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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Kothsack-Kiefernblattwespe. Kiefern-Kammhornwespe.
am After ein Hornhäkchen und seitwärts je ein dreigliederiges Anhängsel. Sie lebt im Juli an
drei- und vierjährigen Kiefern, wo sie das röhrenförmige, durch ihren Koth undurchsichtige
Gespinust kenntlich macht. Wir sehen es in umstehender Abbildung. Sie selbst hält sich darin versteckt
und kommt meist nur am unteren Gespinnsttheile mit dem Vorderkörper hervor, um eine außerhalb
befindliche Nadel von der Spitze bis zur Wurzel abzuweiden, was sie ungefähr in einer Stunde
fertig bringt. Sind alle Nadeln im Bereiche ihres Nestes verzehrt, so verlängert sie dasselbe und
kann auf diese Weise den ganzen Maitrieb des jungen Bäumchens vernichten. Ende August ist
sie erwachsen, in einem warmen Sommer schon früher, läßt sich an einem Faden herab und gräbt
sich bis sechs Linien tief in lockere Erde ein, bereitet aus dieser einen bohnenähnlichen, losen Cocon
und verschläft hier in gekrümmter Stellung den Herbst und Winter. Mitte April des nächsten
Jahres kann man unter Umständen statt ihrer eine Puppe finden, es ist aber auch möglich, daß
Ende Mai die Larve noch unverwandelt liegt, ausnahmsweise sogar das ganze laufende Jahr
hindurch. Vierzehn Tage ungefähr ruhet die Puppe, dann erscheint die Wespe, welche sich ziemlich
versteckt zwischen den Nadeln hält und darum wenig bemerkt wird. Geht man bei warmem
Sonnenscheine durch jene Schonungen, in welchen sie sich aufhält, so fliegt sie scheu auf und verräth
sich durch schwaches Summen mit den Flügeln. Jhr Körper ist bis auf die größere, röthlichgelbe
Hinterleibsmitte (Segment 2 bis 5) glänzend blauschwarz, Mund, Fühler, ein Augenfleck, Schildchen,
Kniee, Schienen, Tarsen und Flügel sind gelb, letztere blaufleckig auf dem Male. Die Vorder-
schienen haben zwei End- und zwei Seitendornen, die mittleren zwei der letzteren Art übereinander,
die hintersten nur einen und auch nur einen am Ende. Diese Dornenverhältnisse ändern sich bei
anderen Arten, darum müssen sie stets genau geprüft werden. An dem Vorderflügel unterscheidet
man zwei Rand- und vier Unterrandzellen, deren letzte sich nicht vollkommen schließt. Das
befruchtete Weibchen setzt seine Eier, höchstens ihrer drei auf ein Bäumchen an verschiedene Zweige
des Maitriebes ab, dieselben nur anklebend, und die Folgen davon haben wir bereits kennen
gelernt. -- Eine zweite, gleichfalls an Kiefern lebende Art ist die L. pratensis, die aber ihren Koth
nicht im Gespinnst mit festwebt, eine dritte, die an dem stahlblauen Körper und dem rothen Kopfe
des Weibchens leicht kenntliche L. erythrocephala, lebt ebenfalls im Larvenstande an Kiefern.
Uebrigens gibt es manche Arten, welche ihre durchsichtigen Gespinnste in kleinen Gesellschaften
bewohnen, wie beispielsweise an Weißdorn oder Birnbäumen die L. clypeata. Auch Amerika und
China ernähren gewisse Gespinnst-Blattwespen.

Die Kiefern-Kammhornwespe (Lophyrus pini) hält sich, wie ihr Name vermuthen läßt,
nur in Kiefernwäldern auf, wo die Larve bisweilen sehr beträchtlichen Schaden anrichtet. Man
hat gesehen, wie dieselben in so dicht gedrängten Reihen auf die Bäume marschirten, daß die
Stämme gelb gefärbt waren, wie sie oben die Nadeln vollständig bedeckten und in Knäueln von
der Größe eines Menschenkopfes daran hingen. Hatten sie alles Grün verschwinden lassen, so
zogen sie weiter nach anderen Revieren, welche vom Schauplatze ihrer Verwüstungen durch einen
Bach getrennt waren. Zu Tausenden und abermals Tausenden wimmelten sie am Ufer desselben,
und weil sie ihre Richtung nicht änderten, stürzten sie in das Wasser. Tag für Tag wogten sie
aus dem Jnnern jenes vernichteten Bestandes ihrem sichern Tode zu, so daß der Bach während
dieser Zeit nicht von lebendigem Wasser, sondern von dem mit dem Tode ringenden Geziefer gebildet
zu sein schien. Solche Erscheinungen kommen selten vor, trotzdem sind die Verwüstungen noch
groß genug, wenn das gewöhnliche Maß auch nicht in solchem Umfange überschritten wird. Für
gewöhnlich erscheint die Afterraupe vom Mai ab in sehr mäßiger Anzahl. Sie hat zwei und
zwanzig Beine, eine grüne, je nach dem Alter in Gelb oder Blau spielende Körperfarbe und eigen-
thümlich geschwungene, rauchgraue oder schwarze Zeichnungen über den vorderen Beinen. Nach
acht Wochen oder darüber hinaus, wenn die Witterungsverhältnisse ungünstig, ist sie erwachsen,
nachdem sie sich fünfmal häutete. Jn diesem Zustande erblicken wir mehrere auf einem Zweige,

Kothſack-Kiefernblattwespe. Kiefern-Kammhornwespe.
am After ein Hornhäkchen und ſeitwärts je ein dreigliederiges Anhängſel. Sie lebt im Juli an
drei- und vierjährigen Kiefern, wo ſie das röhrenförmige, durch ihren Koth undurchſichtige
Geſpinuſt kenntlich macht. Wir ſehen es in umſtehender Abbildung. Sie ſelbſt hält ſich darin verſteckt
und kommt meiſt nur am unteren Geſpinnſttheile mit dem Vorderkörper hervor, um eine außerhalb
befindliche Nadel von der Spitze bis zur Wurzel abzuweiden, was ſie ungefähr in einer Stunde
fertig bringt. Sind alle Nadeln im Bereiche ihres Neſtes verzehrt, ſo verlängert ſie daſſelbe und
kann auf dieſe Weiſe den ganzen Maitrieb des jungen Bäumchens vernichten. Ende Auguſt iſt
ſie erwachſen, in einem warmen Sommer ſchon früher, läßt ſich an einem Faden herab und gräbt
ſich bis ſechs Linien tief in lockere Erde ein, bereitet aus dieſer einen bohnenähnlichen, loſen Cocon
und verſchläft hier in gekrümmter Stellung den Herbſt und Winter. Mitte April des nächſten
Jahres kann man unter Umſtänden ſtatt ihrer eine Puppe finden, es iſt aber auch möglich, daß
Ende Mai die Larve noch unverwandelt liegt, ausnahmsweiſe ſogar das ganze laufende Jahr
hindurch. Vierzehn Tage ungefähr ruhet die Puppe, dann erſcheint die Wespe, welche ſich ziemlich
verſteckt zwiſchen den Nadeln hält und darum wenig bemerkt wird. Geht man bei warmem
Sonnenſcheine durch jene Schonungen, in welchen ſie ſich aufhält, ſo fliegt ſie ſcheu auf und verräth
ſich durch ſchwaches Summen mit den Flügeln. Jhr Körper iſt bis auf die größere, röthlichgelbe
Hinterleibsmitte (Segment 2 bis 5) glänzend blauſchwarz, Mund, Fühler, ein Augenfleck, Schildchen,
Kniee, Schienen, Tarſen und Flügel ſind gelb, letztere blaufleckig auf dem Male. Die Vorder-
ſchienen haben zwei End- und zwei Seitendornen, die mittleren zwei der letzteren Art übereinander,
die hinterſten nur einen und auch nur einen am Ende. Dieſe Dornenverhältniſſe ändern ſich bei
anderen Arten, darum müſſen ſie ſtets genau geprüft werden. An dem Vorderflügel unterſcheidet
man zwei Rand- und vier Unterrandzellen, deren letzte ſich nicht vollkommen ſchließt. Das
befruchtete Weibchen ſetzt ſeine Eier, höchſtens ihrer drei auf ein Bäumchen an verſchiedene Zweige
des Maitriebes ab, dieſelben nur anklebend, und die Folgen davon haben wir bereits kennen
gelernt. — Eine zweite, gleichfalls an Kiefern lebende Art iſt die L. pratensis, die aber ihren Koth
nicht im Geſpinnſt mit feſtwebt, eine dritte, die an dem ſtahlblauen Körper und dem rothen Kopfe
des Weibchens leicht kenntliche L. erythrocephala, lebt ebenfalls im Larvenſtande an Kiefern.
Uebrigens gibt es manche Arten, welche ihre durchſichtigen Geſpinnſte in kleinen Geſellſchaften
bewohnen, wie beiſpielsweiſe an Weißdorn oder Birnbäumen die L. clypeata. Auch Amerika und
China ernähren gewiſſe Geſpinnſt-Blattwespen.

Die Kiefern-Kammhornwespe (Lophyrus pini) hält ſich, wie ihr Name vermuthen läßt,
nur in Kiefernwäldern auf, wo die Larve bisweilen ſehr beträchtlichen Schaden anrichtet. Man
hat geſehen, wie dieſelben in ſo dicht gedrängten Reihen auf die Bäume marſchirten, daß die
Stämme gelb gefärbt waren, wie ſie oben die Nadeln vollſtändig bedeckten und in Knäueln von
der Größe eines Menſchenkopfes daran hingen. Hatten ſie alles Grün verſchwinden laſſen, ſo
zogen ſie weiter nach anderen Revieren, welche vom Schauplatze ihrer Verwüſtungen durch einen
Bach getrennt waren. Zu Tauſenden und abermals Tauſenden wimmelten ſie am Ufer deſſelben,
und weil ſie ihre Richtung nicht änderten, ſtürzten ſie in das Waſſer. Tag für Tag wogten ſie
aus dem Jnnern jenes vernichteten Beſtandes ihrem ſichern Tode zu, ſo daß der Bach während
dieſer Zeit nicht von lebendigem Waſſer, ſondern von dem mit dem Tode ringenden Geziefer gebildet
zu ſein ſchien. Solche Erſcheinungen kommen ſelten vor, trotzdem ſind die Verwüſtungen noch
groß genug, wenn das gewöhnliche Maß auch nicht in ſolchem Umfange überſchritten wird. Für
gewöhnlich erſcheint die Afterraupe vom Mai ab in ſehr mäßiger Anzahl. Sie hat zwei und
zwanzig Beine, eine grüne, je nach dem Alter in Gelb oder Blau ſpielende Körperfarbe und eigen-
thümlich geſchwungene, rauchgraue oder ſchwarze Zeichnungen über den vorderen Beinen. Nach
acht Wochen oder darüber hinaus, wenn die Witterungsverhältniſſe ungünſtig, iſt ſie erwachſen,
nachdem ſie ſich fünfmal häutete. Jn dieſem Zuſtande erblicken wir mehrere auf einem Zweige,

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[281/0303] Kothſack-Kiefernblattwespe. Kiefern-Kammhornwespe. am After ein Hornhäkchen und ſeitwärts je ein dreigliederiges Anhängſel. Sie lebt im Juli an drei- und vierjährigen Kiefern, wo ſie das röhrenförmige, durch ihren Koth undurchſichtige Geſpinuſt kenntlich macht. Wir ſehen es in umſtehender Abbildung. Sie ſelbſt hält ſich darin verſteckt und kommt meiſt nur am unteren Geſpinnſttheile mit dem Vorderkörper hervor, um eine außerhalb befindliche Nadel von der Spitze bis zur Wurzel abzuweiden, was ſie ungefähr in einer Stunde fertig bringt. Sind alle Nadeln im Bereiche ihres Neſtes verzehrt, ſo verlängert ſie daſſelbe und kann auf dieſe Weiſe den ganzen Maitrieb des jungen Bäumchens vernichten. Ende Auguſt iſt ſie erwachſen, in einem warmen Sommer ſchon früher, läßt ſich an einem Faden herab und gräbt ſich bis ſechs Linien tief in lockere Erde ein, bereitet aus dieſer einen bohnenähnlichen, loſen Cocon und verſchläft hier in gekrümmter Stellung den Herbſt und Winter. Mitte April des nächſten Jahres kann man unter Umſtänden ſtatt ihrer eine Puppe finden, es iſt aber auch möglich, daß Ende Mai die Larve noch unverwandelt liegt, ausnahmsweiſe ſogar das ganze laufende Jahr hindurch. Vierzehn Tage ungefähr ruhet die Puppe, dann erſcheint die Wespe, welche ſich ziemlich verſteckt zwiſchen den Nadeln hält und darum wenig bemerkt wird. Geht man bei warmem Sonnenſcheine durch jene Schonungen, in welchen ſie ſich aufhält, ſo fliegt ſie ſcheu auf und verräth ſich durch ſchwaches Summen mit den Flügeln. Jhr Körper iſt bis auf die größere, röthlichgelbe Hinterleibsmitte (Segment 2 bis 5) glänzend blauſchwarz, Mund, Fühler, ein Augenfleck, Schildchen, Kniee, Schienen, Tarſen und Flügel ſind gelb, letztere blaufleckig auf dem Male. Die Vorder- ſchienen haben zwei End- und zwei Seitendornen, die mittleren zwei der letzteren Art übereinander, die hinterſten nur einen und auch nur einen am Ende. Dieſe Dornenverhältniſſe ändern ſich bei anderen Arten, darum müſſen ſie ſtets genau geprüft werden. An dem Vorderflügel unterſcheidet man zwei Rand- und vier Unterrandzellen, deren letzte ſich nicht vollkommen ſchließt. Das befruchtete Weibchen ſetzt ſeine Eier, höchſtens ihrer drei auf ein Bäumchen an verſchiedene Zweige des Maitriebes ab, dieſelben nur anklebend, und die Folgen davon haben wir bereits kennen gelernt. — Eine zweite, gleichfalls an Kiefern lebende Art iſt die L. pratensis, die aber ihren Koth nicht im Geſpinnſt mit feſtwebt, eine dritte, die an dem ſtahlblauen Körper und dem rothen Kopfe des Weibchens leicht kenntliche L. erythrocephala, lebt ebenfalls im Larvenſtande an Kiefern. Uebrigens gibt es manche Arten, welche ihre durchſichtigen Geſpinnſte in kleinen Geſellſchaften bewohnen, wie beiſpielsweiſe an Weißdorn oder Birnbäumen die L. clypeata. Auch Amerika und China ernähren gewiſſe Geſpinnſt-Blattwespen. Die Kiefern-Kammhornwespe (Lophyrus pini) hält ſich, wie ihr Name vermuthen läßt, nur in Kiefernwäldern auf, wo die Larve bisweilen ſehr beträchtlichen Schaden anrichtet. Man hat geſehen, wie dieſelben in ſo dicht gedrängten Reihen auf die Bäume marſchirten, daß die Stämme gelb gefärbt waren, wie ſie oben die Nadeln vollſtändig bedeckten und in Knäueln von der Größe eines Menſchenkopfes daran hingen. Hatten ſie alles Grün verſchwinden laſſen, ſo zogen ſie weiter nach anderen Revieren, welche vom Schauplatze ihrer Verwüſtungen durch einen Bach getrennt waren. Zu Tauſenden und abermals Tauſenden wimmelten ſie am Ufer deſſelben, und weil ſie ihre Richtung nicht änderten, ſtürzten ſie in das Waſſer. Tag für Tag wogten ſie aus dem Jnnern jenes vernichteten Beſtandes ihrem ſichern Tode zu, ſo daß der Bach während dieſer Zeit nicht von lebendigem Waſſer, ſondern von dem mit dem Tode ringenden Geziefer gebildet zu ſein ſchien. Solche Erſcheinungen kommen ſelten vor, trotzdem ſind die Verwüſtungen noch groß genug, wenn das gewöhnliche Maß auch nicht in ſolchem Umfange überſchritten wird. Für gewöhnlich erſcheint die Afterraupe vom Mai ab in ſehr mäßiger Anzahl. Sie hat zwei und zwanzig Beine, eine grüne, je nach dem Alter in Gelb oder Blau ſpielende Körperfarbe und eigen- thümlich geſchwungene, rauchgraue oder ſchwarze Zeichnungen über den vorderen Beinen. Nach acht Wochen oder darüber hinaus, wenn die Witterungsverhältniſſe ungünſtig, iſt ſie erwachſen, nachdem ſie ſich fünfmal häutete. Jn dieſem Zuſtande erblicken wir mehrere auf einem Zweige,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/303>, abgerufen am 21.05.2024.