Als wunderliches Fliegenvölkchen empfehlen sich uns zum Abschiede die Arten der Gattung Phora und ihre nächsten Verwandten. Die kleinen, buckeligen Thiere, welche an die Mordellen unter den Käfern erinnern, rennen mit einer gewissen Wuth, einem Eifer, dessen Grund man nicht recht begreift, auf Blättern der Gebüsche, an Planken und mitunter auch an Fensterscheiben umher, fliegen wenig und ohne Ausdauer und kommen in mehr denn achtzig Arten über ganz Europa verbreitet vor. Der Kopf ist gesenkt und kurz, der Thorax hochgewölbt und der Hinterleib abschüssig, wodurch eben das buckelige Ansehen des ganzen Thieres bewirkt wird. Jener trägt kurze, warzenförmige Fühler, deren große, bald nackte, bald befiederte Rückenborste sich hoch aufrichtet; die borstigen Taster stehen gleichfalls hervor. Durch verlängerte Hüften und breitgedrückte Schenkel erscheinen die Beine kräftig. Bis zur Mündung der stark verdickten zweiten Längsader trägt der Vorderrand der großen Flügel Stachelborsten. Bei genauerer Betrachtung hat man die eben genannte Ader für die dritte anzusehen, die sich vorn öfter gabelt und zwei blasse Aeste in die Fläche sendet; von der andern Partie der Längsadern sind nur zwei vorhanden, die Analzelle fehlt stets. Die dicke Buckelfliege (Ph. inerassata) ist glänzend schwarz, der Hinterleib matt grau, sein erstes Segment am Ende weiß gerandet. Die Augen sind sehr fein behaart, die glashellen, an der Wurzel gelblichen Flügel werden nur von vier Längsadern durchzogen, deren erste (der obere Ast der dritten) mehr gerade erscheint und nicht S förmig gebogen ist. An den pechschwarzen Beinen, deren vorderste von der Vorderhälfte der Schenkel an gelblich werden, fällt die kräftige Borsten- bewehrung, besonders auch an den Hüften bei dieser Art in die Augen. Jn den meisten Gegenden Deutschlands, in Schweden und Rußland kommt die Fliege den Sommer und Herbst hindurch auf Gesträuch und an Planken vor und kriecht in die Bienenstöcke, um an ziemlich erwachsenen Larven in die noch nicht gedeckelten Zellen je ein Ei unter die Haut zu legen, und zwar so, daß sie die Legröhre zwischen zwei Leibesringen einführt und das Ei in paralleler Richtung mit der Längen- achse der Bienenlarve absetzt, das Kopfende desselben nach dem Kopfende dieser gelegen. Die Made muß im Ei schon fast vollkommen entwickelt sein, denn nach drei Stunden durchbricht sie die Eihülle und bohrt sich sofort in den Fettkörper der Bienenlarve ein, von welchem sie lebt. Sie wächst ungemein schnell, 48 Stunden nach dem Ausschlüpfen häntet sie sich zum ersten Male und nun ist sie sein bestachelt; 24 Stunden nach der ersten Häutung hat sie eine auffällige Dicke erlangt; nach abermals 12 Stunden erfolgt die zweite Häutung und das Wachsthum verdoppelt sich, so daß sie 24 Stunden nach der zweiten Häutung eine Länge von 1, 2''' und eine Dicke von 0,4 Linien erlangt hat. Nach weiteren 24 Stunden mißt sie 1, 6 Linien in die Länge und 0,6''' in die Dicke, häutet sich zum dritten Male und ist vollkommen erwachsen, vorn zugespitzt, hinten gestutzt mit Endborsten und den beiden Stigmenträgern versehen, die des Prothorar treten pyramidenförmig heraus. Ungefähr zwölf Stunden nach der letzten Häutung verändert sie ihre Richtung in der Bienenlarve, welche scheinbar gesund ist, nun gleichfalls ihre Reise erlangt und sich eingesponnen hat, dreht sich gleichfalls in ihrer Zelle, dem Deckel den Hintertheil des Leibes zukehrend. Hat sich die Schmarotzerlarve umgewendet, so bohrt sie sich mitten durch das Leibes- ende ihres Wohnthieres, durch den Wachsdeckel, welcher die Zelle verschließt, läßt sich herabfallen und wird auf dem Boden des Stockes im Mulm zu einem Tonnenpüppchen, oder windet sich zum Flugloche hinaus und verwandelt sich in der Erde. Zwölf Tage darauf kriecht das vollkommene Jnsekt aus, welches hinter Rindenschuppen überwintert. Diese interessanten Beobachtungen wurden von Dr.Aßmuß angestellt. Die verlassene Bienenlarve stirbt und geht in Fäulniß über. Die Phora ist somit der gefährlichste Parasit unserer Honigbienen; denn was die sogenannten "faul- brütigen" Stöcke zu bedeuten haben, ist den Bienenvätern wohl bekannt. Andere Arten leben als Larven in faulenden Pflanzenstoffen, wieder andere wurden als Parasiten bei Schmetterlings- raupen, Käferlarven, Schnecken angetroffen, so daß die Gattung, wie in der Bildung des Flügel- geäders, so auch in der Lebensweise der verschiedenen Arten wenig Uebereinstimmendes bekundet.
Bandſüßiges Grünauge. Dicke Buckelfliege.
Als wunderliches Fliegenvölkchen empfehlen ſich uns zum Abſchiede die Arten der Gattung Phora und ihre nächſten Verwandten. Die kleinen, buckeligen Thiere, welche an die Mordellen unter den Käfern erinnern, rennen mit einer gewiſſen Wuth, einem Eifer, deſſen Grund man nicht recht begreift, auf Blättern der Gebüſche, an Planken und mitunter auch an Fenſterſcheiben umher, fliegen wenig und ohne Ausdauer und kommen in mehr denn achtzig Arten über ganz Europa verbreitet vor. Der Kopf iſt geſenkt und kurz, der Thorax hochgewölbt und der Hinterleib abſchüſſig, wodurch eben das buckelige Anſehen des ganzen Thieres bewirkt wird. Jener trägt kurze, warzenförmige Fühler, deren große, bald nackte, bald befiederte Rückenborſte ſich hoch aufrichtet; die borſtigen Taſter ſtehen gleichfalls hervor. Durch verlängerte Hüften und breitgedrückte Schenkel erſcheinen die Beine kräftig. Bis zur Mündung der ſtark verdickten zweiten Längsader trägt der Vorderrand der großen Flügel Stachelborſten. Bei genauerer Betrachtung hat man die eben genannte Ader für die dritte anzuſehen, die ſich vorn öfter gabelt und zwei blaſſe Aeſte in die Fläche ſendet; von der andern Partie der Längsadern ſind nur zwei vorhanden, die Analzelle fehlt ſtets. Die dicke Buckelfliege (Ph. inerassata) iſt glänzend ſchwarz, der Hinterleib matt grau, ſein erſtes Segment am Ende weiß gerandet. Die Augen ſind ſehr fein behaart, die glashellen, an der Wurzel gelblichen Flügel werden nur von vier Längsadern durchzogen, deren erſte (der obere Aſt der dritten) mehr gerade erſcheint und nicht S förmig gebogen iſt. An den pechſchwarzen Beinen, deren vorderſte von der Vorderhälfte der Schenkel an gelblich werden, fällt die kräftige Borſten- bewehrung, beſonders auch an den Hüften bei dieſer Art in die Augen. Jn den meiſten Gegenden Deutſchlands, in Schweden und Rußland kommt die Fliege den Sommer und Herbſt hindurch auf Geſträuch und an Planken vor und kriecht in die Bienenſtöcke, um an ziemlich erwachſenen Larven in die noch nicht gedeckelten Zellen je ein Ei unter die Haut zu legen, und zwar ſo, daß ſie die Legröhre zwiſchen zwei Leibesringen einführt und das Ei in paralleler Richtung mit der Längen- achſe der Bienenlarve abſetzt, das Kopfende deſſelben nach dem Kopfende dieſer gelegen. Die Made muß im Ei ſchon faſt vollkommen entwickelt ſein, denn nach drei Stunden durchbricht ſie die Eihülle und bohrt ſich ſofort in den Fettkörper der Bienenlarve ein, von welchem ſie lebt. Sie wächſt ungemein ſchnell, 48 Stunden nach dem Ausſchlüpfen häntet ſie ſich zum erſten Male und nun iſt ſie ſein beſtachelt; 24 Stunden nach der erſten Häutung hat ſie eine auffällige Dicke erlangt; nach abermals 12 Stunden erfolgt die zweite Häutung und das Wachsthum verdoppelt ſich, ſo daß ſie 24 Stunden nach der zweiten Häutung eine Länge von 1, 2‴ und eine Dicke von 0,4 Linien erlangt hat. Nach weiteren 24 Stunden mißt ſie 1, 6 Linien in die Länge und 0,6‴ in die Dicke, häutet ſich zum dritten Male und iſt vollkommen erwachſen, vorn zugeſpitzt, hinten geſtutzt mit Endborſten und den beiden Stigmenträgern verſehen, die des Prothorar treten pyramidenförmig heraus. Ungefähr zwölf Stunden nach der letzten Häutung verändert ſie ihre Richtung in der Bienenlarve, welche ſcheinbar geſund iſt, nun gleichfalls ihre Reiſe erlangt und ſich eingeſponnen hat, dreht ſich gleichfalls in ihrer Zelle, dem Deckel den Hintertheil des Leibes zukehrend. Hat ſich die Schmarotzerlarve umgewendet, ſo bohrt ſie ſich mitten durch das Leibes- ende ihres Wohnthieres, durch den Wachsdeckel, welcher die Zelle verſchließt, läßt ſich herabfallen und wird auf dem Boden des Stockes im Mulm zu einem Tonnenpüppchen, oder windet ſich zum Flugloche hinaus und verwandelt ſich in der Erde. Zwölf Tage darauf kriecht das vollkommene Jnſekt aus, welches hinter Rindenſchuppen überwintert. Dieſe intereſſanten Beobachtungen wurden von Dr.Aßmuß angeſtellt. Die verlaſſene Bienenlarve ſtirbt und geht in Fäulniß über. Die Phora iſt ſomit der gefährlichſte Paraſit unſerer Honigbienen; denn was die ſogenannten „faul- brütigen“ Stöcke zu bedeuten haben, iſt den Bienenvätern wohl bekannt. Andere Arten leben als Larven in faulenden Pflanzenſtoffen, wieder andere wurden als Paraſiten bei Schmetterlings- raupen, Käferlarven, Schnecken angetroffen, ſo daß die Gattung, wie in der Bildung des Flügel- geäders, ſo auch in der Lebensweiſe der verſchiedenen Arten wenig Uebereinſtimmendes bekundet.
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0441"n="415"/><fwplace="top"type="header">Bandſüßiges Grünauge. Dicke Buckelfliege.</fw><lb/><p>Als wunderliches Fliegenvölkchen empfehlen ſich uns zum Abſchiede die Arten der Gattung<lb/><hirendition="#aq">Phora</hi> und ihre nächſten Verwandten. Die kleinen, buckeligen Thiere, welche an die Mordellen<lb/>
unter den Käfern erinnern, rennen mit einer gewiſſen Wuth, einem Eifer, deſſen Grund man<lb/>
nicht recht begreift, auf Blättern der Gebüſche, an Planken und mitunter auch an Fenſterſcheiben<lb/>
umher, fliegen wenig und ohne Ausdauer und kommen in mehr denn achtzig Arten über ganz<lb/>
Europa verbreitet vor. Der Kopf iſt geſenkt und kurz, der Thorax hochgewölbt und der Hinterleib<lb/>
abſchüſſig, wodurch eben das buckelige Anſehen des ganzen Thieres bewirkt wird. Jener trägt<lb/>
kurze, warzenförmige Fühler, deren große, bald nackte, bald befiederte Rückenborſte ſich hoch<lb/>
aufrichtet; die borſtigen Taſter ſtehen gleichfalls hervor. Durch verlängerte Hüften und breitgedrückte<lb/>
Schenkel erſcheinen die Beine kräftig. Bis zur Mündung der ſtark verdickten zweiten Längsader<lb/>
trägt der Vorderrand der großen Flügel Stachelborſten. Bei genauerer Betrachtung hat man die<lb/>
eben genannte Ader für die dritte anzuſehen, die ſich vorn öfter gabelt und zwei blaſſe Aeſte in<lb/>
die Fläche ſendet; von der andern Partie der Längsadern ſind nur zwei vorhanden, die Analzelle<lb/>
fehlt ſtets. Die <hirendition="#g">dicke Buckelfliege</hi> (<hirendition="#aq">Ph. inerassata</hi>) iſt glänzend ſchwarz, der Hinterleib matt grau,<lb/>ſein erſtes Segment am Ende weiß gerandet. Die Augen ſind ſehr fein behaart, die glashellen,<lb/>
an der Wurzel gelblichen Flügel werden nur von vier Längsadern durchzogen, deren erſte (der obere<lb/>
Aſt der dritten) mehr gerade erſcheint und nicht <hirendition="#aq">S</hi> förmig gebogen iſt. An den pechſchwarzen Beinen,<lb/>
deren vorderſte von der Vorderhälfte der Schenkel an gelblich werden, fällt die kräftige Borſten-<lb/>
bewehrung, beſonders auch an den Hüften bei dieſer Art in die Augen. Jn den meiſten Gegenden<lb/>
Deutſchlands, in Schweden und Rußland kommt die Fliege den Sommer und Herbſt hindurch auf<lb/>
Geſträuch und an Planken vor und kriecht in die Bienenſtöcke, um an ziemlich erwachſenen Larven<lb/>
in die noch nicht gedeckelten Zellen je ein Ei unter die Haut zu legen, und zwar ſo, daß ſie die<lb/>
Legröhre zwiſchen zwei Leibesringen einführt und das Ei in <hirendition="#g">paralleler</hi> Richtung mit der Längen-<lb/>
achſe der Bienenlarve abſetzt, das Kopfende deſſelben nach dem Kopfende dieſer gelegen. Die<lb/>
Made muß im Ei ſchon faſt vollkommen entwickelt ſein, denn nach drei Stunden durchbricht ſie<lb/>
die Eihülle und bohrt ſich ſofort in den Fettkörper der Bienenlarve ein, von welchem ſie lebt. Sie<lb/>
wächſt ungemein ſchnell, 48 Stunden nach dem Ausſchlüpfen häntet ſie ſich zum erſten Male und<lb/>
nun iſt ſie ſein beſtachelt; 24 Stunden nach der erſten Häutung hat ſie eine auffällige Dicke<lb/>
erlangt; nach abermals 12 Stunden erfolgt die zweite Häutung und das Wachsthum verdoppelt<lb/>ſich, ſo daß ſie 24 Stunden nach der zweiten Häutung eine Länge von 1, 2‴ und eine Dicke<lb/>
von 0,4 Linien erlangt hat. Nach weiteren 24 Stunden mißt ſie 1, 6 Linien in die Länge und<lb/>
0,6‴ in die Dicke, häutet ſich zum dritten Male und iſt vollkommen erwachſen, vorn zugeſpitzt,<lb/>
hinten geſtutzt mit Endborſten und den beiden Stigmenträgern verſehen, die des Prothorar treten<lb/>
pyramidenförmig heraus. Ungefähr zwölf Stunden nach der letzten Häutung verändert ſie ihre<lb/>
Richtung in der Bienenlarve, welche ſcheinbar geſund iſt, nun gleichfalls ihre Reiſe erlangt und<lb/>ſich eingeſponnen hat, dreht ſich gleichfalls in ihrer Zelle, dem Deckel den Hintertheil des Leibes<lb/>
zukehrend. Hat ſich die Schmarotzerlarve umgewendet, ſo bohrt ſie ſich mitten durch das Leibes-<lb/>
ende ihres Wohnthieres, durch den Wachsdeckel, welcher die Zelle verſchließt, läßt ſich herabfallen<lb/>
und wird auf dem Boden des Stockes im Mulm zu einem Tonnenpüppchen, oder windet ſich zum<lb/>
Flugloche hinaus und verwandelt ſich in der Erde. Zwölf Tage darauf kriecht das vollkommene<lb/>
Jnſekt aus, welches hinter Rindenſchuppen überwintert. Dieſe intereſſanten Beobachtungen wurden<lb/>
von <hirendition="#aq">Dr.</hi><hirendition="#g">Aßmuß</hi> angeſtellt. Die verlaſſene Bienenlarve ſtirbt und geht in Fäulniß über. Die<lb/><hirendition="#g">Phora</hi> iſt ſomit der gefährlichſte Paraſit unſerer Honigbienen; denn was die ſogenannten „faul-<lb/>
brütigen“ Stöcke zu bedeuten haben, iſt den Bienenvätern wohl bekannt. Andere Arten leben als<lb/>
Larven in faulenden Pflanzenſtoffen, wieder andere wurden als Paraſiten bei Schmetterlings-<lb/>
raupen, Käferlarven, Schnecken angetroffen, ſo daß die Gattung, wie in der Bildung des Flügel-<lb/>
geäders, ſo auch in der Lebensweiſe der verſchiedenen Arten wenig Uebereinſtimmendes bekundet.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></div></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[415/0441]
Bandſüßiges Grünauge. Dicke Buckelfliege.
Als wunderliches Fliegenvölkchen empfehlen ſich uns zum Abſchiede die Arten der Gattung
Phora und ihre nächſten Verwandten. Die kleinen, buckeligen Thiere, welche an die Mordellen
unter den Käfern erinnern, rennen mit einer gewiſſen Wuth, einem Eifer, deſſen Grund man
nicht recht begreift, auf Blättern der Gebüſche, an Planken und mitunter auch an Fenſterſcheiben
umher, fliegen wenig und ohne Ausdauer und kommen in mehr denn achtzig Arten über ganz
Europa verbreitet vor. Der Kopf iſt geſenkt und kurz, der Thorax hochgewölbt und der Hinterleib
abſchüſſig, wodurch eben das buckelige Anſehen des ganzen Thieres bewirkt wird. Jener trägt
kurze, warzenförmige Fühler, deren große, bald nackte, bald befiederte Rückenborſte ſich hoch
aufrichtet; die borſtigen Taſter ſtehen gleichfalls hervor. Durch verlängerte Hüften und breitgedrückte
Schenkel erſcheinen die Beine kräftig. Bis zur Mündung der ſtark verdickten zweiten Längsader
trägt der Vorderrand der großen Flügel Stachelborſten. Bei genauerer Betrachtung hat man die
eben genannte Ader für die dritte anzuſehen, die ſich vorn öfter gabelt und zwei blaſſe Aeſte in
die Fläche ſendet; von der andern Partie der Längsadern ſind nur zwei vorhanden, die Analzelle
fehlt ſtets. Die dicke Buckelfliege (Ph. inerassata) iſt glänzend ſchwarz, der Hinterleib matt grau,
ſein erſtes Segment am Ende weiß gerandet. Die Augen ſind ſehr fein behaart, die glashellen,
an der Wurzel gelblichen Flügel werden nur von vier Längsadern durchzogen, deren erſte (der obere
Aſt der dritten) mehr gerade erſcheint und nicht S förmig gebogen iſt. An den pechſchwarzen Beinen,
deren vorderſte von der Vorderhälfte der Schenkel an gelblich werden, fällt die kräftige Borſten-
bewehrung, beſonders auch an den Hüften bei dieſer Art in die Augen. Jn den meiſten Gegenden
Deutſchlands, in Schweden und Rußland kommt die Fliege den Sommer und Herbſt hindurch auf
Geſträuch und an Planken vor und kriecht in die Bienenſtöcke, um an ziemlich erwachſenen Larven
in die noch nicht gedeckelten Zellen je ein Ei unter die Haut zu legen, und zwar ſo, daß ſie die
Legröhre zwiſchen zwei Leibesringen einführt und das Ei in paralleler Richtung mit der Längen-
achſe der Bienenlarve abſetzt, das Kopfende deſſelben nach dem Kopfende dieſer gelegen. Die
Made muß im Ei ſchon faſt vollkommen entwickelt ſein, denn nach drei Stunden durchbricht ſie
die Eihülle und bohrt ſich ſofort in den Fettkörper der Bienenlarve ein, von welchem ſie lebt. Sie
wächſt ungemein ſchnell, 48 Stunden nach dem Ausſchlüpfen häntet ſie ſich zum erſten Male und
nun iſt ſie ſein beſtachelt; 24 Stunden nach der erſten Häutung hat ſie eine auffällige Dicke
erlangt; nach abermals 12 Stunden erfolgt die zweite Häutung und das Wachsthum verdoppelt
ſich, ſo daß ſie 24 Stunden nach der zweiten Häutung eine Länge von 1, 2‴ und eine Dicke
von 0,4 Linien erlangt hat. Nach weiteren 24 Stunden mißt ſie 1, 6 Linien in die Länge und
0,6‴ in die Dicke, häutet ſich zum dritten Male und iſt vollkommen erwachſen, vorn zugeſpitzt,
hinten geſtutzt mit Endborſten und den beiden Stigmenträgern verſehen, die des Prothorar treten
pyramidenförmig heraus. Ungefähr zwölf Stunden nach der letzten Häutung verändert ſie ihre
Richtung in der Bienenlarve, welche ſcheinbar geſund iſt, nun gleichfalls ihre Reiſe erlangt und
ſich eingeſponnen hat, dreht ſich gleichfalls in ihrer Zelle, dem Deckel den Hintertheil des Leibes
zukehrend. Hat ſich die Schmarotzerlarve umgewendet, ſo bohrt ſie ſich mitten durch das Leibes-
ende ihres Wohnthieres, durch den Wachsdeckel, welcher die Zelle verſchließt, läßt ſich herabfallen
und wird auf dem Boden des Stockes im Mulm zu einem Tonnenpüppchen, oder windet ſich zum
Flugloche hinaus und verwandelt ſich in der Erde. Zwölf Tage darauf kriecht das vollkommene
Jnſekt aus, welches hinter Rindenſchuppen überwintert. Dieſe intereſſanten Beobachtungen wurden
von Dr. Aßmuß angeſtellt. Die verlaſſene Bienenlarve ſtirbt und geht in Fäulniß über. Die
Phora iſt ſomit der gefährlichſte Paraſit unſerer Honigbienen; denn was die ſogenannten „faul-
brütigen“ Stöcke zu bedeuten haben, iſt den Bienenvätern wohl bekannt. Andere Arten leben als
Larven in faulenden Pflanzenſtoffen, wieder andere wurden als Paraſiten bei Schmetterlings-
raupen, Käferlarven, Schnecken angetroffen, ſo daß die Gattung, wie in der Bildung des Flügel-
geäders, ſo auch in der Lebensweiſe der verſchiedenen Arten wenig Uebereinſtimmendes bekundet.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/441>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.