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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Cydippe. Eucharis. Meduse.
vorhanden, deren Wurzeln in eigenen Scheiden stecken. Sie sind zwar reichlich mit Nesselkapfeln
gespickt, wodurch sie zu Fangwerkzeugen geeignet sind; außerdem werden sie aber auch zur
Vermittlung von Bewegungen und zur Steuerung verwendet. Jn anderen Sippen stehen
vom Körper senkrechte ruderartige Hautfalten und von dem erweiterten Munde größere wage-
rechte Platten ab, durch deren Beihülfe die Bewegungen entsprechend energischer und rascher
werden. Die Eucharis-Arten z. B. geben sich durch Zuklappen der Mundschirme Stöße, wodurch
sie 1/2 bis 1 Fuß weit fortgetrieben werden und bei rasch wiederholtem Stoß zu schneller Fort-
bewegung sind die Arme in ihre Taschen eingezogen oder, einem Steuer gleich, nach hinten
ausgestreckt.

Man trifft die Rippenquallen das ganze Jahr hindurch, sie ziehen sich jedoch sowohl bei auf-
geregter See als bei großer Hitze von der Küste und der Wasseroberfläche zurück. Jhre mikro-
skopischen Jugendformen kann man zwar mit vielen anderen Thierchen mit einem feinen Netz
fangen, allein sie sind so zart, daß sie meist beim Durchtrieb durch die Maschen zerstört werden.
Um die Entwicklung der Eier, welche von einigen vorzugsweise im Winter, von anderen Arten
zu allen Jahreszeiten gelegt werden, zu verfolgen, fand Kowalewsky es zweckmäßiger, einzelne
Thiere einen bis zwei Tage in einem geräumigen Gefäße in reinem Wasser zu halten, während
welcher Zeit in der Regel das Eierlegen erfolgte. Die Entwicklung geht bei der Mehrzahl der
wenigen bisher untersuchten Formen ohne auffallende Verwandlung vor sich.

Jhre Stellung und Bedeutung im Haushalte der Natur ist eine untergeordnete. Selbst von
kleinen Krustern lebend, werden sie Schirmquallen und Seeanemonen zur Beute und erfreuen
des Menschen Auge im Leben und nach dem Tode durch ihr Aufleuchten.



Zweite Ordnung.
Schirmquallen (Medusae).

Viel zahlreicher, durch zarte Farben auffälliger sind die größeren charakteristischen Formen
der nach ihrer Gestalt benannten Schirm- oder Scheibenquallen. Jch erinnere mich eines köst-
lichen fast windstillen Tages, wo ich auf einem Kauffahrer in der Nähe der südnorwegischen
Küste an Tausenden und aber Tausenden der gelblichen und gelbröthlichen Cyaneen und Chrysaoren
vorbei trieb. Die westlichen Ostsee-Häfen werden bei anhaltenden nördlichen Winden oft mit
ganzen Bänken der blauen Meduse (Medusa aurita) angefüllt, und wenn ich auch ähnliche
massenhafte Anhäufungen im Mittel- und adriatischen Meere nicht erfahren, so habe ich selten
von Triest eine Ausfahrt gemacht, ohne vielen oder wenigstens einigen der prächtigen Cuvierien
zu begegnen. An schönen Frühlingstagen sieht man sie auch fast regelmäßig unmittelbar am
Strande, wo denn diese und jene der großen lebendigen und röthlich blauen Halbkugeln scheitert
und bald zu einem Nichts sich auflöst. Denn alle Quallen haben ein so wasserreiches Körper-
gewebe, daß, wenn man mäßig große scheibenförmige Eremplare auf Fliespapier legt, sie bis
auf eine ihre Umrisse wiedergebende Zeichnung, einen der natürlichsten Naturselbstdrucke,
verdunsten.

Diese größeren von einem halben Zoll bis über einen halben Fuß im Durchmesser habenden
Medusen sind denn auch die allen Küstenbewohnern sehr bekannten Repräsentanten dieser Coelen-
teraten-Gruppe. Jn ihnen hat sie die höchste Entwicklung erreicht. Den größten Theil des
Körpers bildet der nach oben abgerundete Schirm, dessen Rand gewöhnlich mit 4 bis 8 und mehr
augenartigen, gefärbten Punkten, mit einem guirlandenförmigen Besatz oder einer zusammen-

Cydippe. Eucharis. Meduſe.
vorhanden, deren Wurzeln in eigenen Scheiden ſtecken. Sie ſind zwar reichlich mit Neſſelkapfeln
geſpickt, wodurch ſie zu Fangwerkzeugen geeignet ſind; außerdem werden ſie aber auch zur
Vermittlung von Bewegungen und zur Steuerung verwendet. Jn anderen Sippen ſtehen
vom Körper ſenkrechte ruderartige Hautfalten und von dem erweiterten Munde größere wage-
rechte Platten ab, durch deren Beihülfe die Bewegungen entſprechend energiſcher und raſcher
werden. Die Eucharis-Arten z. B. geben ſich durch Zuklappen der Mundſchirme Stöße, wodurch
ſie ½ bis 1 Fuß weit fortgetrieben werden und bei raſch wiederholtem Stoß zu ſchneller Fort-
bewegung ſind die Arme in ihre Taſchen eingezogen oder, einem Steuer gleich, nach hinten
ausgeſtreckt.

Man trifft die Rippenquallen das ganze Jahr hindurch, ſie ziehen ſich jedoch ſowohl bei auf-
geregter See als bei großer Hitze von der Küſte und der Waſſeroberfläche zurück. Jhre mikro-
ſkopiſchen Jugendformen kann man zwar mit vielen anderen Thierchen mit einem feinen Netz
fangen, allein ſie ſind ſo zart, daß ſie meiſt beim Durchtrieb durch die Maſchen zerſtört werden.
Um die Entwicklung der Eier, welche von einigen vorzugsweiſe im Winter, von anderen Arten
zu allen Jahreszeiten gelegt werden, zu verfolgen, fand Kowalewsky es zweckmäßiger, einzelne
Thiere einen bis zwei Tage in einem geräumigen Gefäße in reinem Waſſer zu halten, während
welcher Zeit in der Regel das Eierlegen erfolgte. Die Entwicklung geht bei der Mehrzahl der
wenigen bisher unterſuchten Formen ohne auffallende Verwandlung vor ſich.

Jhre Stellung und Bedeutung im Haushalte der Natur iſt eine untergeordnete. Selbſt von
kleinen Kruſtern lebend, werden ſie Schirmquallen und Seeanemonen zur Beute und erfreuen
des Menſchen Auge im Leben und nach dem Tode durch ihr Aufleuchten.



Zweite Ordnung.
Schirmquallen (Medusae).

Viel zahlreicher, durch zarte Farben auffälliger ſind die größeren charakteriſtiſchen Formen
der nach ihrer Geſtalt benannten Schirm- oder Scheibenquallen. Jch erinnere mich eines köſt-
lichen faſt windſtillen Tages, wo ich auf einem Kauffahrer in der Nähe der ſüdnorwegiſchen
Küſte an Tauſenden und aber Tauſenden der gelblichen und gelbröthlichen Cyaneen und Chryſaoren
vorbei trieb. Die weſtlichen Oſtſee-Häfen werden bei anhaltenden nördlichen Winden oft mit
ganzen Bänken der blauen Meduſe (Medusa aurita) angefüllt, und wenn ich auch ähnliche
maſſenhafte Anhäufungen im Mittel- und adriatiſchen Meere nicht erfahren, ſo habe ich ſelten
von Trieſt eine Ausfahrt gemacht, ohne vielen oder wenigſtens einigen der prächtigen Cuvierien
zu begegnen. An ſchönen Frühlingstagen ſieht man ſie auch faſt regelmäßig unmittelbar am
Strande, wo denn dieſe und jene der großen lebendigen und röthlich blauen Halbkugeln ſcheitert
und bald zu einem Nichts ſich auflöſt. Denn alle Quallen haben ein ſo waſſerreiches Körper-
gewebe, daß, wenn man mäßig große ſcheibenförmige Eremplare auf Fliespapier legt, ſie bis
auf eine ihre Umriſſe wiedergebende Zeichnung, einen der natürlichſten Naturſelbſtdrucke,
verdunſten.

Dieſe größeren von einem halben Zoll bis über einen halben Fuß im Durchmeſſer habenden
Meduſen ſind denn auch die allen Küſtenbewohnern ſehr bekannten Repräſentanten dieſer Coelen-
teraten-Gruppe. Jn ihnen hat ſie die höchſte Entwicklung erreicht. Den größten Theil des
Körpers bildet der nach oben abgerundete Schirm, deſſen Rand gewöhnlich mit 4 bis 8 und mehr
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[991/1041] Cydippe. Eucharis. Meduſe. vorhanden, deren Wurzeln in eigenen Scheiden ſtecken. Sie ſind zwar reichlich mit Neſſelkapfeln geſpickt, wodurch ſie zu Fangwerkzeugen geeignet ſind; außerdem werden ſie aber auch zur Vermittlung von Bewegungen und zur Steuerung verwendet. Jn anderen Sippen ſtehen vom Körper ſenkrechte ruderartige Hautfalten und von dem erweiterten Munde größere wage- rechte Platten ab, durch deren Beihülfe die Bewegungen entſprechend energiſcher und raſcher werden. Die Eucharis-Arten z. B. geben ſich durch Zuklappen der Mundſchirme Stöße, wodurch ſie ½ bis 1 Fuß weit fortgetrieben werden und bei raſch wiederholtem Stoß zu ſchneller Fort- bewegung ſind die Arme in ihre Taſchen eingezogen oder, einem Steuer gleich, nach hinten ausgeſtreckt. Man trifft die Rippenquallen das ganze Jahr hindurch, ſie ziehen ſich jedoch ſowohl bei auf- geregter See als bei großer Hitze von der Küſte und der Waſſeroberfläche zurück. Jhre mikro- ſkopiſchen Jugendformen kann man zwar mit vielen anderen Thierchen mit einem feinen Netz fangen, allein ſie ſind ſo zart, daß ſie meiſt beim Durchtrieb durch die Maſchen zerſtört werden. Um die Entwicklung der Eier, welche von einigen vorzugsweiſe im Winter, von anderen Arten zu allen Jahreszeiten gelegt werden, zu verfolgen, fand Kowalewsky es zweckmäßiger, einzelne Thiere einen bis zwei Tage in einem geräumigen Gefäße in reinem Waſſer zu halten, während welcher Zeit in der Regel das Eierlegen erfolgte. Die Entwicklung geht bei der Mehrzahl der wenigen bisher unterſuchten Formen ohne auffallende Verwandlung vor ſich. Jhre Stellung und Bedeutung im Haushalte der Natur iſt eine untergeordnete. Selbſt von kleinen Kruſtern lebend, werden ſie Schirmquallen und Seeanemonen zur Beute und erfreuen des Menſchen Auge im Leben und nach dem Tode durch ihr Aufleuchten. Zweite Ordnung. Schirmquallen (Medusae). Viel zahlreicher, durch zarte Farben auffälliger ſind die größeren charakteriſtiſchen Formen der nach ihrer Geſtalt benannten Schirm- oder Scheibenquallen. Jch erinnere mich eines köſt- lichen faſt windſtillen Tages, wo ich auf einem Kauffahrer in der Nähe der ſüdnorwegiſchen Küſte an Tauſenden und aber Tauſenden der gelblichen und gelbröthlichen Cyaneen und Chryſaoren vorbei trieb. Die weſtlichen Oſtſee-Häfen werden bei anhaltenden nördlichen Winden oft mit ganzen Bänken der blauen Meduſe (Medusa aurita) angefüllt, und wenn ich auch ähnliche maſſenhafte Anhäufungen im Mittel- und adriatiſchen Meere nicht erfahren, ſo habe ich ſelten von Trieſt eine Ausfahrt gemacht, ohne vielen oder wenigſtens einigen der prächtigen Cuvierien zu begegnen. An ſchönen Frühlingstagen ſieht man ſie auch faſt regelmäßig unmittelbar am Strande, wo denn dieſe und jene der großen lebendigen und röthlich blauen Halbkugeln ſcheitert und bald zu einem Nichts ſich auflöſt. Denn alle Quallen haben ein ſo waſſerreiches Körper- gewebe, daß, wenn man mäßig große ſcheibenförmige Eremplare auf Fliespapier legt, ſie bis auf eine ihre Umriſſe wiedergebende Zeichnung, einen der natürlichſten Naturſelbſtdrucke, verdunſten. Dieſe größeren von einem halben Zoll bis über einen halben Fuß im Durchmeſſer habenden Meduſen ſind denn auch die allen Küſtenbewohnern ſehr bekannten Repräſentanten dieſer Coelen- teraten-Gruppe. Jn ihnen hat ſie die höchſte Entwicklung erreicht. Den größten Theil des Körpers bildet der nach oben abgerundete Schirm, deſſen Rand gewöhnlich mit 4 bis 8 und mehr augenartigen, gefärbten Punkten, mit einem guirlandenförmigen Beſatz oder einer zuſammen-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 991. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1041>, abgerufen am 23.11.2024.