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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Edelfische. Bartgrundelu. Karpfen.
die Schweiz und Tirol, ohne jedoch in den übrigen Ländern nördlich von den Alpen selten zu sein.
Abweichend vom Schlammbeißer hält sie sich, wenn auch nicht ausschließlich, so doch vorzugsweise in
fließendem Wasser auf, am Liebsten in seichten Bächen mit steinigtem oder sandigem Grunde und rasch
strömendem Wasser. Hier ruht sie übertages, unter hohlliegenden Steinen verborgen; denn nur
ausnahmsweise wagt sie sich freiwillig aus dem sichern Schlupfwinkel hervor, um eine erspähte Beute
wegzunehmen. Gegen Sonnenuntergang beginnt ihre Jagdzeit, und wahrscheinlich treibt sich sich
von nun an während der ganzen Nacht umher. Sie schwimmt, entsprechend der bedeutenden
Schwanzflosse, sehr gut, jedoch immer blos absatzweise und durchmißt ungern größere Strecken. Hebt
man einen Stein, unter welchem sie verborgen liegt, langsam auf, so verweilt sie noch einige Augen-
blicke ruhig, schießt dann wie ein Pfeil davon, macht eine plötzliche Schwenkung oder sinkt jählings
zum Boden herab und ist sofort wieder in eine ähnliche schützende Höhlung geschlüpft. Bei Annäherung
eines Gewitters zeigt auch sie sich unruhig, gleichsam als ob ihr die elektrische Spannung Unbehagen
verursache. Von dem Schlammbeißer unterscheidet sie sich durch ihre leichte Hinfälligkeit: schon wenige
Minuten, nachdem sie aus dem Wasser genommen, verendet sie; einen weiten Versandt verträgt sie
also nicht. Jhre Nahrung besteht aus Wassergewürm, Kerflarven, Kerbthieren, Fischlaich und wohl
auch Pflanzenstoffen; wenigstens füttert man die in besonderen Teichen gehaltenen Schmerlen mit
Leimkuchen und Mohnsamen. Die Laichzeit fällt in die ersten Frühlingsmonate: im März und April
strotzen die Eierstöcke von unzähligen kleinen Eierchen; im Mai und Juli wimmeln gewisse Stellen
der Gewässer von der ausgeschlüpften Brut. Das Männchen gräbt, nach Leunis, ein Loch in
den Sand, in welches das Weibchen die Eier legt, befruchtet sie und hält dann bis zum Ausschlüpfen
der Jungen Wache am Neste.

"Das fleisch dieser Fisch", sagt Geßner, "behelt den Preiß vnd Lob in allen dingen: denn es
ist lieblich zu essen, indem daß sie nit so starck fischeln, matt gesund, gebiret ein gut Gelüt, ist ringer
Däwung, werden in viel kranckheiten der mehrer theil erlaubt, von der Weynacht biß zu Ostern
werden sie zum besten geachtet, wiewohl sie klein, zu keiner zeit verarget mögen werden." Dieses in
der That köstlichen Fleisches wegen legt man hier und da, beispielsweise in Böhmen, besondere Teiche
an, meist kleine Löcher von zehn Fuß Länge, drei Fuß Tiefe und entsprechender Breite, verkleidet
diese mit einem Korbgeflecht und bringt Schafmist zwischen dieses und die Wände, um die Entwicklung
von Kerbthierlarven zu befördern. Beständiger Zufluß von frischem Wasser ist unumgänglich
nothwendige Bedingung zum Gedeihen dieser Halbgefangenen, deren Vermehrung günstigenfalls
eine außerordentliche, die Anlage also immerhin eine lohnende. Leider lassen sich Schmerlen
eigentlich blos an Ort und Stelle verwerthen: man hält ihr Fleisch für schlecht, wenn sie auch nur
wenige Minuten vorher abgestanden sind. Am Besten sollen sie sein, wenn man sie in Wein oder
Milch sterben läßt. Die Bereitung richtet sich nach dem Geschmacke des Liebhabers. Hier und da
schätzt man besonders die gesottenen und mit Weinessig gebläueten Schmerlen; an anderen Orten
zieht man die gebratenen vor; auch macht man sie ein wie Neunaugen, um sie länger aufzubewahren.

Außer dem Menschen und namentlich außer den Knaben, welche sich vorzugsweise mit dem
Fange der Schmerle beschäftigen, stellen ihr Wasserspitzmäuse und Wasserratten, Enten und viele
Sumpfvögel, insbesondere aber der Eisvogel nach, welcher sich wohl den größten Theil seiner Nahrung
aus ihrer Mitte nimmt. Unter den Fischen werden ihr diejenigen Arten, welche wie sie auf dem
Boden leben, gefährlich.

Jn wohl eingerichteten Behältern leben Gefangene lange Zeit. Viele Unterhaltung gewähren
sie freilich nicht. Sie liegen, wie in der Freiheit, so auch hier den größten Theil des Tages über
auf dem Grunde des Gefäßes, kommen nur bei trübem Welter zum Vorschein, steigen dann unter
kräftig schlängelnden Bewegungen zur Oberfläche empor, athmen wohl auch einmal frische Luft und
geben die eingenommene durch den Darm wieder von sich, halten sich geraume Zeit in der Höhe und
lassen sich dann anscheinend schwerfällig der Länge nach wieder auf den Boden herabsinken, so unge-
schickt zuweilen, daß sie von einem Steine zum andern fallen. Von ihrer Gefräßigkeit gewinnt man

Die Edelfiſche. Bartgrundelu. Karpfen.
die Schweiz und Tirol, ohne jedoch in den übrigen Ländern nördlich von den Alpen ſelten zu ſein.
Abweichend vom Schlammbeißer hält ſie ſich, wenn auch nicht ausſchließlich, ſo doch vorzugsweiſe in
fließendem Waſſer auf, am Liebſten in ſeichten Bächen mit ſteinigtem oder ſandigem Grunde und raſch
ſtrömendem Waſſer. Hier ruht ſie übertages, unter hohlliegenden Steinen verborgen; denn nur
ausnahmsweiſe wagt ſie ſich freiwillig aus dem ſichern Schlupfwinkel hervor, um eine erſpähte Beute
wegzunehmen. Gegen Sonnenuntergang beginnt ihre Jagdzeit, und wahrſcheinlich treibt ſich ſich
von nun an während der ganzen Nacht umher. Sie ſchwimmt, entſprechend der bedeutenden
Schwanzfloſſe, ſehr gut, jedoch immer blos abſatzweiſe und durchmißt ungern größere Strecken. Hebt
man einen Stein, unter welchem ſie verborgen liegt, langſam auf, ſo verweilt ſie noch einige Augen-
blicke ruhig, ſchießt dann wie ein Pfeil davon, macht eine plötzliche Schwenkung oder ſinkt jählings
zum Boden herab und iſt ſofort wieder in eine ähnliche ſchützende Höhlung geſchlüpft. Bei Annäherung
eines Gewitters zeigt auch ſie ſich unruhig, gleichſam als ob ihr die elektriſche Spannung Unbehagen
verurſache. Von dem Schlammbeißer unterſcheidet ſie ſich durch ihre leichte Hinfälligkeit: ſchon wenige
Minuten, nachdem ſie aus dem Waſſer genommen, verendet ſie; einen weiten Verſandt verträgt ſie
alſo nicht. Jhre Nahrung beſteht aus Waſſergewürm, Kerflarven, Kerbthieren, Fiſchlaich und wohl
auch Pflanzenſtoffen; wenigſtens füttert man die in beſonderen Teichen gehaltenen Schmerlen mit
Leimkuchen und Mohnſamen. Die Laichzeit fällt in die erſten Frühlingsmonate: im März und April
ſtrotzen die Eierſtöcke von unzähligen kleinen Eierchen; im Mai und Juli wimmeln gewiſſe Stellen
der Gewäſſer von der ausgeſchlüpften Brut. Das Männchen gräbt, nach Leunis, ein Loch in
den Sand, in welches das Weibchen die Eier legt, befruchtet ſie und hält dann bis zum Ausſchlüpfen
der Jungen Wache am Neſte.

„Das fleiſch dieſer Fiſch“, ſagt Geßner, „behelt den Preiß vnd Lob in allen dingen: denn es
iſt lieblich zu eſſen, indem daß ſie nit ſo ſtarck fiſcheln, matt geſund, gebiret ein gut Gelüt, iſt ringer
Däwung, werden in viel kranckheiten der mehrer theil erlaubt, von der Weynacht biß zu Oſtern
werden ſie zum beſten geachtet, wiewohl ſie klein, zu keiner zeit verarget mögen werden.“ Dieſes in
der That köſtlichen Fleiſches wegen legt man hier und da, beiſpielsweiſe in Böhmen, beſondere Teiche
an, meiſt kleine Löcher von zehn Fuß Länge, drei Fuß Tiefe und entſprechender Breite, verkleidet
dieſe mit einem Korbgeflecht und bringt Schafmiſt zwiſchen dieſes und die Wände, um die Entwicklung
von Kerbthierlarven zu befördern. Beſtändiger Zufluß von friſchem Waſſer iſt unumgänglich
nothwendige Bedingung zum Gedeihen dieſer Halbgefangenen, deren Vermehrung günſtigenfalls
eine außerordentliche, die Anlage alſo immerhin eine lohnende. Leider laſſen ſich Schmerlen
eigentlich blos an Ort und Stelle verwerthen: man hält ihr Fleiſch für ſchlecht, wenn ſie auch nur
wenige Minuten vorher abgeſtanden ſind. Am Beſten ſollen ſie ſein, wenn man ſie in Wein oder
Milch ſterben läßt. Die Bereitung richtet ſich nach dem Geſchmacke des Liebhabers. Hier und da
ſchätzt man beſonders die geſottenen und mit Weineſſig gebläueten Schmerlen; an anderen Orten
zieht man die gebratenen vor; auch macht man ſie ein wie Neunaugen, um ſie länger aufzubewahren.

Außer dem Menſchen und namentlich außer den Knaben, welche ſich vorzugsweiſe mit dem
Fange der Schmerle beſchäftigen, ſtellen ihr Waſſerſpitzmäuſe und Waſſerratten, Enten und viele
Sumpfvögel, insbeſondere aber der Eisvogel nach, welcher ſich wohl den größten Theil ſeiner Nahrung
aus ihrer Mitte nimmt. Unter den Fiſchen werden ihr diejenigen Arten, welche wie ſie auf dem
Boden leben, gefährlich.

Jn wohl eingerichteten Behältern leben Gefangene lange Zeit. Viele Unterhaltung gewähren
ſie freilich nicht. Sie liegen, wie in der Freiheit, ſo auch hier den größten Theil des Tages über
auf dem Grunde des Gefäßes, kommen nur bei trübem Welter zum Vorſchein, ſteigen dann unter
kräftig ſchlängelnden Bewegungen zur Oberfläche empor, athmen wohl auch einmal friſche Luft und
geben die eingenommene durch den Darm wieder von ſich, halten ſich geraume Zeit in der Höhe und
laſſen ſich dann anſcheinend ſchwerfällig der Länge nach wieder auf den Boden herabſinken, ſo unge-
ſchickt zuweilen, daß ſie von einem Steine zum andern fallen. Von ihrer Gefräßigkeit gewinnt man

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/680>, abgerufen am 13.06.2024.