zenker in seiner ganzen Bedeutung gewürdigt, und die völlige Aufklärung folgte rasch, leider begünstigt durch eine ganze Reihe von Einzelfällen und schweren Epidemien, welche zahlreiche Opfer verlangten. Eine der am meisten berüchtigten ist die von Hettstädt, bei welcher auf 159 Erkrankungen 28 Todesfälle kamen. Die große Verbreitung des Parasiten zeigte jener in Hamburg beobachtete Fall, wo das die Ansteckung verursacht habende Schwein in Valparaiso gekauft und während der Ueberfahrt von der Schiffsmannschaft verzehrt worden war. Ueberhaupt aber wurde bald offenbar, daß die fast ausschließliche Quelle für die Jmportirung der Würmer in den Menschen das Schwein sei. Zu diesem werden wir zurückkehren, indem wir uns näher mit den Eigenschaften und Lebensverhältnissen der Trichine bekannt machen.
Die geschlechtsreifen Trichinen oder die sogenannten Darmtrichinen leben nur im Darm des Menschen und verschiedener Säugethiere und Vögel, und sie vollenden dort ihr Wachsthum, pflanzen sich fort und gehen nach und nach zu Grunde. Die Weibchen sind selten wenig länger als 11/2 Linien, die Männchen 3/4 Linien lang. Das Wachsthum und die Reife gehen im Darmkanal so schnell vor sich, daß die neue Generation schon 5 Tage nach Einführung der alten gefunden wird. Die Würmchen sind also mit gutem Auge gerade noch zu erkennen. Bei beiden Geschlechtern liegt der Mund gerade am Vorderende, von wo aus der Körper bis über die Mitte sich gleichmäßig verdickt, um von da aus gegen das stumpf abgerundete Hinterende wieder etwas schmäler zu werden. Die Oeffnung, durch welche die schon im Eihalter aus- kriechenden Embryone geboren werden, liegt nicht weit vom Vorderende; das Schwanzende des Männchens ist durch ein Paar zapfenförmige Hervorragungen ausgezeichnet. Die in den Darm des Menschen und gewisser Thiere versetzten Trichinen gehen nie aus
Fadenwürmer. Trichotracheliden.
ſeiner Klaſſe. Es erſchienen mehrere wiſſenſchaftliche Monographien, unter denen wir die von Leuckart und Pagenſtecher obenan zu ſtellen haben, populäre Abhandlungen zur Beruhigung und Belehrung der Menge, darunter eine vortreffliche von Virchow, wurden in vielen Tauſenden von Exemplaren verbreitet, die Regierungen erließen Jnſtruktionen zur Ueberwachung des Fleiſch- handels, ſogar ein neues Amt, das des „Trichinenbeſchauers“ wurde in mehreren mitteldeutſchen Staaten gegründet, zum Beſten vieler Dorfſchullehrer, denen die Trichinen — das einzige Gute, was man ihnen nachrühmen kann — zu einer Gehaltszulage für die fleißige Beſchau der im Dorfe geſchlachteten Schweine verholfen haben.
Sichere Fälle von dem Vorkommen der Trichinen im Zuſtande der Einkapſelung in den Muskeln des Menſchen ſind erſt einige und dreißig Jahre alt, und der Name Trichina spiralis wurde ihnen 1836 von dem engliſchen Naturforſcher Owen gegeben. Er deutet auf die Aehnlich- keit des in der Kapſel zuſammengerollt liegenden Würmchens mit einem ſpiraligen Härchen, von dem griechiſchen Worte Thrix-Trichos, das Haar. Die Paraſiten, obſchon in großer Anzahl vorkommend, erſchienen unſchädlich, wie denn in der That mit der Einkapſelung die Krankheit überwunden werden kann. Erſt acht Jahre ſpäter kam man zur Erkenntniß, daß jene Trichinen der Jugendzuſtand eines Rundwurmes ſeien; ihr Vorkommen im Menſchen erſchien jedoch als eine „Verirrung“, man übertrug auf ſie eine Anſicht, die eine Zeitlang auch für andere Eingeweide- würmer des Menſchen und der Thiere gegolten, daß ſie nämlich in einem gewiſſen Stadium ihrer Entwicklung oft den rechten Weg verſehlten, in unrechte Wirthe und ihrem weiteren Wachsthum nicht zuſagende Organe gelangten, darum ausarteten und eingekapſelt würden. Daß die Trichinen ihre Kapſel ſelbſt ausſchwitzen, erfuhr man dabei. Auch ſtellte ſich ſpäter durch eigens zu dieſem Zwecke angeſtellte Verſuche heraus, daß ſowohl im Darm der Mäuſe als in dem der Hunde die mit dem Fleiſch eingeführten Trichinen ihre Kapſel verließen, wuchſen und in kurzer Zeit geſchlechts- reif wurden, ferner ergab ſich die für die Anſteckung mit Trichinen wichtigſte Thatſache, daß die im Darmkanal des Wohnthieres geborenen Trichinen nicht nach außen wandern, ſondern die Muskeln des Wirthes heimſuchen. Der erſte eklatante Fall einer tödtlich verlaufendenden Trichinen- krankheit beim Menſchen trug ſich am 27. Januar 1860 in Dresden zu, wurde von dem Profeſſor Zenker in ſeiner ganzen Bedeutung gewürdigt, und die völlige Aufklärung folgte raſch, leider begünſtigt durch eine ganze Reihe von Einzelfällen und ſchweren Epidemien, welche zahlreiche Opfer verlangten. Eine der am meiſten berüchtigten iſt die von Hettſtädt, bei welcher auf 159 Erkrankungen 28 Todesfälle kamen. Die große Verbreitung des Paraſiten zeigte jener in Hamburg beobachtete Fall, wo das die Anſteckung verurſacht habende Schwein in Valparaiſo gekauft und während der Ueberfahrt von der Schiffsmannſchaft verzehrt worden war. Ueberhaupt aber wurde bald offenbar, daß die faſt ausſchließliche Quelle für die Jmportirung der Würmer in den Menſchen das Schwein ſei. Zu dieſem werden wir zurückkehren, indem wir uns näher mit den Eigenſchaften und Lebensverhältniſſen der Trichine bekannt machen.
Die geſchlechtsreifen Trichinen oder die ſogenannten Darmtrichinen leben nur im Darm des Menſchen und verſchiedener Säugethiere und Vögel, und ſie vollenden dort ihr Wachsthum, pflanzen ſich fort und gehen nach und nach zu Grunde. Die Weibchen ſind ſelten wenig länger als 1½ Linien, die Männchen ¾ Linien lang. Das Wachsthum und die Reife gehen im Darmkanal ſo ſchnell vor ſich, daß die neue Generation ſchon 5 Tage nach Einführung der alten gefunden wird. Die Würmchen ſind alſo mit gutem Auge gerade noch zu erkennen. Bei beiden Geſchlechtern liegt der Mund gerade am Vorderende, von wo aus der Körper bis über die Mitte ſich gleichmäßig verdickt, um von da aus gegen das ſtumpf abgerundete Hinterende wieder etwas ſchmäler zu werden. Die Oeffnung, durch welche die ſchon im Eihalter aus- kriechenden Embryone geboren werden, liegt nicht weit vom Vorderende; das Schwanzende des Männchens iſt durch ein Paar zapfenförmige Hervorragungen ausgezeichnet. Die in den Darm des Menſchen und gewiſſer Thiere verſetzten Trichinen gehen nie aus
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Fadenwürmer. Trichotracheliden.
ſeiner Klaſſe. Es erſchienen mehrere wiſſenſchaftliche Monographien, unter denen wir die von
Leuckart und Pagenſtecher obenan zu ſtellen haben, populäre Abhandlungen zur Beruhigung
und Belehrung der Menge, darunter eine vortreffliche von Virchow, wurden in vielen Tauſenden
von Exemplaren verbreitet, die Regierungen erließen Jnſtruktionen zur Ueberwachung des Fleiſch-
handels, ſogar ein neues Amt, das des „Trichinenbeſchauers“ wurde in mehreren mitteldeutſchen
Staaten gegründet, zum Beſten vieler Dorfſchullehrer, denen die Trichinen — das einzige Gute,
was man ihnen nachrühmen kann — zu einer Gehaltszulage für die fleißige Beſchau der im Dorfe
geſchlachteten Schweine verholfen haben.
Sichere Fälle von dem Vorkommen der Trichinen im Zuſtande der Einkapſelung in den
Muskeln des Menſchen ſind erſt einige und dreißig Jahre alt, und der Name Trichina spiralis
wurde ihnen 1836 von dem engliſchen Naturforſcher Owen gegeben. Er deutet auf die Aehnlich-
keit des in der Kapſel zuſammengerollt liegenden Würmchens mit einem ſpiraligen Härchen, von
dem griechiſchen Worte Thrix-Trichos, das Haar. Die Paraſiten, obſchon in großer Anzahl
vorkommend, erſchienen unſchädlich, wie denn in der That mit der Einkapſelung die Krankheit
überwunden werden kann. Erſt acht Jahre ſpäter kam man zur Erkenntniß, daß jene Trichinen
der Jugendzuſtand eines Rundwurmes ſeien; ihr Vorkommen im Menſchen erſchien jedoch als eine
„Verirrung“, man übertrug auf ſie eine Anſicht, die eine Zeitlang auch für andere Eingeweide-
würmer des Menſchen und der Thiere gegolten, daß ſie nämlich in einem gewiſſen Stadium ihrer
Entwicklung oft den rechten Weg verſehlten, in unrechte Wirthe und ihrem weiteren Wachsthum
nicht zuſagende Organe gelangten, darum ausarteten und eingekapſelt würden. Daß die Trichinen
ihre Kapſel ſelbſt ausſchwitzen, erfuhr man dabei. Auch ſtellte ſich ſpäter durch eigens zu dieſem
Zwecke angeſtellte Verſuche heraus, daß ſowohl im Darm der Mäuſe als in dem der Hunde die
mit dem Fleiſch eingeführten Trichinen ihre Kapſel verließen, wuchſen und in kurzer Zeit geſchlechts-
reif wurden, ferner ergab ſich die für die Anſteckung mit Trichinen wichtigſte Thatſache, daß die
im Darmkanal des Wohnthieres geborenen Trichinen nicht nach außen wandern, ſondern die
Muskeln des Wirthes heimſuchen. Der erſte eklatante Fall einer tödtlich verlaufendenden Trichinen-
krankheit beim Menſchen trug ſich am 27. Januar 1860 in Dresden zu, wurde von dem Profeſſor
Zenker in ſeiner ganzen Bedeutung gewürdigt, und die völlige Aufklärung folgte raſch, leider
begünſtigt durch eine ganze Reihe von Einzelfällen und ſchweren Epidemien, welche zahlreiche
Opfer verlangten. Eine der am meiſten berüchtigten iſt die von Hettſtädt, bei welcher auf 159
Erkrankungen 28 Todesfälle kamen. Die große Verbreitung des Paraſiten zeigte jener in Hamburg
beobachtete Fall, wo das die Anſteckung verurſacht habende Schwein in Valparaiſo gekauft und
während der Ueberfahrt von der Schiffsmannſchaft verzehrt worden war. Ueberhaupt aber wurde
bald offenbar, daß die faſt ausſchließliche Quelle für die Jmportirung der Würmer in den Menſchen
das Schwein ſei. Zu dieſem werden wir zurückkehren, indem wir uns näher mit den Eigenſchaften
und Lebensverhältniſſen der Trichine bekannt machen.
Die geſchlechtsreifen Trichinen oder die ſogenannten Darmtrichinen leben nur im Darm
des Menſchen und verſchiedener Säugethiere und Vögel, und ſie vollenden dort ihr Wachsthum,
pflanzen ſich fort und gehen nach und nach zu Grunde. Die Weibchen ſind ſelten wenig
länger als 1½ Linien, die Männchen ¾ Linien lang. Das Wachsthum und die Reife gehen
im Darmkanal ſo ſchnell vor ſich, daß die neue Generation ſchon 5 Tage nach Einführung der
alten gefunden wird. Die Würmchen ſind alſo mit gutem Auge gerade noch zu erkennen. Bei
beiden Geſchlechtern liegt der Mund gerade am Vorderende, von wo aus der Körper bis über
die Mitte ſich gleichmäßig verdickt, um von da aus gegen das ſtumpf abgerundete Hinterende
wieder etwas ſchmäler zu werden. Die Oeffnung, durch welche die ſchon im Eihalter aus-
kriechenden Embryone geboren werden, liegt nicht weit vom Vorderende; das Schwanzende des
Männchens iſt durch ein Paar zapfenförmige Hervorragungen ausgezeichnet. Die in den
Darm des Menſchen und gewiſſer Thiere verſetzten Trichinen gehen nie aus
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/764>, abgerufen am 24.11.2024.
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