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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Häsling. Elrize.

Die Sippe wird vertreten durch eine allerwärts verbreitete, vielnamige Art. "Zu mercken
ist, daß die Bambelen mit mancherley Namen genennt werden nach art vnd brauch frembder
Nationen. Dann vmb Straßburg werden sie Milling, Mülling, Orlen, Erling, Hägener
vnd die aller kleinsten Vrechling genandt; die in Meissen vnd Sachsen nennen solche Elderitz,
Elritz, Eldrich:
Jtem Pfal, Ofrylls in Beyern; Butt, Bott, Baut, Bitzbaut, werden
die glatten Bambelen genandt." Fügen wir diesen, schon unserm Geßner bekannten Vezeichnungen
noch Pfell, Haber- oder Haberl-, Hunderttausend- und Sonnenfischl, Zankerl,
Grümpel, Riedling, Piere
oder Maipiere, Pierling, Spirling, Elring, Wettling,
Mutterlose
hinzu, so haben wir wenigstens die deutschen Namen unserer Elrize (Phoxinus laevis)
aufgeführt. Ein derartiger Namenreichthum ist stets ein Beweis für die Volksthümlichkeit oder, was
Dasselbe sagen will, genaue Bekanntschaft und allgemeine Verbreitung eines Thieres. Die Elrize
verdient diese Volksthümlichkeit; denn sie ist wirklich einer unserer ausgezeichnetsten und anziehendsten

[Abbildung] Die Elrize (Phoxinus laovis). Nat. Größe 31/2 bis 5 Zoll.
Fische. Jhre Färbung wechselt außerordentlich. Der Grundton des Rückens erscheint bald ölgrün,
bald schmutziggrau und wird durch kleine, dunkle Flecken mehr oder weniger getrübt, zuweilen,
wenn die Flecken sehr dicht zusammengetreten, förmlich gezeichnet, sodaß sich längs der Mittellinie des
Rückens ein schwarzer, vom Rücken bis zur Schwanzflosse verlaufender, manchmal aus einer Längs-
reihe von Flecken bestehender Streifen bemerklich macht; die grüngelben Seiten haben stark metallischen
Glanz; der Mund ist an den Winkeln karminroth, die Kehle schwarz, die Brust scharlachroth; außer-
dem bemerkt man einen goldglänzenden Längsstreif, welcher hinter den Augen beginnt, zu beiden
Seiten des Rückens verläuft und sich bis zur Schwanzwurzel erstreckt; die Flossen haben eine blaß-
gelbe Grundfärbung, welche jedoch auf Rücken-, After- und Schwanzflosse durch dunkle Farbstoff-
anhäufung verdüstert wird und auf den paarigen Flossen und ausnahmsweise auch auf der Afterflosse
in glänzendes Purpurroth übergehen kann. Nach Siebold ist diese Farbenpracht nicht von der
Laichzeit abhängig, sondern kommt mitten im Winter bei männlichen wie bei weiblichen Stücken zum
Vorschein, während sich gegen die Laichzeit hin bei beiden Geschlechtern ein Hautausschlag in Gestalt
von spitzen Höckern auf der Oberfläche des Scheitels ausbreitet, und sämmtliche Schuppen an ihrem

Brehm, Thierleben. V. 43
Häsling. Elrize.

Die Sippe wird vertreten durch eine allerwärts verbreitete, vielnamige Art. „Zu mercken
iſt, daß die Bambelen mit mancherley Namen genennt werden nach art vnd brauch frembder
Nationen. Dann vmb Straßburg werden ſie Milling, Mülling, Orlen, Erling, Hägener
vnd die aller kleinſten Vrechling genandt; die in Meiſſen vnd Sachſen nennen ſolche Elderitz,
Elritz, Eldrich:
Jtem Pfal, Ofrylls in Beyern; Butt, Bott, Baut, Bitzbaut, werden
die glatten Bambelen genandt.“ Fügen wir dieſen, ſchon unſerm Geßner bekannten Vezeichnungen
noch Pfell, Haber- oder Haberl-, Hunderttauſend- und Sonnenfiſchl, Zankerl,
Grümpel, Riedling, Piere
oder Maipiere, Pierling, Spirling, Elring, Wettling,
Mutterloſe
hinzu, ſo haben wir wenigſtens die deutſchen Namen unſerer Elrize (Phoxinus laevis)
aufgeführt. Ein derartiger Namenreichthum iſt ſtets ein Beweis für die Volksthümlichkeit oder, was
Daſſelbe ſagen will, genaue Bekanntſchaft und allgemeine Verbreitung eines Thieres. Die Elrize
verdient dieſe Volksthümlichkeit; denn ſie iſt wirklich einer unſerer ausgezeichnetſten und anziehendſten

[Abbildung] Die Elrize (Phoxinus laovis). Nat. Größe 3½ bis 5 Zoll.
Fiſche. Jhre Färbung wechſelt außerordentlich. Der Grundton des Rückens erſcheint bald ölgrün,
bald ſchmutziggrau und wird durch kleine, dunkle Flecken mehr oder weniger getrübt, zuweilen,
wenn die Flecken ſehr dicht zuſammengetreten, förmlich gezeichnet, ſodaß ſich längs der Mittellinie des
Rückens ein ſchwarzer, vom Rücken bis zur Schwanzfloſſe verlaufender, manchmal aus einer Längs-
reihe von Flecken beſtehender Streifen bemerklich macht; die grüngelben Seiten haben ſtark metalliſchen
Glanz; der Mund iſt an den Winkeln karminroth, die Kehle ſchwarz, die Bruſt ſcharlachroth; außer-
dem bemerkt man einen goldglänzenden Längsſtreif, welcher hinter den Augen beginnt, zu beiden
Seiten des Rückens verläuft und ſich bis zur Schwanzwurzel erſtreckt; die Floſſen haben eine blaß-
gelbe Grundfärbung, welche jedoch auf Rücken-, After- und Schwanzfloſſe durch dunkle Farbſtoff-
anhäufung verdüſtert wird und auf den paarigen Floſſen und ausnahmsweiſe auch auf der Afterfloſſe
in glänzendes Purpurroth übergehen kann. Nach Siebold iſt dieſe Farbenpracht nicht von der
Laichzeit abhängig, ſondern kommt mitten im Winter bei männlichen wie bei weiblichen Stücken zum
Vorſchein, während ſich gegen die Laichzeit hin bei beiden Geſchlechtern ein Hautausſchlag in Geſtalt
von ſpitzen Höckern auf der Oberfläche des Scheitels ausbreitet, und ſämmtliche Schuppen an ihrem

Brehm, Thierleben. V. 43
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[673/0711] Häsling. Elrize. Die Sippe wird vertreten durch eine allerwärts verbreitete, vielnamige Art. „Zu mercken iſt, daß die Bambelen mit mancherley Namen genennt werden nach art vnd brauch frembder Nationen. Dann vmb Straßburg werden ſie Milling, Mülling, Orlen, Erling, Hägener vnd die aller kleinſten Vrechling genandt; die in Meiſſen vnd Sachſen nennen ſolche Elderitz, Elritz, Eldrich: Jtem Pfal, Ofrylls in Beyern; Butt, Bott, Baut, Bitzbaut, werden die glatten Bambelen genandt.“ Fügen wir dieſen, ſchon unſerm Geßner bekannten Vezeichnungen noch Pfell, Haber- oder Haberl-, Hunderttauſend- und Sonnenfiſchl, Zankerl, Grümpel, Riedling, Piere oder Maipiere, Pierling, Spirling, Elring, Wettling, Mutterloſe hinzu, ſo haben wir wenigſtens die deutſchen Namen unſerer Elrize (Phoxinus laevis) aufgeführt. Ein derartiger Namenreichthum iſt ſtets ein Beweis für die Volksthümlichkeit oder, was Daſſelbe ſagen will, genaue Bekanntſchaft und allgemeine Verbreitung eines Thieres. Die Elrize verdient dieſe Volksthümlichkeit; denn ſie iſt wirklich einer unſerer ausgezeichnetſten und anziehendſten [Abbildung Die Elrize (Phoxinus laovis). Nat. Größe 3½ bis 5 Zoll.] Fiſche. Jhre Färbung wechſelt außerordentlich. Der Grundton des Rückens erſcheint bald ölgrün, bald ſchmutziggrau und wird durch kleine, dunkle Flecken mehr oder weniger getrübt, zuweilen, wenn die Flecken ſehr dicht zuſammengetreten, förmlich gezeichnet, ſodaß ſich längs der Mittellinie des Rückens ein ſchwarzer, vom Rücken bis zur Schwanzfloſſe verlaufender, manchmal aus einer Längs- reihe von Flecken beſtehender Streifen bemerklich macht; die grüngelben Seiten haben ſtark metalliſchen Glanz; der Mund iſt an den Winkeln karminroth, die Kehle ſchwarz, die Bruſt ſcharlachroth; außer- dem bemerkt man einen goldglänzenden Längsſtreif, welcher hinter den Augen beginnt, zu beiden Seiten des Rückens verläuft und ſich bis zur Schwanzwurzel erſtreckt; die Floſſen haben eine blaß- gelbe Grundfärbung, welche jedoch auf Rücken-, After- und Schwanzfloſſe durch dunkle Farbſtoff- anhäufung verdüſtert wird und auf den paarigen Floſſen und ausnahmsweiſe auch auf der Afterfloſſe in glänzendes Purpurroth übergehen kann. Nach Siebold iſt dieſe Farbenpracht nicht von der Laichzeit abhängig, ſondern kommt mitten im Winter bei männlichen wie bei weiblichen Stücken zum Vorſchein, während ſich gegen die Laichzeit hin bei beiden Geſchlechtern ein Hautausſchlag in Geſtalt von ſpitzen Höckern auf der Oberfläche des Scheitels ausbreitet, und ſämmtliche Schuppen an ihrem Brehm, Thierleben. V. 43

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/711>, abgerufen am 21.06.2024.