viereckig (Tetragona). Die Männchen sind den Arbeitern in Farbe und Körpergestalt sehr ähn- lich, haben aber keinen Schienenkorb und gespaltene Klauen. Die Weibchen, welche man von nur wenigen Arten kennt, zeichnen sich durch bedeutendere Größe, verkümmerte Flügel und einfach braune Färbung aus.
Von der Lebensweise dieser Bienen weiß man nichts Vollständiges, wahrscheinlich stimmt sie auch nicht bei allen Arten überein. Die meisten bauen in hohle Bäume, welche man in der Regel fällen muß, um zu den Nestern zu gelangen, eine der gemeinsten Arten, die Trigona amathea, in Erdwände, die Tr. mexicana unter zerfressene Baumwurzeln oder in die großen Haufen von dürren Pflanzenabfällen, welche sich in den Astwinkeln der alten Bäume ansammeln. St. Hilaire gibt einige Notizen über sie, wonach drei Arten eine gewisse Zähmung zulassen. Die Eingebornen in manchen Gegenden Brasiliens tragen die in Baumästen aufgefundenen Nester nach Hause, hängen sie wagrecht unter dem Dache auf und wenden auch ein Mittel an, sie zu vermehren. Wenn die Thiere zum Eintragen ausgeflogen sind, nimmt man einige Waben mit Larven und Eiern heraus und thut sie in einen neuen Stock, welcher vorher sorgfältig mit Weihrauch ausgeräuchert wurde. Ein Theil der Bienen nimmt deuselben an, und er füllt sich bald mit Honig und Wachs. Außer den drei Arten erlauben keine weiter diese Behandlungsweise, sondern fliegen davon, wenn man ihr Nest wegschafft. Weiter wissen die Eingebornen, daß April und Mai, dann wieder Oktober und November die besten Zeiten sind, um reiche Ernte an Honig und Wachs zu halten, daß ferner der grüne Honig der "Mundubinha" giftig sei, und daß ein und dieselbe Art zu verschiedenen Zeiten je nach den Quellen, aus denen sie schöpft, verschiedenen Honig ein- sammelt. Dieselbe Erfahrung machen wir ja auch an unserer Biene, welche zur Zeit der Rapsblüthe ausschließlich von ihr einträgt oder in anderen Gegenden vom Buchweizen, und während solcher Zeit alle übrigen Bezugsquellen so gut wie ganz unberücksichtigt läßt.
Die anziehendsten Mittheilungen über die Meliponen lesen wir bei Bates in seinem "Natur- forscher am Amazonenstrome". Daselbst heißt es: "Die zahlreichsten und zugleich interessantesten Thonkünstler sind die Arbeiter einer Species Biene, Melipona fasciata. Die Meliponen nehmen im tropischen Amerika die Stelle der wahren Apiden ein, zu denen die hier unbekannten europäischen Stockbienen gehören. Sie sind in der Regel kleiner als diese und haben keinen Stachel. Die Melipona fasciata ist etwa um ein Drittel kleiner als die Apis mellifica; ihre Colonien bestehen aus einer ungeheueren Anzahl von Jndividuen. Die Arbeiter sieht man im Allgemeinen auf dieselbe Weise Blumenstaub sammeln, wie andere Bienen, eine große Anzahl aber trägt Thon zusammen. Die Schnelligkeit und Präcision ihrer Bewegungen bei dieser Arbeit ist wirklich wunderbar. Zuerst schaben sie den Thon mit ihren Kinnbacken. Die kleinen zusammengebrachten Häufchen werden dann mit den Vorderfüßen gereinigt und kommen von da unter die Mittelbeine, welche das Klümpchen an das Körbchen ankleben. Auf diese Weise erlangen die Kügelchen die erforderliche Gestalt und Festigkeit, und sobald die Ladung so groß ist, daß eine Biene gerade genug daran hat, fliegt sie davon. Jch wußte mir anfänglich nicht recht zu erklären, was sie mit dem Thone machen, später aber hatte ich hinlängliche Gelegenheit, darüber ins Reine zu kommen. Sie hängen nämlich ihre Honigscheiben in Ritzen von Baumstämmen oder von senkrechten Ufer- rändern und vermauern die Spalte mit dem Thone, bis auf eine kleine Mündung, durch die sie ein- und ausfliegen können. Die meisten Meliponenarten sind auf diese Weise zugleich Maurer und Wachsarbeiter oder Blüthenstaubsammler. Eine kleine, noch nicht beschriebene Species, die kaum zwei Linien lang ist, baut auswendig an dem Eingange zu ihrem Vorrathe, außerdem daß sie die Spalte in dem Baume verrammelt, eine hübsche röhrenförmige Gallerie von Thon, den sie mit einer klebrigen Substanz knetet. Die Mündung der Röhre hat die Gestalt einer Trompete, und am Eingange sind beständig eine Anzahl dieser Zwerge als Schildwachen aufgepflanzt."
"Es ist merkwürdig, daß keine amerikanische Biene es bis zu einem so hohen Grade archi- tektonischer Geschicklichkeit in dem Baue ihrer Honigscheiben gebracht hat, wie die europäische
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Meliponen.
viereckig (Tetragona). Die Männchen ſind den Arbeitern in Farbe und Körpergeſtalt ſehr ähn- lich, haben aber keinen Schienenkorb und geſpaltene Klauen. Die Weibchen, welche man von nur wenigen Arten kennt, zeichnen ſich durch bedeutendere Größe, verkümmerte Flügel und einfach braune Färbung aus.
Von der Lebensweiſe dieſer Bienen weiß man nichts Vollſtändiges, wahrſcheinlich ſtimmt ſie auch nicht bei allen Arten überein. Die meiſten bauen in hohle Bäume, welche man in der Regel fällen muß, um zu den Neſtern zu gelangen, eine der gemeinſten Arten, die Trigona amathea, in Erdwände, die Tr. mexicana unter zerfreſſene Baumwurzeln oder in die großen Haufen von dürren Pflanzenabfällen, welche ſich in den Aſtwinkeln der alten Bäume anſammeln. St. Hilaire gibt einige Notizen über ſie, wonach drei Arten eine gewiſſe Zähmung zulaſſen. Die Eingebornen in manchen Gegenden Braſiliens tragen die in Baumäſten aufgefundenen Neſter nach Hauſe, hängen ſie wagrecht unter dem Dache auf und wenden auch ein Mittel an, ſie zu vermehren. Wenn die Thiere zum Eintragen ausgeflogen ſind, nimmt man einige Waben mit Larven und Eiern heraus und thut ſie in einen neuen Stock, welcher vorher ſorgfältig mit Weihrauch ausgeräuchert wurde. Ein Theil der Bienen nimmt deuſelben an, und er füllt ſich bald mit Honig und Wachs. Außer den drei Arten erlauben keine weiter dieſe Behandlungsweiſe, ſondern fliegen davon, wenn man ihr Neſt wegſchafft. Weiter wiſſen die Eingebornen, daß April und Mai, dann wieder Oktober und November die beſten Zeiten ſind, um reiche Ernte an Honig und Wachs zu halten, daß ferner der grüne Honig der „Mundubinha“ giftig ſei, und daß ein und dieſelbe Art zu verſchiedenen Zeiten je nach den Quellen, aus denen ſie ſchöpft, verſchiedenen Honig ein- ſammelt. Dieſelbe Erfahrung machen wir ja auch an unſerer Biene, welche zur Zeit der Rapsblüthe ausſchließlich von ihr einträgt oder in anderen Gegenden vom Buchweizen, und während ſolcher Zeit alle übrigen Bezugsquellen ſo gut wie ganz unberückſichtigt läßt.
Die anziehendſten Mittheilungen über die Meliponen leſen wir bei Bates in ſeinem „Natur- forſcher am Amazonenſtrome“. Daſelbſt heißt es: „Die zahlreichſten und zugleich intereſſanteſten Thonkünſtler ſind die Arbeiter einer Species Biene, Melipona fasciata. Die Meliponen nehmen im tropiſchen Amerika die Stelle der wahren Apiden ein, zu denen die hier unbekannten europäiſchen Stockbienen gehören. Sie ſind in der Regel kleiner als dieſe und haben keinen Stachel. Die Melipona fasciata iſt etwa um ein Drittel kleiner als die Apis mellifica; ihre Colonien beſtehen aus einer ungeheueren Anzahl von Jndividuen. Die Arbeiter ſieht man im Allgemeinen auf dieſelbe Weiſe Blumenſtaub ſammeln, wie andere Bienen, eine große Anzahl aber trägt Thon zuſammen. Die Schnelligkeit und Präciſion ihrer Bewegungen bei dieſer Arbeit iſt wirklich wunderbar. Zuerſt ſchaben ſie den Thon mit ihren Kinnbacken. Die kleinen zuſammengebrachten Häufchen werden dann mit den Vorderfüßen gereinigt und kommen von da unter die Mittelbeine, welche das Klümpchen an das Körbchen ankleben. Auf dieſe Weiſe erlangen die Kügelchen die erforderliche Geſtalt und Feſtigkeit, und ſobald die Ladung ſo groß iſt, daß eine Biene gerade genug daran hat, fliegt ſie davon. Jch wußte mir anfänglich nicht recht zu erklären, was ſie mit dem Thone machen, ſpäter aber hatte ich hinlängliche Gelegenheit, darüber ins Reine zu kommen. Sie hängen nämlich ihre Honigſcheiben in Ritzen von Baumſtämmen oder von ſenkrechten Ufer- rändern und vermauern die Spalte mit dem Thone, bis auf eine kleine Mündung, durch die ſie ein- und ausfliegen können. Die meiſten Meliponenarten ſind auf dieſe Weiſe zugleich Maurer und Wachsarbeiter oder Blüthenſtaubſammler. Eine kleine, noch nicht beſchriebene Species, die kaum zwei Linien lang iſt, baut auswendig an dem Eingange zu ihrem Vorrathe, außerdem daß ſie die Spalte in dem Baume verrammelt, eine hübſche röhrenförmige Gallerie von Thon, den ſie mit einer klebrigen Subſtanz knetet. Die Mündung der Röhre hat die Geſtalt einer Trompete, und am Eingange ſind beſtändig eine Anzahl dieſer Zwerge als Schildwachen aufgepflanzt.“
„Es iſt merkwürdig, daß keine amerikaniſche Biene es bis zu einem ſo hohen Grade archi- tektoniſcher Geſchicklichkeit in dem Baue ihrer Honigſcheiben gebracht hat, wie die europäiſche
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Meliponen.
viereckig (Tetragona). Die Männchen ſind den Arbeitern in Farbe und Körpergeſtalt ſehr ähn-
lich, haben aber keinen Schienenkorb und geſpaltene Klauen. Die Weibchen, welche man von
nur wenigen Arten kennt, zeichnen ſich durch bedeutendere Größe, verkümmerte Flügel und einfach
braune Färbung aus.
Von der Lebensweiſe dieſer Bienen weiß man nichts Vollſtändiges, wahrſcheinlich ſtimmt ſie
auch nicht bei allen Arten überein. Die meiſten bauen in hohle Bäume, welche man in der
Regel fällen muß, um zu den Neſtern zu gelangen, eine der gemeinſten Arten, die Trigona
amathea, in Erdwände, die Tr. mexicana unter zerfreſſene Baumwurzeln oder in die großen
Haufen von dürren Pflanzenabfällen, welche ſich in den Aſtwinkeln der alten Bäume anſammeln.
St. Hilaire gibt einige Notizen über ſie, wonach drei Arten eine gewiſſe Zähmung zulaſſen.
Die Eingebornen in manchen Gegenden Braſiliens tragen die in Baumäſten aufgefundenen Neſter
nach Hauſe, hängen ſie wagrecht unter dem Dache auf und wenden auch ein Mittel an, ſie zu
vermehren. Wenn die Thiere zum Eintragen ausgeflogen ſind, nimmt man einige Waben mit
Larven und Eiern heraus und thut ſie in einen neuen Stock, welcher vorher ſorgfältig mit Weihrauch
ausgeräuchert wurde. Ein Theil der Bienen nimmt deuſelben an, und er füllt ſich bald mit Honig
und Wachs. Außer den drei Arten erlauben keine weiter dieſe Behandlungsweiſe, ſondern fliegen
davon, wenn man ihr Neſt wegſchafft. Weiter wiſſen die Eingebornen, daß April und Mai,
dann wieder Oktober und November die beſten Zeiten ſind, um reiche Ernte an Honig und Wachs
zu halten, daß ferner der grüne Honig der „Mundubinha“ giftig ſei, und daß ein und dieſelbe
Art zu verſchiedenen Zeiten je nach den Quellen, aus denen ſie ſchöpft, verſchiedenen Honig ein-
ſammelt. Dieſelbe Erfahrung machen wir ja auch an unſerer Biene, welche zur Zeit der Rapsblüthe
ausſchließlich von ihr einträgt oder in anderen Gegenden vom Buchweizen, und während ſolcher
Zeit alle übrigen Bezugsquellen ſo gut wie ganz unberückſichtigt läßt.
Die anziehendſten Mittheilungen über die Meliponen leſen wir bei Bates in ſeinem „Natur-
forſcher am Amazonenſtrome“. Daſelbſt heißt es: „Die zahlreichſten und zugleich intereſſanteſten
Thonkünſtler ſind die Arbeiter einer Species Biene, Melipona fasciata. Die Meliponen nehmen
im tropiſchen Amerika die Stelle der wahren Apiden ein, zu denen die hier unbekannten europäiſchen
Stockbienen gehören. Sie ſind in der Regel kleiner als dieſe und haben keinen Stachel.
Die Melipona fasciata iſt etwa um ein Drittel kleiner als die Apis mellifica; ihre Colonien
beſtehen aus einer ungeheueren Anzahl von Jndividuen. Die Arbeiter ſieht man im Allgemeinen
auf dieſelbe Weiſe Blumenſtaub ſammeln, wie andere Bienen, eine große Anzahl aber trägt Thon
zuſammen. Die Schnelligkeit und Präciſion ihrer Bewegungen bei dieſer Arbeit iſt wirklich
wunderbar. Zuerſt ſchaben ſie den Thon mit ihren Kinnbacken. Die kleinen zuſammengebrachten
Häufchen werden dann mit den Vorderfüßen gereinigt und kommen von da unter die Mittelbeine,
welche das Klümpchen an das Körbchen ankleben. Auf dieſe Weiſe erlangen die Kügelchen die
erforderliche Geſtalt und Feſtigkeit, und ſobald die Ladung ſo groß iſt, daß eine Biene gerade
genug daran hat, fliegt ſie davon. Jch wußte mir anfänglich nicht recht zu erklären, was ſie mit
dem Thone machen, ſpäter aber hatte ich hinlängliche Gelegenheit, darüber ins Reine zu kommen.
Sie hängen nämlich ihre Honigſcheiben in Ritzen von Baumſtämmen oder von ſenkrechten Ufer-
rändern und vermauern die Spalte mit dem Thone, bis auf eine kleine Mündung, durch die ſie
ein- und ausfliegen können. Die meiſten Meliponenarten ſind auf dieſe Weiſe zugleich Maurer
und Wachsarbeiter oder Blüthenſtaubſammler. Eine kleine, noch nicht beſchriebene Species, die
kaum zwei Linien lang iſt, baut auswendig an dem Eingange zu ihrem Vorrathe, außerdem daß
ſie die Spalte in dem Baume verrammelt, eine hübſche röhrenförmige Gallerie von Thon, den
ſie mit einer klebrigen Subſtanz knetet. Die Mündung der Röhre hat die Geſtalt einer Trompete,
und am Eingange ſind beſtändig eine Anzahl dieſer Zwerge als Schildwachen aufgepflanzt.“
„Es iſt merkwürdig, daß keine amerikaniſche Biene es bis zu einem ſo hohen Grade archi-
tektoniſcher Geſchicklichkeit in dem Baue ihrer Honigſcheiben gebracht hat, wie die europäiſche
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/199>, abgerufen am 23.11.2024.
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