Es wäre eine sehr ausführliche Beschreibung nöthig, um sie mit Sicherheit von mancher ähnlichen Art zu unterscheiden. Der Hinterrücken hat eine Mittelfurche und fällt gegen das erste Segment steil ab; dieses, vorn gleichfalls steil abschüssig, wird hinten von einer gelben, seitlich weit vor- greifenden Binde besäumt, in ihrem Verlaufe gleich breite Binden zieren die übrigen Segmente, und auch am Bauche werden gelbe, in der Mitte breitere, nach der Spitze hin nur als Mittel- flecke angedeutete Einfassungen sichtbar. Jn der Regel sind die Beine von der Hinterhälfte der Schenkel an gelb, am Thorax der Halskragen, je ein runder Fleck unter der Flügelwurzel, zwei solche nebeneinander auf dem Schildchen, auch wohl eine Linie dahinter, und ein Theil der Flügel- schüppchen, am Kopfe das Schild ringsum, ein Fleckchen auf jeder Kinnbacke, eins zwischen den Fühlern, deren Schaft unterwärts und bisweilen noch je ein Fleckchen hinter dem obern, äußern Augenrande. Die gelben Zeichnungen an Kopf und Thorax bedingen besonders die vorkommenden Abarten. Beim Männchen biegen sich die beiden letzten Fühlerglieder hakig nach hinten, das Kopfschild ist durchaus gelb, aber der Fleck unter den Flügeln fehlt. -- Eine sehr ähnliche, aber kräftigere Art ist die Antilopen-Lehmwespe (O. Antilope), deren Weibchen am Kopfschilde nur einen und zwar obern gelben Bogenrand und am gelben Bande des ersten Segments einen breiteren Ausschnitt hat; außerdem erscheint unter der Lupe die Oberfläche des Körpers mehr polirt. Eine dritte Art, die zahnbeinige Lehmwespe (O. spinipes) unterscheidet sich im männlichen Geschlecht leicht durch die zahnartig ausgeschnittene Unterseite der Mittelschenkel und die spiralig gewundene Fühlerspitze, überdies sind in beiden Geschlechtern die gelben Hinterränder der Segmente schmäler und am ersten das Gelb seitwärts nicht nach vorn verbreitert. Sie trägt in ihre Zellen die Larven eines kleinen Rüsselkäfers, Phytonomus variabilis.
Die Mauer-Lehmwespe, um auf diese nochmals zurückzukommen, erscheint in den letzten Tagen des Mai, und man kann das Weibchen den ganzen darauf folgenden Monat mit der Fürsorge für die Nachkommen beschäftigt sehen. Sein Nest legt es in einer alten Lehmmauer, oder in der Wand einer Lehmgrube an. Es arbeitet nach und nach mit seinen Kinnbacken ein Loch von mehreren Zoll Tiefe und einem Umfange, welcher den seines Körpers wenig übertrifft; dabei wird der fortzuschaffende Lehm fleißig mit Speichel und gewiß auch durch reichliches, zu diesem Zwecke eingenommenes Wasser benetzt und erweicht. Diese gelockerten Klümpchen finden weitere Verwendung. Die Wespe legt damit vor dem Eingange ihrer Wohnung eine Gallerie an, welche in dem Maße wächst, als das Loch größer wird. Sie geht anfangs in senkrechter Richtung von der Mauer ab, biegt sich aber allmälig nach unten und stellt auf diese Weise ein gekrümmtes Rohr dar. Die einzelnen Lehmsteinchen, welche mit Hilfe des Mundes und der Vorderbeine ringsum augesetzt werden, läßt der Bau noch erkennen. Nicht aller Lehm, welcher aus der Mauer geschafft werden muß, um dem Neste seine gehörige Tiefe bis etwa vier Zoll zu geben, wird äußerlich an die Gallerie angesetzt; denn man kann öster beobachten, wie die Wespe ihren Kopf aus der Mündung dieser hervorsteckt und ein Klümpchen aus ihrem Munde herabfallen läßt. Man hat verschiedene Gründe aufgesucht, welche wohl das Thier zu solch einem Vorbau bestimmen könnten, und gemeint, er solle Schutz gewähren vor feindlichen Angriffen, die brennende Hitze der Sonnenstrahlen abhalten, oder welche wunderliche Ansichten noch zu Tage gefördert wurden. Ohne meine Ansicht durch direkte Beobachtung beweisen zu können, meine ich, daß die Wespe das Baumaterial in der Nähe haben will, wenn sie später das Nest zu verschließen hat. Jst die Wohnung fertig, so beginnt das Eintragen der Nahrung. Die sorgsame Mutter bringt, sie mit den vorderen Beinen an ihre Brust drückend, im Fluge Larven angetragen, welche irgend einem Blattkäfer, gewiß auch noch anderen Jnsekten, wie kleinen Schmetterlingen, angehören. Jst sie angelangt, so faßt sie die Beute am Kopfe und zieht sie, darauf reitend, bis nach dem hintersten Raum des Nestes, drückt sie an die Wand an, die nicht getödtete, sondern durch den Stich nur gelähmte und willenlose Larve nimmt eine ihrer Körperform entsprechende ringartige Lage in der engen Röhre ein. Eine zweite, dritte, bis acht und noch mehr, welche sämmtlich regelmäßig neben einander geschichtet
Mauer-, Antilopen-, zahnbeinige Lehmwespen.
Es wäre eine ſehr ausführliche Beſchreibung nöthig, um ſie mit Sicherheit von mancher ähnlichen Art zu unterſcheiden. Der Hinterrücken hat eine Mittelfurche und fällt gegen das erſte Segment ſteil ab; dieſes, vorn gleichfalls ſteil abſchüſſig, wird hinten von einer gelben, ſeitlich weit vor- greifenden Binde beſäumt, in ihrem Verlaufe gleich breite Binden zieren die übrigen Segmente, und auch am Bauche werden gelbe, in der Mitte breitere, nach der Spitze hin nur als Mittel- flecke angedeutete Einfaſſungen ſichtbar. Jn der Regel ſind die Beine von der Hinterhälfte der Schenkel an gelb, am Thorax der Halskragen, je ein runder Fleck unter der Flügelwurzel, zwei ſolche nebeneinander auf dem Schildchen, auch wohl eine Linie dahinter, und ein Theil der Flügel- ſchüppchen, am Kopfe das Schild ringsum, ein Fleckchen auf jeder Kinnbacke, eins zwiſchen den Fühlern, deren Schaft unterwärts und bisweilen noch je ein Fleckchen hinter dem obern, äußern Augenrande. Die gelben Zeichnungen an Kopf und Thorax bedingen beſonders die vorkommenden Abarten. Beim Männchen biegen ſich die beiden letzten Fühlerglieder hakig nach hinten, das Kopfſchild iſt durchaus gelb, aber der Fleck unter den Flügeln fehlt. — Eine ſehr ähnliche, aber kräftigere Art iſt die Antilopen-Lehmwespe (O. Antilope), deren Weibchen am Kopfſchilde nur einen und zwar obern gelben Bogenrand und am gelben Bande des erſten Segments einen breiteren Ausſchnitt hat; außerdem erſcheint unter der Lupe die Oberfläche des Körpers mehr polirt. Eine dritte Art, die zahnbeinige Lehmwespe (O. spinipes) unterſcheidet ſich im männlichen Geſchlecht leicht durch die zahnartig ausgeſchnittene Unterſeite der Mittelſchenkel und die ſpiralig gewundene Fühlerſpitze, überdies ſind in beiden Geſchlechtern die gelben Hinterränder der Segmente ſchmäler und am erſten das Gelb ſeitwärts nicht nach vorn verbreitert. Sie trägt in ihre Zellen die Larven eines kleinen Rüſſelkäfers, Phytonomus variabilis.
Die Mauer-Lehmwespe, um auf dieſe nochmals zurückzukommen, erſcheint in den letzten Tagen des Mai, und man kann das Weibchen den ganzen darauf folgenden Monat mit der Fürſorge für die Nachkommen beſchäftigt ſehen. Sein Neſt legt es in einer alten Lehmmauer, oder in der Wand einer Lehmgrube an. Es arbeitet nach und nach mit ſeinen Kinnbacken ein Loch von mehreren Zoll Tiefe und einem Umfange, welcher den ſeines Körpers wenig übertrifft; dabei wird der fortzuſchaffende Lehm fleißig mit Speichel und gewiß auch durch reichliches, zu dieſem Zwecke eingenommenes Waſſer benetzt und erweicht. Dieſe gelockerten Klümpchen finden weitere Verwendung. Die Wespe legt damit vor dem Eingange ihrer Wohnung eine Gallerie an, welche in dem Maße wächſt, als das Loch größer wird. Sie geht anfangs in ſenkrechter Richtung von der Mauer ab, biegt ſich aber allmälig nach unten und ſtellt auf dieſe Weiſe ein gekrümmtes Rohr dar. Die einzelnen Lehmſteinchen, welche mit Hilfe des Mundes und der Vorderbeine ringsum augeſetzt werden, läßt der Bau noch erkennen. Nicht aller Lehm, welcher aus der Mauer geſchafft werden muß, um dem Neſte ſeine gehörige Tiefe bis etwa vier Zoll zu geben, wird äußerlich an die Gallerie angeſetzt; denn man kann öſter beobachten, wie die Wespe ihren Kopf aus der Mündung dieſer hervorſteckt und ein Klümpchen aus ihrem Munde herabfallen läßt. Man hat verſchiedene Gründe aufgeſucht, welche wohl das Thier zu ſolch einem Vorbau beſtimmen könnten, und gemeint, er ſolle Schutz gewähren vor feindlichen Angriffen, die brennende Hitze der Sonnenſtrahlen abhalten, oder welche wunderliche Anſichten noch zu Tage gefördert wurden. Ohne meine Anſicht durch direkte Beobachtung beweiſen zu können, meine ich, daß die Wespe das Baumaterial in der Nähe haben will, wenn ſie ſpäter das Neſt zu verſchließen hat. Jſt die Wohnung fertig, ſo beginnt das Eintragen der Nahrung. Die ſorgſame Mutter bringt, ſie mit den vorderen Beinen an ihre Bruſt drückend, im Fluge Larven angetragen, welche irgend einem Blattkäfer, gewiß auch noch anderen Jnſekten, wie kleinen Schmetterlingen, angehören. Jſt ſie angelangt, ſo faßt ſie die Beute am Kopfe und zieht ſie, darauf reitend, bis nach dem hinterſten Raum des Neſtes, drückt ſie an die Wand an, die nicht getödtete, ſondern durch den Stich nur gelähmte und willenloſe Larve nimmt eine ihrer Körperform entſprechende ringartige Lage in der engen Röhre ein. Eine zweite, dritte, bis acht und noch mehr, welche ſämmtlich regelmäßig neben einander geſchichtet
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Mauer-, Antilopen-, zahnbeinige Lehmwespen.
Es wäre eine ſehr ausführliche Beſchreibung nöthig, um ſie mit Sicherheit von mancher ähnlichen
Art zu unterſcheiden. Der Hinterrücken hat eine Mittelfurche und fällt gegen das erſte Segment
ſteil ab; dieſes, vorn gleichfalls ſteil abſchüſſig, wird hinten von einer gelben, ſeitlich weit vor-
greifenden Binde beſäumt, in ihrem Verlaufe gleich breite Binden zieren die übrigen Segmente,
und auch am Bauche werden gelbe, in der Mitte breitere, nach der Spitze hin nur als Mittel-
flecke angedeutete Einfaſſungen ſichtbar. Jn der Regel ſind die Beine von der Hinterhälfte der
Schenkel an gelb, am Thorax der Halskragen, je ein runder Fleck unter der Flügelwurzel, zwei
ſolche nebeneinander auf dem Schildchen, auch wohl eine Linie dahinter, und ein Theil der Flügel-
ſchüppchen, am Kopfe das Schild ringsum, ein Fleckchen auf jeder Kinnbacke, eins zwiſchen den
Fühlern, deren Schaft unterwärts und bisweilen noch je ein Fleckchen hinter dem obern, äußern
Augenrande. Die gelben Zeichnungen an Kopf und Thorax bedingen beſonders die vorkommenden
Abarten. Beim Männchen biegen ſich die beiden letzten Fühlerglieder hakig nach hinten, das
Kopfſchild iſt durchaus gelb, aber der Fleck unter den Flügeln fehlt. — Eine ſehr ähnliche, aber
kräftigere Art iſt die Antilopen-Lehmwespe (O. Antilope), deren Weibchen am Kopfſchilde nur
einen und zwar obern gelben Bogenrand und am gelben Bande des erſten Segments einen breiteren
Ausſchnitt hat; außerdem erſcheint unter der Lupe die Oberfläche des Körpers mehr polirt. Eine
dritte Art, die zahnbeinige Lehmwespe (O. spinipes) unterſcheidet ſich im männlichen Geſchlecht
leicht durch die zahnartig ausgeſchnittene Unterſeite der Mittelſchenkel und die ſpiralig gewundene
Fühlerſpitze, überdies ſind in beiden Geſchlechtern die gelben Hinterränder der Segmente ſchmäler
und am erſten das Gelb ſeitwärts nicht nach vorn verbreitert. Sie trägt in ihre Zellen die Larven
eines kleinen Rüſſelkäfers, Phytonomus variabilis.
Die Mauer-Lehmwespe, um auf dieſe nochmals zurückzukommen, erſcheint in den letzten Tagen
des Mai, und man kann das Weibchen den ganzen darauf folgenden Monat mit der Fürſorge für
die Nachkommen beſchäftigt ſehen. Sein Neſt legt es in einer alten Lehmmauer, oder in der Wand
einer Lehmgrube an. Es arbeitet nach und nach mit ſeinen Kinnbacken ein Loch von mehreren
Zoll Tiefe und einem Umfange, welcher den ſeines Körpers wenig übertrifft; dabei wird der
fortzuſchaffende Lehm fleißig mit Speichel und gewiß auch durch reichliches, zu dieſem Zwecke
eingenommenes Waſſer benetzt und erweicht. Dieſe gelockerten Klümpchen finden weitere Verwendung.
Die Wespe legt damit vor dem Eingange ihrer Wohnung eine Gallerie an, welche in dem Maße
wächſt, als das Loch größer wird. Sie geht anfangs in ſenkrechter Richtung von der Mauer ab,
biegt ſich aber allmälig nach unten und ſtellt auf dieſe Weiſe ein gekrümmtes Rohr dar. Die
einzelnen Lehmſteinchen, welche mit Hilfe des Mundes und der Vorderbeine ringsum augeſetzt
werden, läßt der Bau noch erkennen. Nicht aller Lehm, welcher aus der Mauer geſchafft werden
muß, um dem Neſte ſeine gehörige Tiefe bis etwa vier Zoll zu geben, wird äußerlich an die
Gallerie angeſetzt; denn man kann öſter beobachten, wie die Wespe ihren Kopf aus der Mündung
dieſer hervorſteckt und ein Klümpchen aus ihrem Munde herabfallen läßt. Man hat verſchiedene
Gründe aufgeſucht, welche wohl das Thier zu ſolch einem Vorbau beſtimmen könnten, und gemeint,
er ſolle Schutz gewähren vor feindlichen Angriffen, die brennende Hitze der Sonnenſtrahlen abhalten,
oder welche wunderliche Anſichten noch zu Tage gefördert wurden. Ohne meine Anſicht durch
direkte Beobachtung beweiſen zu können, meine ich, daß die Wespe das Baumaterial in der Nähe
haben will, wenn ſie ſpäter das Neſt zu verſchließen hat. Jſt die Wohnung fertig, ſo beginnt
das Eintragen der Nahrung. Die ſorgſame Mutter bringt, ſie mit den vorderen Beinen an ihre
Bruſt drückend, im Fluge Larven angetragen, welche irgend einem Blattkäfer, gewiß auch noch
anderen Jnſekten, wie kleinen Schmetterlingen, angehören. Jſt ſie angelangt, ſo faßt ſie die
Beute am Kopfe und zieht ſie, darauf reitend, bis nach dem hinterſten Raum des Neſtes, drückt
ſie an die Wand an, die nicht getödtete, ſondern durch den Stich nur gelähmte und willenloſe
Larve nimmt eine ihrer Körperform entſprechende ringartige Lage in der engen Röhre ein. Eine
zweite, dritte, bis acht und noch mehr, welche ſämmtlich regelmäßig neben einander geſchichtet
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/219>, abgerufen am 25.11.2024.
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