Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Weiden- und Eichen-Baumlaus. Binsen- und Ginster-Blattfloh.
ganz gleicher Gestalt, aber nur von 11/2" Länge, und waren dieses ohne Zweifel von ersteren
geborene jüngere Ammen, welche in diesem Zustande überwintern, oder auch bei eintretender
strenger Kälte -- erfrieren. Eins der großen Exemplare gebar in meinem Beisein ein in seiner
Gestalt etwas verschiedenes Thierchen, der Art, wie ich es schon 1828 in Gesellschaft dieser
Blattlaus gefunden und, ohne eine Begattung zu sehen, für das männliche Geschlecht gehalten
hatte. Späterhin hat auch Kaltenbach dieses Männchen beobachtet und in seiner Bearbeitung
der Pflanzenläuse beschrieben. Bei genauer Betrachtung meiner Kolonie bemerkte ich, daß fast
jedes der großen Jndividuen ein solches Männchen, in Paarung begriffen, auf dem Rücken trug.
Etwa 24 Eier lagen bereits in der Kolonie an das Holz angeklebt, und hatten diese eine Länge
von 1 1/3 Linien, während die Männchen nur 2/3 Linie maßen. Jm November 1838 fand ich eine
ganz ähnliche Kolonie unter der Rinde einer Roßkastanie. Jch nahm eine Anzahl der in
Begattung begriffenen Weibchen mit nach Hause und beobachtete nun, wie die Männchen mehrere
Wochen lang auf dem Rücken zubrachten, von Zeit zu Zeit die Begattung wiederholten, hierbei
täglich schmäler und kraftloser wurden bis sie endlich starben. Anscheinend unter der statthabenden
Paarung legten die Weibchen Eier. Eine Mutter beobachtete ich, welche sich während des
Eierlegens zweimal
(11. und 16. November) häutete". v. Heyden stellte dann weitere
Betrachtungen an, fand, daß seine Beobachtung, wie aus einer lebendiggebärenden eine eierlegende
Blattlaus werde, mit den neuern Untersuchungen nicht übereinstimmen wolle, bestätigte aber durch
dieselbe wiederum aufs Neue, daß der scharfsinnige Degeer vollkommen Recht hatte, wenn er
als Schlußsatz seiner Abhandlung über die Blattläuse hinzufügt: "dieselben sind vollkommen dazu
angethan, das ganze vermeinte Generationssystem zu zerrütten und diejenigen zu verwirren,
welche sich bemühen, das Geheimniß der Natur zu erforschen." Seit seiner Zeit hat die Ent-
deckung der oben (S. 17) gedachten lebendiggebärenden Gallmückenlarven die Verwirung auf
diesem Gebiete noch wesentlich vermehrt.



Eine geringe Anzahl kleiner Schnabelkerfe könnte man der Körpertracht nach für die früher
zur Sprache gebrachten Holzläuse halten, so lange man ihre Mundtheile außer Acht läßt. Die-
selben zeigen aber den die Ordnung charakterisirenden Schnabel und befähigen nicht, wie dort zum
Beißen. Beide Geschlechter erfreuen sich der Flügel und zum Springen geeigneter Hinterbeine.
Auf dem Scheitel stehen drei Nebenaugen weit auseinander, zwei Fußglieder und Haftlappen
zwischen den Klauen kennzeichnen die nur mäßig langen Beinchen. Das Springvermögen läßt
keine Verwechselung mit den vorigen zu und die längeren Fühler ebenso wenig mit den folgenden
springenden Zirpen. Diese Blattflöhe saugen gleichfalls Pflanzensäfte und ihre Lärvchen, deren Beine
noch kürzer und deren Fühler ungegliedert sind, bringen nicht selten Mißbildungen an den Blüthen-
theilen ihrer Futterpflanze hervor. Am verbreitetsten finden sich die beiden Gattungen Livia und
Psylla. Jene erreicht in ihren Fühlern, deren dickes Grundglied so groß wie die folgenden
zusammengenommen ist, die Körperlänge noch nicht und hat flache Augen. Jn dem eine Linie
messenden braunen, an Kopf und Mittelleibe rostgelben Binsen-Blattfloh (L. juncorum) findet
sie ihren Vertreter für Deutschland. Dieses Thierchen, welches noch die in der Mitte weißen, an
der Spitze schwarzen Fühler auszeichnen, lebt in den Blüthen der gegliederten Binse (Juneus
articulatus
oder lamprocarpus).

Die andere Gattung Psylla kennzeichnen die borstigen Fühler von mindestens Leibeslänge,
die runden, vorquellenden Netzaugen und häutige klare Vorderflügel, welche sich dort meist etwas
derber als die hinteren zeigen. Der Ginster-Blattfloh (Ps. genistae), (Bild S. 517) welcher
sein artenreiches Geschlecht hier in sechsfacher Vergrößerung vergegenwärtigen möge, hat einen

33*

Weiden- und Eichen-Baumlaus. Binſen- und Ginſter-Blattfloh.
ganz gleicher Geſtalt, aber nur von 1½″ Länge, und waren dieſes ohne Zweifel von erſteren
geborene jüngere Ammen, welche in dieſem Zuſtande überwintern, oder auch bei eintretender
ſtrenger Kälte — erfrieren. Eins der großen Exemplare gebar in meinem Beiſein ein in ſeiner
Geſtalt etwas verſchiedenes Thierchen, der Art, wie ich es ſchon 1828 in Geſellſchaft dieſer
Blattlaus gefunden und, ohne eine Begattung zu ſehen, für das männliche Geſchlecht gehalten
hatte. Späterhin hat auch Kaltenbach dieſes Männchen beobachtet und in ſeiner Bearbeitung
der Pflanzenläuſe beſchrieben. Bei genauer Betrachtung meiner Kolonie bemerkte ich, daß faſt
jedes der großen Jndividuen ein ſolches Männchen, in Paarung begriffen, auf dem Rücken trug.
Etwa 24 Eier lagen bereits in der Kolonie an das Holz angeklebt, und hatten dieſe eine Länge
von 1⅓ Linien, während die Männchen nur ⅔ Linie maßen. Jm November 1838 fand ich eine
ganz ähnliche Kolonie unter der Rinde einer Roßkaſtanie. Jch nahm eine Anzahl der in
Begattung begriffenen Weibchen mit nach Hauſe und beobachtete nun, wie die Männchen mehrere
Wochen lang auf dem Rücken zubrachten, von Zeit zu Zeit die Begattung wiederholten, hierbei
täglich ſchmäler und kraftloſer wurden bis ſie endlich ſtarben. Anſcheinend unter der ſtatthabenden
Paarung legten die Weibchen Eier. Eine Mutter beobachtete ich, welche ſich während des
Eierlegens zweimal
(11. und 16. November) häutete“. v. Heyden ſtellte dann weitere
Betrachtungen an, fand, daß ſeine Beobachtung, wie aus einer lebendiggebärenden eine eierlegende
Blattlaus werde, mit den neuern Unterſuchungen nicht übereinſtimmen wolle, beſtätigte aber durch
dieſelbe wiederum aufs Neue, daß der ſcharfſinnige Degeer vollkommen Recht hatte, wenn er
als Schlußſatz ſeiner Abhandlung über die Blattläuſe hinzufügt: „dieſelben ſind vollkommen dazu
angethan, das ganze vermeinte Generationsſyſtem zu zerrütten und diejenigen zu verwirren,
welche ſich bemühen, das Geheimniß der Natur zu erforſchen.“ Seit ſeiner Zeit hat die Ent-
deckung der oben (S. 17) gedachten lebendiggebärenden Gallmückenlarven die Verwirung auf
dieſem Gebiete noch weſentlich vermehrt.



Eine geringe Anzahl kleiner Schnabelkerfe könnte man der Körpertracht nach für die früher
zur Sprache gebrachten Holzläuſe halten, ſo lange man ihre Mundtheile außer Acht läßt. Die-
ſelben zeigen aber den die Ordnung charakteriſirenden Schnabel und befähigen nicht, wie dort zum
Beißen. Beide Geſchlechter erfreuen ſich der Flügel und zum Springen geeigneter Hinterbeine.
Auf dem Scheitel ſtehen drei Nebenaugen weit auseinander, zwei Fußglieder und Haftlappen
zwiſchen den Klauen kennzeichnen die nur mäßig langen Beinchen. Das Springvermögen läßt
keine Verwechſelung mit den vorigen zu und die längeren Fühler ebenſo wenig mit den folgenden
ſpringenden Zirpen. Dieſe Blattflöhe ſaugen gleichfalls Pflanzenſäfte und ihre Lärvchen, deren Beine
noch kürzer und deren Fühler ungegliedert ſind, bringen nicht ſelten Mißbildungen an den Blüthen-
theilen ihrer Futterpflanze hervor. Am verbreitetſten finden ſich die beiden Gattungen Livia und
Psylla. Jene erreicht in ihren Fühlern, deren dickes Grundglied ſo groß wie die folgenden
zuſammengenommen iſt, die Körperlänge noch nicht und hat flache Augen. Jn dem eine Linie
meſſenden braunen, an Kopf und Mittelleibe roſtgelben Binſen-Blattfloh (L. juncorum) findet
ſie ihren Vertreter für Deutſchland. Dieſes Thierchen, welches noch die in der Mitte weißen, an
der Spitze ſchwarzen Fühler auszeichnen, lebt in den Blüthen der gegliederten Binſe (Juneus
articulatus
oder lamprocarpus).

Die andere Gattung Psylla kennzeichnen die borſtigen Fühler von mindeſtens Leibeslänge,
die runden, vorquellenden Netzaugen und häutige klare Vorderflügel, welche ſich dort meiſt etwas
derber als die hinteren zeigen. Der Ginſter-Blattfloh (Ps. genistae), (Bild S. 517) welcher
ſein artenreiches Geſchlecht hier in ſechsfacher Vergrößerung vergegenwärtigen möge, hat einen

33*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0547" n="515"/><fw place="top" type="header">Weiden- und Eichen-Baumlaus. Bin&#x017F;en- und Gin&#x017F;ter-Blattfloh.</fw><lb/>
ganz gleicher Ge&#x017F;talt, aber nur von 1½&#x2033; Länge, und waren die&#x017F;es ohne Zweifel von er&#x017F;teren<lb/>
geborene jüngere Ammen, welche in die&#x017F;em Zu&#x017F;tande überwintern, oder auch bei eintretender<lb/>
&#x017F;trenger Kälte &#x2014; erfrieren. Eins der großen Exemplare gebar in meinem Bei&#x017F;ein ein in &#x017F;einer<lb/>
Ge&#x017F;talt etwas ver&#x017F;chiedenes Thierchen, der Art, wie ich es &#x017F;chon 1828 in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft die&#x017F;er<lb/>
Blattlaus gefunden und, ohne eine Begattung zu &#x017F;ehen, für das männliche Ge&#x017F;chlecht gehalten<lb/>
hatte. Späterhin hat auch <hi rendition="#g">Kaltenbach</hi> die&#x017F;es Männchen beobachtet und in &#x017F;einer Bearbeitung<lb/>
der Pflanzenläu&#x017F;e be&#x017F;chrieben. Bei genauer Betrachtung meiner Kolonie bemerkte ich, daß fa&#x017F;t<lb/>
jedes der großen Jndividuen ein &#x017F;olches Männchen, in Paarung begriffen, auf dem Rücken trug.<lb/>
Etwa 24 Eier lagen bereits in der Kolonie an das Holz angeklebt, und hatten die&#x017F;e eine Länge<lb/>
von 1&#x2153; Linien, während die Männchen nur &#x2154; Linie maßen. Jm November 1838 fand ich eine<lb/>
ganz ähnliche Kolonie unter der Rinde einer Roßka&#x017F;tanie. Jch nahm eine Anzahl der in<lb/>
Begattung begriffenen Weibchen mit nach Hau&#x017F;e und beobachtete nun, wie die Männchen mehrere<lb/>
Wochen lang auf dem Rücken zubrachten, von Zeit zu Zeit die Begattung wiederholten, hierbei<lb/>
täglich &#x017F;chmäler und kraftlo&#x017F;er wurden bis &#x017F;ie endlich &#x017F;tarben. An&#x017F;cheinend unter der &#x017F;tatthabenden<lb/>
Paarung legten die Weibchen Eier. Eine Mutter beobachtete ich, <hi rendition="#g">welche &#x017F;ich während des<lb/>
Eierlegens zweimal</hi> (11. und 16. November) <hi rendition="#g">häutete</hi>&#x201C;. v. <hi rendition="#g">Heyden</hi> &#x017F;tellte dann weitere<lb/>
Betrachtungen an, fand, daß &#x017F;eine Beobachtung, wie aus einer lebendiggebärenden eine eierlegende<lb/>
Blattlaus werde, mit den neuern Unter&#x017F;uchungen nicht überein&#x017F;timmen wolle, be&#x017F;tätigte aber durch<lb/>
die&#x017F;elbe wiederum aufs Neue, daß der &#x017F;charf&#x017F;innige <hi rendition="#g">Degeer</hi> vollkommen Recht hatte, wenn er<lb/>
als Schluß&#x017F;atz &#x017F;einer Abhandlung über die Blattläu&#x017F;e hinzufügt: &#x201E;die&#x017F;elben &#x017F;ind vollkommen dazu<lb/>
angethan, das ganze vermeinte Generations&#x017F;y&#x017F;tem zu zerrütten und diejenigen zu verwirren,<lb/>
welche &#x017F;ich bemühen, das Geheimniß der Natur zu erfor&#x017F;chen.&#x201C; Seit &#x017F;einer Zeit hat die Ent-<lb/>
deckung der oben (S. 17) gedachten lebendiggebärenden Gallmücke<hi rendition="#g">nlarven</hi> die Verwirung auf<lb/>
die&#x017F;em Gebiete noch we&#x017F;entlich vermehrt.</p><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <p>Eine geringe Anzahl kleiner Schnabelkerfe könnte man der Körpertracht nach für die früher<lb/>
zur Sprache gebrachten Holzläu&#x017F;e halten, &#x017F;o lange man ihre Mundtheile außer Acht läßt. Die-<lb/>
&#x017F;elben zeigen aber den die Ordnung charakteri&#x017F;irenden Schnabel und befähigen nicht, wie dort zum<lb/>
Beißen. Beide Ge&#x017F;chlechter erfreuen &#x017F;ich der Flügel und zum Springen geeigneter Hinterbeine.<lb/>
Auf dem Scheitel &#x017F;tehen drei Nebenaugen weit auseinander, zwei Fußglieder und Haftlappen<lb/>
zwi&#x017F;chen den Klauen kennzeichnen die nur mäßig langen Beinchen. Das Springvermögen läßt<lb/>
keine Verwech&#x017F;elung mit den vorigen zu und die längeren Fühler eben&#x017F;o wenig mit den folgenden<lb/>
&#x017F;pringenden Zirpen. Die&#x017F;e Blattflöhe &#x017F;augen gleichfalls Pflanzen&#x017F;äfte und ihre Lärvchen, deren Beine<lb/>
noch kürzer und deren Fühler ungegliedert &#x017F;ind, bringen nicht &#x017F;elten Mißbildungen an den Blüthen-<lb/>
theilen ihrer Futterpflanze hervor. Am verbreitet&#x017F;ten finden &#x017F;ich die beiden Gattungen <hi rendition="#aq">Livia</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Psylla.</hi> Jene erreicht in ihren Fühlern, deren dickes Grundglied &#x017F;o groß wie die folgenden<lb/>
zu&#x017F;ammengenommen i&#x017F;t, die Körperlänge noch nicht und hat flache Augen. Jn dem eine Linie<lb/>
me&#x017F;&#x017F;enden braunen, an Kopf und Mittelleibe ro&#x017F;tgelben <hi rendition="#g">Bin&#x017F;en-Blattfloh</hi> <hi rendition="#aq">(L. juncorum)</hi> findet<lb/>
&#x017F;ie ihren Vertreter für Deut&#x017F;chland. Die&#x017F;es Thierchen, welches noch die in der Mitte weißen, an<lb/>
der Spitze &#x017F;chwarzen Fühler auszeichnen, lebt in den Blüthen der gegliederten Bin&#x017F;e (<hi rendition="#aq">Juneus<lb/>
articulatus</hi> oder <hi rendition="#aq">lamprocarpus</hi>).</p><lb/>
              <p>Die andere Gattung <hi rendition="#aq">Psylla</hi> kennzeichnen die bor&#x017F;tigen Fühler von minde&#x017F;tens Leibeslänge,<lb/>
die runden, vorquellenden Netzaugen und häutige klare Vorderflügel, welche &#x017F;ich dort mei&#x017F;t etwas<lb/>
derber als die hinteren zeigen. Der <hi rendition="#g">Gin&#x017F;ter-Blattfloh</hi> <hi rendition="#aq">(Ps. genistae),</hi> (Bild S. 517) welcher<lb/>
&#x017F;ein artenreiches Ge&#x017F;chlecht hier in &#x017F;echsfacher Vergrößerung vergegenwärtigen möge, hat einen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">33*</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[515/0547] Weiden- und Eichen-Baumlaus. Binſen- und Ginſter-Blattfloh. ganz gleicher Geſtalt, aber nur von 1½″ Länge, und waren dieſes ohne Zweifel von erſteren geborene jüngere Ammen, welche in dieſem Zuſtande überwintern, oder auch bei eintretender ſtrenger Kälte — erfrieren. Eins der großen Exemplare gebar in meinem Beiſein ein in ſeiner Geſtalt etwas verſchiedenes Thierchen, der Art, wie ich es ſchon 1828 in Geſellſchaft dieſer Blattlaus gefunden und, ohne eine Begattung zu ſehen, für das männliche Geſchlecht gehalten hatte. Späterhin hat auch Kaltenbach dieſes Männchen beobachtet und in ſeiner Bearbeitung der Pflanzenläuſe beſchrieben. Bei genauer Betrachtung meiner Kolonie bemerkte ich, daß faſt jedes der großen Jndividuen ein ſolches Männchen, in Paarung begriffen, auf dem Rücken trug. Etwa 24 Eier lagen bereits in der Kolonie an das Holz angeklebt, und hatten dieſe eine Länge von 1⅓ Linien, während die Männchen nur ⅔ Linie maßen. Jm November 1838 fand ich eine ganz ähnliche Kolonie unter der Rinde einer Roßkaſtanie. Jch nahm eine Anzahl der in Begattung begriffenen Weibchen mit nach Hauſe und beobachtete nun, wie die Männchen mehrere Wochen lang auf dem Rücken zubrachten, von Zeit zu Zeit die Begattung wiederholten, hierbei täglich ſchmäler und kraftloſer wurden bis ſie endlich ſtarben. Anſcheinend unter der ſtatthabenden Paarung legten die Weibchen Eier. Eine Mutter beobachtete ich, welche ſich während des Eierlegens zweimal (11. und 16. November) häutete“. v. Heyden ſtellte dann weitere Betrachtungen an, fand, daß ſeine Beobachtung, wie aus einer lebendiggebärenden eine eierlegende Blattlaus werde, mit den neuern Unterſuchungen nicht übereinſtimmen wolle, beſtätigte aber durch dieſelbe wiederum aufs Neue, daß der ſcharfſinnige Degeer vollkommen Recht hatte, wenn er als Schlußſatz ſeiner Abhandlung über die Blattläuſe hinzufügt: „dieſelben ſind vollkommen dazu angethan, das ganze vermeinte Generationsſyſtem zu zerrütten und diejenigen zu verwirren, welche ſich bemühen, das Geheimniß der Natur zu erforſchen.“ Seit ſeiner Zeit hat die Ent- deckung der oben (S. 17) gedachten lebendiggebärenden Gallmückenlarven die Verwirung auf dieſem Gebiete noch weſentlich vermehrt. Eine geringe Anzahl kleiner Schnabelkerfe könnte man der Körpertracht nach für die früher zur Sprache gebrachten Holzläuſe halten, ſo lange man ihre Mundtheile außer Acht läßt. Die- ſelben zeigen aber den die Ordnung charakteriſirenden Schnabel und befähigen nicht, wie dort zum Beißen. Beide Geſchlechter erfreuen ſich der Flügel und zum Springen geeigneter Hinterbeine. Auf dem Scheitel ſtehen drei Nebenaugen weit auseinander, zwei Fußglieder und Haftlappen zwiſchen den Klauen kennzeichnen die nur mäßig langen Beinchen. Das Springvermögen läßt keine Verwechſelung mit den vorigen zu und die längeren Fühler ebenſo wenig mit den folgenden ſpringenden Zirpen. Dieſe Blattflöhe ſaugen gleichfalls Pflanzenſäfte und ihre Lärvchen, deren Beine noch kürzer und deren Fühler ungegliedert ſind, bringen nicht ſelten Mißbildungen an den Blüthen- theilen ihrer Futterpflanze hervor. Am verbreitetſten finden ſich die beiden Gattungen Livia und Psylla. Jene erreicht in ihren Fühlern, deren dickes Grundglied ſo groß wie die folgenden zuſammengenommen iſt, die Körperlänge noch nicht und hat flache Augen. Jn dem eine Linie meſſenden braunen, an Kopf und Mittelleibe roſtgelben Binſen-Blattfloh (L. juncorum) findet ſie ihren Vertreter für Deutſchland. Dieſes Thierchen, welches noch die in der Mitte weißen, an der Spitze ſchwarzen Fühler auszeichnen, lebt in den Blüthen der gegliederten Binſe (Juneus articulatus oder lamprocarpus). Die andere Gattung Psylla kennzeichnen die borſtigen Fühler von mindeſtens Leibeslänge, die runden, vorquellenden Netzaugen und häutige klare Vorderflügel, welche ſich dort meiſt etwas derber als die hinteren zeigen. Der Ginſter-Blattfloh (Ps. genistae), (Bild S. 517) welcher ſein artenreiches Geſchlecht hier in ſechsfacher Vergrößerung vergegenwärtigen möge, hat einen 33*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/547
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/547>, abgerufen am 24.11.2024.