unen die viergliedrigen Taster hervor, deren Endglied in der Regel am längsten ist. Die perl- schnurartigen Fühler schwanken in der Zahl der häufig gestielten und wirtelhaarigen Glieder zwischen 13 und 36, und das Männchen pflegt seinem Weibchen um eins oder einige voraus zu sein. Bei letzterem spitzt sich der achtringelige Hinterleib zu, bei jenem verläuft er walzig und trägt am Ende die gewöhnlichen Haftzangen. Man kennt aus Europa gegen hundert Arten dieser Gattung, deren Gemeinname besagen will, daß ihre Larven an den Futterpflanzen gewisse Mißbildungen, Gallen, erzeugen, doch thun dieß lange nicht alle, während umgekehrt wieder andere, welche man des abweichenden Körperbaues wegen nicht hierher ziehen konnte, Gallen hervorbringen. Die zwiebelförmigen, rothbäckigen Auswüchse, um einiger der gewöhnlichsten zu gedenken, welche auf der Oberseite der Buchenblätter sitzen, entstehen durch den Stich der Cecidomyia fagi, die fast kugeligen, welche die Blattsläche der Zitterpappel durchwachsen, durch den der C. polymorpha. Die C. pericarpiicola erzeugt kirschrothe Kügelchen in den Blüthenständen der wilden Möhre, und jeder andere Pflanzentheil kann von wieder anderen Arten bewohnt sein.
Eine der berüchtigtsten, keine Gallen verursachende, hierher gehörige Mücke ist der Getreide- Verwüster (C. destructor), der bisher, aber mit Unrecht, den Namen der Hessenfliege führte, welchen man ihm in Nordamerika beilegte; man war nämlich der irrigen Ansicht, daß das lästige Ungeziefer im Jahre 1776 oder 1777 mit dem Gepäck der hessischen Truppen dort eingeschleppt worden sei, was nach der gleich näher zu erörternden Entwickelungsgeschichte nicht wohl möglich sein konnte.
[Abbildung]
Der Getreideuerwüster (Cecidomyia destructor). 1 Weibliche Mücke; die Zahlen am linken Mittelfuße geben die Tarsenglieder an, rechts daneben der männliche Hinterleib. 2, [8] Die im Tönnchen eingeschlossene Puppe. 3, 5, 6, 7 Larve. 4 Tonnenpuppe. a Getödtete, b gefunde Weizenpflanze. c Herbstaufenthalt der Larbe. d Ruhestand derselben. e Anschwellung des Halmes durch dieselbe. (Mit Ausnahme von a, b, c, d, e Alles vergrößert).
Die erwachsene Made (Fig. 3), um von ihr zu beginnen, mißt 11/2 Linien und läßt bei guter Vergrößerung vorn ein paar fleischige Taster und an den Seiten der zwölf Leibesglieder (ein drei- zehntes und vierzehntes bildet das Kopfende) mit Ausnahme des zweiten, dritten und letzten je ein Luftlöchlein erkennen. Dieser Umstand verweist sie zu den Mückenlarven, während die Kopf- losigkeit sie als echte Fliegenlarve erscheinen läßt. Man findet dies sehr träge Thier einzeln oder
Die Zweiflügler. Mücken.
unen die viergliedrigen Taſter hervor, deren Endglied in der Regel am längſten iſt. Die perl- ſchnurartigen Fühler ſchwanken in der Zahl der häufig geſtielten und wirtelhaarigen Glieder zwiſchen 13 und 36, und das Männchen pflegt ſeinem Weibchen um eins oder einige voraus zu ſein. Bei letzterem ſpitzt ſich der achtringelige Hinterleib zu, bei jenem verläuft er walzig und trägt am Ende die gewöhnlichen Haftzangen. Man kennt aus Europa gegen hundert Arten dieſer Gattung, deren Gemeinname beſagen will, daß ihre Larven an den Futterpflanzen gewiſſe Mißbildungen, Gallen, erzeugen, doch thun dieß lange nicht alle, während umgekehrt wieder andere, welche man des abweichenden Körperbaues wegen nicht hierher ziehen konnte, Gallen hervorbringen. Die zwiebelförmigen, rothbäckigen Auswüchſe, um einiger der gewöhnlichſten zu gedenken, welche auf der Oberſeite der Buchenblätter ſitzen, entſtehen durch den Stich der Cecidomyia fagi, die faſt kugeligen, welche die Blattſläche der Zitterpappel durchwachſen, durch den der C. polymorpha. Die C. pericarpiicola erzeugt kirſchrothe Kügelchen in den Blüthenſtänden der wilden Möhre, und jeder andere Pflanzentheil kann von wieder anderen Arten bewohnt ſein.
Eine der berüchtigtſten, keine Gallen verurſachende, hierher gehörige Mücke iſt der Getreide- Verwüſter (C. destructor), der bisher, aber mit Unrecht, den Namen der Heſſenfliege führte, welchen man ihm in Nordamerika beilegte; man war nämlich der irrigen Anſicht, daß das läſtige Ungeziefer im Jahre 1776 oder 1777 mit dem Gepäck der heſſiſchen Truppen dort eingeſchleppt worden ſei, was nach der gleich näher zu erörternden Entwickelungsgeſchichte nicht wohl möglich ſein konnte.
[Abbildung]
Der Getreideuerwüſter (Cecidomyia destructor). 1 Weibliche Mücke; die Zahlen am linken Mittelfuße geben die Tarſenglieder an, rechts daneben der männliche Hinterleib. 2, [8] Die im Tönnchen eingeſchloſſene Puppe. 3, 5, 6, 7 Larve. 4 Tonnenpuppe. a Getödtete, b gefunde Weizenpflanze. c Herbſtaufenthalt der Larbe. d Ruheſtand derſelben. e Anſchwellung des Halmes durch dieſelbe. (Mit Ausnahme von a, b, c, d, e Alles vergrößert).
Die erwachſene Made (Fig. 3), um von ihr zu beginnen, mißt 1½ Linien und läßt bei guter Vergrößerung vorn ein paar fleiſchige Taſter und an den Seiten der zwölf Leibesglieder (ein drei- zehntes und vierzehntes bildet das Kopfende) mit Ausnahme des zweiten, dritten und letzten je ein Luftlöchlein erkennen. Dieſer Umſtand verweiſt ſie zu den Mückenlarven, während die Kopf- loſigkeit ſie als echte Fliegenlarve erſcheinen läßt. Man findet dies ſehr träge Thier einzeln oder
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0410"n="386"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Zweiflügler. Mücken.</hi></fw><lb/>
unen die viergliedrigen Taſter hervor, deren Endglied in der Regel am längſten iſt. Die perl-<lb/>ſchnurartigen Fühler ſchwanken in der Zahl der häufig geſtielten und wirtelhaarigen Glieder zwiſchen<lb/>
13 und 36, und das Männchen pflegt ſeinem Weibchen um eins oder einige voraus zu ſein. Bei<lb/>
letzterem ſpitzt ſich der achtringelige Hinterleib zu, bei jenem verläuft er walzig und trägt am<lb/>
Ende die gewöhnlichen Haftzangen. Man kennt aus Europa gegen hundert Arten dieſer Gattung,<lb/>
deren Gemeinname beſagen will, daß ihre Larven an den Futterpflanzen gewiſſe Mißbildungen,<lb/>
Gallen, erzeugen, doch thun dieß lange nicht alle, während umgekehrt wieder andere, welche man<lb/>
des abweichenden Körperbaues wegen nicht hierher ziehen konnte, Gallen hervorbringen. Die<lb/>
zwiebelförmigen, rothbäckigen Auswüchſe, um einiger der gewöhnlichſten zu gedenken, welche auf<lb/>
der Oberſeite der Buchenblätter ſitzen, entſtehen durch den Stich der <hirendition="#aq">Cecidomyia fagi,</hi> die faſt<lb/>
kugeligen, welche die Blattſläche der Zitterpappel durchwachſen, durch den der <hirendition="#aq">C. polymorpha.</hi> Die<lb/><hirendition="#aq">C. pericarpiicola</hi> erzeugt kirſchrothe Kügelchen in den Blüthenſtänden der wilden Möhre, und jeder<lb/>
andere Pflanzentheil kann von wieder anderen Arten bewohnt ſein.</p><lb/><p>Eine der berüchtigtſten, keine Gallen verurſachende, hierher gehörige Mücke iſt der <hirendition="#g">Getreide-<lb/>
Verwüſter</hi> (<hirendition="#aq">C. destructor</hi>), der bisher, aber mit Unrecht, den Namen der <hirendition="#g">Heſſenfliege</hi> führte,<lb/>
welchen man ihm in Nordamerika beilegte; man war nämlich der irrigen Anſicht, daß das läſtige<lb/>
Ungeziefer im Jahre 1776 oder 1777 mit dem Gepäck der heſſiſchen Truppen dort eingeſchleppt worden<lb/>ſei, was nach der gleich näher zu erörternden Entwickelungsgeſchichte nicht wohl möglich ſein konnte.<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Getreideuerwüſter</hi> (<hirendition="#aq">Cecidomyia destructor</hi>).<lb/>
1 Weibliche Mücke; die Zahlen am linken Mittelfuße geben die Tarſenglieder an, rechts daneben der männliche Hinterleib.<lb/>
2, <supplied>8</supplied> Die im Tönnchen eingeſchloſſene Puppe. 3, 5, 6, 7 Larve. 4 Tonnenpuppe. <hirendition="#aq">a</hi> Getödtete, <hirendition="#aq">b</hi> gefunde Weizenpflanze.<lb/><hirendition="#aq">c</hi> Herbſtaufenthalt der Larbe. <hirendition="#aq">d</hi> Ruheſtand derſelben. <hirendition="#aq">e</hi> Anſchwellung des Halmes durch dieſelbe. (Mit Ausnahme von<lb/><hirendition="#aq">a, b, c, d, e</hi> Alles vergrößert).</hi></head></figure><lb/>
Die erwachſene Made (Fig. 3), um von ihr zu beginnen, mißt 1½ Linien und läßt bei guter<lb/>
Vergrößerung vorn ein paar fleiſchige Taſter und an den Seiten der zwölf Leibesglieder (ein drei-<lb/>
zehntes und vierzehntes bildet das Kopfende) mit Ausnahme des zweiten, dritten und letzten je<lb/>
ein Luftlöchlein erkennen. Dieſer Umſtand verweiſt ſie zu den Mückenlarven, während die Kopf-<lb/>
loſigkeit ſie als echte Fliegenlarve erſcheinen läßt. Man findet dies ſehr träge Thier einzeln oder<lb/></p></div></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[386/0410]
Die Zweiflügler. Mücken.
unen die viergliedrigen Taſter hervor, deren Endglied in der Regel am längſten iſt. Die perl-
ſchnurartigen Fühler ſchwanken in der Zahl der häufig geſtielten und wirtelhaarigen Glieder zwiſchen
13 und 36, und das Männchen pflegt ſeinem Weibchen um eins oder einige voraus zu ſein. Bei
letzterem ſpitzt ſich der achtringelige Hinterleib zu, bei jenem verläuft er walzig und trägt am
Ende die gewöhnlichen Haftzangen. Man kennt aus Europa gegen hundert Arten dieſer Gattung,
deren Gemeinname beſagen will, daß ihre Larven an den Futterpflanzen gewiſſe Mißbildungen,
Gallen, erzeugen, doch thun dieß lange nicht alle, während umgekehrt wieder andere, welche man
des abweichenden Körperbaues wegen nicht hierher ziehen konnte, Gallen hervorbringen. Die
zwiebelförmigen, rothbäckigen Auswüchſe, um einiger der gewöhnlichſten zu gedenken, welche auf
der Oberſeite der Buchenblätter ſitzen, entſtehen durch den Stich der Cecidomyia fagi, die faſt
kugeligen, welche die Blattſläche der Zitterpappel durchwachſen, durch den der C. polymorpha. Die
C. pericarpiicola erzeugt kirſchrothe Kügelchen in den Blüthenſtänden der wilden Möhre, und jeder
andere Pflanzentheil kann von wieder anderen Arten bewohnt ſein.
Eine der berüchtigtſten, keine Gallen verurſachende, hierher gehörige Mücke iſt der Getreide-
Verwüſter (C. destructor), der bisher, aber mit Unrecht, den Namen der Heſſenfliege führte,
welchen man ihm in Nordamerika beilegte; man war nämlich der irrigen Anſicht, daß das läſtige
Ungeziefer im Jahre 1776 oder 1777 mit dem Gepäck der heſſiſchen Truppen dort eingeſchleppt worden
ſei, was nach der gleich näher zu erörternden Entwickelungsgeſchichte nicht wohl möglich ſein konnte.
[Abbildung Der Getreideuerwüſter (Cecidomyia destructor).
1 Weibliche Mücke; die Zahlen am linken Mittelfuße geben die Tarſenglieder an, rechts daneben der männliche Hinterleib.
2, 8 Die im Tönnchen eingeſchloſſene Puppe. 3, 5, 6, 7 Larve. 4 Tonnenpuppe. a Getödtete, b gefunde Weizenpflanze.
c Herbſtaufenthalt der Larbe. d Ruheſtand derſelben. e Anſchwellung des Halmes durch dieſelbe. (Mit Ausnahme von
a, b, c, d, e Alles vergrößert).]
Die erwachſene Made (Fig. 3), um von ihr zu beginnen, mißt 1½ Linien und läßt bei guter
Vergrößerung vorn ein paar fleiſchige Taſter und an den Seiten der zwölf Leibesglieder (ein drei-
zehntes und vierzehntes bildet das Kopfende) mit Ausnahme des zweiten, dritten und letzten je
ein Luftlöchlein erkennen. Dieſer Umſtand verweiſt ſie zu den Mückenlarven, während die Kopf-
loſigkeit ſie als echte Fliegenlarve erſcheinen läßt. Man findet dies ſehr träge Thier einzeln oder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/410>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.