Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Edelfische. Karpfen. Gründlinge. Bitterfische.
bald darauf dasselbe Spiel zu wiederholen. Ein Naturforscher hat behauptet, daß die Fische, wenn
sie laichen, sich auf die Seite legen, sodaß der Bauch des Männchens unmittelbar oder wenigstens nahe
an dem Bauche des Weibchens ruht. Jch will diese Thatsache nicht bestreiten, aber soviel kann ich
versichern, daß die Fische, welche ich hier beobachtet, niemals eine solche Bewegung machten. Männchen
und Weibchen stiegen auf die angegebene Weise in den Bach; jene ließen den Samen, diese die Eier
von sich." Die kleinen Eierchen sehen hier blau aus und werden, da sie den belebenden Sonnen-
strahlen ausgesetzt sind, bald gezeitigt. Brut von Zolllänge gewahrt man anfangs August oft in
unglaublich dichten Schwärmen. Nach vollendeter Brutzeit kehrt der Greßling wieder in tiefere
und bezüglich in stehende Wasser, also auch in seine Wohnseen zurück.

Jn Nordostdeutschland wird unser Fisch im Spätjahr regelmäßig in so bedeutender Menge
gefangen, daß man ihn für ein Spottgeld verschleudert. Während des Sommers betreibt man den
Fang vorzugsweise mit der Angel, weil der Gründling zu denjenigen Fischen gehört, welche auch die
Mühe des ungeschickten Anglers lohnen. Die Engländer, bekanntlich leidenschaftliche Fischer, pflegen
vor dem Fange mit der Angel den Grund mit einer eisernen Hacke aufzukratzen, weil der Greßling
beim Vorüberschwimmen an derartigen Stellen zu verweilen pflegt, um nach kleinem Gethier zu
suchen. Bei einiger Geschicklichkeit hält es nicht schwer, binnen kurzer Zeit mehrere Dutzend dieser
niedlichen Fischchen zu fangen.

Das wohlschmeckende Fleisch macht den Greßling trotz seiner geringen Größe überall beliebt.
Außerdem läßt er sich als Futterfisch für bessere Edelfische mit Vortheil in der Teichwirthschaft
verwenden. Wegen seiner Lebenszähigkeit eignet er sich auch für längere Gefangenschaft: die
englischen Fischhändler halten ihn in gewöhnlichen Trögen, durch welche sie Wasser strömen lassen,
Monate lang.

Eine verwandte Art, der Steingreßling oder Wapper (Gobio uranoscopus) hat gestrecktere
Gestalt, längere Bärteln und noch höher gegen die schmälere Stirn gerückte, schiefgestellte Augen, ist
auf Rumpf und Flossen völlig ungefleckt oder längs des Rückens und der Seitenlinie mit einer Reihe
großer, brauner Flecken und auf jeder Schuppe mit zwei schwarzen Punkten gezeichnet. Die Rücken-
flosse spannen 2 und 7, die Afterflosse 2 und 5 Strahlen; bei den übrigen ist das Zahlenverhältniß
dasselbe wie beim Greßling, welchem unser Fischchen auch in der Größe und Färbung gleichkommt.

Agassiz entdeckte den Steingreßling in der Jsar, später hat man ihn in der Salzach, der San und
der Jdria gefunden. Ob seine Lebensweise sich von der des Greßlings unterscheidet, wissen wir nicht.



Agassiz hat den kleinsten unserer Karpfen zum Vertreter einer besonderen Sippe, der Bitter-
fische
(Rhodeus) erhoben, weil er sich durch äußerliche und innerliche Merkmale von den Verwandten
unterscheidet. Die Gestalt ist gedrungen, hochrückig, der Mund halb unterständig, ohne Bärteln; die
über den Bauchflossen stehende, mit der Afterflosse gleichlange Rückenflosse beginnt mit glatten
Knochenstrahlen; die Schlundzähne ordnen sich jederseits zu fünf in einfacher Reihe und haben seitlich
zusammengedrückte, schräg abgeschliffene Kronen.

Wenige unserer Flußfische kommen dem Bitterlinge (Rhodeus amarus) an Zierlichkeit der
Gestalt und Schönheit der Färbung gleich; ja, man sagt schwerlich zu viel, wenn man behauptet,
daß dieser den berühmten Goldfisch an Pracht noch übertrifft. Jn der Gestalt erinnert der Bitterling
an die Karausche. Es spannen die Rückenflosse 3 und 9 bis 10, die Brustflosse 1 und 10, die
Bauchflosse 2 und 6, die Afterflosse 3 und 9, die Schwanzflosse 19 Strahlen. Die Färbung ist
verschieden, je nach Geschlecht und Jahreszeit. "Außer der Laichzeit", sagt Siebold, welcher

Die Edelfiſche. Karpfen. Gründlinge. Bitterfiſche.
bald darauf daſſelbe Spiel zu wiederholen. Ein Naturforſcher hat behauptet, daß die Fiſche, wenn
ſie laichen, ſich auf die Seite legen, ſodaß der Bauch des Männchens unmittelbar oder wenigſtens nahe
an dem Bauche des Weibchens ruht. Jch will dieſe Thatſache nicht beſtreiten, aber ſoviel kann ich
verſichern, daß die Fiſche, welche ich hier beobachtet, niemals eine ſolche Bewegung machten. Männchen
und Weibchen ſtiegen auf die angegebene Weiſe in den Bach; jene ließen den Samen, dieſe die Eier
von ſich.“ Die kleinen Eierchen ſehen hier blau aus und werden, da ſie den belebenden Sonnen-
ſtrahlen ausgeſetzt ſind, bald gezeitigt. Brut von Zolllänge gewahrt man anfangs Auguſt oft in
unglaublich dichten Schwärmen. Nach vollendeter Brutzeit kehrt der Greßling wieder in tiefere
und bezüglich in ſtehende Waſſer, alſo auch in ſeine Wohnſeen zurück.

Jn Nordoſtdeutſchland wird unſer Fiſch im Spätjahr regelmäßig in ſo bedeutender Menge
gefangen, daß man ihn für ein Spottgeld verſchleudert. Während des Sommers betreibt man den
Fang vorzugsweiſe mit der Angel, weil der Gründling zu denjenigen Fiſchen gehört, welche auch die
Mühe des ungeſchickten Anglers lohnen. Die Engländer, bekanntlich leidenſchaftliche Fiſcher, pflegen
vor dem Fange mit der Angel den Grund mit einer eiſernen Hacke aufzukratzen, weil der Greßling
beim Vorüberſchwimmen an derartigen Stellen zu verweilen pflegt, um nach kleinem Gethier zu
ſuchen. Bei einiger Geſchicklichkeit hält es nicht ſchwer, binnen kurzer Zeit mehrere Dutzend dieſer
niedlichen Fiſchchen zu fangen.

Das wohlſchmeckende Fleiſch macht den Greßling trotz ſeiner geringen Größe überall beliebt.
Außerdem läßt er ſich als Futterfiſch für beſſere Edelfiſche mit Vortheil in der Teichwirthſchaft
verwenden. Wegen ſeiner Lebenszähigkeit eignet er ſich auch für längere Gefangenſchaft: die
engliſchen Fiſchhändler halten ihn in gewöhnlichen Trögen, durch welche ſie Waſſer ſtrömen laſſen,
Monate lang.

Eine verwandte Art, der Steingreßling oder Wapper (Gobio uranoscopus) hat geſtrecktere
Geſtalt, längere Bärteln und noch höher gegen die ſchmälere Stirn gerückte, ſchiefgeſtellte Augen, iſt
auf Rumpf und Floſſen völlig ungefleckt oder längs des Rückens und der Seitenlinie mit einer Reihe
großer, brauner Flecken und auf jeder Schuppe mit zwei ſchwarzen Punkten gezeichnet. Die Rücken-
floſſe ſpannen 2 und 7, die Afterfloſſe 2 und 5 Strahlen; bei den übrigen iſt das Zahlenverhältniß
daſſelbe wie beim Greßling, welchem unſer Fiſchchen auch in der Größe und Färbung gleichkommt.

Agaſſiz entdeckte den Steingreßling in der Jſar, ſpäter hat man ihn in der Salzach, der San und
der Jdria gefunden. Ob ſeine Lebensweiſe ſich von der des Greßlings unterſcheidet, wiſſen wir nicht.



Agaſſiz hat den kleinſten unſerer Karpfen zum Vertreter einer beſonderen Sippe, der Bitter-
fiſche
(Rhodeus) erhoben, weil er ſich durch äußerliche und innerliche Merkmale von den Verwandten
unterſcheidet. Die Geſtalt iſt gedrungen, hochrückig, der Mund halb unterſtändig, ohne Bärteln; die
über den Bauchfloſſen ſtehende, mit der Afterfloſſe gleichlange Rückenfloſſe beginnt mit glatten
Knochenſtrahlen; die Schlundzähne ordnen ſich jederſeits zu fünf in einfacher Reihe und haben ſeitlich
zuſammengedrückte, ſchräg abgeſchliffene Kronen.

Wenige unſerer Flußfiſche kommen dem Bitterlinge (Rhodeus amarus) an Zierlichkeit der
Geſtalt und Schönheit der Färbung gleich; ja, man ſagt ſchwerlich zu viel, wenn man behauptet,
daß dieſer den berühmten Goldfiſch an Pracht noch übertrifft. Jn der Geſtalt erinnert der Bitterling
an die Karauſche. Es ſpannen die Rückenfloſſe 3 und 9 bis 10, die Bruſtfloſſe 1 und 10, die
Bauchfloſſe 2 und 6, die Afterfloſſe 3 und 9, die Schwanzfloſſe 19 Strahlen. Die Färbung iſt
verſchieden, je nach Geſchlecht und Jahreszeit. „Außer der Laichzeit“, ſagt Siebold, welcher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0696" n="658"/><fw place="top" type="header">Die Edelfi&#x017F;che. Karpfen. Gründlinge. Bitterfi&#x017F;che.</fw><lb/>
bald darauf da&#x017F;&#x017F;elbe Spiel zu wiederholen. Ein Naturfor&#x017F;cher hat behauptet, daß die Fi&#x017F;che, wenn<lb/>
&#x017F;ie laichen, &#x017F;ich auf die Seite legen, &#x017F;odaß der Bauch des Männchens unmittelbar oder wenig&#x017F;tens nahe<lb/>
an dem Bauche des Weibchens ruht. Jch will die&#x017F;e That&#x017F;ache nicht be&#x017F;treiten, aber &#x017F;oviel kann ich<lb/>
ver&#x017F;ichern, daß die Fi&#x017F;che, welche ich hier beobachtet, niemals eine &#x017F;olche Bewegung machten. Männchen<lb/>
und Weibchen &#x017F;tiegen auf die angegebene Wei&#x017F;e in den Bach; jene ließen den Samen, die&#x017F;e die Eier<lb/>
von &#x017F;ich.&#x201C; Die kleinen Eierchen &#x017F;ehen hier blau aus und werden, da &#x017F;ie den belebenden Sonnen-<lb/>
&#x017F;trahlen ausge&#x017F;etzt &#x017F;ind, bald gezeitigt. Brut von Zolllänge gewahrt man anfangs Augu&#x017F;t oft in<lb/>
unglaublich dichten Schwärmen. Nach vollendeter Brutzeit kehrt der Greßling wieder in tiefere<lb/>
und bezüglich in &#x017F;tehende Wa&#x017F;&#x017F;er, al&#x017F;o auch in &#x017F;eine Wohn&#x017F;een zurück.</p><lb/>
            <p>Jn Nordo&#x017F;tdeut&#x017F;chland wird un&#x017F;er Fi&#x017F;ch im Spätjahr regelmäßig in &#x017F;o bedeutender Menge<lb/>
gefangen, daß man ihn für ein Spottgeld ver&#x017F;chleudert. Während des Sommers betreibt man den<lb/>
Fang vorzugswei&#x017F;e mit der Angel, weil der Gründling zu denjenigen Fi&#x017F;chen gehört, welche auch die<lb/>
Mühe des unge&#x017F;chickten Anglers lohnen. Die Engländer, bekanntlich leiden&#x017F;chaftliche Fi&#x017F;cher, pflegen<lb/>
vor dem Fange mit der Angel den Grund mit einer ei&#x017F;ernen Hacke aufzukratzen, weil der Greßling<lb/>
beim Vorüber&#x017F;chwimmen an derartigen Stellen zu verweilen pflegt, um nach kleinem Gethier zu<lb/>
&#x017F;uchen. Bei einiger Ge&#x017F;chicklichkeit hält es nicht &#x017F;chwer, binnen kurzer Zeit mehrere Dutzend die&#x017F;er<lb/>
niedlichen Fi&#x017F;chchen zu fangen.</p><lb/>
            <p>Das wohl&#x017F;chmeckende Flei&#x017F;ch macht den Greßling trotz &#x017F;einer geringen Größe überall beliebt.<lb/>
Außerdem läßt er &#x017F;ich als Futterfi&#x017F;ch für be&#x017F;&#x017F;ere Edelfi&#x017F;che mit Vortheil in der Teichwirth&#x017F;chaft<lb/>
verwenden. Wegen &#x017F;einer Lebenszähigkeit eignet er &#x017F;ich auch für längere Gefangen&#x017F;chaft: die<lb/>
engli&#x017F;chen Fi&#x017F;chhändler halten ihn in gewöhnlichen Trögen, durch welche &#x017F;ie Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;trömen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Monate lang.</p><lb/>
            <p>Eine verwandte Art, der <hi rendition="#g">Steingreßling</hi> oder <hi rendition="#g">Wapper</hi> <hi rendition="#aq">(Gobio uranoscopus)</hi> hat ge&#x017F;trecktere<lb/>
Ge&#x017F;talt, längere Bärteln und noch höher gegen die &#x017F;chmälere Stirn gerückte, &#x017F;chiefge&#x017F;tellte Augen, i&#x017F;t<lb/>
auf Rumpf und Flo&#x017F;&#x017F;en völlig ungefleckt oder längs des Rückens und der Seitenlinie mit einer Reihe<lb/>
großer, brauner Flecken und auf jeder Schuppe mit zwei &#x017F;chwarzen Punkten gezeichnet. Die Rücken-<lb/>
flo&#x017F;&#x017F;e &#x017F;pannen 2 und 7, die Afterflo&#x017F;&#x017F;e 2 und 5 Strahlen; bei den übrigen i&#x017F;t das Zahlenverhältniß<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe wie beim Greßling, welchem un&#x017F;er Fi&#x017F;chchen auch in der Größe und Färbung gleichkommt.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Aga&#x017F;&#x017F;iz</hi> entdeckte den Steingreßling in der J&#x017F;ar, &#x017F;päter hat man ihn in der Salzach, der San und<lb/>
der Jdria gefunden. Ob &#x017F;eine Lebenswei&#x017F;e &#x017F;ich von der des Greßlings unter&#x017F;cheidet, wi&#x017F;&#x017F;en wir nicht.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Aga&#x017F;&#x017F;iz</hi> hat den klein&#x017F;ten un&#x017F;erer Karpfen zum Vertreter einer be&#x017F;onderen Sippe, der <hi rendition="#g">Bitter-<lb/>
fi&#x017F;che</hi> <hi rendition="#aq">(Rhodeus)</hi> erhoben, weil er &#x017F;ich durch äußerliche und innerliche Merkmale von den Verwandten<lb/>
unter&#x017F;cheidet. Die Ge&#x017F;talt i&#x017F;t gedrungen, hochrückig, der Mund halb unter&#x017F;tändig, ohne Bärteln; die<lb/>
über den Bauchflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tehende, mit der Afterflo&#x017F;&#x017F;e gleichlange Rückenflo&#x017F;&#x017F;e beginnt mit glatten<lb/>
Knochen&#x017F;trahlen; die Schlundzähne ordnen &#x017F;ich jeder&#x017F;eits zu fünf in einfacher Reihe und haben &#x017F;eitlich<lb/>
zu&#x017F;ammengedrückte, &#x017F;chräg abge&#x017F;chliffene Kronen.</p><lb/>
            <p>Wenige un&#x017F;erer Flußfi&#x017F;che kommen dem <hi rendition="#g">Bitterlinge</hi> <hi rendition="#aq">(Rhodeus amarus)</hi> an Zierlichkeit der<lb/>
Ge&#x017F;talt und Schönheit der Färbung gleich; ja, man &#x017F;agt &#x017F;chwerlich zu viel, wenn man behauptet,<lb/>
daß die&#x017F;er den berühmten Goldfi&#x017F;ch an Pracht noch übertrifft. Jn der Ge&#x017F;talt erinnert der Bitterling<lb/>
an die Karau&#x017F;che. Es &#x017F;pannen die Rückenflo&#x017F;&#x017F;e 3 und 9 bis 10, die Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;e 1 und 10, die<lb/>
Bauchflo&#x017F;&#x017F;e 2 und 6, die Afterflo&#x017F;&#x017F;e 3 und 9, die Schwanzflo&#x017F;&#x017F;e 19 Strahlen. Die Färbung i&#x017F;t<lb/>
ver&#x017F;chieden, je nach Ge&#x017F;chlecht und Jahreszeit. &#x201E;Außer der Laichzeit&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Siebold,</hi> welcher<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[658/0696] Die Edelfiſche. Karpfen. Gründlinge. Bitterfiſche. bald darauf daſſelbe Spiel zu wiederholen. Ein Naturforſcher hat behauptet, daß die Fiſche, wenn ſie laichen, ſich auf die Seite legen, ſodaß der Bauch des Männchens unmittelbar oder wenigſtens nahe an dem Bauche des Weibchens ruht. Jch will dieſe Thatſache nicht beſtreiten, aber ſoviel kann ich verſichern, daß die Fiſche, welche ich hier beobachtet, niemals eine ſolche Bewegung machten. Männchen und Weibchen ſtiegen auf die angegebene Weiſe in den Bach; jene ließen den Samen, dieſe die Eier von ſich.“ Die kleinen Eierchen ſehen hier blau aus und werden, da ſie den belebenden Sonnen- ſtrahlen ausgeſetzt ſind, bald gezeitigt. Brut von Zolllänge gewahrt man anfangs Auguſt oft in unglaublich dichten Schwärmen. Nach vollendeter Brutzeit kehrt der Greßling wieder in tiefere und bezüglich in ſtehende Waſſer, alſo auch in ſeine Wohnſeen zurück. Jn Nordoſtdeutſchland wird unſer Fiſch im Spätjahr regelmäßig in ſo bedeutender Menge gefangen, daß man ihn für ein Spottgeld verſchleudert. Während des Sommers betreibt man den Fang vorzugsweiſe mit der Angel, weil der Gründling zu denjenigen Fiſchen gehört, welche auch die Mühe des ungeſchickten Anglers lohnen. Die Engländer, bekanntlich leidenſchaftliche Fiſcher, pflegen vor dem Fange mit der Angel den Grund mit einer eiſernen Hacke aufzukratzen, weil der Greßling beim Vorüberſchwimmen an derartigen Stellen zu verweilen pflegt, um nach kleinem Gethier zu ſuchen. Bei einiger Geſchicklichkeit hält es nicht ſchwer, binnen kurzer Zeit mehrere Dutzend dieſer niedlichen Fiſchchen zu fangen. Das wohlſchmeckende Fleiſch macht den Greßling trotz ſeiner geringen Größe überall beliebt. Außerdem läßt er ſich als Futterfiſch für beſſere Edelfiſche mit Vortheil in der Teichwirthſchaft verwenden. Wegen ſeiner Lebenszähigkeit eignet er ſich auch für längere Gefangenſchaft: die engliſchen Fiſchhändler halten ihn in gewöhnlichen Trögen, durch welche ſie Waſſer ſtrömen laſſen, Monate lang. Eine verwandte Art, der Steingreßling oder Wapper (Gobio uranoscopus) hat geſtrecktere Geſtalt, längere Bärteln und noch höher gegen die ſchmälere Stirn gerückte, ſchiefgeſtellte Augen, iſt auf Rumpf und Floſſen völlig ungefleckt oder längs des Rückens und der Seitenlinie mit einer Reihe großer, brauner Flecken und auf jeder Schuppe mit zwei ſchwarzen Punkten gezeichnet. Die Rücken- floſſe ſpannen 2 und 7, die Afterfloſſe 2 und 5 Strahlen; bei den übrigen iſt das Zahlenverhältniß daſſelbe wie beim Greßling, welchem unſer Fiſchchen auch in der Größe und Färbung gleichkommt. Agaſſiz entdeckte den Steingreßling in der Jſar, ſpäter hat man ihn in der Salzach, der San und der Jdria gefunden. Ob ſeine Lebensweiſe ſich von der des Greßlings unterſcheidet, wiſſen wir nicht. Agaſſiz hat den kleinſten unſerer Karpfen zum Vertreter einer beſonderen Sippe, der Bitter- fiſche (Rhodeus) erhoben, weil er ſich durch äußerliche und innerliche Merkmale von den Verwandten unterſcheidet. Die Geſtalt iſt gedrungen, hochrückig, der Mund halb unterſtändig, ohne Bärteln; die über den Bauchfloſſen ſtehende, mit der Afterfloſſe gleichlange Rückenfloſſe beginnt mit glatten Knochenſtrahlen; die Schlundzähne ordnen ſich jederſeits zu fünf in einfacher Reihe und haben ſeitlich zuſammengedrückte, ſchräg abgeſchliffene Kronen. Wenige unſerer Flußfiſche kommen dem Bitterlinge (Rhodeus amarus) an Zierlichkeit der Geſtalt und Schönheit der Färbung gleich; ja, man ſagt ſchwerlich zu viel, wenn man behauptet, daß dieſer den berühmten Goldfiſch an Pracht noch übertrifft. Jn der Geſtalt erinnert der Bitterling an die Karauſche. Es ſpannen die Rückenfloſſe 3 und 9 bis 10, die Bruſtfloſſe 1 und 10, die Bauchfloſſe 2 und 6, die Afterfloſſe 3 und 9, die Schwanzfloſſe 19 Strahlen. Die Färbung iſt verſchieden, je nach Geſchlecht und Jahreszeit. „Außer der Laichzeit“, ſagt Siebold, welcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/696
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/696>, abgerufen am 06.06.2024.