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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Zweiflügler. Puppengebärer. Flöhe.
schlagen werden können; sie vertreten die Stelle der Klauen. Vor ihnen, also der Außenseite des
letzten Fußgliedes angeheftet, sitzen noch zwei dünngestielte, kolbige Hautläppchen mit Drüsen-
härchen. Der Hinterleib endlich wölbt sich hoch eiförmig, gibt in der Mitte dem ganzen Thiere
seine bedeutendste Breite und wird von fünf Ringen zusammengesetzt. Der ganze Körper ist mit
Ausschluß der honiggelben Fühler glänzend rothbraun, hart und 2/3 Linien lang. Das eben
beschriebene Thierchen lebt meist einzeln auf Honigbienen, Arbeitern, Drohnen, am liebsten aber,
wie es scheint, auf der Königin, welche manchmal von größeren Mengen bewohnt wird und bald
wieder aufs Neue damit besetzt gewesen sein soll, nachdem man die alten entfernt hatte. Die
Bienenlaus wählt das Rückenschild zu seinem Tummel- und Weideplatze, wandert bisweilen auch
bei der nahen Berührung, in welche die Bienen im Stocke kommen, von einer zur andern über.
Wenn sie sich mit dem Rüssel dort festgesogen, sitzt sie stundenlang auf einem Flecke, entfernt von
ihrem Wirth stirbt sie nach einigen Stunden und nur die jungen, eben aus der Puppe entschlüpften
Jndividnen besitzen mehr Lebensfähigkeit, weil sich ihnen nicht immer gleich die Gelegenheit bietet,
eine Biene zu besteigen. Da nämlich das Weibchen, welches in seinem doppelten Eierstocke nur
vier Keime birgt, die von seiner Milchdrüse im Jnnern gesättigte, reife Larve fallen läßt, diese
mithin für gewöhnlich auf den Boden des Stockes, mitunter auch ins Freie gelangt: so muß das
vollkommene Jnsekt die zufällige Annäherung einer Biene erwarten. Bei der Geburt ist die
Larve weiß und weich, verhärtet aber und dunkelt nach kurzer Zeit, so daß man nachher ein
elfgliederiges Tönnchen vor sich zu haben meint, wenn man es unter dem Mikroskope betrachtet.
Ungefähr vierzehn Tage später hat die Fliege ihre Ausbildung erlangt. Man kennt bisher nur
diese einzige Art, die in ganz Deutschland, Frankreich und Jtalien vorkommt, in Rußland aber
mit Ausnahme der Ostseeprovinzen noch nicht beobachtet zu sein scheint.



Daß der Mangel der Flügel eines Jnsekts für seine Stellung im System nicht maßgebend
sein könne, wurde bereits klar, denn wir haben bisher in allen Ordnungen und auch so eben
bei den Fliegen einzelne ungeflügelte kennen gelernt und werden auch ferner dergleichen begegnen;
daher scheint es auch nicht gerechtfertigt, das flügellose Ungeziefer in eine besondere Ordnung zu
vereinigen, wie manche Forscher gewollt haben. Die Natur hat einmal kein System, sondern
Arten geschaffen, von denen manche dem ordnenden Systematiker Schwierigkeiten bereiten. Dahin
gehören u. a. die Flöhe, die in ihrem Baue Verwandtschaft mit den Hemipteren, wegen des
in drei Ringe geschiedenen Brustkastens mit den Orthopteren zeigen, der vollkommenen Ver-
wandlung und Mundbildung wegen aber am besten hier ihren Platz finden. Der kleine Kopf
verbindet sich eng mit dem Prothorax, hat einfache Augen an Stelle der Netzaugen und mehr-
(3 bis 6) gliederige, versteckte Fühler hinter denselben; der Körper ist seitlich stark zusammengedrückt,
seine Thoraxringe sind von einander getrennt, die beiden letzten mit plattenartigen Anhängen
versehen, flügellos, und die kräftigen Beine, deren Hüften ungemein weit vortreten, zum Springen
eingerichtet.

Glücklich drum preis' ich den lockern Gesellen,
Pulex, den Turner im bunten Tricot,
Wenn er in Sprüngen, verwegenen, schnellen,
Himmelhoch janchzet frisch, fromm, frei und froh!

Die Flöhe leben schmarotzend auf warmblutigen Thieren und nähren sich von deren Blut,
ihre Larven dagegen von allerlei faulenden Stoffen, besonders vom Mist. Früher rechnete man
alle zu einer Art, es ist aber erwiesen, daß jedes von Flöhen bewohnte Thier seine eigne

Die Zweiflügler. Puppengebärer. Flöhe.
ſchlagen werden können; ſie vertreten die Stelle der Klauen. Vor ihnen, alſo der Außenſeite des
letzten Fußgliedes angeheftet, ſitzen noch zwei dünngeſtielte, kolbige Hautläppchen mit Drüſen-
härchen. Der Hinterleib endlich wölbt ſich hoch eiförmig, gibt in der Mitte dem ganzen Thiere
ſeine bedeutendſte Breite und wird von fünf Ringen zuſammengeſetzt. Der ganze Körper iſt mit
Ausſchluß der honiggelben Fühler glänzend rothbraun, hart und ⅔ Linien lang. Das eben
beſchriebene Thierchen lebt meiſt einzeln auf Honigbienen, Arbeitern, Drohnen, am liebſten aber,
wie es ſcheint, auf der Königin, welche manchmal von größeren Mengen bewohnt wird und bald
wieder aufs Neue damit beſetzt geweſen ſein ſoll, nachdem man die alten entfernt hatte. Die
Bienenlaus wählt das Rückenſchild zu ſeinem Tummel- und Weideplatze, wandert bisweilen auch
bei der nahen Berührung, in welche die Bienen im Stocke kommen, von einer zur andern über.
Wenn ſie ſich mit dem Rüſſel dort feſtgeſogen, ſitzt ſie ſtundenlang auf einem Flecke, entfernt von
ihrem Wirth ſtirbt ſie nach einigen Stunden und nur die jungen, eben aus der Puppe entſchlüpften
Jndividnen beſitzen mehr Lebensfähigkeit, weil ſich ihnen nicht immer gleich die Gelegenheit bietet,
eine Biene zu beſteigen. Da nämlich das Weibchen, welches in ſeinem doppelten Eierſtocke nur
vier Keime birgt, die von ſeiner Milchdrüſe im Jnnern geſättigte, reife Larve fallen läßt, dieſe
mithin für gewöhnlich auf den Boden des Stockes, mitunter auch ins Freie gelangt: ſo muß das
vollkommene Jnſekt die zufällige Annäherung einer Biene erwarten. Bei der Geburt iſt die
Larve weiß und weich, verhärtet aber und dunkelt nach kurzer Zeit, ſo daß man nachher ein
elfgliederiges Tönnchen vor ſich zu haben meint, wenn man es unter dem Mikroſkope betrachtet.
Ungefähr vierzehn Tage ſpäter hat die Fliege ihre Ausbildung erlangt. Man kennt bisher nur
dieſe einzige Art, die in ganz Deutſchland, Frankreich und Jtalien vorkommt, in Rußland aber
mit Ausnahme der Oſtſeeprovinzen noch nicht beobachtet zu ſein ſcheint.



Daß der Mangel der Flügel eines Jnſekts für ſeine Stellung im Syſtem nicht maßgebend
ſein könne, wurde bereits klar, denn wir haben bisher in allen Ordnungen und auch ſo eben
bei den Fliegen einzelne ungeflügelte kennen gelernt und werden auch ferner dergleichen begegnen;
daher ſcheint es auch nicht gerechtfertigt, das flügelloſe Ungeziefer in eine beſondere Ordnung zu
vereinigen, wie manche Forſcher gewollt haben. Die Natur hat einmal kein Syſtem, ſondern
Arten geſchaffen, von denen manche dem ordnenden Syſtematiker Schwierigkeiten bereiten. Dahin
gehören u. a. die Flöhe, die in ihrem Baue Verwandtſchaft mit den Hemipteren, wegen des
in drei Ringe geſchiedenen Bruſtkaſtens mit den Orthopteren zeigen, der vollkommenen Ver-
wandlung und Mundbildung wegen aber am beſten hier ihren Platz finden. Der kleine Kopf
verbindet ſich eng mit dem Prothorax, hat einfache Augen an Stelle der Netzaugen und mehr-
(3 bis 6) gliederige, verſteckte Fühler hinter denſelben; der Körper iſt ſeitlich ſtark zuſammengedrückt,
ſeine Thoraxringe ſind von einander getrennt, die beiden letzten mit plattenartigen Anhängen
verſehen, flügellos, und die kräftigen Beine, deren Hüften ungemein weit vortreten, zum Springen
eingerichtet.

Glücklich drum preis’ ich den lockern Geſellen,
Pulex, den Turner im bunten Tricot,
Wenn er in Sprüngen, verwegenen, ſchnellen,
Himmelhoch janchzet friſch, fromm, frei und froh!

Die Flöhe leben ſchmarotzend auf warmblutigen Thieren und nähren ſich von deren Blut,
ihre Larven dagegen von allerlei faulenden Stoffen, beſonders vom Miſt. Früher rechnete man
alle zu einer Art, es iſt aber erwieſen, daß jedes von Flöhen bewohnte Thier ſeine eigne

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[418/0444] Die Zweiflügler. Puppengebärer. Flöhe. ſchlagen werden können; ſie vertreten die Stelle der Klauen. Vor ihnen, alſo der Außenſeite des letzten Fußgliedes angeheftet, ſitzen noch zwei dünngeſtielte, kolbige Hautläppchen mit Drüſen- härchen. Der Hinterleib endlich wölbt ſich hoch eiförmig, gibt in der Mitte dem ganzen Thiere ſeine bedeutendſte Breite und wird von fünf Ringen zuſammengeſetzt. Der ganze Körper iſt mit Ausſchluß der honiggelben Fühler glänzend rothbraun, hart und ⅔ Linien lang. Das eben beſchriebene Thierchen lebt meiſt einzeln auf Honigbienen, Arbeitern, Drohnen, am liebſten aber, wie es ſcheint, auf der Königin, welche manchmal von größeren Mengen bewohnt wird und bald wieder aufs Neue damit beſetzt geweſen ſein ſoll, nachdem man die alten entfernt hatte. Die Bienenlaus wählt das Rückenſchild zu ſeinem Tummel- und Weideplatze, wandert bisweilen auch bei der nahen Berührung, in welche die Bienen im Stocke kommen, von einer zur andern über. Wenn ſie ſich mit dem Rüſſel dort feſtgeſogen, ſitzt ſie ſtundenlang auf einem Flecke, entfernt von ihrem Wirth ſtirbt ſie nach einigen Stunden und nur die jungen, eben aus der Puppe entſchlüpften Jndividnen beſitzen mehr Lebensfähigkeit, weil ſich ihnen nicht immer gleich die Gelegenheit bietet, eine Biene zu beſteigen. Da nämlich das Weibchen, welches in ſeinem doppelten Eierſtocke nur vier Keime birgt, die von ſeiner Milchdrüſe im Jnnern geſättigte, reife Larve fallen läßt, dieſe mithin für gewöhnlich auf den Boden des Stockes, mitunter auch ins Freie gelangt: ſo muß das vollkommene Jnſekt die zufällige Annäherung einer Biene erwarten. Bei der Geburt iſt die Larve weiß und weich, verhärtet aber und dunkelt nach kurzer Zeit, ſo daß man nachher ein elfgliederiges Tönnchen vor ſich zu haben meint, wenn man es unter dem Mikroſkope betrachtet. Ungefähr vierzehn Tage ſpäter hat die Fliege ihre Ausbildung erlangt. Man kennt bisher nur dieſe einzige Art, die in ganz Deutſchland, Frankreich und Jtalien vorkommt, in Rußland aber mit Ausnahme der Oſtſeeprovinzen noch nicht beobachtet zu ſein ſcheint. Daß der Mangel der Flügel eines Jnſekts für ſeine Stellung im Syſtem nicht maßgebend ſein könne, wurde bereits klar, denn wir haben bisher in allen Ordnungen und auch ſo eben bei den Fliegen einzelne ungeflügelte kennen gelernt und werden auch ferner dergleichen begegnen; daher ſcheint es auch nicht gerechtfertigt, das flügelloſe Ungeziefer in eine beſondere Ordnung zu vereinigen, wie manche Forſcher gewollt haben. Die Natur hat einmal kein Syſtem, ſondern Arten geſchaffen, von denen manche dem ordnenden Syſtematiker Schwierigkeiten bereiten. Dahin gehören u. a. die Flöhe, die in ihrem Baue Verwandtſchaft mit den Hemipteren, wegen des in drei Ringe geſchiedenen Bruſtkaſtens mit den Orthopteren zeigen, der vollkommenen Ver- wandlung und Mundbildung wegen aber am beſten hier ihren Platz finden. Der kleine Kopf verbindet ſich eng mit dem Prothorax, hat einfache Augen an Stelle der Netzaugen und mehr- (3 bis 6) gliederige, verſteckte Fühler hinter denſelben; der Körper iſt ſeitlich ſtark zuſammengedrückt, ſeine Thoraxringe ſind von einander getrennt, die beiden letzten mit plattenartigen Anhängen verſehen, flügellos, und die kräftigen Beine, deren Hüften ungemein weit vortreten, zum Springen eingerichtet. Glücklich drum preis’ ich den lockern Geſellen, Pulex, den Turner im bunten Tricot, Wenn er in Sprüngen, verwegenen, ſchnellen, Himmelhoch janchzet friſch, fromm, frei und froh! Die Flöhe leben ſchmarotzend auf warmblutigen Thieren und nähren ſich von deren Blut, ihre Larven dagegen von allerlei faulenden Stoffen, beſonders vom Miſt. Früher rechnete man alle zu einer Art, es iſt aber erwieſen, daß jedes von Flöhen bewohnte Thier ſeine eigne

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/444>, abgerufen am 24.11.2024.