Der Bienenwolf gräbt seine bis einen Fuß langen Gänge in derselben Art, wie die ebenso lebenden Familiengenossen, erweitert das äußerste Ende derselben als Brutplatz und schließt den Eingang, wenn zu den eingetragenen Bienen das eine, für sie bestimmte Ei hinzugekommen ist. So viel Eier er absetzt, so viele Minen muß er graben. Jm nächsten Juni kommen die jungen Bienen- wölfe zum Vorschein und die befruchteten Weibchen treiben ihr Unwesen genau ebenso, wie die Mütter es im voraufgegangenen Sommer thaten. Jn der Größe schwanken die breitköpfigen Thiere zwischen 41/2 bis fast 71/2 Linien, und auch die gelben Zeichnungen wechseln so, daß manchmal am lanzettförmigen, anhangenden Hinterleibe das Gelb die schwarze Grundfarbe über- wiegt, und nur schwarze Dreiecke an der Wurzel der Segmente erscheinen. Für gewöhnlich tragen die Hinterränder der schwarzen Leibesringe gelbe, an den Seiten stark erweiterte Binden und am Thorax der Halskragen, die Flügelschüppchen, das Hinterschildchen und zwei Flecke davor dieselbe Farbe. Die Zeichnungen des Kopfes sind weiß; seine untere Partie bis zwischen die Fühler hinauf in dreizackigem Verlaufe und die inneren Augenränder bis fast zu ihrem tiefen Ausschnitte. Durch in der Mitte verdickte Geisel und weiten Abstand unter einander charakterisiren sich die kurzen Fühler, durch drei geschlossene Unterrandzellen und ebenso viele Mittelzellen die Vorder- flügel. Von jenen nimmt die fünseckige zweite in ihrer Mitte die erste, die nach vorn sehr verengte dritte nahe bei ihrem Anfange die zweite rücklaufende Ader auf.
Zur nächsten Verwandtschaft gehört das mit vielen Arten über die ganze Erde ausgebreitete Geschlecht Cerceris. Bei ihm setzt sich das erste Hinterleibsglied knotig gegen die übrigen ab, und auch die folgenden schnüren sich in den Gelenken merklich ein, so daß die Hinterleibsform die Gattung auf den ersten Blick erkennen läßt. Die zweite Cubitalzelle ist dreieckig und gestielt und die Radialzelle am Ende stumpf gerundet. Zwischen den nicht merklich gebrochenen Fühlern zieht eine Längsleiste nach dem Gesicht herab, welches sich beim immer kleinern Männchen durch reichlich gelbe Zeichnung auf schwarzem Grunde auszeichnet und durch goldiges Wimperhaar an den Ecken des Kopfschildes. Während dem Weibchen dieser Schmuck fehlt, hat es bei manchen Arten eigen- thümliche Platten und nasenartige Ansätze des Gesichts vor seinem Männchen voraus. Ueberdies liegt noch ein durchgreifender Geschlechtsunterschied in der Bildung des letzten Rückensegments, der obern Afterklappe, wie man es zu nennen pflegt. Dieselbe ist beim Männchen regelmäßig viereckig, beim Weibchen vorn und hinten bogig verengt, so daß ein eiförmiger oder elliptischer Umriß zu Stande kommt. Schwarze Körperfarbe und gelbe oder weiße Binden am Hinterleibe bilden das Kleid der meisten Cerceris-Arten, in den wärmeren Erdstrichen finden sich aber durchaus roth oder rothgelb gefärbte, mit untergeordnet dunklen Zeichnungen. Man trifft die mäßig beweglichen Thiere auf Blumen und ihre gekrümmten, bis zehn Zoll tief gehenden Röhren in der Erde. Verschiedene Arten tragen verschiedene Jusekten als Futter für die Larven ein, unsere heimischen Arten vorherrschend Sand- und Schmalbienen, sowie andere Aderflügler. Fabre verschaffte sich aus dem Neste der C. vespoidesRossi's(major Spin.) den Cleonus ophthalmicus, einen sonst schwer aufzufindenden Rüsselkäfer, in größeren Mengen. Durch einen oder zwei Stiche zwischen den ersten und zweiten Brustring seitens der Wespe verfällt der Käfer sofort in Scheintod. Dufour sah eine andere Art in Frankreich schöne und seltene Prachtkäfer zu Neste tragen und nannte sie darum den Prachtkäfertödter(C. bupresticida). Bewundernswerth war die Leichtig- keit, mit welcher in beiden letzten Fällen die Beute, welche das Körpergewicht der Räuberin öfters nicht unmerklich übertrifft, in der Umarmung mit den sechs Beinen heimgetragen wurde, und in wie kurzer Zeit die sorgsame Mutter mit neuem Vorrathe wieder ankam, wenn man ihr grausamer- weise den alten abgenommen hatte. Die ganz niedere Jagd der Entomologen hat auch ihren Reiz und bei weitem mehr Wechsel in ihren Methoden, wie das "edle Waidwerk"! Lepeletier beobachtete, wie manchmal während des Einschleppens der Beute eine Larvenfliege (Tachine) herbei- kam, um ihr Ei daran zu legen, und fand später auch die Tonnenpuppe der Fliege im Neste. Mord, Raub und Betrug sind nun einmal die Künste, welche handwerksmäßig hier nicht weniger,
Bunter Bienenwolf. Cerceris.
Der Bienenwolf gräbt ſeine bis einen Fuß langen Gänge in derſelben Art, wie die ebenſo lebenden Familiengenoſſen, erweitert das äußerſte Ende derſelben als Brutplatz und ſchließt den Eingang, wenn zu den eingetragenen Bienen das eine, für ſie beſtimmte Ei hinzugekommen iſt. So viel Eier er abſetzt, ſo viele Minen muß er graben. Jm nächſten Juni kommen die jungen Bienen- wölfe zum Vorſchein und die befruchteten Weibchen treiben ihr Unweſen genau ebenſo, wie die Mütter es im voraufgegangenen Sommer thaten. Jn der Größe ſchwanken die breitköpfigen Thiere zwiſchen 4½ bis faſt 7½ Linien, und auch die gelben Zeichnungen wechſeln ſo, daß manchmal am lanzettförmigen, anhangenden Hinterleibe das Gelb die ſchwarze Grundfarbe über- wiegt, und nur ſchwarze Dreiecke an der Wurzel der Segmente erſcheinen. Für gewöhnlich tragen die Hinterränder der ſchwarzen Leibesringe gelbe, an den Seiten ſtark erweiterte Binden und am Thorax der Halskragen, die Flügelſchüppchen, das Hinterſchildchen und zwei Flecke davor dieſelbe Farbe. Die Zeichnungen des Kopfes ſind weiß; ſeine untere Partie bis zwiſchen die Fühler hinauf in dreizackigem Verlaufe und die inneren Augenränder bis faſt zu ihrem tiefen Ausſchnitte. Durch in der Mitte verdickte Geiſel und weiten Abſtand unter einander charakteriſiren ſich die kurzen Fühler, durch drei geſchloſſene Unterrandzellen und ebenſo viele Mittelzellen die Vorder- flügel. Von jenen nimmt die fünſeckige zweite in ihrer Mitte die erſte, die nach vorn ſehr verengte dritte nahe bei ihrem Anfange die zweite rücklaufende Ader auf.
Zur nächſten Verwandtſchaft gehört das mit vielen Arten über die ganze Erde ausgebreitete Geſchlecht Cerceris. Bei ihm ſetzt ſich das erſte Hinterleibsglied knotig gegen die übrigen ab, und auch die folgenden ſchnüren ſich in den Gelenken merklich ein, ſo daß die Hinterleibsform die Gattung auf den erſten Blick erkennen läßt. Die zweite Cubitalzelle iſt dreieckig und geſtielt und die Radialzelle am Ende ſtumpf gerundet. Zwiſchen den nicht merklich gebrochenen Fühlern zieht eine Längsleiſte nach dem Geſicht herab, welches ſich beim immer kleinern Männchen durch reichlich gelbe Zeichnung auf ſchwarzem Grunde auszeichnet und durch goldiges Wimperhaar an den Ecken des Kopfſchildes. Während dem Weibchen dieſer Schmuck fehlt, hat es bei manchen Arten eigen- thümliche Platten und naſenartige Anſätze des Geſichts vor ſeinem Männchen voraus. Ueberdies liegt noch ein durchgreifender Geſchlechtsunterſchied in der Bildung des letzten Rückenſegments, der obern Afterklappe, wie man es zu nennen pflegt. Dieſelbe iſt beim Männchen regelmäßig viereckig, beim Weibchen vorn und hinten bogig verengt, ſo daß ein eiförmiger oder elliptiſcher Umriß zu Stande kommt. Schwarze Körperfarbe und gelbe oder weiße Binden am Hinterleibe bilden das Kleid der meiſten Cerceris-Arten, in den wärmeren Erdſtrichen finden ſich aber durchaus roth oder rothgelb gefärbte, mit untergeordnet dunklen Zeichnungen. Man trifft die mäßig beweglichen Thiere auf Blumen und ihre gekrümmten, bis zehn Zoll tief gehenden Röhren in der Erde. Verſchiedene Arten tragen verſchiedene Juſekten als Futter für die Larven ein, unſere heimiſchen Arten vorherrſchend Sand- und Schmalbienen, ſowie andere Aderflügler. Fabre verſchaffte ſich aus dem Neſte der C. vespoidesRoſſi’s(major Spin.) den Cleonus ophthalmicus, einen ſonſt ſchwer aufzufindenden Rüſſelkäfer, in größeren Mengen. Durch einen oder zwei Stiche zwiſchen den erſten und zweiten Bruſtring ſeitens der Wespe verfällt der Käfer ſofort in Scheintod. Dufour ſah eine andere Art in Frankreich ſchöne und ſeltene Prachtkäfer zu Neſte tragen und nannte ſie darum den Prachtkäfertödter(C. bupresticida). Bewundernswerth war die Leichtig- keit, mit welcher in beiden letzten Fällen die Beute, welche das Körpergewicht der Räuberin öfters nicht unmerklich übertrifft, in der Umarmung mit den ſechs Beinen heimgetragen wurde, und in wie kurzer Zeit die ſorgſame Mutter mit neuem Vorrathe wieder ankam, wenn man ihr grauſamer- weiſe den alten abgenommen hatte. Die ganz niedere Jagd der Entomologen hat auch ihren Reiz und bei weitem mehr Wechſel in ihren Methoden, wie das „edle Waidwerk“! Lepeletier beobachtete, wie manchmal während des Einſchleppens der Beute eine Larvenfliege (Tachine) herbei- kam, um ihr Ei daran zu legen, und fand ſpäter auch die Tonnenpuppe der Fliege im Neſte. Mord, Raub und Betrug ſind nun einmal die Künſte, welche handwerksmäßig hier nicht weniger,
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Bunter Bienenwolf. Cerceris.
Der Bienenwolf gräbt ſeine bis einen Fuß langen Gänge in derſelben Art, wie die ebenſo lebenden
Familiengenoſſen, erweitert das äußerſte Ende derſelben als Brutplatz und ſchließt den Eingang,
wenn zu den eingetragenen Bienen das eine, für ſie beſtimmte Ei hinzugekommen iſt. So viel
Eier er abſetzt, ſo viele Minen muß er graben. Jm nächſten Juni kommen die jungen Bienen-
wölfe zum Vorſchein und die befruchteten Weibchen treiben ihr Unweſen genau ebenſo, wie die
Mütter es im voraufgegangenen Sommer thaten. Jn der Größe ſchwanken die breitköpfigen
Thiere zwiſchen 4½ bis faſt 7½ Linien, und auch die gelben Zeichnungen wechſeln ſo, daß
manchmal am lanzettförmigen, anhangenden Hinterleibe das Gelb die ſchwarze Grundfarbe über-
wiegt, und nur ſchwarze Dreiecke an der Wurzel der Segmente erſcheinen. Für gewöhnlich tragen
die Hinterränder der ſchwarzen Leibesringe gelbe, an den Seiten ſtark erweiterte Binden und am
Thorax der Halskragen, die Flügelſchüppchen, das Hinterſchildchen und zwei Flecke davor dieſelbe
Farbe. Die Zeichnungen des Kopfes ſind weiß; ſeine untere Partie bis zwiſchen die Fühler
hinauf in dreizackigem Verlaufe und die inneren Augenränder bis faſt zu ihrem tiefen Ausſchnitte.
Durch in der Mitte verdickte Geiſel und weiten Abſtand unter einander charakteriſiren ſich die
kurzen Fühler, durch drei geſchloſſene Unterrandzellen und ebenſo viele Mittelzellen die Vorder-
flügel. Von jenen nimmt die fünſeckige zweite in ihrer Mitte die erſte, die nach vorn ſehr
verengte dritte nahe bei ihrem Anfange die zweite rücklaufende Ader auf.
Zur nächſten Verwandtſchaft gehört das mit vielen Arten über die ganze Erde ausgebreitete
Geſchlecht Cerceris. Bei ihm ſetzt ſich das erſte Hinterleibsglied knotig gegen die übrigen ab, und
auch die folgenden ſchnüren ſich in den Gelenken merklich ein, ſo daß die Hinterleibsform die
Gattung auf den erſten Blick erkennen läßt. Die zweite Cubitalzelle iſt dreieckig und geſtielt und
die Radialzelle am Ende ſtumpf gerundet. Zwiſchen den nicht merklich gebrochenen Fühlern zieht
eine Längsleiſte nach dem Geſicht herab, welches ſich beim immer kleinern Männchen durch reichlich
gelbe Zeichnung auf ſchwarzem Grunde auszeichnet und durch goldiges Wimperhaar an den Ecken
des Kopfſchildes. Während dem Weibchen dieſer Schmuck fehlt, hat es bei manchen Arten eigen-
thümliche Platten und naſenartige Anſätze des Geſichts vor ſeinem Männchen voraus. Ueberdies
liegt noch ein durchgreifender Geſchlechtsunterſchied in der Bildung des letzten Rückenſegments, der
obern Afterklappe, wie man es zu nennen pflegt. Dieſelbe iſt beim Männchen regelmäßig viereckig,
beim Weibchen vorn und hinten bogig verengt, ſo daß ein eiförmiger oder elliptiſcher Umriß zu
Stande kommt. Schwarze Körperfarbe und gelbe oder weiße Binden am Hinterleibe bilden das
Kleid der meiſten Cerceris-Arten, in den wärmeren Erdſtrichen finden ſich aber durchaus roth oder
rothgelb gefärbte, mit untergeordnet dunklen Zeichnungen. Man trifft die mäßig beweglichen
Thiere auf Blumen und ihre gekrümmten, bis zehn Zoll tief gehenden Röhren in der Erde.
Verſchiedene Arten tragen verſchiedene Juſekten als Futter für die Larven ein, unſere heimiſchen
Arten vorherrſchend Sand- und Schmalbienen, ſowie andere Aderflügler. Fabre verſchaffte ſich
aus dem Neſte der C. vespoides Roſſi’s (major Spin.) den Cleonus ophthalmicus, einen ſonſt
ſchwer aufzufindenden Rüſſelkäfer, in größeren Mengen. Durch einen oder zwei Stiche zwiſchen
den erſten und zweiten Bruſtring ſeitens der Wespe verfällt der Käfer ſofort in Scheintod.
Dufour ſah eine andere Art in Frankreich ſchöne und ſeltene Prachtkäfer zu Neſte tragen und
nannte ſie darum den Prachtkäfertödter (C. bupresticida). Bewundernswerth war die Leichtig-
keit, mit welcher in beiden letzten Fällen die Beute, welche das Körpergewicht der Räuberin öfters
nicht unmerklich übertrifft, in der Umarmung mit den ſechs Beinen heimgetragen wurde, und in
wie kurzer Zeit die ſorgſame Mutter mit neuem Vorrathe wieder ankam, wenn man ihr grauſamer-
weiſe den alten abgenommen hatte. Die ganz niedere Jagd der Entomologen hat auch ihren
Reiz und bei weitem mehr Wechſel in ihren Methoden, wie das „edle Waidwerk“! Lepeletier
beobachtete, wie manchmal während des Einſchleppens der Beute eine Larvenfliege (Tachine) herbei-
kam, um ihr Ei daran zu legen, und fand ſpäter auch die Tonnenpuppe der Fliege im Neſte.
Mord, Raub und Betrug ſind nun einmal die Künſte, welche handwerksmäßig hier nicht weniger,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/257>, abgerufen am 23.11.2024.
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