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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Schienen-, Schenkel-, Bauchsammler, Parasiten.
Außenseite der Schiene bildet kein Körbchen, sondern überzieht ihre nicht ausgehöhlte Außenseite
mit einzelnen Haaren, dafür wurde die Spitze der zugehörigen Schenkel, die Hüfte, ja sogar die
Seite des Hinterleibes mit längerem, zum Theil lockigem Haare ausgestattet. Es sind die
Schenkelsammler auf diese Weise nicht minder befähigt, das unentbehrliche "Bieuenbrot" ein-
zuheimsen. Wie überall in ihrem Wirken und Schaffen, so ist auch hier die Natur unerschöpflich.
Anderen Bienen beließ sie in der Breite der Hinterschiene und Ferse ihren Bienencharakter, verlegte
ihren Sammelapparat aber an den Bauch. Kurze, nach hinten gerichtete Borstenhaare, welche
diesen dicht bedecken, sind bei den Bauchsammlern dazu bestimmt, den Blüthenstaub, der ja an
sich klebriger Natur ist, abzubürsten und fest zu halten. Womit sammeln nun aber diejenigen
Bienen, denen an den Schienen und Schenkeln, am Bauche, wie am übrigen Körper fast gänzlich
die Behaarung fehlt? Mit gar nichts. Sie überlassen das Sammeln denen, welche dazu befähigt
sind und ziehen es vor, ihre Eier in den Nestern derselben verstohlener Weise unterzubringen.
Das in der großen, weiten Welt so allgemein verbreitete Schmarotzerleben greift hier in dieser
besondern Form um sich und erhält durch die natürliche Einrichtung vollkommene Verechtigung.
Die eben besprochenen, so interessanten Vorkehrungen, welche der Brutpflege dienen, bleiben Eigen-
thum der Weibchen und derjenigen Jungfrauen, welche, ohne je Mutter zu werden, doch die
mütterlichen Sorgen um die Nachkommen zu übernehmen haben, der sogenannten Arbeiter, welche
bei einigen gesellig lebenden Bienen einen dritten, so einflußreichen Stand bilden. Die Männchen,
welche nicht einsammeln, der Sammelapparate also auch nicht bedürfen, werden dadurch gleichzeitig
ärmer an guten Unterscheidungsmerkmalen. Sie immer richtig zu deuten, sie als zugehörig zu
einem bestimmten Weibchen zu erkennen, bietet dem Systematiker nicht nur bei den Bienen, sondern
auch bei manchen anderen Jmmen noch besondere Schwierigkeiten. Daher darf es uns auch nicht
wundern, wenn nicht selten beide Geschlechter ein und derselben Art mit verschiedenen Namen
belegt wurden, wenn bei Hummeln, Andrenen und anderen Gattungen, welche reich an sehr ähn-
lichen Arten sind, eine babylonische Verwirrung in den Namen die verschiedenen Ansichten der
Forscher bekundet. Der meist sehr entwickelten Zunge der Blumenwespen, welche theilweise von
den übrigen Mundtheilen am Grunde scheidenartig umschlossen und in der Ruhe nach hinten an
die Kehle angelegt getragen wird, gedachten wir schon früher (S. 5). Die Fühler aller sind
gebrochen, bei manchen Männchen allerdings in Folge des kurzen Schaftes kaum merklich, hier
aus zwölf, bei den Weibchen aus dreizehn Gliedern zusammengesetzt. Die Geisel verläuft faden-
förmig, bisweilen nach der Spitze hin mäßig verdickt, oder breit gedrückt, aber immer stumpf.
Jhre Glieder lassen sich zwar unterscheiden, schnüren sich aber an den Enden weder auffällig ein,
noch schwellen sie an der Spitze an; bisweilen erscheinen sie an der Vorderseite etwas knotig. Wir
finden mithin für eine so artenreiche Familie eine seltene Einförmigkeit im Baue eines sonst viel-
gestaltigen Organes. Nebenaugen sind immer vorhanden, aber wegen der dichten Behaarung des
Scheitels bisweilen schwer aufzufinden. Die Vorderflügel haben stets eine Randzelle und zwei
oder drei Cubitalzellen, der hintere Theil der Flügelfläche bleibt verhältnißmäßig breit ohne alle
Adern, weil, mit wenigen Ausnahmen, hinter den letzten Quernerven die beiden Längsadern (der
Cubitus und die parallele) aufhören. Bei manchen, besonders den größeren Arten, ist dieser
Raum durch dichte Punktirung oder zarte Längsstreifung, der ganze Flügel überdies häufig noch
durch dunklere Färbung ausgezeichnet. Wo nur zwei Unterrandzellen vorkommen, münden die
beiden rücklaufenden Adern in die letzte, zuweilen die erste genau auf der vordern Grenze; wo
ihrer drei vorhanden, nimmt die zweite und dritte je eine auf, mit wenigen Ausnahmen, wie
z. B. bei den Holzbienen. Der Hinterleib besteht beim Weibchen, fruchtbaren und verkümmerten,
aus sechs, beim Männchen aus sieben Gliedern. Ueberall, wo es honigspendende Blumen gibt,
finden sich auch Bienen ein, diese zu benaschen und für ihre Nachkommen zu verwerthen, doch
scheinen die Tropen mit ihrem vorwiegenden Blumenreichthum nicht auch in diesem Verhältnisse so
reich an Bienen zu sein, wie unsere gemäßigten Himmelsstriche.

Schienen-, Schenkel-, Bauchſammler, Paraſiten.
Außenſeite der Schiene bildet kein Körbchen, ſondern überzieht ihre nicht ausgehöhlte Außenſeite
mit einzelnen Haaren, dafür wurde die Spitze der zugehörigen Schenkel, die Hüfte, ja ſogar die
Seite des Hinterleibes mit längerem, zum Theil lockigem Haare ausgeſtattet. Es ſind die
Schenkelſammler auf dieſe Weiſe nicht minder befähigt, das unentbehrliche „Bieuenbrot“ ein-
zuheimſen. Wie überall in ihrem Wirken und Schaffen, ſo iſt auch hier die Natur unerſchöpflich.
Anderen Bienen beließ ſie in der Breite der Hinterſchiene und Ferſe ihren Bienencharakter, verlegte
ihren Sammelapparat aber an den Bauch. Kurze, nach hinten gerichtete Borſtenhaare, welche
dieſen dicht bedecken, ſind bei den Bauchſammlern dazu beſtimmt, den Blüthenſtaub, der ja an
ſich klebriger Natur iſt, abzubürſten und feſt zu halten. Womit ſammeln nun aber diejenigen
Bienen, denen an den Schienen und Schenkeln, am Bauche, wie am übrigen Körper faſt gänzlich
die Behaarung fehlt? Mit gar nichts. Sie überlaſſen das Sammeln denen, welche dazu befähigt
ſind und ziehen es vor, ihre Eier in den Neſtern derſelben verſtohlener Weiſe unterzubringen.
Das in der großen, weiten Welt ſo allgemein verbreitete Schmarotzerleben greift hier in dieſer
beſondern Form um ſich und erhält durch die natürliche Einrichtung vollkommene Verechtigung.
Die eben beſprochenen, ſo intereſſanten Vorkehrungen, welche der Brutpflege dienen, bleiben Eigen-
thum der Weibchen und derjenigen Jungfrauen, welche, ohne je Mutter zu werden, doch die
mütterlichen Sorgen um die Nachkommen zu übernehmen haben, der ſogenannten Arbeiter, welche
bei einigen geſellig lebenden Bienen einen dritten, ſo einflußreichen Stand bilden. Die Männchen,
welche nicht einſammeln, der Sammelapparate alſo auch nicht bedürfen, werden dadurch gleichzeitig
ärmer an guten Unterſcheidungsmerkmalen. Sie immer richtig zu deuten, ſie als zugehörig zu
einem beſtimmten Weibchen zu erkennen, bietet dem Syſtematiker nicht nur bei den Bienen, ſondern
auch bei manchen anderen Jmmen noch beſondere Schwierigkeiten. Daher darf es uns auch nicht
wundern, wenn nicht ſelten beide Geſchlechter ein und derſelben Art mit verſchiedenen Namen
belegt wurden, wenn bei Hummeln, Andrenen und anderen Gattungen, welche reich an ſehr ähn-
lichen Arten ſind, eine babyloniſche Verwirrung in den Namen die verſchiedenen Anſichten der
Forſcher bekundet. Der meiſt ſehr entwickelten Zunge der Blumenwespen, welche theilweiſe von
den übrigen Mundtheilen am Grunde ſcheidenartig umſchloſſen und in der Ruhe nach hinten an
die Kehle angelegt getragen wird, gedachten wir ſchon früher (S. 5). Die Fühler aller ſind
gebrochen, bei manchen Männchen allerdings in Folge des kurzen Schaftes kaum merklich, hier
aus zwölf, bei den Weibchen aus dreizehn Gliedern zuſammengeſetzt. Die Geiſel verläuft faden-
förmig, bisweilen nach der Spitze hin mäßig verdickt, oder breit gedrückt, aber immer ſtumpf.
Jhre Glieder laſſen ſich zwar unterſcheiden, ſchnüren ſich aber an den Enden weder auffällig ein,
noch ſchwellen ſie an der Spitze an; bisweilen erſcheinen ſie an der Vorderſeite etwas knotig. Wir
finden mithin für eine ſo artenreiche Familie eine ſeltene Einförmigkeit im Baue eines ſonſt viel-
geſtaltigen Organes. Nebenaugen ſind immer vorhanden, aber wegen der dichten Behaarung des
Scheitels bisweilen ſchwer aufzufinden. Die Vorderflügel haben ſtets eine Randzelle und zwei
oder drei Cubitalzellen, der hintere Theil der Flügelfläche bleibt verhältnißmäßig breit ohne alle
Adern, weil, mit wenigen Ausnahmen, hinter den letzten Quernerven die beiden Längsadern (der
Cubitus und die parallele) aufhören. Bei manchen, beſonders den größeren Arten, iſt dieſer
Raum durch dichte Punktirung oder zarte Längsſtreifung, der ganze Flügel überdies häufig noch
durch dunklere Färbung ausgezeichnet. Wo nur zwei Unterrandzellen vorkommen, münden die
beiden rücklaufenden Adern in die letzte, zuweilen die erſte genau auf der vordern Grenze; wo
ihrer drei vorhanden, nimmt die zweite und dritte je eine auf, mit wenigen Ausnahmen, wie
z. B. bei den Holzbienen. Der Hinterleib beſteht beim Weibchen, fruchtbaren und verkümmerten,
aus ſechs, beim Männchen aus ſieben Gliedern. Ueberall, wo es honigſpendende Blumen gibt,
finden ſich auch Bienen ein, dieſe zu benaſchen und für ihre Nachkommen zu verwerthen, doch
ſcheinen die Tropen mit ihrem vorwiegenden Blumenreichthum nicht auch in dieſem Verhältniſſe ſo
reich an Bienen zu ſein, wie unſere gemäßigten Himmelsſtriche.

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[167/0187] Schienen-, Schenkel-, Bauchſammler, Paraſiten. Außenſeite der Schiene bildet kein Körbchen, ſondern überzieht ihre nicht ausgehöhlte Außenſeite mit einzelnen Haaren, dafür wurde die Spitze der zugehörigen Schenkel, die Hüfte, ja ſogar die Seite des Hinterleibes mit längerem, zum Theil lockigem Haare ausgeſtattet. Es ſind die Schenkelſammler auf dieſe Weiſe nicht minder befähigt, das unentbehrliche „Bieuenbrot“ ein- zuheimſen. Wie überall in ihrem Wirken und Schaffen, ſo iſt auch hier die Natur unerſchöpflich. Anderen Bienen beließ ſie in der Breite der Hinterſchiene und Ferſe ihren Bienencharakter, verlegte ihren Sammelapparat aber an den Bauch. Kurze, nach hinten gerichtete Borſtenhaare, welche dieſen dicht bedecken, ſind bei den Bauchſammlern dazu beſtimmt, den Blüthenſtaub, der ja an ſich klebriger Natur iſt, abzubürſten und feſt zu halten. Womit ſammeln nun aber diejenigen Bienen, denen an den Schienen und Schenkeln, am Bauche, wie am übrigen Körper faſt gänzlich die Behaarung fehlt? Mit gar nichts. Sie überlaſſen das Sammeln denen, welche dazu befähigt ſind und ziehen es vor, ihre Eier in den Neſtern derſelben verſtohlener Weiſe unterzubringen. Das in der großen, weiten Welt ſo allgemein verbreitete Schmarotzerleben greift hier in dieſer beſondern Form um ſich und erhält durch die natürliche Einrichtung vollkommene Verechtigung. Die eben beſprochenen, ſo intereſſanten Vorkehrungen, welche der Brutpflege dienen, bleiben Eigen- thum der Weibchen und derjenigen Jungfrauen, welche, ohne je Mutter zu werden, doch die mütterlichen Sorgen um die Nachkommen zu übernehmen haben, der ſogenannten Arbeiter, welche bei einigen geſellig lebenden Bienen einen dritten, ſo einflußreichen Stand bilden. Die Männchen, welche nicht einſammeln, der Sammelapparate alſo auch nicht bedürfen, werden dadurch gleichzeitig ärmer an guten Unterſcheidungsmerkmalen. Sie immer richtig zu deuten, ſie als zugehörig zu einem beſtimmten Weibchen zu erkennen, bietet dem Syſtematiker nicht nur bei den Bienen, ſondern auch bei manchen anderen Jmmen noch beſondere Schwierigkeiten. Daher darf es uns auch nicht wundern, wenn nicht ſelten beide Geſchlechter ein und derſelben Art mit verſchiedenen Namen belegt wurden, wenn bei Hummeln, Andrenen und anderen Gattungen, welche reich an ſehr ähn- lichen Arten ſind, eine babyloniſche Verwirrung in den Namen die verſchiedenen Anſichten der Forſcher bekundet. Der meiſt ſehr entwickelten Zunge der Blumenwespen, welche theilweiſe von den übrigen Mundtheilen am Grunde ſcheidenartig umſchloſſen und in der Ruhe nach hinten an die Kehle angelegt getragen wird, gedachten wir ſchon früher (S. 5). Die Fühler aller ſind gebrochen, bei manchen Männchen allerdings in Folge des kurzen Schaftes kaum merklich, hier aus zwölf, bei den Weibchen aus dreizehn Gliedern zuſammengeſetzt. Die Geiſel verläuft faden- förmig, bisweilen nach der Spitze hin mäßig verdickt, oder breit gedrückt, aber immer ſtumpf. Jhre Glieder laſſen ſich zwar unterſcheiden, ſchnüren ſich aber an den Enden weder auffällig ein, noch ſchwellen ſie an der Spitze an; bisweilen erſcheinen ſie an der Vorderſeite etwas knotig. Wir finden mithin für eine ſo artenreiche Familie eine ſeltene Einförmigkeit im Baue eines ſonſt viel- geſtaltigen Organes. Nebenaugen ſind immer vorhanden, aber wegen der dichten Behaarung des Scheitels bisweilen ſchwer aufzufinden. Die Vorderflügel haben ſtets eine Randzelle und zwei oder drei Cubitalzellen, der hintere Theil der Flügelfläche bleibt verhältnißmäßig breit ohne alle Adern, weil, mit wenigen Ausnahmen, hinter den letzten Quernerven die beiden Längsadern (der Cubitus und die parallele) aufhören. Bei manchen, beſonders den größeren Arten, iſt dieſer Raum durch dichte Punktirung oder zarte Längsſtreifung, der ganze Flügel überdies häufig noch durch dunklere Färbung ausgezeichnet. Wo nur zwei Unterrandzellen vorkommen, münden die beiden rücklaufenden Adern in die letzte, zuweilen die erſte genau auf der vordern Grenze; wo ihrer drei vorhanden, nimmt die zweite und dritte je eine auf, mit wenigen Ausnahmen, wie z. B. bei den Holzbienen. Der Hinterleib beſteht beim Weibchen, fruchtbaren und verkümmerten, aus ſechs, beim Männchen aus ſieben Gliedern. Ueberall, wo es honigſpendende Blumen gibt, finden ſich auch Bienen ein, dieſe zu benaſchen und für ihre Nachkommen zu verwerthen, doch ſcheinen die Tropen mit ihrem vorwiegenden Blumenreichthum nicht auch in dieſem Verhältniſſe ſo reich an Bienen zu ſein, wie unſere gemäßigten Himmelsſtriche.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/187>, abgerufen am 06.05.2024.