Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
Seelamprete.

Die Ordnung zerfällt in zwei Familien, unter denen man den Lampreten (Hyperoartii)
die erste Stelle anweist. Bei ihnen ist der Leib noch mit senkrechten, von vielen knorpeligen
Strahlen gestützten Flossen besetzt, die Nasengrube ein blinder, den häutigen Gaumen nicht durch-
bohrender Schlauch, das Athmungswerkzeug in sieben Kiemenspalten jederseits getheilt, der Mund
kreisförmig.

Für die Neunaugen (Petromyzon), die wichtigste Sippe der Familie, gelten folgende Merk-
male: Es sind zwei Rückenflossen vorhanden, von denen die zweite unmittelbar an die Schwanzflosse
sich anschließt; der Saugmund ist rund, das Jnnere der Mundscheibe mit verschiedenen hornigen
Zacken belegt, der gerade Darm mit einer Spiralplatte versehen. Die Zähne bestehen aus weichen
Wülsten von verschiedener Gestalt, auf welchen mehrere Schleimhautschichten aufliegen; von diesen ist

[Abbildung] Die Seelamprete (Petromyzon marinus). Nat. Größe 2 bis 3 Fuß.
die äußerste, gelbbraungefärbte Schicht die härteste und stellt eine hornige Scheide dar, welche leicht
abfällt, aber durch die darunter versteckte Schleimhautschicht in kurzer Zeit wieder ersetzt wird. Die
Haut ist glatt und schlüpferig, ohne Schuppen. Die Augen haben eine mäßige Größe und werden
nur von einer dünnen, durchsichtigen Schicht der allgemeinen Hautbedeckung überzogen. Alle sieben
Kiemenlöcher stehen weit aus einander, ohne durch eine Längsfurche verbunden zu sein, die ihnen
angehörenden Kiemenhöhlen werden von einem sehr zusammengesetzten und beweglichen Knorpel-
gerüst umgeben, dessen Bewegungen den behufs der Athmung nöthigen Wasserwechsel vermitteln.
Beim Athmen dringt das Wasser durch den Mund in die Kiemenhöhle und geht durch dieselbe nach
außen. Die Bewegungen gedachter Knorpel, in Folge deren die Athmung erfolgt, sind sehr lebhaft
und von außen wahrnehmbar, namentlich wenn sich die Lamprete mit ihrem Saugmunde fest
angesogen hat. Eine Schwimmblase fehlt. Die Geschlechtswerkzeuge sind nicht doppelt, sondern
vierfach und münden in die Leibeshöhle, aus welcher die Zeugungsstoffe durch einen hinter dem After
stehenden Ausführungsgang nach Außen gelangen.

Seelamprete.

Die Ordnung zerfällt in zwei Familien, unter denen man den Lampreten (Hyperoartii)
die erſte Stelle anweiſt. Bei ihnen iſt der Leib noch mit ſenkrechten, von vielen knorpeligen
Strahlen geſtützten Floſſen beſetzt, die Naſengrube ein blinder, den häutigen Gaumen nicht durch-
bohrender Schlauch, das Athmungswerkzeug in ſieben Kiemenſpalten jederſeits getheilt, der Mund
kreisförmig.

Für die Neunaugen (Petromyzon), die wichtigſte Sippe der Familie, gelten folgende Merk-
male: Es ſind zwei Rückenfloſſen vorhanden, von denen die zweite unmittelbar an die Schwanzfloſſe
ſich anſchließt; der Saugmund iſt rund, das Jnnere der Mundſcheibe mit verſchiedenen hornigen
Zacken belegt, der gerade Darm mit einer Spiralplatte verſehen. Die Zähne beſtehen aus weichen
Wülſten von verſchiedener Geſtalt, auf welchen mehrere Schleimhautſchichten aufliegen; von dieſen iſt

[Abbildung] Die Seelamprete (Petromyzon marinus). Nat. Größe 2 bis 3 Fuß.
die äußerſte, gelbbraungefärbte Schicht die härteſte und ſtellt eine hornige Scheide dar, welche leicht
abfällt, aber durch die darunter verſteckte Schleimhautſchicht in kurzer Zeit wieder erſetzt wird. Die
Haut iſt glatt und ſchlüpferig, ohne Schuppen. Die Augen haben eine mäßige Größe und werden
nur von einer dünnen, durchſichtigen Schicht der allgemeinen Hautbedeckung überzogen. Alle ſieben
Kiemenlöcher ſtehen weit aus einander, ohne durch eine Längsfurche verbunden zu ſein, die ihnen
angehörenden Kiemenhöhlen werden von einem ſehr zuſammengeſetzten und beweglichen Knorpel-
gerüſt umgeben, deſſen Bewegungen den behufs der Athmung nöthigen Waſſerwechſel vermitteln.
Beim Athmen dringt das Waſſer durch den Mund in die Kiemenhöhle und geht durch dieſelbe nach
außen. Die Bewegungen gedachter Knorpel, in Folge deren die Athmung erfolgt, ſind ſehr lebhaft
und von außen wahrnehmbar, namentlich wenn ſich die Lamprete mit ihrem Saugmunde feſt
angeſogen hat. Eine Schwimmblaſe fehlt. Die Geſchlechtswerkzeuge ſind nicht doppelt, ſondern
vierfach und münden in die Leibeshöhle, aus welcher die Zeugungsſtoffe durch einen hinter dem After
ſtehenden Ausführungsgang nach Außen gelangen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0851" n="805"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Seelamprete.</hi> </fw><lb/>
          <p>Die Ordnung zerfällt in zwei Familien, unter denen man den <hi rendition="#g">Lampreten</hi> <hi rendition="#aq">(Hyperoartii)</hi><lb/>
die er&#x017F;te Stelle anwei&#x017F;t. Bei ihnen i&#x017F;t der Leib noch mit &#x017F;enkrechten, von vielen knorpeligen<lb/>
Strahlen ge&#x017F;tützten Flo&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;etzt, die Na&#x017F;engrube ein blinder, den häutigen Gaumen nicht durch-<lb/>
bohrender Schlauch, das Athmungswerkzeug in &#x017F;ieben Kiemen&#x017F;palten jeder&#x017F;eits getheilt, der Mund<lb/>
kreisförmig.</p><lb/>
          <p>Für die <hi rendition="#g">Neunaugen</hi> <hi rendition="#aq">(Petromyzon)</hi>, die wichtig&#x017F;te Sippe der Familie, gelten folgende Merk-<lb/>
male: Es &#x017F;ind zwei Rückenflo&#x017F;&#x017F;en vorhanden, von denen die zweite unmittelbar an die Schwanzflo&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ich an&#x017F;chließt; der Saugmund i&#x017F;t rund, das Jnnere der Mund&#x017F;cheibe mit ver&#x017F;chiedenen hornigen<lb/>
Zacken belegt, der gerade Darm mit einer Spiralplatte ver&#x017F;ehen. Die Zähne be&#x017F;tehen aus weichen<lb/>
Wül&#x017F;ten von ver&#x017F;chiedener Ge&#x017F;talt, auf welchen mehrere Schleimhaut&#x017F;chichten aufliegen; von die&#x017F;en i&#x017F;t<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Die Seelamprete</hi><hi rendition="#aq">(Petromyzon marinus).</hi> Nat. Größe 2 bis 3 Fuß.</hi></head></figure><lb/>
die äußer&#x017F;te, gelbbraungefärbte Schicht die härte&#x017F;te und &#x017F;tellt eine hornige Scheide dar, welche leicht<lb/>
abfällt, aber durch die darunter ver&#x017F;teckte Schleimhaut&#x017F;chicht in kurzer Zeit wieder er&#x017F;etzt wird. Die<lb/>
Haut i&#x017F;t glatt und &#x017F;chlüpferig, ohne Schuppen. Die Augen haben eine mäßige Größe und werden<lb/>
nur von einer dünnen, durch&#x017F;ichtigen Schicht der allgemeinen Hautbedeckung überzogen. Alle &#x017F;ieben<lb/>
Kiemenlöcher &#x017F;tehen weit aus einander, ohne durch eine Längsfurche verbunden zu &#x017F;ein, die ihnen<lb/>
angehörenden Kiemenhöhlen werden von einem &#x017F;ehr zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten und beweglichen Knorpel-<lb/>
gerü&#x017F;t umgeben, de&#x017F;&#x017F;en Bewegungen den behufs der Athmung nöthigen Wa&#x017F;&#x017F;erwech&#x017F;el vermitteln.<lb/>
Beim Athmen dringt das Wa&#x017F;&#x017F;er durch den Mund in die Kiemenhöhle und geht durch die&#x017F;elbe nach<lb/>
außen. Die Bewegungen gedachter Knorpel, in Folge deren die Athmung erfolgt, &#x017F;ind &#x017F;ehr lebhaft<lb/>
und von außen wahrnehmbar, namentlich wenn &#x017F;ich die Lamprete mit ihrem Saugmunde fe&#x017F;t<lb/>
ange&#x017F;ogen hat. Eine Schwimmbla&#x017F;e fehlt. Die Ge&#x017F;chlechtswerkzeuge &#x017F;ind nicht doppelt, &#x017F;ondern<lb/>
vierfach und münden in die Leibeshöhle, aus welcher die Zeugungs&#x017F;toffe durch einen hinter dem After<lb/>
&#x017F;tehenden Ausführungsgang nach Außen gelangen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[805/0851] Seelamprete. Die Ordnung zerfällt in zwei Familien, unter denen man den Lampreten (Hyperoartii) die erſte Stelle anweiſt. Bei ihnen iſt der Leib noch mit ſenkrechten, von vielen knorpeligen Strahlen geſtützten Floſſen beſetzt, die Naſengrube ein blinder, den häutigen Gaumen nicht durch- bohrender Schlauch, das Athmungswerkzeug in ſieben Kiemenſpalten jederſeits getheilt, der Mund kreisförmig. Für die Neunaugen (Petromyzon), die wichtigſte Sippe der Familie, gelten folgende Merk- male: Es ſind zwei Rückenfloſſen vorhanden, von denen die zweite unmittelbar an die Schwanzfloſſe ſich anſchließt; der Saugmund iſt rund, das Jnnere der Mundſcheibe mit verſchiedenen hornigen Zacken belegt, der gerade Darm mit einer Spiralplatte verſehen. Die Zähne beſtehen aus weichen Wülſten von verſchiedener Geſtalt, auf welchen mehrere Schleimhautſchichten aufliegen; von dieſen iſt [Abbildung Die Seelamprete (Petromyzon marinus). Nat. Größe 2 bis 3 Fuß.] die äußerſte, gelbbraungefärbte Schicht die härteſte und ſtellt eine hornige Scheide dar, welche leicht abfällt, aber durch die darunter verſteckte Schleimhautſchicht in kurzer Zeit wieder erſetzt wird. Die Haut iſt glatt und ſchlüpferig, ohne Schuppen. Die Augen haben eine mäßige Größe und werden nur von einer dünnen, durchſichtigen Schicht der allgemeinen Hautbedeckung überzogen. Alle ſieben Kiemenlöcher ſtehen weit aus einander, ohne durch eine Längsfurche verbunden zu ſein, die ihnen angehörenden Kiemenhöhlen werden von einem ſehr zuſammengeſetzten und beweglichen Knorpel- gerüſt umgeben, deſſen Bewegungen den behufs der Athmung nöthigen Waſſerwechſel vermitteln. Beim Athmen dringt das Waſſer durch den Mund in die Kiemenhöhle und geht durch dieſelbe nach außen. Die Bewegungen gedachter Knorpel, in Folge deren die Athmung erfolgt, ſind ſehr lebhaft und von außen wahrnehmbar, namentlich wenn ſich die Lamprete mit ihrem Saugmunde feſt angeſogen hat. Eine Schwimmblaſe fehlt. Die Geſchlechtswerkzeuge ſind nicht doppelt, ſondern vierfach und münden in die Leibeshöhle, aus welcher die Zeugungsſtoffe durch einen hinter dem After ſtehenden Ausführungsgang nach Außen gelangen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/851
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 805. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/851>, abgerufen am 20.12.2024.