(Drepanoptera phalaenoides) durch ihre hervorragende Größe (15''' Flügelspannung), die sichel- förmigen, braungelben und etwas lederartigen Vorderflügel und glashellen Hinterflügel vor allen vortheilhaft aus; jene werden von zahlreichen Adern durchzogen, indem der Radins allein mindestens zwölf Aeste entsendet.
Den Familiengliedern gesellen sich noch höchst eigenthümliche Gestalten zu, aber nur im südlichen Europa und wärmeren Ländern. So hat die in der Türkei und weiter nach Osten hin lebende türkische Schwanzflorfliege (Nemopleryx coa) schmale und lange Hinterflügel, deren Spitze sich lösselartig erweitert, so daß sie ganz zu solchen Schwänzchen werden, wie sie unser Schwalbenschwanz unter den Schmetterlingen nur anhangsweise an ihnen trägt. Noch interessanter werden die Florschrecker (Mantispa) durch die Umgestaltung der Vorderbeine in Raubfüße: zwischen die lange, walzige Hüfte und den ebenso laugen, an der Unterseite gezähnten Schenkel schiebt sich ein kurzer Schenkelring ein und die unbewehrte, gebogene Schiene erreicht nur die halbe Länge jenes, kann sich aber daran legen, wie die Klinge eines Taschenmessers an ihren Stiel, genau die Einrichtung, welche sich weiter unten bei der Gottesanbeterin durch eine Abbil- dung erläutert findet. Die fast gleichen Flügel kommen im Geäder der im Folgenden näher zu besprechenden Kameelhalsfliege ungemein nahe, haben auch zum Unterschiede von allen bisher erwähnten Gitterflüglern ein sogenanntes Mal, jenes Hornfleck, welches nur bei wenigen Ader- flüglern vermißt wurde. Diese zierlichen Florschrecker werden durch nur wenige Arten im Süden Europa's vertreten, vorzugsweise von der ländlichen Florschrecke (M. pagana). Dieselbe ist auf gelblichem Untergrunde violettbraun gefleckt, an der Unterseite der Vorderschenkel stark gebräunt und sechs Linien lang. Die kurzen und dicken Fühler gleichen einer Perlschnur. Der Vorderrücken verlängert sich zu einem Cylinder, welcher sich nach vorn etwas erweitert und schief abstutzt. Jn dieser Erweiterung steckt die kleine Vorderbrust mit dem Kopfe und der Anhestungsstelle der Raubfüße; alles, wie bei der Gottesanbeterin, welche ihrer unvollkommenen Verwandlung wegen aber der folgenden Ordnung angehört. Das Weibchen unserer Florschrecke befestigt seine Eier an kurze Stiele und die langgestreckten Larven, welche daraus entstehen, gleichen in Rücksicht auf ihre geraden, dicht beisammenstehenden, saugenden Kinnbacken einer Drahtzange; an den Lippentastern lassen sich drei dicke Glieder unterscheiden, an den Fühlern ihrer vier. Alle Beine sind kurz, ihre Fußglieder fünfzählig und mit Haftlappen versehen. Diese schmuzig rosenrothen, dunkler gefleckten Larven leben auf Bergwiesen von Jnsekten und fertigen bei der Verpuppung ein grobmaschiges, gelbliches Gespinnst von der Form eines Eies.
Die Kameelhalsfliegen (Rhaphidia), wegen des gestreckten, sehr beweglichen ersten Brust- ringes so genannt, welcher übrigens nicht, wie bei den vorigen, eine geschlossene Walze darstellt, sondern die Seitenränder des Rückentheils frei läßt, mögen in ihrer Eigenthümlichkeit durch die dickfühlerige Kameelhalsfliege (R. -- Inocellia -- crassicornis) hier vorgeführt werden. Der Mangel der Nebenaugen und der Querader in dem dunkel rothbraunen Male der sonst glashellen Flügel zeichnet sie vor allen andern Arten aus und veranlaßte Herrn Schneider sie bei seiner monographischen Bearbeitung dieser Gruppe zu einer besonderen Gattung zu erheben. Die Fliegen kriechen im Frühlinge, genannte erst im Juni an Baumstämmen, vorherrschend an Eichen umher, wo sie kleine Jnsekten zu erbeuten suchen. Bemerkt die Raphidie ein Mückchen, eine Fliege in ihrer Nähe, so richtet sie die Vorderbrust hoch auf, senkt den Kopf und wagt mit ihren Zangen in dieser grimmigen Stellung einen Angriff. Bewegt sich das ausersehene Schlachtopfer in diesem Augenblicke, so prallt sie wohl auch erst einmal zurück, ehe sie zupackt. Dann bohrt sie ihre Zähne gierig ein und faugt, zieht sie dann und wann wieder heraus, bewegt sie rasch gegen
(Drepanoptera phalaenoides) durch ihre hervorragende Größe (15‴ Flügelſpannung), die ſichel- förmigen, braungelben und etwas lederartigen Vorderflügel und glashellen Hinterflügel vor allen vortheilhaft aus; jene werden von zahlreichen Adern durchzogen, indem der Radins allein mindeſtens zwölf Aeſte entſendet.
Den Familiengliedern geſellen ſich noch höchſt eigenthümliche Geſtalten zu, aber nur im ſüdlichen Europa und wärmeren Ländern. So hat die in der Türkei und weiter nach Oſten hin lebende türkiſche Schwanzflorfliege (Nemopleryx coa) ſchmale und lange Hinterflügel, deren Spitze ſich löſſelartig erweitert, ſo daß ſie ganz zu ſolchen Schwänzchen werden, wie ſie unſer Schwalbenſchwanz unter den Schmetterlingen nur anhangsweiſe an ihnen trägt. Noch intereſſanter werden die Florſchrecker (Mantispa) durch die Umgeſtaltung der Vorderbeine in Raubfüße: zwiſchen die lange, walzige Hüfte und den ebenſo laugen, an der Unterſeite gezähnten Schenkel ſchiebt ſich ein kurzer Schenkelring ein und die unbewehrte, gebogene Schiene erreicht nur die halbe Länge jenes, kann ſich aber daran legen, wie die Klinge eines Taſchenmeſſers an ihren Stiel, genau die Einrichtung, welche ſich weiter unten bei der Gottesanbeterin durch eine Abbil- dung erläutert findet. Die faſt gleichen Flügel kommen im Geäder der im Folgenden näher zu beſprechenden Kameelhalsfliege ungemein nahe, haben auch zum Unterſchiede von allen bisher erwähnten Gitterflüglern ein ſogenanntes Mal, jenes Hornfleck, welches nur bei wenigen Ader- flüglern vermißt wurde. Dieſe zierlichen Florſchrecker werden durch nur wenige Arten im Süden Europa’s vertreten, vorzugsweiſe von der ländlichen Florſchrecke (M. pagana). Dieſelbe iſt auf gelblichem Untergrunde violettbraun gefleckt, an der Unterſeite der Vorderſchenkel ſtark gebräunt und ſechs Linien lang. Die kurzen und dicken Fühler gleichen einer Perlſchnur. Der Vorderrücken verlängert ſich zu einem Cylinder, welcher ſich nach vorn etwas erweitert und ſchief abſtutzt. Jn dieſer Erweiterung ſteckt die kleine Vorderbruſt mit dem Kopfe und der Anheſtungsſtelle der Raubfüße; alles, wie bei der Gottesanbeterin, welche ihrer unvollkommenen Verwandlung wegen aber der folgenden Ordnung angehört. Das Weibchen unſerer Florſchrecke befeſtigt ſeine Eier an kurze Stiele und die langgeſtreckten Larven, welche daraus entſtehen, gleichen in Rückſicht auf ihre geraden, dicht beiſammenſtehenden, ſaugenden Kinnbacken einer Drahtzange; an den Lippentaſtern laſſen ſich drei dicke Glieder unterſcheiden, an den Fühlern ihrer vier. Alle Beine ſind kurz, ihre Fußglieder fünfzählig und mit Haftlappen verſehen. Dieſe ſchmuzig roſenrothen, dunkler gefleckten Larven leben auf Bergwieſen von Jnſekten und fertigen bei der Verpuppung ein grobmaſchiges, gelbliches Geſpinnſt von der Form eines Eies.
Die Kameelhalsfliegen (Rhaphidia), wegen des geſtreckten, ſehr beweglichen erſten Bruſt- ringes ſo genannt, welcher übrigens nicht, wie bei den vorigen, eine geſchloſſene Walze darſtellt, ſondern die Seitenränder des Rückentheils frei läßt, mögen in ihrer Eigenthümlichkeit durch die dickfühlerige Kameelhalsfliege (R. — Inocellia — crassicornis) hier vorgeführt werden. Der Mangel der Nebenaugen und der Querader in dem dunkel rothbraunen Male der ſonſt glashellen Flügel zeichnet ſie vor allen andern Arten aus und veranlaßte Herrn Schneider ſie bei ſeiner monographiſchen Bearbeitung dieſer Gruppe zu einer beſonderen Gattung zu erheben. Die Fliegen kriechen im Frühlinge, genannte erſt im Juni an Baumſtämmen, vorherrſchend an Eichen umher, wo ſie kleine Jnſekten zu erbeuten ſuchen. Bemerkt die Raphidie ein Mückchen, eine Fliege in ihrer Nähe, ſo richtet ſie die Vorderbruſt hoch auf, ſenkt den Kopf und wagt mit ihren Zangen in dieſer grimmigen Stellung einen Angriff. Bewegt ſich das auserſehene Schlachtopfer in dieſem Augenblicke, ſo prallt ſie wohl auch erſt einmal zurück, ehe ſie zupackt. Dann bohrt ſie ihre Zähne gierig ein und faugt, zieht ſie dann und wann wieder heraus, bewegt ſie raſch gegen
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[427/0453]
Türliſche Schwanzflorfliege. Ländliche Florſchrecke. Dickfühlerige Kameelhalsſtiege.
(Drepanoptera phalaenoides) durch ihre hervorragende Größe (15‴ Flügelſpannung), die ſichel-
förmigen, braungelben und etwas lederartigen Vorderflügel und glashellen Hinterflügel vor allen
vortheilhaft aus; jene werden von zahlreichen Adern durchzogen, indem der Radins allein mindeſtens
zwölf Aeſte entſendet.
Den Familiengliedern geſellen ſich noch höchſt eigenthümliche Geſtalten zu, aber nur im
ſüdlichen Europa und wärmeren Ländern. So hat die in der Türkei und weiter nach Oſten hin
lebende türkiſche Schwanzflorfliege (Nemopleryx coa) ſchmale und lange Hinterflügel, deren
Spitze ſich löſſelartig erweitert, ſo daß ſie ganz zu ſolchen Schwänzchen werden, wie ſie unſer
Schwalbenſchwanz unter den Schmetterlingen nur anhangsweiſe an ihnen trägt. Noch intereſſanter
werden die Florſchrecker (Mantispa) durch die Umgeſtaltung der Vorderbeine in Raubfüße:
zwiſchen die lange, walzige Hüfte und den ebenſo laugen, an der Unterſeite gezähnten Schenkel
ſchiebt ſich ein kurzer Schenkelring ein und die unbewehrte, gebogene Schiene erreicht nur die
halbe Länge jenes, kann ſich aber daran legen, wie die Klinge eines Taſchenmeſſers an ihren
Stiel, genau die Einrichtung, welche ſich weiter unten bei der Gottesanbeterin durch eine Abbil-
dung erläutert findet. Die faſt gleichen Flügel kommen im Geäder der im Folgenden näher zu
beſprechenden Kameelhalsfliege ungemein nahe, haben auch zum Unterſchiede von allen bisher
erwähnten Gitterflüglern ein ſogenanntes Mal, jenes Hornfleck, welches nur bei wenigen Ader-
flüglern vermißt wurde. Dieſe zierlichen Florſchrecker werden durch nur wenige Arten im Süden
Europa’s vertreten, vorzugsweiſe von der ländlichen Florſchrecke (M. pagana). Dieſelbe iſt
auf gelblichem Untergrunde violettbraun gefleckt, an der Unterſeite der Vorderſchenkel ſtark gebräunt
und ſechs Linien lang. Die kurzen und dicken Fühler gleichen einer Perlſchnur. Der Vorderrücken
verlängert ſich zu einem Cylinder, welcher ſich nach vorn etwas erweitert und ſchief abſtutzt. Jn
dieſer Erweiterung ſteckt die kleine Vorderbruſt mit dem Kopfe und der Anheſtungsſtelle der
Raubfüße; alles, wie bei der Gottesanbeterin, welche ihrer unvollkommenen Verwandlung wegen
aber der folgenden Ordnung angehört. Das Weibchen unſerer Florſchrecke befeſtigt ſeine Eier an
kurze Stiele und die langgeſtreckten Larven, welche daraus entſtehen, gleichen in Rückſicht auf ihre
geraden, dicht beiſammenſtehenden, ſaugenden Kinnbacken einer Drahtzange; an den Lippentaſtern
laſſen ſich drei dicke Glieder unterſcheiden, an den Fühlern ihrer vier. Alle Beine ſind kurz, ihre
Fußglieder fünfzählig und mit Haftlappen verſehen. Dieſe ſchmuzig roſenrothen, dunkler gefleckten
Larven leben auf Bergwieſen von Jnſekten und fertigen bei der Verpuppung ein grobmaſchiges,
gelbliches Geſpinnſt von der Form eines Eies.
Die Kameelhalsfliegen (Rhaphidia), wegen des geſtreckten, ſehr beweglichen erſten Bruſt-
ringes ſo genannt, welcher übrigens nicht, wie bei den vorigen, eine geſchloſſene Walze darſtellt,
ſondern die Seitenränder des Rückentheils frei läßt, mögen in ihrer Eigenthümlichkeit durch die
dickfühlerige Kameelhalsfliege (R. — Inocellia — crassicornis) hier vorgeführt werden. Der
Mangel der Nebenaugen und der Querader in dem dunkel rothbraunen Male der ſonſt glashellen
Flügel zeichnet ſie vor allen andern Arten aus und veranlaßte Herrn Schneider ſie bei ſeiner
monographiſchen Bearbeitung dieſer Gruppe zu einer beſonderen Gattung zu erheben. Die Fliegen
kriechen im Frühlinge, genannte erſt im Juni an Baumſtämmen, vorherrſchend an Eichen umher,
wo ſie kleine Jnſekten zu erbeuten ſuchen. Bemerkt die Raphidie ein Mückchen, eine Fliege in
ihrer Nähe, ſo richtet ſie die Vorderbruſt hoch auf, ſenkt den Kopf und wagt mit ihren Zangen
in dieſer grimmigen Stellung einen Angriff. Bewegt ſich das auserſehene Schlachtopfer in dieſem
Augenblicke, ſo prallt ſie wohl auch erſt einmal zurück, ehe ſie zupackt. Dann bohrt ſie ihre
Zähne gierig ein und faugt, zieht ſie dann und wann wieder heraus, bewegt ſie raſch gegen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/453>, abgerufen am 24.11.2024.
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