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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Großer, kleiner Fuchs. Großer Eisvogel. Schillerfalter.
hintersten dieser und der schwarzen Saumbinde ein weißlicher Fleck. Der Falter fliegt überall und
beinahe das ganze Jahr hindurch. Seine schwarze Dornenraupe lebt gesellig auf der Brennnessel,
welche sie öfter ganz kahl abweidet. Man erkennt sie an den gelben und gelbgrünen Längsstreifen
in den Seiten. Auch dieser Schmetterling bekommt Lust zum Wandern, wenn er ausnahmsweise
in ungezählten Mengen vorhanden ist. Godet beobachtete am See von Neuchatel im Juli 1828
einen Zug, welcher eine halbe Stunde dauerte.

Der große Eisvogel oder Aspenfalter (Limenitis populi) zählt nächst den Rittern zu
den stattlichsten europäischen Tagschmetterlingen, denn Exemplare von zwei Zoll acht Linien Flügel-
spannung gehören noch nicht zu den größten. Ein Bewohner der Wälder -- denen des nordwest-
lichen Deutschlands scheint er zu fehlen -- beherrscht er die höheren Regionen und hält es unter
seiner Würde, sich auf den Blumen unter das kleine Gesindel zu mischen. Man sieht ihn
besonders die Pfützen der Waldwege aufsuchen, wo er eifrig saugt, wobei er, obschon sonst sehr
scheu, sich leicht fangen läßt. Jch sah vor Zeiten Mitte Juni, denn nur zu dieser Zeit fliegt der
Schmetterling einige Wochen, eines der viel seltneren und von den Sammlern gesuchten Weibchen
hoch oben in den Lüften über eine Lichtung im Walde herbeigeflogen kommen und neben einem
Bache förmlich einfallen, als wenn es von Weitem das Wasser gewittert hätte. Jn diesem Zuge
und Fluge lag etwas ganz Anderes, als man für gewöhnlich bei den Schmetterlingen beobachtet
und welches in Worte übersetzt etwa so lauten würde: "Jch habe gar nichts zu versäumen; komme
ich heute nicht hierher, so ist morgen auch noch ein Tag, und komme ich morgen nicht, so liegt
wenig daran, das Wohin bleibt sich ja ganz gleich, wenn ich nur meine Zeit in gemächlicher
Bewegung todt schlage." Jenes Weibchen wußte, wohin es wollte, die Ausführung seines Willens
gereichte ihm freilich zum Verderben; denn es gerieth in die Gewalt des Jägers, bedeckt mit dem
Netze, war es um seine Freiheit, um sein Leben geschehen. Bei ihm wird die tiefbraune Ober-
fläche der am Saume etwas geschwungenen Flügel durch eine weiße Fleckenbinde, die quer über die
Hinterflügel läuft, unterbrochen, auf den vorderen durch einzelne weiße Flecke, deren mittlere sich
gleichfalls zu einer schrägen Querbinde ordnen. Beim Männchen ist diese weiße Zeichnung eben
nur angedeutet. Außerdem unterscheidet man bei beiden Geschlechtern nahe dem Saume schwarze,
gestreckte Flecke, welche von innen durch lichte, gelbrothe Halbmonde eingefaßt werden und in der
Regel auf den Hinterflügeln deutlicher und vollständiger hervortreten, als auf den vorderen. Jm
Vergleich zu dieser eintönigen, mehr düsteren Färbung überrascht das lebhafte und bunte Colorit
der Unterseite. Die weißen Zeichnungen der Oberseite treten hier schärfer und bestimmter hervor,
auch beim Männchen; die Grundfarbe bildet jenes Gelbroth der Mondflecke von oben, unterbrochen
von schwarzen Fleckenreihen, welche auch auf der Oberfläche angedeutet sind; nur der Jnnenrand
der Hinterflügel und der wellige, schwarz besäumte Hinterrand beider Flügel sind bleigrau; an den
Vorderflügeln hat die Jnnenecke einen schwarzen Anflug. Die grünlichgelbe, am vierten, sechsten,
achten und neunten Ringe röthlichbraune, braun und schwärzlich gefleckte und gestreifte Raupe hat
große Spiegelflecke an den Seiten des fünften und siebenten Gliedes und zwei Reihen dicker
Fleischzapfen mit geknopften Härchen längs des Rückens, von welchen die im Nacken bedeutend
länger sind als die übrigen. Sie lebt im Mai und Anfangs Juni von der ersten Generation
und dann wieder im Juli und August auf hohen Zitterpappeln und hängt sich zur Verpuppung
gern an den Blättern auf. Die gelbliche, braun und schwarz gefleckte Puppe ist an Kopf und
Brustrücken höckerig und hat an letzterem einen henkelartigen Auswuchs; die der ersten Generation
kriecht schon nach acht bis neun Tagen aus. -- Limenitis enthält noch mehrere kleinere Arten,
welche in der Zeichnung, wenn auch nicht in der Farbenmischung viel Aehnlichkeit haben und
darin, wie im Flügelschnitt, der Bedornung ihrer Raupen, welche alle an Bäumen leben, den
Gattungscharakter wahren.

Die Schillerfalter (Apatura) haben denselben Flügelschnitt und fast die gleiche Zeichnung
wie der große Eisvogel, auch, wie dieser, die offene Mittelzelle aller Flügel, aber die Fühlerkeule

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Großer, kleiner Fuchs. Großer Eisvogel. Schillerfalter.
hinterſten dieſer und der ſchwarzen Saumbinde ein weißlicher Fleck. Der Falter fliegt überall und
beinahe das ganze Jahr hindurch. Seine ſchwarze Dornenraupe lebt geſellig auf der Brennneſſel,
welche ſie öfter ganz kahl abweidet. Man erkennt ſie an den gelben und gelbgrünen Längsſtreifen
in den Seiten. Auch dieſer Schmetterling bekommt Luſt zum Wandern, wenn er ausnahmsweiſe
in ungezählten Mengen vorhanden iſt. Godet beobachtete am See von Neuchatel im Juli 1828
einen Zug, welcher eine halbe Stunde dauerte.

Der große Eisvogel oder Aspenfalter (Limenitis populi) zählt nächſt den Rittern zu
den ſtattlichſten europäiſchen Tagſchmetterlingen, denn Exemplare von zwei Zoll acht Linien Flügel-
ſpannung gehören noch nicht zu den größten. Ein Bewohner der Wälder — denen des nordweſt-
lichen Deutſchlands ſcheint er zu fehlen — beherrſcht er die höheren Regionen und hält es unter
ſeiner Würde, ſich auf den Blumen unter das kleine Geſindel zu miſchen. Man ſieht ihn
beſonders die Pfützen der Waldwege aufſuchen, wo er eifrig ſaugt, wobei er, obſchon ſonſt ſehr
ſcheu, ſich leicht fangen läßt. Jch ſah vor Zeiten Mitte Juni, denn nur zu dieſer Zeit fliegt der
Schmetterling einige Wochen, eines der viel ſeltneren und von den Sammlern geſuchten Weibchen
hoch oben in den Lüften über eine Lichtung im Walde herbeigeflogen kommen und neben einem
Bache förmlich einfallen, als wenn es von Weitem das Waſſer gewittert hätte. Jn dieſem Zuge
und Fluge lag etwas ganz Anderes, als man für gewöhnlich bei den Schmetterlingen beobachtet
und welches in Worte überſetzt etwa ſo lauten würde: „Jch habe gar nichts zu verſäumen; komme
ich heute nicht hierher, ſo iſt morgen auch noch ein Tag, und komme ich morgen nicht, ſo liegt
wenig daran, das Wohin bleibt ſich ja ganz gleich, wenn ich nur meine Zeit in gemächlicher
Bewegung todt ſchlage.“ Jenes Weibchen wußte, wohin es wollte, die Ausführung ſeines Willens
gereichte ihm freilich zum Verderben; denn es gerieth in die Gewalt des Jägers, bedeckt mit dem
Netze, war es um ſeine Freiheit, um ſein Leben geſchehen. Bei ihm wird die tiefbraune Ober-
fläche der am Saume etwas geſchwungenen Flügel durch eine weiße Fleckenbinde, die quer über die
Hinterflügel läuft, unterbrochen, auf den vorderen durch einzelne weiße Flecke, deren mittlere ſich
gleichfalls zu einer ſchrägen Querbinde ordnen. Beim Männchen iſt dieſe weiße Zeichnung eben
nur angedeutet. Außerdem unterſcheidet man bei beiden Geſchlechtern nahe dem Saume ſchwarze,
geſtreckte Flecke, welche von innen durch lichte, gelbrothe Halbmonde eingefaßt werden und in der
Regel auf den Hinterflügeln deutlicher und vollſtändiger hervortreten, als auf den vorderen. Jm
Vergleich zu dieſer eintönigen, mehr düſteren Färbung überraſcht das lebhafte und bunte Colorit
der Unterſeite. Die weißen Zeichnungen der Oberſeite treten hier ſchärfer und beſtimmter hervor,
auch beim Männchen; die Grundfarbe bildet jenes Gelbroth der Mondflecke von oben, unterbrochen
von ſchwarzen Fleckenreihen, welche auch auf der Oberfläche angedeutet ſind; nur der Jnnenrand
der Hinterflügel und der wellige, ſchwarz beſäumte Hinterrand beider Flügel ſind bleigrau; an den
Vorderflügeln hat die Jnnenecke einen ſchwarzen Anflug. Die grünlichgelbe, am vierten, ſechſten,
achten und neunten Ringe röthlichbraune, braun und ſchwärzlich gefleckte und geſtreifte Raupe hat
große Spiegelflecke an den Seiten des fünften und ſiebenten Gliedes und zwei Reihen dicker
Fleiſchzapfen mit geknopften Härchen längs des Rückens, von welchen die im Nacken bedeutend
länger ſind als die übrigen. Sie lebt im Mai und Anfangs Juni von der erſten Generation
und dann wieder im Juli und Auguſt auf hohen Zitterpappeln und hängt ſich zur Verpuppung
gern an den Blättern auf. Die gelbliche, braun und ſchwarz gefleckte Puppe iſt an Kopf und
Bruſtrücken höckerig und hat an letzterem einen henkelartigen Auswuchs; die der erſten Generation
kriecht ſchon nach acht bis neun Tagen aus. — Limenitis enthält noch mehrere kleinere Arten,
welche in der Zeichnung, wenn auch nicht in der Farbenmiſchung viel Aehnlichkeit haben und
darin, wie im Flügelſchnitt, der Bedornung ihrer Raupen, welche alle an Bäumen leben, den
Gattungscharakter wahren.

Die Schillerfalter (Apatura) haben denſelben Flügelſchnitt und faſt die gleiche Zeichnung
wie der große Eisvogel, auch, wie dieſer, die offene Mittelzelle aller Flügel, aber die Fühlerkeule

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[307/0331] Großer, kleiner Fuchs. Großer Eisvogel. Schillerfalter. hinterſten dieſer und der ſchwarzen Saumbinde ein weißlicher Fleck. Der Falter fliegt überall und beinahe das ganze Jahr hindurch. Seine ſchwarze Dornenraupe lebt geſellig auf der Brennneſſel, welche ſie öfter ganz kahl abweidet. Man erkennt ſie an den gelben und gelbgrünen Längsſtreifen in den Seiten. Auch dieſer Schmetterling bekommt Luſt zum Wandern, wenn er ausnahmsweiſe in ungezählten Mengen vorhanden iſt. Godet beobachtete am See von Neuchatel im Juli 1828 einen Zug, welcher eine halbe Stunde dauerte. Der große Eisvogel oder Aspenfalter (Limenitis populi) zählt nächſt den Rittern zu den ſtattlichſten europäiſchen Tagſchmetterlingen, denn Exemplare von zwei Zoll acht Linien Flügel- ſpannung gehören noch nicht zu den größten. Ein Bewohner der Wälder — denen des nordweſt- lichen Deutſchlands ſcheint er zu fehlen — beherrſcht er die höheren Regionen und hält es unter ſeiner Würde, ſich auf den Blumen unter das kleine Geſindel zu miſchen. Man ſieht ihn beſonders die Pfützen der Waldwege aufſuchen, wo er eifrig ſaugt, wobei er, obſchon ſonſt ſehr ſcheu, ſich leicht fangen läßt. Jch ſah vor Zeiten Mitte Juni, denn nur zu dieſer Zeit fliegt der Schmetterling einige Wochen, eines der viel ſeltneren und von den Sammlern geſuchten Weibchen hoch oben in den Lüften über eine Lichtung im Walde herbeigeflogen kommen und neben einem Bache förmlich einfallen, als wenn es von Weitem das Waſſer gewittert hätte. Jn dieſem Zuge und Fluge lag etwas ganz Anderes, als man für gewöhnlich bei den Schmetterlingen beobachtet und welches in Worte überſetzt etwa ſo lauten würde: „Jch habe gar nichts zu verſäumen; komme ich heute nicht hierher, ſo iſt morgen auch noch ein Tag, und komme ich morgen nicht, ſo liegt wenig daran, das Wohin bleibt ſich ja ganz gleich, wenn ich nur meine Zeit in gemächlicher Bewegung todt ſchlage.“ Jenes Weibchen wußte, wohin es wollte, die Ausführung ſeines Willens gereichte ihm freilich zum Verderben; denn es gerieth in die Gewalt des Jägers, bedeckt mit dem Netze, war es um ſeine Freiheit, um ſein Leben geſchehen. Bei ihm wird die tiefbraune Ober- fläche der am Saume etwas geſchwungenen Flügel durch eine weiße Fleckenbinde, die quer über die Hinterflügel läuft, unterbrochen, auf den vorderen durch einzelne weiße Flecke, deren mittlere ſich gleichfalls zu einer ſchrägen Querbinde ordnen. Beim Männchen iſt dieſe weiße Zeichnung eben nur angedeutet. Außerdem unterſcheidet man bei beiden Geſchlechtern nahe dem Saume ſchwarze, geſtreckte Flecke, welche von innen durch lichte, gelbrothe Halbmonde eingefaßt werden und in der Regel auf den Hinterflügeln deutlicher und vollſtändiger hervortreten, als auf den vorderen. Jm Vergleich zu dieſer eintönigen, mehr düſteren Färbung überraſcht das lebhafte und bunte Colorit der Unterſeite. Die weißen Zeichnungen der Oberſeite treten hier ſchärfer und beſtimmter hervor, auch beim Männchen; die Grundfarbe bildet jenes Gelbroth der Mondflecke von oben, unterbrochen von ſchwarzen Fleckenreihen, welche auch auf der Oberfläche angedeutet ſind; nur der Jnnenrand der Hinterflügel und der wellige, ſchwarz beſäumte Hinterrand beider Flügel ſind bleigrau; an den Vorderflügeln hat die Jnnenecke einen ſchwarzen Anflug. Die grünlichgelbe, am vierten, ſechſten, achten und neunten Ringe röthlichbraune, braun und ſchwärzlich gefleckte und geſtreifte Raupe hat große Spiegelflecke an den Seiten des fünften und ſiebenten Gliedes und zwei Reihen dicker Fleiſchzapfen mit geknopften Härchen längs des Rückens, von welchen die im Nacken bedeutend länger ſind als die übrigen. Sie lebt im Mai und Anfangs Juni von der erſten Generation und dann wieder im Juli und Auguſt auf hohen Zitterpappeln und hängt ſich zur Verpuppung gern an den Blättern auf. Die gelbliche, braun und ſchwarz gefleckte Puppe iſt an Kopf und Bruſtrücken höckerig und hat an letzterem einen henkelartigen Auswuchs; die der erſten Generation kriecht ſchon nach acht bis neun Tagen aus. — Limenitis enthält noch mehrere kleinere Arten, welche in der Zeichnung, wenn auch nicht in der Farbenmiſchung viel Aehnlichkeit haben und darin, wie im Flügelſchnitt, der Bedornung ihrer Raupen, welche alle an Bäumen leben, den Gattungscharakter wahren. Die Schillerfalter (Apatura) haben denſelben Flügelſchnitt und faſt die gleiche Zeichnung wie der große Eisvogel, auch, wie dieſer, die offene Mittelzelle aller Flügel, aber die Fühlerkeule 20*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/331>, abgerufen am 21.05.2024.