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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Gemeine Wegwespe.
mit zitternden Flügeln auf dem Sandboden, an Baumstämmen, alten Mauern suchend umher
und fliegen in fortwährendem Wechsel dicht über diesen hin, so daß man ihren Flug einen
hüpfenden, ihren Lauf einen fliegenden nennen könnte. Die Arten verbreiten sich über die ganze
Erdoberfläche und scheinen in heißen Ländern nicht zahlreicher zu sein, als bei uns.

Um die wenigen Gattungen, in welche man die Familie zerlegte, und die Arten unterscheiden
zu können, hat man besonders den Aderverlauf der Vorderflügel, sodann die Bildung der Hinter-
leibsspitze von der Ober- und Unterseite und die Beschaffenheit der Vordertarsen in's Auge zu
fassen. An letzteren kommen bei manchen Weibchen außer den unregelmäßig gestellten Stacheln,
woran ja die Beine reich sind, noch lange, regelmäßig an der Außenseite sich hinter einander an-
reihende Dornen vor und machen den Fuß zu einem gekämmten; bei Vergleich eines solchen
mit der Mitteltarse wird diese Zugabe sehr leicht bemerkbar.

Die Wegwespe (Pompilus), welche der ganzen Familie den Namen gab, bildet die Grund-
form. Die beiden, an ihren zusammenstoßenden Seiten gleich langen Schulterzellen, drei voll-
ständig geschlossene Unterrandzellen, deren zweite den ersten, die dritte den zweiten rücklaufenden

[Abbildung] Pelopoeus destillatorius (S. 229) 2 Männchen. Der hunte Bienenwolf (Philanthus triangulum) (S. 234) mit einer
geraubten Honigbiene. Gemeine Wegwesve (Pomplius viatious). 2 Männchen und 2 Weibchen.
Nerven aufnimmt, zwei Mittelzellen und der Mangel einer Querfurche am zweiten Bauchsegmente
des Weibchens bilden den Charakter der Gattung. Die zahlreichen Arten besitzen eine wunderbare
Schnelligkeit und Gewandtheit in ihren Bewegungen, besonders auch in denen des Hinterleibes,
nisten in Mauerritzen, Bohrlöchern alter Pfosten und morscher Baumstämme, oder in der Erde
und tragen Spinnen, Raupen, Ameisen, Fliegen vorzugsweise ein. Jn ganz eigenthümlichem
ruckweise ausgeführtem Marsche im Neste einer Spinne locken sie diese hervor, fallen über sie her
und betäuben sie mit einem Stiche, ohne sich je in jenem festzurennen. Die Spinnensammler
holen diese nicht immer aus Nestern, sondern ergreifen auch die ihnen auf dem Wege begegnenden.
So überlistet der Pompilus formosus eine in Texas häufige Buschspinne (Mygale Hetzii), lähmt
sie und schleppt sie zum Neste, obschon ihr Körpergewicht das seinige mindestens um das Dreifache
übersteigt. Boie erzog Pompilus melanarius aus einem Rohrstengel, in welchem fünf Puppen
übereinander lagen, jede durch eine Schicht von Spänen von der anderen getrennt.

Die gemeine Wegwespe (P. viaticus, s. Abbildung) erscheint im ersten Frühjahre an
blühenden Weiden und ist den ganzen Sommer über in Thätigkeit. Sie wohnt im Sande,
welchen das Weibchen mit großer Geschicklichkeit und Schnelligkeit mittelst der Vorderbeine wie
ein Hund oder ein Kaninchen aus- und zwischen seinen gespreizten anderen Beinen hinter sich

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Gemeine Wegwespe.
mit zitternden Flügeln auf dem Sandboden, an Baumſtämmen, alten Mauern ſuchend umher
und fliegen in fortwährendem Wechſel dicht über dieſen hin, ſo daß man ihren Flug einen
hüpfenden, ihren Lauf einen fliegenden nennen könnte. Die Arten verbreiten ſich über die ganze
Erdoberfläche und ſcheinen in heißen Ländern nicht zahlreicher zu ſein, als bei uns.

Um die wenigen Gattungen, in welche man die Familie zerlegte, und die Arten unterſcheiden
zu können, hat man beſonders den Aderverlauf der Vorderflügel, ſodann die Bildung der Hinter-
leibsſpitze von der Ober- und Unterſeite und die Beſchaffenheit der Vordertarſen in’s Auge zu
faſſen. An letzteren kommen bei manchen Weibchen außer den unregelmäßig geſtellten Stacheln,
woran ja die Beine reich ſind, noch lange, regelmäßig an der Außenſeite ſich hinter einander an-
reihende Dornen vor und machen den Fuß zu einem gekämmten; bei Vergleich eines ſolchen
mit der Mitteltarſe wird dieſe Zugabe ſehr leicht bemerkbar.

Die Wegwespe (Pompilus), welche der ganzen Familie den Namen gab, bildet die Grund-
form. Die beiden, an ihren zuſammenſtoßenden Seiten gleich langen Schulterzellen, drei voll-
ſtändig geſchloſſene Unterrandzellen, deren zweite den erſten, die dritte den zweiten rücklaufenden

[Abbildung] Pelopoeus destillatorius (S. 229) 2 Männchen. Der hunte Bienenwolf (Philanthus triangulum) (S. 234) mit einer
geraubten Honigbiene. Gemeine Wegwesve (Pomplius viatious). 2 Männchen und 2 Weibchen.
Nerven aufnimmt, zwei Mittelzellen und der Mangel einer Querfurche am zweiten Bauchſegmente
des Weibchens bilden den Charakter der Gattung. Die zahlreichen Arten beſitzen eine wunderbare
Schnelligkeit und Gewandtheit in ihren Bewegungen, beſonders auch in denen des Hinterleibes,
niſten in Mauerritzen, Bohrlöchern alter Pfoſten und morſcher Baumſtämme, oder in der Erde
und tragen Spinnen, Raupen, Ameiſen, Fliegen vorzugsweiſe ein. Jn ganz eigenthümlichem
ruckweiſe ausgeführtem Marſche im Neſte einer Spinne locken ſie dieſe hervor, fallen über ſie her
und betäuben ſie mit einem Stiche, ohne ſich je in jenem feſtzurennen. Die Spinnenſammler
holen dieſe nicht immer aus Neſtern, ſondern ergreifen auch die ihnen auf dem Wege begegnenden.
So überliſtet der Pompilus formosus eine in Texas häufige Buſchſpinne (Mygale Hetzii), lähmt
ſie und ſchleppt ſie zum Neſte, obſchon ihr Körpergewicht das ſeinige mindeſtens um das Dreifache
überſteigt. Boie erzog Pompilus melanarius aus einem Rohrſtengel, in welchem fünf Puppen
übereinander lagen, jede durch eine Schicht von Spänen von der anderen getrennt.

Die gemeine Wegwespe (P. viaticus, ſ. Abbildung) erſcheint im erſten Frühjahre an
blühenden Weiden und iſt den ganzen Sommer über in Thätigkeit. Sie wohnt im Sande,
welchen das Weibchen mit großer Geſchicklichkeit und Schnelligkeit mittelſt der Vorderbeine wie
ein Hund oder ein Kaninchen aus- und zwiſchen ſeinen geſpreizten anderen Beinen hinter ſich

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[227/0249] Gemeine Wegwespe. mit zitternden Flügeln auf dem Sandboden, an Baumſtämmen, alten Mauern ſuchend umher und fliegen in fortwährendem Wechſel dicht über dieſen hin, ſo daß man ihren Flug einen hüpfenden, ihren Lauf einen fliegenden nennen könnte. Die Arten verbreiten ſich über die ganze Erdoberfläche und ſcheinen in heißen Ländern nicht zahlreicher zu ſein, als bei uns. Um die wenigen Gattungen, in welche man die Familie zerlegte, und die Arten unterſcheiden zu können, hat man beſonders den Aderverlauf der Vorderflügel, ſodann die Bildung der Hinter- leibsſpitze von der Ober- und Unterſeite und die Beſchaffenheit der Vordertarſen in’s Auge zu faſſen. An letzteren kommen bei manchen Weibchen außer den unregelmäßig geſtellten Stacheln, woran ja die Beine reich ſind, noch lange, regelmäßig an der Außenſeite ſich hinter einander an- reihende Dornen vor und machen den Fuß zu einem gekämmten; bei Vergleich eines ſolchen mit der Mitteltarſe wird dieſe Zugabe ſehr leicht bemerkbar. Die Wegwespe (Pompilus), welche der ganzen Familie den Namen gab, bildet die Grund- form. Die beiden, an ihren zuſammenſtoßenden Seiten gleich langen Schulterzellen, drei voll- ſtändig geſchloſſene Unterrandzellen, deren zweite den erſten, die dritte den zweiten rücklaufenden [Abbildung Pelopoeus destillatorius (S. 229) 2 Männchen. Der hunte Bienenwolf (Philanthus triangulum) (S. 234) mit einer geraubten Honigbiene. Gemeine Wegwesve (Pomplius viatious). 2 Männchen und 2 Weibchen.] Nerven aufnimmt, zwei Mittelzellen und der Mangel einer Querfurche am zweiten Bauchſegmente des Weibchens bilden den Charakter der Gattung. Die zahlreichen Arten beſitzen eine wunderbare Schnelligkeit und Gewandtheit in ihren Bewegungen, beſonders auch in denen des Hinterleibes, niſten in Mauerritzen, Bohrlöchern alter Pfoſten und morſcher Baumſtämme, oder in der Erde und tragen Spinnen, Raupen, Ameiſen, Fliegen vorzugsweiſe ein. Jn ganz eigenthümlichem ruckweiſe ausgeführtem Marſche im Neſte einer Spinne locken ſie dieſe hervor, fallen über ſie her und betäuben ſie mit einem Stiche, ohne ſich je in jenem feſtzurennen. Die Spinnenſammler holen dieſe nicht immer aus Neſtern, ſondern ergreifen auch die ihnen auf dem Wege begegnenden. So überliſtet der Pompilus formosus eine in Texas häufige Buſchſpinne (Mygale Hetzii), lähmt ſie und ſchleppt ſie zum Neſte, obſchon ihr Körpergewicht das ſeinige mindeſtens um das Dreifache überſteigt. Boie erzog Pompilus melanarius aus einem Rohrſtengel, in welchem fünf Puppen übereinander lagen, jede durch eine Schicht von Spänen von der anderen getrennt. Die gemeine Wegwespe (P. viaticus, ſ. Abbildung) erſcheint im erſten Frühjahre an blühenden Weiden und iſt den ganzen Sommer über in Thätigkeit. Sie wohnt im Sande, welchen das Weibchen mit großer Geſchicklichkeit und Schnelligkeit mittelſt der Vorderbeine wie ein Hund oder ein Kaninchen aus- und zwiſchen ſeinen geſpreizten anderen Beinen hinter ſich 15*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/249>, abgerufen am 27.11.2024.