alten Lehmwänden viele Jahre hinter einander dieselben Arten nisten, wenn sie sonst nicht gestört, oder durch lästige Schmarotzer, die sich dergleichen günstige Plätze gleichfalls merken, mit der Zeit vertrieben werden. Die rauhhaarige Pelzbiene (Anthophora hirsuta) ist einen halben Zoll lang, überall dicht behaart, am Thorax und der Hinterleibswurzel roth oder gelbbraun, am Sammelapparate gelb, übrigens schwarz. Beim Männchen färbt sich die Chitinbekleidung des Fühlerschafts vorn, des Kopfschildes sammt der Oberlippe, den Wangen und Kinnbackenwurzeln gelb, und die Mitteltarsen zeichnet eine blattartige, dicht schwarz behaarte Erweiterung des ersten und fünften Gliedes aus. -- Das Weibchen der abgestutzten Pelzbiene (A. retusa) hat genau Größe und Gestalt der vorigen Art, ist aber durchaus schwarz behaart, nur am Sammelapparate rostroth. Das etwas kleinere, schlankere Männchen, welches LepeletierA. pilipes nannte, trägt suchsige Haare an Kopf, Thorax und Hinterleibswurzel, weiter hinten werden sie sparsamer und schwarz. Anfangs- und Endglied der Mittelfüße erweitern sich durch einen schwarzen Haarstern, wie vorher, nur fehlen dem ganzen Fuße die langen Zottenhaare an der Hinterseite, welche dort vorkommen. Das Männchen fliegt später als das Weibchen, und dieses benutzt im Siebengebirge und im pariser Becken mit Vorliebe als Brutplätze die Felslöcher, welche dem Trachyttuff ein so eigenthümliches Ansehen verleihen. -- Die Wand-Pelzbiene (A. parietina) legt wieder eine andere Liebhaberei beim Nestbau an den Tag; sie bewohnt die Löcher alter Lehmwände und schützt den Eingang durch eine Gallerie, ein etwas nach unten gekrümmtes Rohr, hängt einige Zoll lang an der Mauer herab, das Baumaterial liefern die Aushöhlungen der Mauer. Das Weibchen dieser Art ist etwas kleiner, als die vorigen und mit Ausnahme der rostrothen Hinterleibsspitze schwarz behaart. Das Männchen läßt sich in der Färbung kaum vom vorigen unterscheiden, wenn nicht durch grauen Schimmer in der Behaarung, welche wie verschossen aussieht, überdies fehlt den Mitteltarsen jegliche Auszeichnung.
Eine andere Reihe von Bürstenträgern zeichnet sich im männlichen Geschlecht durch die überaus langen Fühler aus, welche man wegen der sanft knotigen Anschwellungen an der Vorderseite der Glieder mit den Hörnern eines Steinbocks vergleichen könnte. Sie wurden darum Hornbienen oder Langhörner (Macocera) genannt; da indeß in Deutschland keine Art vorkommt, mehrere im südlichen Europa und wärmeren Ländern, so will ich eine deutsche Art besprechen, welche in der Körpertracht ihnen vollkommen gleicht, aber wegen der geringeren Anzahl der Unterrandzellen nicht mit dieser Gattung vereinigt werden konnte. Die gemeine Hornbiene (Eucera longi- cornis) fliegt von Ende Mai an, hat aber schon Mitte Juni viel von ihrem hübschen Ansehen verloren, weil die Haare theils erblassen, theils durch Abreiben verloren gehen. Das Männchen, im jugendlichen Alter an Kopf, Thorax und den beiden ersten Segmenten des stark gewölbten Hinterleibes von schön fuchsrothen Haaren dicht bedeckt, von einzelneren schwarzen weiter nach hinten, erscheint jetzt kahler und ausgeblichen; die stattlichen Hörner und das Gelb von Kopfschild und Oberlippe bleiben ihm als unveränderlicher Schmuck. Sein wenig größeres (5--6''') Weibchen weicht in der Körpertracht wesentlich ab, einmal verleihen ihm die gewöhnlichen, gebrochenen Fühler keine Auszeichnung, sodann wölbt sich der Hinterleib weniger, verengt sich nach vorn mehr und bekommt einen elliptischen Umriß; in Folge dessen könnte man das Thier für eine Sandbiene halten, zumal die Hinterränder der Segmente mit weißen Binden verziert sind, welche auf den drei vordersten in der Mitte eine breite Unterbrechung erleiden, eine Zeichnung, welche man bei den Genannten häufig antrifft. Siehe da, die Bürste an den Hinterschienen rettet aus aller Verlegenheit; keine Sandbiene erfreut sich dieser Auszeichnung. Jene Binden werden von kurzen, anliegenden Seidenhärchen hervorgebracht, und diese sind vergänglich, wie alles Schöne. Darum kann es geschehen, daß wir im Sommer einem abgeschabten Weibchen begegnen, welches, beiläufig gesagt, dieselben Theile in ausbleichende, fuchsrothe Haare kleidet, wie das Männchen. Es wird um so schäbiger aussehen, je gewissenhafter es seine Mutterpflichten erfüllte. Eine glatte Röhre in der Erde dient als Brutstätte. Sie wird durch Querwände in Zellen getheilt, welche von
Die Hautflügler. Blumenwespen. Bürſtenträger.
alten Lehmwänden viele Jahre hinter einander dieſelben Arten niſten, wenn ſie ſonſt nicht geſtört, oder durch läſtige Schmarotzer, die ſich dergleichen günſtige Plätze gleichfalls merken, mit der Zeit vertrieben werden. Die rauhhaarige Pelzbiene (Anthophora hirsuta) iſt einen halben Zoll lang, überall dicht behaart, am Thorax und der Hinterleibswurzel roth oder gelbbraun, am Sammelapparate gelb, übrigens ſchwarz. Beim Männchen färbt ſich die Chitinbekleidung des Fühlerſchafts vorn, des Kopfſchildes ſammt der Oberlippe, den Wangen und Kinnbackenwurzeln gelb, und die Mitteltarſen zeichnet eine blattartige, dicht ſchwarz behaarte Erweiterung des erſten und fünften Gliedes aus. — Das Weibchen der abgeſtutzten Pelzbiene (A. retusa) hat genau Größe und Geſtalt der vorigen Art, iſt aber durchaus ſchwarz behaart, nur am Sammelapparate roſtroth. Das etwas kleinere, ſchlankere Männchen, welches LepeletierA. pilipes nannte, trägt ſuchſige Haare an Kopf, Thorax und Hinterleibswurzel, weiter hinten werden ſie ſparſamer und ſchwarz. Anfangs- und Endglied der Mittelfüße erweitern ſich durch einen ſchwarzen Haarſtern, wie vorher, nur fehlen dem ganzen Fuße die langen Zottenhaare an der Hinterſeite, welche dort vorkommen. Das Männchen fliegt ſpäter als das Weibchen, und dieſes benutzt im Siebengebirge und im pariſer Becken mit Vorliebe als Brutplätze die Felslöcher, welche dem Trachyttuff ein ſo eigenthümliches Anſehen verleihen. — Die Wand-Pelzbiene (A. parietina) legt wieder eine andere Liebhaberei beim Neſtbau an den Tag; ſie bewohnt die Löcher alter Lehmwände und ſchützt den Eingang durch eine Gallerie, ein etwas nach unten gekrümmtes Rohr, hängt einige Zoll lang an der Mauer herab, das Baumaterial liefern die Aushöhlungen der Mauer. Das Weibchen dieſer Art iſt etwas kleiner, als die vorigen und mit Ausnahme der roſtrothen Hinterleibsſpitze ſchwarz behaart. Das Männchen läßt ſich in der Färbung kaum vom vorigen unterſcheiden, wenn nicht durch grauen Schimmer in der Behaarung, welche wie verſchoſſen ausſieht, überdies fehlt den Mitteltarſen jegliche Auszeichnung.
Eine andere Reihe von Bürſtenträgern zeichnet ſich im männlichen Geſchlecht durch die überaus langen Fühler aus, welche man wegen der ſanft knotigen Anſchwellungen an der Vorderſeite der Glieder mit den Hörnern eines Steinbocks vergleichen könnte. Sie wurden darum Hornbienen oder Langhörner (Macocera) genannt; da indeß in Deutſchland keine Art vorkommt, mehrere im ſüdlichen Europa und wärmeren Ländern, ſo will ich eine deutſche Art beſprechen, welche in der Körpertracht ihnen vollkommen gleicht, aber wegen der geringeren Anzahl der Unterrandzellen nicht mit dieſer Gattung vereinigt werden konnte. Die gemeine Hornbiene (Eucera longi- cornis) fliegt von Ende Mai an, hat aber ſchon Mitte Juni viel von ihrem hübſchen Anſehen verloren, weil die Haare theils erblaſſen, theils durch Abreiben verloren gehen. Das Männchen, im jugendlichen Alter an Kopf, Thorax und den beiden erſten Segmenten des ſtark gewölbten Hinterleibes von ſchön fuchsrothen Haaren dicht bedeckt, von einzelneren ſchwarzen weiter nach hinten, erſcheint jetzt kahler und ausgeblichen; die ſtattlichen Hörner und das Gelb von Kopfſchild und Oberlippe bleiben ihm als unveränderlicher Schmuck. Sein wenig größeres (5—6‴) Weibchen weicht in der Körpertracht weſentlich ab, einmal verleihen ihm die gewöhnlichen, gebrochenen Fühler keine Auszeichnung, ſodann wölbt ſich der Hinterleib weniger, verengt ſich nach vorn mehr und bekommt einen elliptiſchen Umriß; in Folge deſſen könnte man das Thier für eine Sandbiene halten, zumal die Hinterränder der Segmente mit weißen Binden verziert ſind, welche auf den drei vorderſten in der Mitte eine breite Unterbrechung erleiden, eine Zeichnung, welche man bei den Genannten häufig antrifft. Siehe da, die Bürſte an den Hinterſchienen rettet aus aller Verlegenheit; keine Sandbiene erfreut ſich dieſer Auszeichnung. Jene Binden werden von kurzen, anliegenden Seidenhärchen hervorgebracht, und dieſe ſind vergänglich, wie alles Schöne. Darum kann es geſchehen, daß wir im Sommer einem abgeſchabten Weibchen begegnen, welches, beiläufig geſagt, dieſelben Theile in ausbleichende, fuchsrothe Haare kleidet, wie das Männchen. Es wird um ſo ſchäbiger ausſehen, je gewiſſenhafter es ſeine Mutterpflichten erfüllte. Eine glatte Röhre in der Erde dient als Brutſtätte. Sie wird durch Querwände in Zellen getheilt, welche von
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[186/0206]
Die Hautflügler. Blumenwespen. Bürſtenträger.
alten Lehmwänden viele Jahre hinter einander dieſelben Arten niſten, wenn ſie ſonſt nicht geſtört,
oder durch läſtige Schmarotzer, die ſich dergleichen günſtige Plätze gleichfalls merken, mit der Zeit
vertrieben werden. Die rauhhaarige Pelzbiene (Anthophora hirsuta) iſt einen halben Zoll
lang, überall dicht behaart, am Thorax und der Hinterleibswurzel roth oder gelbbraun, am
Sammelapparate gelb, übrigens ſchwarz. Beim Männchen färbt ſich die Chitinbekleidung des
Fühlerſchafts vorn, des Kopfſchildes ſammt der Oberlippe, den Wangen und Kinnbackenwurzeln
gelb, und die Mitteltarſen zeichnet eine blattartige, dicht ſchwarz behaarte Erweiterung des erſten
und fünften Gliedes aus. — Das Weibchen der abgeſtutzten Pelzbiene (A. retusa) hat genau
Größe und Geſtalt der vorigen Art, iſt aber durchaus ſchwarz behaart, nur am Sammelapparate
roſtroth. Das etwas kleinere, ſchlankere Männchen, welches Lepeletier A. pilipes nannte, trägt
ſuchſige Haare an Kopf, Thorax und Hinterleibswurzel, weiter hinten werden ſie ſparſamer und
ſchwarz. Anfangs- und Endglied der Mittelfüße erweitern ſich durch einen ſchwarzen Haarſtern,
wie vorher, nur fehlen dem ganzen Fuße die langen Zottenhaare an der Hinterſeite, welche dort
vorkommen. Das Männchen fliegt ſpäter als das Weibchen, und dieſes benutzt im Siebengebirge
und im pariſer Becken mit Vorliebe als Brutplätze die Felslöcher, welche dem Trachyttuff ein ſo
eigenthümliches Anſehen verleihen. — Die Wand-Pelzbiene (A. parietina) legt wieder eine
andere Liebhaberei beim Neſtbau an den Tag; ſie bewohnt die Löcher alter Lehmwände und ſchützt
den Eingang durch eine Gallerie, ein etwas nach unten gekrümmtes Rohr, hängt einige Zoll lang
an der Mauer herab, das Baumaterial liefern die Aushöhlungen der Mauer. Das Weibchen
dieſer Art iſt etwas kleiner, als die vorigen und mit Ausnahme der roſtrothen Hinterleibsſpitze
ſchwarz behaart. Das Männchen läßt ſich in der Färbung kaum vom vorigen unterſcheiden, wenn
nicht durch grauen Schimmer in der Behaarung, welche wie verſchoſſen ausſieht, überdies fehlt
den Mitteltarſen jegliche Auszeichnung.
Eine andere Reihe von Bürſtenträgern zeichnet ſich im männlichen Geſchlecht durch die überaus
langen Fühler aus, welche man wegen der ſanft knotigen Anſchwellungen an der Vorderſeite der
Glieder mit den Hörnern eines Steinbocks vergleichen könnte. Sie wurden darum Hornbienen
oder Langhörner (Macocera) genannt; da indeß in Deutſchland keine Art vorkommt, mehrere
im ſüdlichen Europa und wärmeren Ländern, ſo will ich eine deutſche Art beſprechen, welche in
der Körpertracht ihnen vollkommen gleicht, aber wegen der geringeren Anzahl der Unterrandzellen
nicht mit dieſer Gattung vereinigt werden konnte. Die gemeine Hornbiene (Eucera longi-
cornis) fliegt von Ende Mai an, hat aber ſchon Mitte Juni viel von ihrem hübſchen Anſehen
verloren, weil die Haare theils erblaſſen, theils durch Abreiben verloren gehen. Das Männchen,
im jugendlichen Alter an Kopf, Thorax und den beiden erſten Segmenten des ſtark gewölbten
Hinterleibes von ſchön fuchsrothen Haaren dicht bedeckt, von einzelneren ſchwarzen weiter nach
hinten, erſcheint jetzt kahler und ausgeblichen; die ſtattlichen Hörner und das Gelb von Kopfſchild
und Oberlippe bleiben ihm als unveränderlicher Schmuck. Sein wenig größeres (5—6‴) Weibchen
weicht in der Körpertracht weſentlich ab, einmal verleihen ihm die gewöhnlichen, gebrochenen Fühler
keine Auszeichnung, ſodann wölbt ſich der Hinterleib weniger, verengt ſich nach vorn mehr und
bekommt einen elliptiſchen Umriß; in Folge deſſen könnte man das Thier für eine Sandbiene
halten, zumal die Hinterränder der Segmente mit weißen Binden verziert ſind, welche auf den
drei vorderſten in der Mitte eine breite Unterbrechung erleiden, eine Zeichnung, welche man bei
den Genannten häufig antrifft. Siehe da, die Bürſte an den Hinterſchienen rettet aus aller
Verlegenheit; keine Sandbiene erfreut ſich dieſer Auszeichnung. Jene Binden werden von kurzen,
anliegenden Seidenhärchen hervorgebracht, und dieſe ſind vergänglich, wie alles Schöne. Darum
kann es geſchehen, daß wir im Sommer einem abgeſchabten Weibchen begegnen, welches, beiläufig
geſagt, dieſelben Theile in ausbleichende, fuchsrothe Haare kleidet, wie das Männchen. Es wird
um ſo ſchäbiger ausſehen, je gewiſſenhafter es ſeine Mutterpflichten erfüllte. Eine glatte Röhre
in der Erde dient als Brutſtätte. Sie wird durch Querwände in Zellen getheilt, welche von
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/206>, abgerufen am 24.11.2024.
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