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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Medicinischer Blutegel. Blutegelzucht.
tauglich; erst im fünften haben sie ihre volle Größe erreicht. Sein Leben soll der Blutegel auf
20 Jahre bringen.

Da wir selbst noch keine Anstalt für Blutegelzucht gesehen, halten wir uns auch dafür an
den Gewährsmann im "Ausland". Die günstigste Art, eine große Menge Egel aufzubewahren
und sie gleichzeitig fortzupflanzen, ist ein natürlicher Teich, dem jedoch folgende Eigenschaften nicht
fehlen dürfen. Er muß einen modrig-leichten oder thonigen Untergrund haben, weiches, klares
und warmes Wasser führen, welches jedoch genügenden Zu- und Abfluß hat, und namentlich
dürfen in ihm keine Bäume stehen, die dem Wasser einen eigenen Geschmack mittheilen, z. B.
Ellern und Erlen. Jhr Vorhandensein lieben die Egel auch im freien Zustande nicht. Ferner
dürfen solche Teiche keine Raubfische und große Frösche enthalten, die beide dem Egel nachstellen,
müssen auch vor Sumpf und Wasservögeln, allen Hühnerarten, den großen und kleinen Wasser-
hühnern, den Land- und Wasserratten und großen Schnecken und Muscheln geschützt sein. Jndessen
sind solche Teiche, die man dann, bevölkert, Blutegelteiche, nennt, sehr selten, und man muß
seine Zuflucht zu künstlichen Anlagen, Blutegelcolonien nehmen, die man nach vielen Er-
fahrungen am besten und zweckmäßigsten in folgender Art herstellt. Zur Anlage derselben kann
man nur solche Stellen wählen, die einen natürlichen Zufluß von weichem, warmem Wasser haben,
oder denen man denselben leicht künstlich ertheilen kann, da das Wasser eine Hauptsache bleibt,
sowohl seines Daseins als seiner Beschaffenheit wegen. An solchen Stellen legt man nun gewöhnlich
mehrere Blutegelcolonien an, die je von einander durch 3 bis 4 Fuß breite Wege getrennt und
außerdem so beschaffen sind, daß man sie mit Bequemlichkeit nach allen Seiten umgehen kann.
Jede dieser Colonien erfordert eine quadratische Grube von 10 bis 15 Fuß, deren Ufer mehrere Fuß
hoch mit Rasen bedeckt werden und schief gegen den Boden geneigt sind. Diesen belegt man
ungefähr einen Fuß hoch mit einem Gemenge von Thon und Moorerde. Jn der Mitte bringt man
eine ungefähr 2 Fuß im Quadrat große Vertiefung an, um den Egeln in sehr trocknen Jahren hier
eine letzte Zuflucht zu eröffnen. Wo die Natur nicht selbst die Regulirung des Zu- und Abflusses
übernimmt, thut man dieß mittelst hölzerner, mit einem feinen Siebe gesperrter Röhren, um
durch jene das Entweichen der Egel zu verhüten. Vortheilhaft erscheint es, in diese Colonien
einige den Egeln, wie es scheint, angenehme Pflanzen zu setzen, z. B. einzelne Weidensträuche
und hin und wieder eine Calmuspflanze. Da nun die Colonien angegebener Art ungefähr 6000
Egel fassen können und diese sich zum großen Theil längere Zeit darin aufhalten, so muß man
auch für ihre Nahrung Sorge tragen, indem man kleine Fische und den Laich, am besten des
grünen Wasserfrosches, in den Teich thut, in dessen Ermangelung man Blut und dergleichen
nehmen kann. Der Froschlaich an sich ist zwar zur Ernährung der Egel nicht tauglich, wohl aber
die aus ihm entstehenden kleinen Kaulquappen und Frösche. Auf eine scheußliche Barbarei, die
einige Blutegelzüchter ausüben, wurde kürzlich im Blatte des Thierschutzvereines aufmerksam gemacht.
Man treibt dem Tode verfallene Pferde und Esel hinein, um Tausende von Egeln zu gleicher Zeit
sich an ihnen letzen zu lassen. Da jene jedoch zu ungeberdig dabei sind, so benutzt man Kühe.
Da die Wasserdecke dieser Colonien selbst im Winter nicht sehr hoch sein wird und daher gegen
den Frost nur ein zweifelhafter Schutz ist, thut man unter allen Umständen gut, im Winter dieselben
mit Tannenzweigen und Laub zu bedecken. Eine Vorsicht muß man noch bei Anlage dieser Colonien
beobachten, nämlich daß man sie nicht zu nahe an anderen Wassern anlegt, wo es leicht vorkommen
dürfte, daß die Egel sich durch die Erde graben, um dann ihre Freiheit wieder zu erlangen.
Erfahrungen stellen wenigstens fest, daß die Egel aus derartigen Colonien, ohne daß sie eine
Seuche ergriffen, verschwunden waren.

Bei der Aufbewahrung der Blutegel zum Handgebrauch ist zu beobachten, daß man sie am
besten in einem weiten Cylinderglase hält, welches man bis zu einem Drittel oder etwas darüber
mit weichem Flußwasser anfüllt und mit Leinwand überbindet. Das Wasser wird nur gewechselt,
wenn man Zeichen seines Verderbens wahrnimmt, und dann hat man für eine möglichst gleiche

Mediciniſcher Blutegel. Blutegelzucht.
tauglich; erſt im fünften haben ſie ihre volle Größe erreicht. Sein Leben ſoll der Blutegel auf
20 Jahre bringen.

Da wir ſelbſt noch keine Anſtalt für Blutegelzucht geſehen, halten wir uns auch dafür an
den Gewährsmann im „Ausland“. Die günſtigſte Art, eine große Menge Egel aufzubewahren
und ſie gleichzeitig fortzupflanzen, iſt ein natürlicher Teich, dem jedoch folgende Eigenſchaften nicht
fehlen dürfen. Er muß einen modrig-leichten oder thonigen Untergrund haben, weiches, klares
und warmes Waſſer führen, welches jedoch genügenden Zu- und Abfluß hat, und namentlich
dürfen in ihm keine Bäume ſtehen, die dem Waſſer einen eigenen Geſchmack mittheilen, z. B.
Ellern und Erlen. Jhr Vorhandenſein lieben die Egel auch im freien Zuſtande nicht. Ferner
dürfen ſolche Teiche keine Raubfiſche und große Fröſche enthalten, die beide dem Egel nachſtellen,
müſſen auch vor Sumpf und Waſſervögeln, allen Hühnerarten, den großen und kleinen Waſſer-
hühnern, den Land- und Waſſerratten und großen Schnecken und Muſcheln geſchützt ſein. Jndeſſen
ſind ſolche Teiche, die man dann, bevölkert, Blutegelteiche, nennt, ſehr ſelten, und man muß
ſeine Zuflucht zu künſtlichen Anlagen, Blutegelcolonien nehmen, die man nach vielen Er-
fahrungen am beſten und zweckmäßigſten in folgender Art herſtellt. Zur Anlage derſelben kann
man nur ſolche Stellen wählen, die einen natürlichen Zufluß von weichem, warmem Waſſer haben,
oder denen man denſelben leicht künſtlich ertheilen kann, da das Waſſer eine Hauptſache bleibt,
ſowohl ſeines Daſeins als ſeiner Beſchaffenheit wegen. An ſolchen Stellen legt man nun gewöhnlich
mehrere Blutegelcolonien an, die je von einander durch 3 bis 4 Fuß breite Wege getrennt und
außerdem ſo beſchaffen ſind, daß man ſie mit Bequemlichkeit nach allen Seiten umgehen kann.
Jede dieſer Colonien erfordert eine quadratiſche Grube von 10 bis 15 Fuß, deren Ufer mehrere Fuß
hoch mit Raſen bedeckt werden und ſchief gegen den Boden geneigt ſind. Dieſen belegt man
ungefähr einen Fuß hoch mit einem Gemenge von Thon und Moorerde. Jn der Mitte bringt man
eine ungefähr 2 Fuß im Quadrat große Vertiefung an, um den Egeln in ſehr trocknen Jahren hier
eine letzte Zuflucht zu eröffnen. Wo die Natur nicht ſelbſt die Regulirung des Zu- und Abfluſſes
übernimmt, thut man dieß mittelſt hölzerner, mit einem feinen Siebe geſperrter Röhren, um
durch jene das Entweichen der Egel zu verhüten. Vortheilhaft erſcheint es, in dieſe Colonien
einige den Egeln, wie es ſcheint, angenehme Pflanzen zu ſetzen, z. B. einzelne Weidenſträuche
und hin und wieder eine Calmuspflanze. Da nun die Colonien angegebener Art ungefähr 6000
Egel faſſen können und dieſe ſich zum großen Theil längere Zeit darin aufhalten, ſo muß man
auch für ihre Nahrung Sorge tragen, indem man kleine Fiſche und den Laich, am beſten des
grünen Waſſerfroſches, in den Teich thut, in deſſen Ermangelung man Blut und dergleichen
nehmen kann. Der Froſchlaich an ſich iſt zwar zur Ernährung der Egel nicht tauglich, wohl aber
die aus ihm entſtehenden kleinen Kaulquappen und Fröſche. Auf eine ſcheußliche Barbarei, die
einige Blutegelzüchter ausüben, wurde kürzlich im Blatte des Thierſchutzvereines aufmerkſam gemacht.
Man treibt dem Tode verfallene Pferde und Eſel hinein, um Tauſende von Egeln zu gleicher Zeit
ſich an ihnen letzen zu laſſen. Da jene jedoch zu ungeberdig dabei ſind, ſo benutzt man Kühe.
Da die Waſſerdecke dieſer Colonien ſelbſt im Winter nicht ſehr hoch ſein wird und daher gegen
den Froſt nur ein zweifelhafter Schutz iſt, thut man unter allen Umſtänden gut, im Winter dieſelben
mit Tannenzweigen und Laub zu bedecken. Eine Vorſicht muß man noch bei Anlage dieſer Colonien
beobachten, nämlich daß man ſie nicht zu nahe an anderen Waſſern anlegt, wo es leicht vorkommen
dürfte, daß die Egel ſich durch die Erde graben, um dann ihre Freiheit wieder zu erlangen.
Erfahrungen ſtellen wenigſtens feſt, daß die Egel aus derartigen Colonien, ohne daß ſie eine
Seuche ergriffen, verſchwunden waren.

Bei der Aufbewahrung der Blutegel zum Handgebrauch iſt zu beobachten, daß man ſie am
beſten in einem weiten Cylinderglaſe hält, welches man bis zu einem Drittel oder etwas darüber
mit weichem Flußwaſſer anfüllt und mit Leinwand überbindet. Das Waſſer wird nur gewechſelt,
wenn man Zeichen ſeines Verderbens wahrnimmt, und dann hat man für eine möglichſt gleiche

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[701/0745] Mediciniſcher Blutegel. Blutegelzucht. tauglich; erſt im fünften haben ſie ihre volle Größe erreicht. Sein Leben ſoll der Blutegel auf 20 Jahre bringen. Da wir ſelbſt noch keine Anſtalt für Blutegelzucht geſehen, halten wir uns auch dafür an den Gewährsmann im „Ausland“. Die günſtigſte Art, eine große Menge Egel aufzubewahren und ſie gleichzeitig fortzupflanzen, iſt ein natürlicher Teich, dem jedoch folgende Eigenſchaften nicht fehlen dürfen. Er muß einen modrig-leichten oder thonigen Untergrund haben, weiches, klares und warmes Waſſer führen, welches jedoch genügenden Zu- und Abfluß hat, und namentlich dürfen in ihm keine Bäume ſtehen, die dem Waſſer einen eigenen Geſchmack mittheilen, z. B. Ellern und Erlen. Jhr Vorhandenſein lieben die Egel auch im freien Zuſtande nicht. Ferner dürfen ſolche Teiche keine Raubfiſche und große Fröſche enthalten, die beide dem Egel nachſtellen, müſſen auch vor Sumpf und Waſſervögeln, allen Hühnerarten, den großen und kleinen Waſſer- hühnern, den Land- und Waſſerratten und großen Schnecken und Muſcheln geſchützt ſein. Jndeſſen ſind ſolche Teiche, die man dann, bevölkert, Blutegelteiche, nennt, ſehr ſelten, und man muß ſeine Zuflucht zu künſtlichen Anlagen, Blutegelcolonien nehmen, die man nach vielen Er- fahrungen am beſten und zweckmäßigſten in folgender Art herſtellt. Zur Anlage derſelben kann man nur ſolche Stellen wählen, die einen natürlichen Zufluß von weichem, warmem Waſſer haben, oder denen man denſelben leicht künſtlich ertheilen kann, da das Waſſer eine Hauptſache bleibt, ſowohl ſeines Daſeins als ſeiner Beſchaffenheit wegen. An ſolchen Stellen legt man nun gewöhnlich mehrere Blutegelcolonien an, die je von einander durch 3 bis 4 Fuß breite Wege getrennt und außerdem ſo beſchaffen ſind, daß man ſie mit Bequemlichkeit nach allen Seiten umgehen kann. Jede dieſer Colonien erfordert eine quadratiſche Grube von 10 bis 15 Fuß, deren Ufer mehrere Fuß hoch mit Raſen bedeckt werden und ſchief gegen den Boden geneigt ſind. Dieſen belegt man ungefähr einen Fuß hoch mit einem Gemenge von Thon und Moorerde. Jn der Mitte bringt man eine ungefähr 2 Fuß im Quadrat große Vertiefung an, um den Egeln in ſehr trocknen Jahren hier eine letzte Zuflucht zu eröffnen. Wo die Natur nicht ſelbſt die Regulirung des Zu- und Abfluſſes übernimmt, thut man dieß mittelſt hölzerner, mit einem feinen Siebe geſperrter Röhren, um durch jene das Entweichen der Egel zu verhüten. Vortheilhaft erſcheint es, in dieſe Colonien einige den Egeln, wie es ſcheint, angenehme Pflanzen zu ſetzen, z. B. einzelne Weidenſträuche und hin und wieder eine Calmuspflanze. Da nun die Colonien angegebener Art ungefähr 6000 Egel faſſen können und dieſe ſich zum großen Theil längere Zeit darin aufhalten, ſo muß man auch für ihre Nahrung Sorge tragen, indem man kleine Fiſche und den Laich, am beſten des grünen Waſſerfroſches, in den Teich thut, in deſſen Ermangelung man Blut und dergleichen nehmen kann. Der Froſchlaich an ſich iſt zwar zur Ernährung der Egel nicht tauglich, wohl aber die aus ihm entſtehenden kleinen Kaulquappen und Fröſche. Auf eine ſcheußliche Barbarei, die einige Blutegelzüchter ausüben, wurde kürzlich im Blatte des Thierſchutzvereines aufmerkſam gemacht. Man treibt dem Tode verfallene Pferde und Eſel hinein, um Tauſende von Egeln zu gleicher Zeit ſich an ihnen letzen zu laſſen. Da jene jedoch zu ungeberdig dabei ſind, ſo benutzt man Kühe. Da die Waſſerdecke dieſer Colonien ſelbſt im Winter nicht ſehr hoch ſein wird und daher gegen den Froſt nur ein zweifelhafter Schutz iſt, thut man unter allen Umſtänden gut, im Winter dieſelben mit Tannenzweigen und Laub zu bedecken. Eine Vorſicht muß man noch bei Anlage dieſer Colonien beobachten, nämlich daß man ſie nicht zu nahe an anderen Waſſern anlegt, wo es leicht vorkommen dürfte, daß die Egel ſich durch die Erde graben, um dann ihre Freiheit wieder zu erlangen. Erfahrungen ſtellen wenigſtens feſt, daß die Egel aus derartigen Colonien, ohne daß ſie eine Seuche ergriffen, verſchwunden waren. Bei der Aufbewahrung der Blutegel zum Handgebrauch iſt zu beobachten, daß man ſie am beſten in einem weiten Cylinderglaſe hält, welches man bis zu einem Drittel oder etwas darüber mit weichem Flußwaſſer anfüllt und mit Leinwand überbindet. Das Waſſer wird nur gewechſelt, wenn man Zeichen ſeines Verderbens wahrnimmt, und dann hat man für eine möglichſt gleiche

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/745>, abgerufen am 24.11.2024.