Ueber die Art und Weise der Bewegung hat man erst neuerdings an gefangenen Seepferdchen Beobachtungen anstellen können. Lukis in Gernsey hielt einige dieser Fischchen in einem Glas- becken einige Tage und berichtet über sie an Yarrell ungefähr Folgendes: "Der Anschein des Suchens nach einem Sitz- oder Versteckplatze brachte mich darauf, ihnen Seegras und Stroh in ihr Gefäß zu geben. Jch hatte das Rechte getroffen; denn nunmehr konnte ich die Eigenheiten der merk- würdigen Thierchen beobachten. Kein Bewohner der Tiefe kann in der Gefangenschaft mehr Kurz- weil treiben und mehr Verstand zeigen als sie. Beim Schwimmen halten sie sich in senkrechter Lage, den Greifschwanz zu der ihm eigenen Thätigkeit bereit; rasch wickeln sie sich mit ihm um das Seegras, und wenn Dies geschehen, beobachten sie sorgfältig das Wasser umher, auf Beute spähend, stürzen sich auch, wenn sie solche bemerken, mit großer Fertigkeit nach ihr. Nähern sich zwei einander, so umwickeln sie sich oft gegenseitig mit den Schwänzen und ziehen und zerren, um wieder loszukommen;
[Abbildung]
Der Fetzenfisch(Phyllopteryx eques). Nat. Größe.
dabei heften sie sich meist mit ihrem Kinn an das Seegras, um sich besseren Halt zu gewähren. Jhre Augen bewegen sich, wie beim Chamäleon, unabhängig von einander, und Dieses in Verbindung mit dem prachtvollen Farbenwechsel zieht den Beschauer mächtig an".
"Das Fleisch der Thieren", fährt Geßner fort, "kompt nit in die Speiß, bey keiner Nation, dann sein brauch soll vergifft sein, schädliche Krankheiten bewegen." Nicht unmöglich ist, daß die Alten hierüber Erfahrungen gesammelt und die Wahrheit gesagt haben; denn auch bei den Seepferdchen kann die Nahrung recht wohl ihren Einfluß auf das Fleisch äußern. Zum Nutzen der Homöopathen und ähnlicher Heilkünstler, welche ihren reichen Vorrath an Wundermitteln noch zu vermehren wünschen, theile ich mit, daß, laut Geßner, "diese Thier angehenckt, sollen bewegen zu venkeuschheit. Jtem gedörrt, gepülvert, vnd eingenommen, soll wunderbarlich helffen, denen so von wütenden Hunden gebissen sind. Dieses Thier zu äschen gebrandt, mit altem Schmeer vnd Saleuter, oder mit starckem Essig aufgeschmiert, erfüllt die Kaalköpff, oder abgeflossen Haar. Das Pulver der gedörrten Meer- pferd genossen, miltert das Seitenwehe oder den stich, vnd in die Speiß genommen, hilfft denen so den Harn nit verhalten mögen."
Seepferdchen.
Ueber die Art und Weiſe der Bewegung hat man erſt neuerdings an gefangenen Seepferdchen Beobachtungen anſtellen können. Lukis in Gernſey hielt einige dieſer Fiſchchen in einem Glas- becken einige Tage und berichtet über ſie an Yarrell ungefähr Folgendes: „Der Anſchein des Suchens nach einem Sitz- oder Verſteckplatze brachte mich darauf, ihnen Seegras und Stroh in ihr Gefäß zu geben. Jch hatte das Rechte getroffen; denn nunmehr konnte ich die Eigenheiten der merk- würdigen Thierchen beobachten. Kein Bewohner der Tiefe kann in der Gefangenſchaft mehr Kurz- weil treiben und mehr Verſtand zeigen als ſie. Beim Schwimmen halten ſie ſich in ſenkrechter Lage, den Greifſchwanz zu der ihm eigenen Thätigkeit bereit; raſch wickeln ſie ſich mit ihm um das Seegras, und wenn Dies geſchehen, beobachten ſie ſorgfältig das Waſſer umher, auf Beute ſpähend, ſtürzen ſich auch, wenn ſie ſolche bemerken, mit großer Fertigkeit nach ihr. Nähern ſich zwei einander, ſo umwickeln ſie ſich oft gegenſeitig mit den Schwänzen und ziehen und zerren, um wieder loszukommen;
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Der Fetzenfiſch(Phyllopteryx eques). Nat. Größe.
dabei heften ſie ſich meiſt mit ihrem Kinn an das Seegras, um ſich beſſeren Halt zu gewähren. Jhre Augen bewegen ſich, wie beim Chamäleon, unabhängig von einander, und Dieſes in Verbindung mit dem prachtvollen Farbenwechſel zieht den Beſchauer mächtig an“.
„Das Fleiſch der Thieren“, fährt Geßner fort, „kompt nit in die Speiß, bey keiner Nation, dann ſein brauch ſoll vergifft ſein, ſchädliche Krankheiten bewegen.“ Nicht unmöglich iſt, daß die Alten hierüber Erfahrungen geſammelt und die Wahrheit geſagt haben; denn auch bei den Seepferdchen kann die Nahrung recht wohl ihren Einfluß auf das Fleiſch äußern. Zum Nutzen der Homöopathen und ähnlicher Heilkünſtler, welche ihren reichen Vorrath an Wundermitteln noch zu vermehren wünſchen, theile ich mit, daß, laut Geßner, „dieſe Thier angehenckt, ſollen bewegen zu venkeuſchheit. Jtem gedörrt, gepülvert, vnd eingenommen, ſoll wunderbarlich helffen, denen ſo von wütenden Hunden gebiſſen ſind. Dieſes Thier zu äſchen gebrandt, mit altem Schmeer vnd Saleuter, oder mit ſtarckem Eſſig aufgeſchmiert, erfüllt die Kaalköpff, oder abgefloſſen Haar. Das Pulver der gedörrten Meer- pferd genoſſen, miltert das Seitenwehe oder den ſtich, vnd in die Speiß genommen, hilfft denen ſo den Harn nit verhalten mögen.“
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Seepferdchen.
Ueber die Art und Weiſe der Bewegung hat man erſt neuerdings an gefangenen Seepferdchen
Beobachtungen anſtellen können. Lukis in Gernſey hielt einige dieſer Fiſchchen in einem Glas-
becken einige Tage und berichtet über ſie an Yarrell ungefähr Folgendes: „Der Anſchein des
Suchens nach einem Sitz- oder Verſteckplatze brachte mich darauf, ihnen Seegras und Stroh in ihr
Gefäß zu geben. Jch hatte das Rechte getroffen; denn nunmehr konnte ich die Eigenheiten der merk-
würdigen Thierchen beobachten. Kein Bewohner der Tiefe kann in der Gefangenſchaft mehr Kurz-
weil treiben und mehr Verſtand zeigen als ſie. Beim Schwimmen halten ſie ſich in ſenkrechter Lage,
den Greifſchwanz zu der ihm eigenen Thätigkeit bereit; raſch wickeln ſie ſich mit ihm um das Seegras,
und wenn Dies geſchehen, beobachten ſie ſorgfältig das Waſſer umher, auf Beute ſpähend, ſtürzen
ſich auch, wenn ſie ſolche bemerken, mit großer Fertigkeit nach ihr. Nähern ſich zwei einander, ſo
umwickeln ſie ſich oft gegenſeitig mit den Schwänzen und ziehen und zerren, um wieder loszukommen;
[Abbildung Der Fetzenfiſch (Phyllopteryx eques). Nat. Größe.]
dabei heften ſie ſich meiſt mit ihrem Kinn an das Seegras, um ſich beſſeren Halt zu gewähren. Jhre
Augen bewegen ſich, wie beim Chamäleon, unabhängig von einander, und Dieſes in Verbindung
mit dem prachtvollen Farbenwechſel zieht den Beſchauer mächtig an“.
„Das Fleiſch der Thieren“, fährt Geßner fort, „kompt nit in die Speiß, bey keiner Nation,
dann ſein brauch ſoll vergifft ſein, ſchädliche Krankheiten bewegen.“ Nicht unmöglich iſt, daß die
Alten hierüber Erfahrungen geſammelt und die Wahrheit geſagt haben; denn auch bei den Seepferdchen
kann die Nahrung recht wohl ihren Einfluß auf das Fleiſch äußern. Zum Nutzen der Homöopathen
und ähnlicher Heilkünſtler, welche ihren reichen Vorrath an Wundermitteln noch zu vermehren wünſchen,
theile ich mit, daß, laut Geßner, „dieſe Thier angehenckt, ſollen bewegen zu venkeuſchheit. Jtem
gedörrt, gepülvert, vnd eingenommen, ſoll wunderbarlich helffen, denen ſo von wütenden Hunden
gebiſſen ſind. Dieſes Thier zu äſchen gebrandt, mit altem Schmeer vnd Saleuter, oder mit ſtarckem
Eſſig aufgeſchmiert, erfüllt die Kaalköpff, oder abgefloſſen Haar. Das Pulver der gedörrten Meer-
pferd genoſſen, miltert das Seitenwehe oder den ſtich, vnd in die Speiß genommen, hilfft denen ſo
den Harn nit verhalten mögen.“
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 761. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/803>, abgerufen am 20.12.2024.
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