seite sich vereinigenden Krause verbreitert sind. Die oberen Fußstummel des zweiten Ringes bilden einen mit den vorhergehenden Stummeln sich verbindenden Rückenkamm, und zwischen ihnen und den in dreiseitige Lappen umgewandelten unteren Aesten ist die Haut auffallend aufgeschwellt und violet-schwarz gefärbt. An den drei folgenden Segmenten treten nur die dreiseitigen, unteren Fußlappen hervor. Die hintere Körperhälfte endlich wird aus etwa 50 Seg- menten gebildet, welche durch die verlängerten Fußstummel ausnehmend breit erscheinen.
Die beschriebene Art, eine der wenigen genauer bekannten, findet sich an der Küste der Normandie. Sie erreicht eine Länge von 9 Zoll und bewohnt die größeren Tiefen in Röhren von 15 bis 16 Zoll Länge. Die- selben bestehen aus mehreren Lagen und gleichen einem groben, gelblichen Pergament. Gewöhn- lich sind sie gewunden und auf irgend einem festen Gegenstande angeheftet. Herausge- zogen aus seiner Röhre ist der Wurm für den Beobachter wegen seiner Apathie sehr wenig belustigend und erschwert die nähere anatomische Untersuchung, was ihm eigentlich nicht zu verdenken, durch reichliche Abson- derung eines dicken, zähen, sich an die Finger und Jnstrumente anlegenden Schleimes.
Somit können wir, mit abermaliger Umgehung von Familien, welche die Zoologen zwar "Kopfkiemer" neunen, aber mit der etwas befremdlichen Erklärung, daß sie eigent- lich gar keine Kiemen besäßen, zu einigen Familien fortschreiten, welche diesen Namen endlich verdienen. Jhre Kiemen sind in Form von Bäumchen oder Fadenbüscheln am Kopf- ende befindlich. Jhr weder mit Zähnen noch mit vorstreckbarem Rüssel versehener Mund, deutet auf eine friedlichere Lebensweise, als die der meisten "irrenden" Rückenkiemer, und wir werden in dieser Vermuthung dadurch bestärkt, daß sie in Röhren hausen, aus welchen sie nur mit Gewalt sich entfernen lassen.
Mit frisch von der Austernbank losge- lösten Austern ist uns ein unregelmäßiger
[Abbildung]
Chaetopterus.
Fladen von Sand und Sandröhren gebracht worden, eine Kolonie der Hermella alveolata. Die Röhren, aus feinen Sandkörnchen zusammengekittet, liegen ohne Regel über einander, nur daß die Mündung einer jeden frei geblieben ist. Jede ist unabhängig von der andern durch ihre Jnwohnerin gebaut worden, dann hat sich der Sand auch in die Zwischenräume gelegt und ist durch eine von den Thieren ausgeschiedene, ihn durchdringende Klebemasse ziemlich fest geworden. Jn Folge der unangenehmen Störung haben sich die Thiere in ihr Versteck zurückgezogen, und hinter dem Ein-
Arenia. Chaetopterus. Hermella.
ſeite ſich vereinigenden Krauſe verbreitert ſind. Die oberen Fußſtummel des zweiten Ringes bilden einen mit den vorhergehenden Stummeln ſich verbindenden Rückenkamm, und zwiſchen ihnen und den in dreiſeitige Lappen umgewandelten unteren Aeſten iſt die Haut auffallend aufgeſchwellt und violet-ſchwarz gefärbt. An den drei folgenden Segmenten treten nur die dreiſeitigen, unteren Fußlappen hervor. Die hintere Körperhälfte endlich wird aus etwa 50 Seg- menten gebildet, welche durch die verlängerten Fußſtummel ausnehmend breit erſcheinen.
Die beſchriebene Art, eine der wenigen genauer bekannten, findet ſich an der Küſte der Normandie. Sie erreicht eine Länge von 9 Zoll und bewohnt die größeren Tiefen in Röhren von 15 bis 16 Zoll Länge. Die- ſelben beſtehen aus mehreren Lagen und gleichen einem groben, gelblichen Pergament. Gewöhn- lich ſind ſie gewunden und auf irgend einem feſten Gegenſtande angeheftet. Herausge- zogen aus ſeiner Röhre iſt der Wurm für den Beobachter wegen ſeiner Apathie ſehr wenig beluſtigend und erſchwert die nähere anatomiſche Unterſuchung, was ihm eigentlich nicht zu verdenken, durch reichliche Abſon- derung eines dicken, zähen, ſich an die Finger und Jnſtrumente anlegenden Schleimes.
Somit können wir, mit abermaliger Umgehung von Familien, welche die Zoologen zwar „Kopfkiemer“ neunen, aber mit der etwas befremdlichen Erklärung, daß ſie eigent- lich gar keine Kiemen beſäßen, zu einigen Familien fortſchreiten, welche dieſen Namen endlich verdienen. Jhre Kiemen ſind in Form von Bäumchen oder Fadenbüſcheln am Kopf- ende befindlich. Jhr weder mit Zähnen noch mit vorſtreckbarem Rüſſel verſehener Mund, deutet auf eine friedlichere Lebensweiſe, als die der meiſten „irrenden“ Rückenkiemer, und wir werden in dieſer Vermuthung dadurch beſtärkt, daß ſie in Röhren hauſen, aus welchen ſie nur mit Gewalt ſich entfernen laſſen.
Mit friſch von der Auſternbank losge- löſten Auſtern iſt uns ein unregelmäßiger
[Abbildung]
Chaetopterus.
Fladen von Sand und Sandröhren gebracht worden, eine Kolonie der Hermella alveolata. Die Röhren, aus feinen Sandkörnchen zuſammengekittet, liegen ohne Regel über einander, nur daß die Mündung einer jeden frei geblieben iſt. Jede iſt unabhängig von der andern durch ihre Jnwohnerin gebaut worden, dann hat ſich der Sand auch in die Zwiſchenräume gelegt und iſt durch eine von den Thieren ausgeſchiedene, ihn durchdringende Klebemaſſe ziemlich feſt geworden. Jn Folge der unangenehmen Störung haben ſich die Thiere in ihr Verſteck zurückgezogen, und hinter dem Ein-
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[687/0731]
Arenia. Chaetopterus. Hermella.
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bilden einen mit den vorhergehenden Stummeln ſich verbindenden Rückenkamm, und zwiſchen ihnen
und den in dreiſeitige Lappen umgewandelten unteren Aeſten iſt die Haut auffallend aufgeſchwellt
und violet-ſchwarz gefärbt. An den drei
folgenden Segmenten treten nur die dreiſeitigen,
unteren Fußlappen hervor. Die hintere
Körperhälfte endlich wird aus etwa 50 Seg-
menten gebildet, welche durch die verlängerten
Fußſtummel ausnehmend breit erſcheinen.
Die beſchriebene Art, eine der wenigen
genauer bekannten, findet ſich an der Küſte
der Normandie. Sie erreicht eine Länge von
9 Zoll und bewohnt die größeren Tiefen in
Röhren von 15 bis 16 Zoll Länge. Die-
ſelben beſtehen aus mehreren Lagen und gleichen
einem groben, gelblichen Pergament. Gewöhn-
lich ſind ſie gewunden und auf irgend einem
feſten Gegenſtande angeheftet. Herausge-
zogen aus ſeiner Röhre iſt der Wurm für
den Beobachter wegen ſeiner Apathie ſehr
wenig beluſtigend und erſchwert die nähere
anatomiſche Unterſuchung, was ihm eigentlich
nicht zu verdenken, durch reichliche Abſon-
derung eines dicken, zähen, ſich an die Finger
und Jnſtrumente anlegenden Schleimes.
Somit können wir, mit abermaliger
Umgehung von Familien, welche die Zoologen
zwar „Kopfkiemer“ neunen, aber mit der
etwas befremdlichen Erklärung, daß ſie eigent-
lich gar keine Kiemen beſäßen, zu einigen
Familien fortſchreiten, welche dieſen Namen
endlich verdienen. Jhre Kiemen ſind in Form
von Bäumchen oder Fadenbüſcheln am Kopf-
ende befindlich. Jhr weder mit Zähnen noch
mit vorſtreckbarem Rüſſel verſehener Mund,
deutet auf eine friedlichere Lebensweiſe, als
die der meiſten „irrenden“ Rückenkiemer, und
wir werden in dieſer Vermuthung dadurch
beſtärkt, daß ſie in Röhren hauſen, aus
welchen ſie nur mit Gewalt ſich entfernen laſſen.
Mit friſch von der Auſternbank losge-
löſten Auſtern iſt uns ein unregelmäßiger
[Abbildung Chaetopterus.]
Fladen von Sand und Sandröhren gebracht worden, eine Kolonie der Hermella alveolata. Die
Röhren, aus feinen Sandkörnchen zuſammengekittet, liegen ohne Regel über einander, nur daß
die Mündung einer jeden frei geblieben iſt. Jede iſt unabhängig von der andern durch ihre
Jnwohnerin gebaut worden, dann hat ſich der Sand auch in die Zwiſchenräume gelegt und iſt durch
eine von den Thieren ausgeſchiedene, ihn durchdringende Klebemaſſe ziemlich feſt geworden. Jn Folge
der unangenehmen Störung haben ſich die Thiere in ihr Verſteck zurückgezogen, und hinter dem Ein-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/731>, abgerufen am 24.11.2024.
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