schlafende Vögel zu überrumpeln und zu tödten, auf die Gefahr hin von, ihnen durch ein paar Schnabelhiebe abgefertigt und für fernere Zeiten unschädlich gemacht zu werden. -- Zahlreiche Arten, welche im Grunde ebenso gebildet sind, aber am Kopfe einen nach vorn gerichteten dolch- artigen, auch zweispitzigen Fortsatz und am Ende der Schenkel einen nach hinten gerichteten Haut- lappen führen, sind als Vates vereinigt, und wieder andere, bei denen unter sonst ganz ähnlicher Bauart sich die männlichen Fühler durch eine Doppelreihe von Kammzähnen auszeichnen, bilden die Gattung Empusa, welche mit einer Art (E. pauperata) auch im südlichen Europa vertreten ist.
Die Gespenstheuschrecken (Gespenstschrecken, Phasmodea), mit den vorigen innig ver- brüdert in dem Gebundensein an wärmere Erdstriche und im sonderbaren Aussehen, waren im Systeme auch lange Zeit mit ihnen vereinigt, enthalten aber der abweichenden Merkmale zu viele, um nach dem heutigen Stande der Wissenschaft ferner mit ihnen verbunden bleiben zu können. Jn der vorherrschenden Entwickelung des Mittelbrustringes auf Kosten des vorderen, in dem Mangel der Raubfüße, meist auch der Flügel, und in der stabförmigen Gestalt der meisten oder der blattförmigen einiger liegen die ohne weiteres in die Augen springenden Unterschiede. Der in der Regel eiförmige Kopf steht hier allerdings auch schief, jedoch mit dem Munde nach vorn, trägt nur, aber nicht immer bei den geflügelten Arten, Nebenaugen, mitten im Gesicht vor den vor- quellenden Netzaugen die 9- bis 30 gliederigen Fühler, welche einen kurzen Faden darstellen, und stark entwickelte Freßwerkzeuge; an diesen überwiegt die Unterlippe mit ihrem großen äußern Lappen und den Tastern, welche die kleinen Kiefertaster vollständig zur Seite drängen. Der zweite Brustring erlangt in der Regel den stärksten Umfang, bleibt aber dem Bildungsgesetze der übrigen Körpertheile tren, drehrund oder platt, je nachdem das ganze Thier diese oder jene Gestalt hat; Beine und Flügel, wo letztere vorhanden sind, stehen am hintersten Ende desselben. Nur bei einer geringen Anzahl Gespenstheuschrecken (Phyllium) ist der letzte Brustring so groß, wie der mittlere, bei den ungeflügelten kürzer und eben so gestaltet, wie der vorhergehende, bei den geflügelten länger. Der Hinterleib pflegt drehrund zu sein, wie der Thorax, platt gedrückt, geradezu so dünn wie ein Blatt, wenn dieser es ist, und läßt auf dem Rücken neun, am Bauche nur sieben oder acht Ringe unterscheiden, was daher kommt, weil beim Weibchen die siebente große und schaufel- förmige, beim Männchen die achte Bauchplatte so lang werden, daß sie den letzten Ring bedecken und wohl gar noch darüber hinausragen. Ein zweiter Geschlechtsunterschied besteht darin, daß beim stets kleineren Männchen die Oeffnung für die Genitalien in der vorletzten, beim Weibchen in der drittletzten Bauchplatte angebracht ist. Wie schon erwähnt, fehlen vielen Arten die Flügel auf allen Altersstufen, und es treten daher dieselben Schwierigkeiten wie bei den Schaben ein, wenn es sich um Unterscheidung von Larve und ungeflügeltem Jmago handelt, ja sie mehren sich hier noch bedeutend darum, weil bei vielen Larven Stacheln und lappige Anhänge an verschiedenen Stellen des Körpers oder an den Beinen auftreten, welche später wieder verschwinden und so die Zusammengehörigkeit der unreifen und reifen Zustände verwischen. Die Vorderflügel pflegen kurz zu sein und nur die Wurzel der hintern zu bedecken, diese dagegen reichen nicht selten bis fast zur Leibesspitze, haben ein sehr schmales, pergamentartiges und gefärbtes Randfeld, dagegen ein breites, häutiges Nahtfeld, in beiden aber ein fast quadratisches Adernetz. Große Manchfaltigkeit herrscht hinsichtlich der Beine, indem sie entweder lang und dünn, oder an ihren verschiedenen Theilen breit und durch Anhänge blattartig erscheinen; nur in den fünf Fußgliedern, deren erstes das längste, und in einem großen, runden Haftlappen zwischen den Krallen stimmen alle überein. Die dünnen Vorderbeine haben meist am Grunde ihrer Schenkel eine tiefe Ausbeugung für den Kopf, damit sie in dichtem Anschlusse an einander steif vorgestreckt werden können, eine
Die Geradflügler. Geſpenſtheuſchrecken.
ſchlafende Vögel zu überrumpeln und zu tödten, auf die Gefahr hin von, ihnen durch ein paar Schnabelhiebe abgefertigt und für fernere Zeiten unſchädlich gemacht zu werden. — Zahlreiche Arten, welche im Grunde ebenſo gebildet ſind, aber am Kopfe einen nach vorn gerichteten dolch- artigen, auch zweiſpitzigen Fortſatz und am Ende der Schenkel einen nach hinten gerichteten Haut- lappen führen, ſind als Vates vereinigt, und wieder andere, bei denen unter ſonſt ganz ähnlicher Bauart ſich die männlichen Fühler durch eine Doppelreihe von Kammzähnen auszeichnen, bilden die Gattung Empusa, welche mit einer Art (E. pauperata) auch im ſüdlichen Europa vertreten iſt.
Die Geſpenſtheuſchrecken (Geſpenſtſchrecken, Phasmodea), mit den vorigen innig ver- brüdert in dem Gebundenſein an wärmere Erdſtriche und im ſonderbaren Ausſehen, waren im Syſteme auch lange Zeit mit ihnen vereinigt, enthalten aber der abweichenden Merkmale zu viele, um nach dem heutigen Stande der Wiſſenſchaft ferner mit ihnen verbunden bleiben zu können. Jn der vorherrſchenden Entwickelung des Mittelbruſtringes auf Koſten des vorderen, in dem Mangel der Raubfüße, meiſt auch der Flügel, und in der ſtabförmigen Geſtalt der meiſten oder der blattförmigen einiger liegen die ohne weiteres in die Augen ſpringenden Unterſchiede. Der in der Regel eiförmige Kopf ſteht hier allerdings auch ſchief, jedoch mit dem Munde nach vorn, trägt nur, aber nicht immer bei den geflügelten Arten, Nebenaugen, mitten im Geſicht vor den vor- quellenden Netzaugen die 9- bis 30 gliederigen Fühler, welche einen kurzen Faden darſtellen, und ſtark entwickelte Freßwerkzeuge; an dieſen überwiegt die Unterlippe mit ihrem großen äußern Lappen und den Taſtern, welche die kleinen Kiefertaſter vollſtändig zur Seite drängen. Der zweite Bruſtring erlangt in der Regel den ſtärkſten Umfang, bleibt aber dem Bildungsgeſetze der übrigen Körpertheile tren, drehrund oder platt, je nachdem das ganze Thier dieſe oder jene Geſtalt hat; Beine und Flügel, wo letztere vorhanden ſind, ſtehen am hinterſten Ende deſſelben. Nur bei einer geringen Anzahl Geſpenſtheuſchrecken (Phyllium) iſt der letzte Bruſtring ſo groß, wie der mittlere, bei den ungeflügelten kürzer und eben ſo geſtaltet, wie der vorhergehende, bei den geflügelten länger. Der Hinterleib pflegt drehrund zu ſein, wie der Thorax, platt gedrückt, geradezu ſo dünn wie ein Blatt, wenn dieſer es iſt, und läßt auf dem Rücken neun, am Bauche nur ſieben oder acht Ringe unterſcheiden, was daher kommt, weil beim Weibchen die ſiebente große und ſchaufel- förmige, beim Männchen die achte Bauchplatte ſo lang werden, daß ſie den letzten Ring bedecken und wohl gar noch darüber hinausragen. Ein zweiter Geſchlechtsunterſchied beſteht darin, daß beim ſtets kleineren Männchen die Oeffnung für die Genitalien in der vorletzten, beim Weibchen in der drittletzten Bauchplatte angebracht iſt. Wie ſchon erwähnt, fehlen vielen Arten die Flügel auf allen Altersſtufen, und es treten daher dieſelben Schwierigkeiten wie bei den Schaben ein, wenn es ſich um Unterſcheidung von Larve und ungeflügeltem Jmago handelt, ja ſie mehren ſich hier noch bedeutend darum, weil bei vielen Larven Stacheln und lappige Anhänge an verſchiedenen Stellen des Körpers oder an den Beinen auftreten, welche ſpäter wieder verſchwinden und ſo die Zuſammengehörigkeit der unreifen und reifen Zuſtände verwiſchen. Die Vorderflügel pflegen kurz zu ſein und nur die Wurzel der hintern zu bedecken, dieſe dagegen reichen nicht ſelten bis faſt zur Leibesſpitze, haben ein ſehr ſchmales, pergamentartiges und gefärbtes Randfeld, dagegen ein breites, häutiges Nahtfeld, in beiden aber ein faſt quadratiſches Adernetz. Große Manchfaltigkeit herrſcht hinſichtlich der Beine, indem ſie entweder lang und dünn, oder an ihren verſchiedenen Theilen breit und durch Anhänge blattartig erſcheinen; nur in den fünf Fußgliedern, deren erſtes das längſte, und in einem großen, runden Haftlappen zwiſchen den Krallen ſtimmen alle überein. Die dünnen Vorderbeine haben meiſt am Grunde ihrer Schenkel eine tiefe Ausbeugung für den Kopf, damit ſie in dichtem Anſchluſſe an einander ſteif vorgeſtreckt werden können, eine
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[476/0506]
Die Geradflügler. Geſpenſtheuſchrecken.
ſchlafende Vögel zu überrumpeln und zu tödten, auf die Gefahr hin von, ihnen durch ein paar
Schnabelhiebe abgefertigt und für fernere Zeiten unſchädlich gemacht zu werden. — Zahlreiche
Arten, welche im Grunde ebenſo gebildet ſind, aber am Kopfe einen nach vorn gerichteten dolch-
artigen, auch zweiſpitzigen Fortſatz und am Ende der Schenkel einen nach hinten gerichteten Haut-
lappen führen, ſind als Vates vereinigt, und wieder andere, bei denen unter ſonſt ganz ähnlicher
Bauart ſich die männlichen Fühler durch eine Doppelreihe von Kammzähnen auszeichnen, bilden
die Gattung Empusa, welche mit einer Art (E. pauperata) auch im ſüdlichen Europa vertreten iſt.
Die Geſpenſtheuſchrecken (Geſpenſtſchrecken, Phasmodea), mit den vorigen innig ver-
brüdert in dem Gebundenſein an wärmere Erdſtriche und im ſonderbaren Ausſehen, waren im
Syſteme auch lange Zeit mit ihnen vereinigt, enthalten aber der abweichenden Merkmale zu viele,
um nach dem heutigen Stande der Wiſſenſchaft ferner mit ihnen verbunden bleiben zu können.
Jn der vorherrſchenden Entwickelung des Mittelbruſtringes auf Koſten des vorderen, in dem
Mangel der Raubfüße, meiſt auch der Flügel, und in der ſtabförmigen Geſtalt der meiſten oder
der blattförmigen einiger liegen die ohne weiteres in die Augen ſpringenden Unterſchiede. Der in
der Regel eiförmige Kopf ſteht hier allerdings auch ſchief, jedoch mit dem Munde nach vorn, trägt
nur, aber nicht immer bei den geflügelten Arten, Nebenaugen, mitten im Geſicht vor den vor-
quellenden Netzaugen die 9- bis 30 gliederigen Fühler, welche einen kurzen Faden darſtellen, und
ſtark entwickelte Freßwerkzeuge; an dieſen überwiegt die Unterlippe mit ihrem großen äußern
Lappen und den Taſtern, welche die kleinen Kiefertaſter vollſtändig zur Seite drängen. Der zweite
Bruſtring erlangt in der Regel den ſtärkſten Umfang, bleibt aber dem Bildungsgeſetze der übrigen
Körpertheile tren, drehrund oder platt, je nachdem das ganze Thier dieſe oder jene Geſtalt hat;
Beine und Flügel, wo letztere vorhanden ſind, ſtehen am hinterſten Ende deſſelben. Nur bei einer
geringen Anzahl Geſpenſtheuſchrecken (Phyllium) iſt der letzte Bruſtring ſo groß, wie der mittlere,
bei den ungeflügelten kürzer und eben ſo geſtaltet, wie der vorhergehende, bei den geflügelten
länger. Der Hinterleib pflegt drehrund zu ſein, wie der Thorax, platt gedrückt, geradezu ſo dünn
wie ein Blatt, wenn dieſer es iſt, und läßt auf dem Rücken neun, am Bauche nur ſieben oder
acht Ringe unterſcheiden, was daher kommt, weil beim Weibchen die ſiebente große und ſchaufel-
förmige, beim Männchen die achte Bauchplatte ſo lang werden, daß ſie den letzten Ring bedecken
und wohl gar noch darüber hinausragen. Ein zweiter Geſchlechtsunterſchied beſteht darin, daß
beim ſtets kleineren Männchen die Oeffnung für die Genitalien in der vorletzten, beim Weibchen
in der drittletzten Bauchplatte angebracht iſt. Wie ſchon erwähnt, fehlen vielen Arten die Flügel
auf allen Altersſtufen, und es treten daher dieſelben Schwierigkeiten wie bei den Schaben ein,
wenn es ſich um Unterſcheidung von Larve und ungeflügeltem Jmago handelt, ja ſie mehren ſich
hier noch bedeutend darum, weil bei vielen Larven Stacheln und lappige Anhänge an verſchiedenen
Stellen des Körpers oder an den Beinen auftreten, welche ſpäter wieder verſchwinden und ſo die
Zuſammengehörigkeit der unreifen und reifen Zuſtände verwiſchen. Die Vorderflügel pflegen kurz
zu ſein und nur die Wurzel der hintern zu bedecken, dieſe dagegen reichen nicht ſelten bis faſt
zur Leibesſpitze, haben ein ſehr ſchmales, pergamentartiges und gefärbtes Randfeld, dagegen ein
breites, häutiges Nahtfeld, in beiden aber ein faſt quadratiſches Adernetz. Große Manchfaltigkeit
herrſcht hinſichtlich der Beine, indem ſie entweder lang und dünn, oder an ihren verſchiedenen
Theilen breit und durch Anhänge blattartig erſcheinen; nur in den fünf Fußgliedern, deren erſtes
das längſte, und in einem großen, runden Haftlappen zwiſchen den Krallen ſtimmen alle
überein. Die dünnen Vorderbeine haben meiſt am Grunde ihrer Schenkel eine tiefe Ausbeugung
für den Kopf, damit ſie in dichtem Anſchluſſe an einander ſteif vorgeſtreckt werden können, eine
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/506>, abgerufen am 24.11.2024.
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