dienen, d. h. mit anderen Worten, es gibt Schmarotzer in Schmarotzern, ein Umstand, der eben nicht dazu beiträgt, die so höchst interessanten Lebensverhältnisse dieser Thierchen, welche noch in großes Dunkel gehüllt sind, dem forschenden Blicke des Beobachters klar zu legen. -- Wunderbar und räthselhaft bleibt in der Lebensweise der Schlupfwespen der Jnstinkt, welcher die Weibchen beim Ablegen der Eier leitet. Woher weiß das späterkommende, daß dem Jnnern eines Wirths bereits ein Ei anvertraut ist, welcher eine zweite Larve nicht würde ernähren können, ihm also keinen Brutplatz darbietet? Für uns Menschen ist nur in wenigen Fällen ein äußeres Merkmal gegeben, ob eine Larve angestochen ist. Einige schwarze oder mißfarbige Fleckchen an Schmetter- lingsraupen verrathen den Keim des Todes, welcher nach solchen Anzeigen aber weniger von einer Schlupfwespe, als durch schmarotzende Fliegen gelegt wurde, von denen einige Familien jenen Zerstörungen ex officio treuen Beistand leisten. Solche und ähnliche Fragen werden sich dem denkenden Beobachter aufdrängen, welcher sie nur durch Vermuthungen zu beantworten vermag.
Nachdem wir wenigstens dem Begriffe nach Blatt-, Holz-, Gall-, Schlupf- Raub- und Blumenwespen kennen lernten, müssen wir noch einen flüchtigen Blick auf den Körperbau dieser Geschöpfe werfen, um sie mit Sicherheit von anderen und unter sich unterscheiden zu können. Der Kopf sitzt frei vor dem Brustkasten, als wenn er durch einen Zapfen an ihn gefügt wäre, erscheint, von oben gesehen, fast immer breiter als lang, er ist ein Querkopf im wahren Sinne des Wortes, bei nur wenigen kugelig, halbkugelig oder als Würfel geformt. Auf seinem Scheitel bemerkt man ziemlich ausnahmslos drei Nebenaugen, welche wie Perlchen erglänzen, die zu einem Diadem gefaßt wurden. Die Fühler verlaufen meist gleichmäßig in ihren Gliedern und erscheinen faden- oder borstenförmig, selten verdicken sie sich nach vorn zu einer Keule, gerade oder gebrochen. Der Länge nach werden sie nie übermäßig groß, noch verschwindend klein im Verhältniß zu der des Körpers. Weil sie vorn an der Stirn und zwar meist nahe bei einander eingefügt sind, richten sie sich auch stets nach vorn, niemals nach hinten. Der Brustkasten, in seinen Umrissen vorherrschend oval, jedoch auch cylindrisch, erscheint in der Regel nach oben etwas buckelig und läßt durch Nähte seine Dreitheilung erkennen. Der vorderste Ring erlangt auf dem Rücken der allermeisten Hautflügler nicht die Höhe des nächstfolgenden und wird als Halskragen bezeichnet, sein Brusttheil reicht dagegen weiter nach hinten. Der Mittelbrustring bildet den größten Rücken- theil und gleichzeitig den Buckel und zerlegt sich sehr häufig durch zwei nach hinten genäherte Längs- eindrücke in drei Partien, die sogenannten Lappen. Der kleinere dritte Brustring endlich bietet in seiner glatten oder durch Leisten manchfach in Felder getheilten Oberfläche und in seinem vordern, obern und abschüssigen hintern Theile für zahlreiche Jmmen wichtige Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmale. Daß die neuesten Forschungen bei allen Jmmen außer bei den Holz- und Blattwespen einen vierten Thoraxring nachgewiesen haben, welcher in gleicher Weise durch feste Naht mit dem dritten verbunden ist, wie dieser mit dem Mittelrücken, will ich hier nur erwähnen und dabei bemerken, daß diese Entdeckung für die Systematik von größerer Bedeutung sein wird, als die Berücksichtigung von einem oder zwei Schenkelringen. -- Nirgends übt die Anheftungsweise des Hinterleibes einen so wesentlichen Einfluß auf die Körpertracht eines Jnsekts aus, wie hier, indem alle Formen, angewachsene, sitzende, anhängende und gestielte, wie sie auf Seite 9 besprochen wurden, anzutreffen sind. Sechs bis neun Ringe setzen ihn zusammen, welche Anzahl in gewissen Fällen bis auf drei herabsinken kann. Das höchste Jnteresse nimmt aber die wunderbare Einrichtung des an ihm befindlichen Werkzeugs in Anspruch, womit die Weibchen ihre Eier legen. Fast ausnahmslos besteht es in einem hornigen Stachel, welchen drei oder vier Theile zusammensetzen und zwei seitliche Scheiden als Futteral einschließen. Der Stachel zerfällt in eine obere, oft rinnenförmige Hälfte, den Eileiter, und in eine untere, kleinere Hälfte, die sogenannten Gräten, welche eng aneinander liegen und durch Falze an die Oberhälfte anschließen. Wir sehen hier den Legbohrer der größten Holzwespe von der Unterseite sammt der Scheide und dem Muskelapparate (c -- a), welcher ihn aufrichtet, abgebildet und erkennen an der besonders
dienen, d. h. mit anderen Worten, es gibt Schmarotzer in Schmarotzern, ein Umſtand, der eben nicht dazu beiträgt, die ſo höchſt intereſſanten Lebensverhältniſſe dieſer Thierchen, welche noch in großes Dunkel gehüllt ſind, dem forſchenden Blicke des Beobachters klar zu legen. — Wunderbar und räthſelhaft bleibt in der Lebensweiſe der Schlupfwespen der Jnſtinkt, welcher die Weibchen beim Ablegen der Eier leitet. Woher weiß das ſpäterkommende, daß dem Jnnern eines Wirths bereits ein Ei anvertraut iſt, welcher eine zweite Larve nicht würde ernähren können, ihm alſo keinen Brutplatz darbietet? Für uns Menſchen iſt nur in wenigen Fällen ein äußeres Merkmal gegeben, ob eine Larve angeſtochen iſt. Einige ſchwarze oder mißfarbige Fleckchen an Schmetter- lingsraupen verrathen den Keim des Todes, welcher nach ſolchen Anzeigen aber weniger von einer Schlupfwespe, als durch ſchmarotzende Fliegen gelegt wurde, von denen einige Familien jenen Zerſtörungen ex officio treuen Beiſtand leiſten. Solche und ähnliche Fragen werden ſich dem denkenden Beobachter aufdrängen, welcher ſie nur durch Vermuthungen zu beantworten vermag.
Nachdem wir wenigſtens dem Begriffe nach Blatt-, Holz-, Gall-, Schlupf- Raub- und Blumenwespen kennen lernten, müſſen wir noch einen flüchtigen Blick auf den Körperbau dieſer Geſchöpfe werfen, um ſie mit Sicherheit von anderen und unter ſich unterſcheiden zu können. Der Kopf ſitzt frei vor dem Bruſtkaſten, als wenn er durch einen Zapfen an ihn gefügt wäre, erſcheint, von oben geſehen, faſt immer breiter als lang, er iſt ein Querkopf im wahren Sinne des Wortes, bei nur wenigen kugelig, halbkugelig oder als Würfel geformt. Auf ſeinem Scheitel bemerkt man ziemlich ausnahmslos drei Nebenaugen, welche wie Perlchen erglänzen, die zu einem Diadem gefaßt wurden. Die Fühler verlaufen meiſt gleichmäßig in ihren Gliedern und erſcheinen faden- oder borſtenförmig, ſelten verdicken ſie ſich nach vorn zu einer Keule, gerade oder gebrochen. Der Länge nach werden ſie nie übermäßig groß, noch verſchwindend klein im Verhältniß zu der des Körpers. Weil ſie vorn an der Stirn und zwar meiſt nahe bei einander eingefügt ſind, richten ſie ſich auch ſtets nach vorn, niemals nach hinten. Der Bruſtkaſten, in ſeinen Umriſſen vorherrſchend oval, jedoch auch cylindriſch, erſcheint in der Regel nach oben etwas buckelig und läßt durch Nähte ſeine Dreitheilung erkennen. Der vorderſte Ring erlangt auf dem Rücken der allermeiſten Hautflügler nicht die Höhe des nächſtfolgenden und wird als Halskragen bezeichnet, ſein Bruſttheil reicht dagegen weiter nach hinten. Der Mittelbruſtring bildet den größten Rücken- theil und gleichzeitig den Buckel und zerlegt ſich ſehr häufig durch zwei nach hinten genäherte Längs- eindrücke in drei Partien, die ſogenannten Lappen. Der kleinere dritte Bruſtring endlich bietet in ſeiner glatten oder durch Leiſten manchfach in Felder getheilten Oberfläche und in ſeinem vordern, obern und abſchüſſigen hintern Theile für zahlreiche Jmmen wichtige Erkennungs- und Unterſcheidungsmerkmale. Daß die neueſten Forſchungen bei allen Jmmen außer bei den Holz- und Blattwespen einen vierten Thoraxring nachgewieſen haben, welcher in gleicher Weiſe durch feſte Naht mit dem dritten verbunden iſt, wie dieſer mit dem Mittelrücken, will ich hier nur erwähnen und dabei bemerken, daß dieſe Entdeckung für die Syſtematik von größerer Bedeutung ſein wird, als die Berückſichtigung von einem oder zwei Schenkelringen. — Nirgends übt die Anheftungsweiſe des Hinterleibes einen ſo weſentlichen Einfluß auf die Körpertracht eines Jnſekts aus, wie hier, indem alle Formen, angewachſene, ſitzende, anhängende und geſtielte, wie ſie auf Seite 9 beſprochen wurden, anzutreffen ſind. Sechs bis neun Ringe ſetzen ihn zuſammen, welche Anzahl in gewiſſen Fällen bis auf drei herabſinken kann. Das höchſte Jntereſſe nimmt aber die wunderbare Einrichtung des an ihm befindlichen Werkzeugs in Anſpruch, womit die Weibchen ihre Eier legen. Faſt ausnahmslos beſteht es in einem hornigen Stachel, welchen drei oder vier Theile zuſammenſetzen und zwei ſeitliche Scheiden als Futteral einſchließen. Der Stachel zerfällt in eine obere, oft rinnenförmige Hälfte, den Eileiter, und in eine untere, kleinere Hälfte, die ſogenannten Gräten, welche eng aneinander liegen und durch Falze an die Oberhälfte anſchließen. Wir ſehen hier den Legbohrer der größten Holzwespe von der Unterſeite ſammt der Scheide und dem Muskelapparate (c — a), welcher ihn aufrichtet, abgebildet und erkennen an der beſonders
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[161/0179]
Allgemeines.
dienen, d. h. mit anderen Worten, es gibt Schmarotzer in Schmarotzern, ein Umſtand, der eben
nicht dazu beiträgt, die ſo höchſt intereſſanten Lebensverhältniſſe dieſer Thierchen, welche noch in
großes Dunkel gehüllt ſind, dem forſchenden Blicke des Beobachters klar zu legen. — Wunderbar
und räthſelhaft bleibt in der Lebensweiſe der Schlupfwespen der Jnſtinkt, welcher die Weibchen
beim Ablegen der Eier leitet. Woher weiß das ſpäterkommende, daß dem Jnnern eines Wirths
bereits ein Ei anvertraut iſt, welcher eine zweite Larve nicht würde ernähren können, ihm alſo
keinen Brutplatz darbietet? Für uns Menſchen iſt nur in wenigen Fällen ein äußeres Merkmal
gegeben, ob eine Larve angeſtochen iſt. Einige ſchwarze oder mißfarbige Fleckchen an Schmetter-
lingsraupen verrathen den Keim des Todes, welcher nach ſolchen Anzeigen aber weniger von einer
Schlupfwespe, als durch ſchmarotzende Fliegen gelegt wurde, von denen einige Familien jenen
Zerſtörungen ex officio treuen Beiſtand leiſten. Solche und ähnliche Fragen werden ſich dem
denkenden Beobachter aufdrängen, welcher ſie nur durch Vermuthungen zu beantworten vermag.
Nachdem wir wenigſtens dem Begriffe nach Blatt-, Holz-, Gall-, Schlupf- Raub- und
Blumenwespen kennen lernten, müſſen wir noch einen flüchtigen Blick auf den Körperbau dieſer
Geſchöpfe werfen, um ſie mit Sicherheit von anderen und unter ſich unterſcheiden zu können.
Der Kopf ſitzt frei vor dem Bruſtkaſten, als wenn er durch einen Zapfen an ihn gefügt wäre,
erſcheint, von oben geſehen, faſt immer breiter als lang, er iſt ein Querkopf im wahren Sinne
des Wortes, bei nur wenigen kugelig, halbkugelig oder als Würfel geformt. Auf ſeinem Scheitel
bemerkt man ziemlich ausnahmslos drei Nebenaugen, welche wie Perlchen erglänzen, die zu einem
Diadem gefaßt wurden. Die Fühler verlaufen meiſt gleichmäßig in ihren Gliedern und erſcheinen
faden- oder borſtenförmig, ſelten verdicken ſie ſich nach vorn zu einer Keule, gerade oder gebrochen.
Der Länge nach werden ſie nie übermäßig groß, noch verſchwindend klein im Verhältniß zu der
des Körpers. Weil ſie vorn an der Stirn und zwar meiſt nahe bei einander eingefügt ſind,
richten ſie ſich auch ſtets nach vorn, niemals nach hinten. Der Bruſtkaſten, in ſeinen Umriſſen
vorherrſchend oval, jedoch auch cylindriſch, erſcheint in der Regel nach oben etwas buckelig und
läßt durch Nähte ſeine Dreitheilung erkennen. Der vorderſte Ring erlangt auf dem Rücken der
allermeiſten Hautflügler nicht die Höhe des nächſtfolgenden und wird als Halskragen bezeichnet,
ſein Bruſttheil reicht dagegen weiter nach hinten. Der Mittelbruſtring bildet den größten Rücken-
theil und gleichzeitig den Buckel und zerlegt ſich ſehr häufig durch zwei nach hinten genäherte Längs-
eindrücke in drei Partien, die ſogenannten Lappen. Der kleinere dritte Bruſtring endlich bietet
in ſeiner glatten oder durch Leiſten manchfach in Felder getheilten Oberfläche und in ſeinem
vordern, obern und abſchüſſigen hintern Theile für zahlreiche Jmmen wichtige Erkennungs- und
Unterſcheidungsmerkmale. Daß die neueſten Forſchungen bei allen Jmmen außer bei den Holz-
und Blattwespen einen vierten Thoraxring nachgewieſen haben, welcher in gleicher Weiſe durch
feſte Naht mit dem dritten verbunden iſt, wie dieſer mit dem Mittelrücken, will ich hier nur
erwähnen und dabei bemerken, daß dieſe Entdeckung für die Syſtematik von größerer Bedeutung
ſein wird, als die Berückſichtigung von einem oder zwei Schenkelringen. — Nirgends übt die
Anheftungsweiſe des Hinterleibes einen ſo weſentlichen Einfluß auf die Körpertracht eines Jnſekts
aus, wie hier, indem alle Formen, angewachſene, ſitzende, anhängende und geſtielte, wie ſie auf
Seite 9 beſprochen wurden, anzutreffen ſind. Sechs bis neun Ringe ſetzen ihn zuſammen, welche
Anzahl in gewiſſen Fällen bis auf drei herabſinken kann. Das höchſte Jntereſſe nimmt aber die
wunderbare Einrichtung des an ihm befindlichen Werkzeugs in Anſpruch, womit die Weibchen ihre
Eier legen. Faſt ausnahmslos beſteht es in einem hornigen Stachel, welchen drei oder vier
Theile zuſammenſetzen und zwei ſeitliche Scheiden als Futteral einſchließen. Der Stachel zerfällt
in eine obere, oft rinnenförmige Hälfte, den Eileiter, und in eine untere, kleinere Hälfte, die
ſogenannten Gräten, welche eng aneinander liegen und durch Falze an die Oberhälfte anſchließen.
Wir ſehen hier den Legbohrer der größten Holzwespe von der Unterſeite ſammt der Scheide
und dem Muskelapparate (c — a), welcher ihn aufrichtet, abgebildet und erkennen an der beſonders
Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 11
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/179>, abgerufen am 23.11.2024.
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