ihm ähnliche gleichzeitige Fauna voraus und leitet den Blick auf noch tiefere Formen und noch einfachere Formen hinüber, welche -- wir werden noch ein solches Wesen kennen lernen -- bis in die Gegenwart sich erhalten haben.
Ehe wir zum Schlusse unseres Werkes von diesen zweifelhaften Gestalten Notiz nehmen, müssen wir wenigstens hinweisen auf eine zweite große Abtheilung der ächten Wurzelfüßer, welche als Radiolarien (Radiolaria) den Polythalamien und ihrem nächsten Anhang entgegengestellt werden. Der innere Weichkörper derselben besteht aus einer von einer festen Haut umschlossenen Kapsel, enthaltend Sarkode, Bläschen, Fetttropfen, Zellen; und auch die außerhalb der Kapsel befindliche Körperschicht enthält eine Lage meist gelblicher Bläschen, zwischen und über denen die Sarkode sich verbreitet, um über die eigentliche Oberfläche ihre veränderlichen Fortsätze aus- zustrecken. Nur wenige Sippen dieser durch ihre Centralkapsel charakterisirten Radiolarien sind ohne Harttheile. Alle übrigen sondern Kieseltheile ab, einige in Form isolirter Nadeln und Sterne, die meisten als ein zusammenhängendes Skelet in concentrischer, strahliger oder kugliger Anordnung. Die Manchfaltigkeit dieser Kieselskelete ist eine wahrhaft überraschende und die Sauberkeit und Zierlichkeit dieser Bildungen übersteigt jede Vorstellung. Wir besitzen ein großes Folio-Werk von Häckel, worin nur diejenigen Radiolarien beschrieben sind, welche der Genannte binnen wenigen Monaten im Hafen und in der Meerenge von Messina sammelte und beobachtete. Ueber ihr Vorkommen an anderen Orten haben wir kaum vereinzelte Angaben. Sie gehören zu der großen Menge zarter durchsichtiger Wesen, welche frei schwimmen und schweben, zu guten Stunden millionenweise sich an der Oberfläche halten, und deren Erscheinen viel von Strömungen und Winden abhängt. Nur einzelne sind als blasse, durchscheinende Körperchen auffallend, die meisten entdeckt man erst, wenn man im Arbeitszimmer den mit dem feinen Netze von der Meeresoberfläche geschöpften Auftrieb sorgfältig untersucht. Die Weichtheile der Thierchen, ins- besondere ihre Sarkodemasse, sind aber so zart und empfindlich, daß das bloße Durchfließen des Wassers durch das Netz sie tödtet.
Auch die Meere der jüngeren Urzeit waren von den Radiolarien bevölkert. Zahlreiche Formen ihrer Gehäuse finden sich neben den Polythalamien in den sicilianischen Kreidemergeln, in größter Masse sind ihre Ueberreste aber in einer über 1000 Fuß mächtigen Ablagerung auf Barbados von Ehrenberg nachgewiesen.
Entweder im unmittelbaren Anhange zu den Wurzelfüßern oder wenigstens nahe bei ihnen findet jetzt gewöhnlich ein Thierchen seinen systematischen Platz, das von vielen leuchtenden Meeresbewohnern für sich allein den speciellen Namen Leucht-
thierchen (Noctiluca) erhalten. Es ist eine Rhizopode, aber eine nach innen gekehrte, das heißt eine solche, wo die veränder- lichen Fortsätze sich im Jnnern des äußerlich glatten, nieren- förmigen Körpers verzweigen. Von einer Einbuchtung des Körpers aus erstreckt sich ein bewegliches geißelförmiges Organ hervor, womit das Wesen rudert. An dieser Stelle ist auch eine Mündung, durch welche die Nahrungsstoffe in das innere ver- änderliche Sarkodenetz aufgenommen werden. Jch habe an einem anderen Orte auf die vollkommene Uebereinstimmung dieses ver- änderlichen Netzes mit dem Ernährungsapparat eines der merk- würdigsten ächten Jnfusorien (Trachelius ovum) hingewiesen. Gleich hinter der Eingangsöffnung findet sich eine größere Anhäufung von Sarkode, von welcher aus sich Fortsätze, welche vielfach
Eozoon. Leuchtthierchen.
ihm ähnliche gleichzeitige Fauna voraus und leitet den Blick auf noch tiefere Formen und noch einfachere Formen hinüber, welche — wir werden noch ein ſolches Weſen kennen lernen — bis in die Gegenwart ſich erhalten haben.
Ehe wir zum Schluſſe unſeres Werkes von dieſen zweifelhaften Geſtalten Notiz nehmen, müſſen wir wenigſtens hinweiſen auf eine zweite große Abtheilung der ächten Wurzelfüßer, welche als Radiolarien (Radiolaria) den Polythalamien und ihrem nächſten Anhang entgegengeſtellt werden. Der innere Weichkörper derſelben beſteht aus einer von einer feſten Haut umſchloſſenen Kapſel, enthaltend Sarkode, Bläschen, Fetttropfen, Zellen; und auch die außerhalb der Kapſel befindliche Körperſchicht enthält eine Lage meiſt gelblicher Bläschen, zwiſchen und über denen die Sarkode ſich verbreitet, um über die eigentliche Oberfläche ihre veränderlichen Fortſätze aus- zuſtrecken. Nur wenige Sippen dieſer durch ihre Centralkapſel charakteriſirten Radiolarien ſind ohne Harttheile. Alle übrigen ſondern Kieſeltheile ab, einige in Form iſolirter Nadeln und Sterne, die meiſten als ein zuſammenhängendes Skelet in concentriſcher, ſtrahliger oder kugliger Anordnung. Die Manchfaltigkeit dieſer Kieſelſkelete iſt eine wahrhaft überraſchende und die Sauberkeit und Zierlichkeit dieſer Bildungen überſteigt jede Vorſtellung. Wir beſitzen ein großes Folio-Werk von Häckel, worin nur diejenigen Radiolarien beſchrieben ſind, welche der Genannte binnen wenigen Monaten im Hafen und in der Meerenge von Meſſina ſammelte und beobachtete. Ueber ihr Vorkommen an anderen Orten haben wir kaum vereinzelte Angaben. Sie gehören zu der großen Menge zarter durchſichtiger Weſen, welche frei ſchwimmen und ſchweben, zu guten Stunden millionenweiſe ſich an der Oberfläche halten, und deren Erſcheinen viel von Strömungen und Winden abhängt. Nur einzelne ſind als blaſſe, durchſcheinende Körperchen auffallend, die meiſten entdeckt man erſt, wenn man im Arbeitszimmer den mit dem feinen Netze von der Meeresoberfläche geſchöpften Auftrieb ſorgfältig unterſucht. Die Weichtheile der Thierchen, ins- beſondere ihre Sarkodemaſſe, ſind aber ſo zart und empfindlich, daß das bloße Durchfließen des Waſſers durch das Netz ſie tödtet.
Auch die Meere der jüngeren Urzeit waren von den Radiolarien bevölkert. Zahlreiche Formen ihrer Gehäuſe finden ſich neben den Polythalamien in den ſicilianiſchen Kreidemergeln, in größter Maſſe ſind ihre Ueberreſte aber in einer über 1000 Fuß mächtigen Ablagerung auf Barbados von Ehrenberg nachgewieſen.
Entweder im unmittelbaren Anhange zu den Wurzelfüßern oder wenigſtens nahe bei ihnen findet jetzt gewöhnlich ein Thierchen ſeinen ſyſtematiſchen Platz, das von vielen leuchtenden Meeresbewohnern für ſich allein den ſpeciellen Namen Leucht-
thierchen (Noctiluca) erhalten. Es iſt eine Rhizopode, aber eine nach innen gekehrte, das heißt eine ſolche, wo die veränder- lichen Fortſätze ſich im Jnnern des äußerlich glatten, nieren- förmigen Körpers verzweigen. Von einer Einbuchtung des Körpers aus erſtreckt ſich ein bewegliches geißelförmiges Organ hervor, womit das Weſen rudert. An dieſer Stelle iſt auch eine Mündung, durch welche die Nahrungsſtoffe in das innere ver- änderliche Sarkodenetz aufgenommen werden. Jch habe an einem anderen Orte auf die vollkommene Uebereinſtimmung dieſes ver- änderlichen Netzes mit dem Ernährungsapparat eines der merk- würdigſten ächten Jnfuſorien (Trachelius ovum) hingewieſen. Gleich hinter der Eingangsöffnung findet ſich eine größere Anhäufung von Sarkode, von welcher aus ſich Fortſätze, welche vielfach
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Eozoon. Leuchtthierchen.
ihm ähnliche gleichzeitige Fauna voraus und leitet den Blick auf noch tiefere Formen und noch
einfachere Formen hinüber, welche — wir werden noch ein ſolches Weſen kennen lernen — bis
in die Gegenwart ſich erhalten haben.
Ehe wir zum Schluſſe unſeres Werkes von dieſen zweifelhaften Geſtalten Notiz nehmen,
müſſen wir wenigſtens hinweiſen auf eine zweite große Abtheilung der ächten Wurzelfüßer, welche
als Radiolarien (Radiolaria) den Polythalamien und ihrem nächſten Anhang entgegengeſtellt
werden. Der innere Weichkörper derſelben beſteht aus einer von einer feſten Haut umſchloſſenen
Kapſel, enthaltend Sarkode, Bläschen, Fetttropfen, Zellen; und auch die außerhalb der Kapſel
befindliche Körperſchicht enthält eine Lage meiſt gelblicher Bläschen, zwiſchen und über denen die
Sarkode ſich verbreitet, um über die eigentliche Oberfläche ihre veränderlichen Fortſätze aus-
zuſtrecken. Nur wenige Sippen dieſer durch ihre Centralkapſel charakteriſirten Radiolarien ſind
ohne Harttheile. Alle übrigen ſondern Kieſeltheile ab, einige in Form iſolirter Nadeln und
Sterne, die meiſten als ein zuſammenhängendes Skelet in concentriſcher, ſtrahliger oder kugliger
Anordnung. Die Manchfaltigkeit dieſer Kieſelſkelete iſt eine wahrhaft überraſchende und die
Sauberkeit und Zierlichkeit dieſer Bildungen überſteigt jede Vorſtellung. Wir beſitzen ein großes
Folio-Werk von Häckel, worin nur diejenigen Radiolarien beſchrieben ſind, welche der Genannte
binnen wenigen Monaten im Hafen und in der Meerenge von Meſſina ſammelte und beobachtete.
Ueber ihr Vorkommen an anderen Orten haben wir kaum vereinzelte Angaben. Sie gehören zu
der großen Menge zarter durchſichtiger Weſen, welche frei ſchwimmen und ſchweben, zu guten
Stunden millionenweiſe ſich an der Oberfläche halten, und deren Erſcheinen viel von Strömungen
und Winden abhängt. Nur einzelne ſind als blaſſe, durchſcheinende Körperchen auffallend, die
meiſten entdeckt man erſt, wenn man im Arbeitszimmer den mit dem feinen Netze von der
Meeresoberfläche geſchöpften Auftrieb ſorgfältig unterſucht. Die Weichtheile der Thierchen, ins-
beſondere ihre Sarkodemaſſe, ſind aber ſo zart und empfindlich, daß das bloße Durchfließen des
Waſſers durch das Netz ſie tödtet.
Auch die Meere der jüngeren Urzeit waren von den Radiolarien bevölkert. Zahlreiche
Formen ihrer Gehäuſe finden ſich neben den Polythalamien in den ſicilianiſchen Kreidemergeln,
in größter Maſſe ſind ihre Ueberreſte aber in einer über 1000 Fuß mächtigen Ablagerung auf
Barbados von Ehrenberg nachgewieſen.
Entweder im unmittelbaren Anhange zu den Wurzelfüßern oder wenigſtens nahe bei ihnen
findet jetzt gewöhnlich ein Thierchen ſeinen ſyſtematiſchen Platz, das von vielen leuchtenden
Meeresbewohnern für ſich allein den ſpeciellen Namen Leucht-
[Abbildung Leuchtthierchen (Noctiluca
miliaris). Vergr. 150.]
thierchen (Noctiluca) erhalten. Es iſt eine Rhizopode, aber
eine nach innen gekehrte, das heißt eine ſolche, wo die veränder-
lichen Fortſätze ſich im Jnnern des äußerlich glatten, nieren-
förmigen Körpers verzweigen. Von einer Einbuchtung des Körpers
aus erſtreckt ſich ein bewegliches geißelförmiges Organ hervor,
womit das Weſen rudert. An dieſer Stelle iſt auch eine
Mündung, durch welche die Nahrungsſtoffe in das innere ver-
änderliche Sarkodenetz aufgenommen werden. Jch habe an einem
anderen Orte auf die vollkommene Uebereinſtimmung dieſes ver-
änderlichen Netzes mit dem Ernährungsapparat eines der merk-
würdigſten ächten Jnfuſorien (Trachelius ovum) hingewieſen. Gleich hinter der Eingangsöffnung
findet ſich eine größere Anhäufung von Sarkode, von welcher aus ſich Fortſätze, welche vielfach
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 1029. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1087>, abgerufen am 24.11.2024.
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