Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schildkröten. Meerschildkröten. Seeschildkröten.
Scheibe, ebenso viele stehen auf dem Brustpanzer; jene sind glatt, d. h. nicht gekielt und durch Nähte
verbunden; die vier ersteren mittleren bilden Sechsecke, das fünfte einen an der Spitze abgestumpften
Zirkelabschnitt; die acht Seitenschilder sind fünfeckig, fünfundzwanzig kleine, über die Schale hervor-
springende Randschilder, welche sie umgeben, viereckig. Die Kiefern sind scharf und gezähnelt, die
Vorderfüße lang, gestreckt und schmal, die hinteren breit und klumpig. Ein schwer zu bestimmendes
Dunkelgrün ist die Grundfärbung; auf ihr stehen undeutliche gelbe Flecken.

Am häufigsten lebt diese Seeschildkröte im atlantischen Weltmeere, an der afrikanischen Küste
ebensowohl als an der amerikanischen, verirrt sich aber zuweilen ins mittelländische Meer oder selbst
bis an unsere nordeuropäische Küsten. Zu ihrer Fortpflanzung wählt sie verschiedene, innerhalb des
heißen Gürtels liegende Jnseln.

Die Karette (Chelonia-Eretmochelys-imbricata) unterscheidet sich von jener durch die Be-
schilderung. Die Scheibe des Rückenpanzers wird von dreizehn, die des Brustpanzers von zwölf, der
Rand von fünfundzwanzig Schildern gebildet; jene liegen aber nicht neben, sondern ziegelförmig über
einander, und dasselbe findet bei den hinteren Randschildern statt; die fünf mittleren Rückenschilder
gleichen sich weder in der Größe, noch in der Gestalt, sondern nur darin, daß sie in der Mitte einen
Längskiel haben. Das erste ist breit und vierseitig, am Vorderrande halbzirkelförmig; die drei
folgenden sind sechseckig, länger als breit; das fünfte verlängert sich hinten in eine Spitze und nimmt
die Gestalt eines Fünfecks an. Von den Seitenschildern sind die vorderen und hinteren vierseitig, die
mittleren fünfseitig. Alle sind auf schwarzbraunem Grunde unregelmäßig durchsichtig rosenröthlich
und ledergelb gezeichnet und gefleckt, die zwölf Schilder des Brustpanzers weißlich oder ledergelb.

Der Verbreitungskreis der Karette ist sehr ausgedehnt: man findet sie in allen zwischen den
Wendekreisen liegenden Meeren und Meerestheilen der Erde, besonders häufig in der Nähe Jndiens
und Mittelamerikas. Jn die europäischen Gewässer hat sie sich mehrfach verirrt.

Die Seeschildkröten sind vollendete Meerthiere. Sie halten sich zwar vorzugsweise in der
Nähe der Küste auf, werden aber doch oft auch sehr weit von dieser, manchmal mitten im Meere
gefunden. Hier sieht man sie nah der Oberfläche umherschwimmen, zuweilen auch wohl auf ihr
liegen, wie es scheint, schlafend, bei der geringsten Störung aber sofort in der Tiefe verschwinden.
Sie schwimmen mit großer Schnelligkeit und bedeutender Kraft in verschiedener Tiefe, nehmen auch im
Wasser wechselnde Stellungen an, indem sie bald mehr, bald weniger die wagrechte Lage verändern.
Da, wo sie häufig sind, sieht man manchmal förmliche Herden von ihnen, wie sie überhaupt sehr
gesellig zu sein scheinen. Jhre Nahrung besteht in Seethieren verschiedener Art und in Pflanzen.
Die Karette gehört zu den Raubthieren und soll sich vorzugsweise von Muscheln nähren, deren Schalen
sie mit ihren kräftigen Kiefern leicht zerbricht; die Suppenschildkröte hingegen frißt wenigstens vor-
zugsweise Seepflanzen, insbesondere Tange und verräth sich da, wo sie häufig ist, durch die von ihr
abgebissenen Theile dieser Pflanzen, welche auf der Oberfläche des Meeres umherschwimmen.

Zu gewissen Zeiten verlassen die Seeschildkröten die Tiefe des Meeres und steuern bestimmten-
altgewohnten Plätzen zu, um ihrem Fortpflanzungstriebe zu genügen. Die Männchen folgen, laut
Dampier, ihrem Weibchen auf dieser Reise, gehen aber, wenn diese legen, nicht mit ihnen ans Land,
sondern bleiben in der Gegend. Vorher hatten sich beide Geschlechter begattet, welches Geschäft nach
Catesby mehr als vierzehn Tage in Anspruch nehmen soll. Villemont sagt, daß das Männchen
während der Begattung auf dem Rücken des Weibchens sitze und gleichsam reite; Lacepede dagegen
behauptet, daß beide die Brustschilder gegen einander kehren und das Männchen sich mit den Nägeln der
Vorderfüße an der schlaffen Halshaut des Weibchens festhält. Jn der Nähe des Landes angekommen,
wartet die Schildkröte ihre Zeit ab und begibt sich dann abends mit großer Vorsicht aus Land. Schon
am Tage sieht man sie, nach Beobachtung des Prinzen von Wied, unweit der Küste umherschwimmen,
wobei sie den dicken, runden Kopf allein über dem Wasser zeigt, den Rückenpanzer aber eben nur an die

Die Schildkröten. Meerſchildkröten. Seeſchildkröten.
Scheibe, ebenſo viele ſtehen auf dem Bruſtpanzer; jene ſind glatt, d. h. nicht gekielt und durch Nähte
verbunden; die vier erſteren mittleren bilden Sechsecke, das fünfte einen an der Spitze abgeſtumpften
Zirkelabſchnitt; die acht Seitenſchilder ſind fünfeckig, fünfundzwanzig kleine, über die Schale hervor-
ſpringende Randſchilder, welche ſie umgeben, viereckig. Die Kiefern ſind ſcharf und gezähnelt, die
Vorderfüße lang, geſtreckt und ſchmal, die hinteren breit und klumpig. Ein ſchwer zu beſtimmendes
Dunkelgrün iſt die Grundfärbung; auf ihr ſtehen undeutliche gelbe Flecken.

Am häufigſten lebt dieſe Seeſchildkröte im atlantiſchen Weltmeere, an der afrikaniſchen Küſte
ebenſowohl als an der amerikaniſchen, verirrt ſich aber zuweilen ins mittelländiſche Meer oder ſelbſt
bis an unſere nordeuropäiſche Küſten. Zu ihrer Fortpflanzung wählt ſie verſchiedene, innerhalb des
heißen Gürtels liegende Jnſeln.

Die Karette (Chelonia-Eretmochelys-imbricata) unterſcheidet ſich von jener durch die Be-
ſchilderung. Die Scheibe des Rückenpanzers wird von dreizehn, die des Bruſtpanzers von zwölf, der
Rand von fünfundzwanzig Schildern gebildet; jene liegen aber nicht neben, ſondern ziegelförmig über
einander, und daſſelbe findet bei den hinteren Randſchildern ſtatt; die fünf mittleren Rückenſchilder
gleichen ſich weder in der Größe, noch in der Geſtalt, ſondern nur darin, daß ſie in der Mitte einen
Längskiel haben. Das erſte iſt breit und vierſeitig, am Vorderrande halbzirkelförmig; die drei
folgenden ſind ſechseckig, länger als breit; das fünfte verlängert ſich hinten in eine Spitze und nimmt
die Geſtalt eines Fünfecks an. Von den Seitenſchildern ſind die vorderen und hinteren vierſeitig, die
mittleren fünfſeitig. Alle ſind auf ſchwarzbraunem Grunde unregelmäßig durchſichtig roſenröthlich
und ledergelb gezeichnet und gefleckt, die zwölf Schilder des Bruſtpanzers weißlich oder ledergelb.

Der Verbreitungskreis der Karette iſt ſehr ausgedehnt: man findet ſie in allen zwiſchen den
Wendekreiſen liegenden Meeren und Meerestheilen der Erde, beſonders häufig in der Nähe Jndiens
und Mittelamerikas. Jn die europäiſchen Gewäſſer hat ſie ſich mehrfach verirrt.

Die Seeſchildkröten ſind vollendete Meerthiere. Sie halten ſich zwar vorzugsweiſe in der
Nähe der Küſte auf, werden aber doch oft auch ſehr weit von dieſer, manchmal mitten im Meere
gefunden. Hier ſieht man ſie nah der Oberfläche umherſchwimmen, zuweilen auch wohl auf ihr
liegen, wie es ſcheint, ſchlafend, bei der geringſten Störung aber ſofort in der Tiefe verſchwinden.
Sie ſchwimmen mit großer Schnelligkeit und bedeutender Kraft in verſchiedener Tiefe, nehmen auch im
Waſſer wechſelnde Stellungen an, indem ſie bald mehr, bald weniger die wagrechte Lage verändern.
Da, wo ſie häufig ſind, ſieht man manchmal förmliche Herden von ihnen, wie ſie überhaupt ſehr
geſellig zu ſein ſcheinen. Jhre Nahrung beſteht in Seethieren verſchiedener Art und in Pflanzen.
Die Karette gehört zu den Raubthieren und ſoll ſich vorzugsweiſe von Muſcheln nähren, deren Schalen
ſie mit ihren kräftigen Kiefern leicht zerbricht; die Suppenſchildkröte hingegen frißt wenigſtens vor-
zugsweiſe Seepflanzen, insbeſondere Tange und verräth ſich da, wo ſie häufig iſt, durch die von ihr
abgebiſſenen Theile dieſer Pflanzen, welche auf der Oberfläche des Meeres umherſchwimmen.

Zu gewiſſen Zeiten verlaſſen die Seeſchildkröten die Tiefe des Meeres und ſteuern beſtimmten-
altgewohnten Plätzen zu, um ihrem Fortpflanzungstriebe zu genügen. Die Männchen folgen, laut
Dampier, ihrem Weibchen auf dieſer Reiſe, gehen aber, wenn dieſe legen, nicht mit ihnen ans Land,
ſondern bleiben in der Gegend. Vorher hatten ſich beide Geſchlechter begattet, welches Geſchäft nach
Catesby mehr als vierzehn Tage in Anſpruch nehmen ſoll. Villemont ſagt, daß das Männchen
während der Begattung auf dem Rücken des Weibchens ſitze und gleichſam reite; Lacepede dagegen
behauptet, daß beide die Bruſtſchilder gegen einander kehren und das Männchen ſich mit den Nägeln der
Vorderfüße an der ſchlaffen Halshaut des Weibchens feſthält. Jn der Nähe des Landes angekommen,
wartet die Schildkröte ihre Zeit ab und begibt ſich dann abends mit großer Vorſicht aus Land. Schon
am Tage ſieht man ſie, nach Beobachtung des Prinzen von Wied, unweit der Küſte umherſchwimmen,
wobei ſie den dicken, runden Kopf allein über dem Waſſer zeigt, den Rückenpanzer aber eben nur an die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0062" n="50"/><fw place="top" type="header">Die Schildkröten. Meer&#x017F;childkröten. See&#x017F;childkröten.</fw><lb/>
Scheibe, eben&#x017F;o viele &#x017F;tehen auf dem Bru&#x017F;tpanzer; jene &#x017F;ind glatt, d. h. nicht gekielt und durch Nähte<lb/>
verbunden; die vier er&#x017F;teren mittleren bilden Sechsecke, das fünfte einen an der Spitze abge&#x017F;tumpften<lb/>
Zirkelab&#x017F;chnitt; die acht Seiten&#x017F;childer &#x017F;ind fünfeckig, fünfundzwanzig kleine, über die Schale hervor-<lb/>
&#x017F;pringende Rand&#x017F;childer, welche &#x017F;ie umgeben, viereckig. Die Kiefern &#x017F;ind &#x017F;charf und gezähnelt, die<lb/>
Vorderfüße lang, ge&#x017F;treckt und &#x017F;chmal, die hinteren breit und klumpig. Ein &#x017F;chwer zu be&#x017F;timmendes<lb/>
Dunkelgrün i&#x017F;t die Grundfärbung; auf ihr &#x017F;tehen undeutliche gelbe Flecken.</p><lb/>
          <p>Am häufig&#x017F;ten lebt die&#x017F;e See&#x017F;childkröte im atlanti&#x017F;chen Weltmeere, an der afrikani&#x017F;chen Kü&#x017F;te<lb/>
eben&#x017F;owohl als an der amerikani&#x017F;chen, verirrt &#x017F;ich aber zuweilen ins mittelländi&#x017F;che Meer oder &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
bis an un&#x017F;ere nordeuropäi&#x017F;che Kü&#x017F;ten. Zu ihrer Fortpflanzung wählt &#x017F;ie ver&#x017F;chiedene, innerhalb des<lb/>
heißen Gürtels liegende Jn&#x017F;eln.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Karette</hi> <hi rendition="#aq">(Chelonia-Eretmochelys-imbricata)</hi> unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich von jener durch die Be-<lb/>
&#x017F;childerung. Die Scheibe des Rückenpanzers wird von dreizehn, die des Bru&#x017F;tpanzers von zwölf, der<lb/>
Rand von fünfundzwanzig Schildern gebildet; jene liegen aber nicht neben, &#x017F;ondern ziegelförmig über<lb/>
einander, und da&#x017F;&#x017F;elbe findet bei den hinteren Rand&#x017F;childern &#x017F;tatt; die fünf mittleren Rücken&#x017F;childer<lb/>
gleichen &#x017F;ich weder in der Größe, noch in der Ge&#x017F;talt, &#x017F;ondern nur darin, daß &#x017F;ie in der Mitte einen<lb/>
Längskiel haben. Das er&#x017F;te i&#x017F;t breit und vier&#x017F;eitig, am Vorderrande halbzirkelförmig; die drei<lb/>
folgenden &#x017F;ind &#x017F;echseckig, länger als breit; das fünfte verlängert &#x017F;ich hinten in eine Spitze und nimmt<lb/>
die Ge&#x017F;talt eines Fünfecks an. Von den Seiten&#x017F;childern &#x017F;ind die vorderen und hinteren vier&#x017F;eitig, die<lb/>
mittleren fünf&#x017F;eitig. Alle &#x017F;ind auf &#x017F;chwarzbraunem Grunde unregelmäßig durch&#x017F;ichtig ro&#x017F;enröthlich<lb/>
und ledergelb gezeichnet und gefleckt, die zwölf Schilder des Bru&#x017F;tpanzers weißlich oder ledergelb.</p><lb/>
          <p>Der Verbreitungskreis der Karette i&#x017F;t &#x017F;ehr ausgedehnt: man findet &#x017F;ie in allen zwi&#x017F;chen den<lb/>
Wendekrei&#x017F;en liegenden Meeren und Meerestheilen der Erde, be&#x017F;onders häufig in der Nähe Jndiens<lb/>
und Mittelamerikas. Jn die europäi&#x017F;chen Gewä&#x017F;&#x017F;er hat &#x017F;ie &#x017F;ich mehrfach verirrt.</p><lb/>
          <p>Die See&#x017F;childkröten &#x017F;ind vollendete Meerthiere. Sie halten &#x017F;ich zwar vorzugswei&#x017F;e in der<lb/>
Nähe der Kü&#x017F;te auf, werden aber doch oft auch &#x017F;ehr weit von die&#x017F;er, manchmal mitten im Meere<lb/>
gefunden. Hier &#x017F;ieht man &#x017F;ie nah der Oberfläche umher&#x017F;chwimmen, zuweilen auch wohl auf ihr<lb/>
liegen, wie es &#x017F;cheint, &#x017F;chlafend, bei der gering&#x017F;ten Störung aber &#x017F;ofort in der Tiefe ver&#x017F;chwinden.<lb/>
Sie &#x017F;chwimmen mit großer Schnelligkeit und bedeutender Kraft in ver&#x017F;chiedener Tiefe, nehmen auch im<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er wech&#x017F;elnde Stellungen an, indem &#x017F;ie bald mehr, bald weniger die wagrechte Lage verändern.<lb/>
Da, wo &#x017F;ie häufig &#x017F;ind, &#x017F;ieht man manchmal förmliche Herden von ihnen, wie &#x017F;ie überhaupt &#x017F;ehr<lb/>
ge&#x017F;ellig zu &#x017F;ein &#x017F;cheinen. Jhre Nahrung be&#x017F;teht in Seethieren ver&#x017F;chiedener Art und in Pflanzen.<lb/>
Die Karette gehört zu den Raubthieren und &#x017F;oll &#x017F;ich vorzugswei&#x017F;e von Mu&#x017F;cheln nähren, deren Schalen<lb/>
&#x017F;ie mit ihren kräftigen Kiefern leicht zerbricht; die Suppen&#x017F;childkröte hingegen frißt wenig&#x017F;tens vor-<lb/>
zugswei&#x017F;e Seepflanzen, insbe&#x017F;ondere Tange und verräth &#x017F;ich da, wo &#x017F;ie häufig i&#x017F;t, durch die von ihr<lb/>
abgebi&#x017F;&#x017F;enen Theile die&#x017F;er Pflanzen, welche auf der Oberfläche des Meeres umher&#x017F;chwimmen.</p><lb/>
          <p>Zu gewi&#x017F;&#x017F;en Zeiten verla&#x017F;&#x017F;en die See&#x017F;childkröten die Tiefe des Meeres und &#x017F;teuern be&#x017F;timmten-<lb/>
altgewohnten Plätzen zu, um ihrem Fortpflanzungstriebe zu genügen. Die Männchen folgen, laut<lb/><hi rendition="#g">Dampier,</hi> ihrem Weibchen auf die&#x017F;er Rei&#x017F;e, gehen aber, wenn die&#x017F;e legen, nicht mit ihnen ans Land,<lb/>
&#x017F;ondern bleiben in der Gegend. Vorher hatten &#x017F;ich beide Ge&#x017F;chlechter begattet, welches Ge&#x017F;chäft nach<lb/><hi rendition="#g">Catesby</hi> mehr als vierzehn Tage in An&#x017F;pruch nehmen &#x017F;oll. <hi rendition="#g">Villemont</hi> &#x017F;agt, daß das Männchen<lb/>
während der Begattung auf dem Rücken des Weibchens &#x017F;itze und gleich&#x017F;am reite; <hi rendition="#g">Lacepede</hi> dagegen<lb/>
behauptet, daß beide die Bru&#x017F;t&#x017F;childer gegen einander kehren und das Männchen &#x017F;ich mit den Nägeln der<lb/>
Vorderfüße an der &#x017F;chlaffen Halshaut des Weibchens fe&#x017F;thält. Jn der Nähe des Landes angekommen,<lb/>
wartet die Schildkröte ihre Zeit ab und begibt &#x017F;ich dann abends mit großer Vor&#x017F;icht aus Land. Schon<lb/>
am Tage &#x017F;ieht man &#x017F;ie, nach Beobachtung des <hi rendition="#g">Prinzen von Wied,</hi> unweit der Kü&#x017F;te umher&#x017F;chwimmen,<lb/>
wobei &#x017F;ie den dicken, runden Kopf allein über dem Wa&#x017F;&#x017F;er zeigt, den Rückenpanzer aber eben nur an die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0062] Die Schildkröten. Meerſchildkröten. Seeſchildkröten. Scheibe, ebenſo viele ſtehen auf dem Bruſtpanzer; jene ſind glatt, d. h. nicht gekielt und durch Nähte verbunden; die vier erſteren mittleren bilden Sechsecke, das fünfte einen an der Spitze abgeſtumpften Zirkelabſchnitt; die acht Seitenſchilder ſind fünfeckig, fünfundzwanzig kleine, über die Schale hervor- ſpringende Randſchilder, welche ſie umgeben, viereckig. Die Kiefern ſind ſcharf und gezähnelt, die Vorderfüße lang, geſtreckt und ſchmal, die hinteren breit und klumpig. Ein ſchwer zu beſtimmendes Dunkelgrün iſt die Grundfärbung; auf ihr ſtehen undeutliche gelbe Flecken. Am häufigſten lebt dieſe Seeſchildkröte im atlantiſchen Weltmeere, an der afrikaniſchen Küſte ebenſowohl als an der amerikaniſchen, verirrt ſich aber zuweilen ins mittelländiſche Meer oder ſelbſt bis an unſere nordeuropäiſche Küſten. Zu ihrer Fortpflanzung wählt ſie verſchiedene, innerhalb des heißen Gürtels liegende Jnſeln. Die Karette (Chelonia-Eretmochelys-imbricata) unterſcheidet ſich von jener durch die Be- ſchilderung. Die Scheibe des Rückenpanzers wird von dreizehn, die des Bruſtpanzers von zwölf, der Rand von fünfundzwanzig Schildern gebildet; jene liegen aber nicht neben, ſondern ziegelförmig über einander, und daſſelbe findet bei den hinteren Randſchildern ſtatt; die fünf mittleren Rückenſchilder gleichen ſich weder in der Größe, noch in der Geſtalt, ſondern nur darin, daß ſie in der Mitte einen Längskiel haben. Das erſte iſt breit und vierſeitig, am Vorderrande halbzirkelförmig; die drei folgenden ſind ſechseckig, länger als breit; das fünfte verlängert ſich hinten in eine Spitze und nimmt die Geſtalt eines Fünfecks an. Von den Seitenſchildern ſind die vorderen und hinteren vierſeitig, die mittleren fünfſeitig. Alle ſind auf ſchwarzbraunem Grunde unregelmäßig durchſichtig roſenröthlich und ledergelb gezeichnet und gefleckt, die zwölf Schilder des Bruſtpanzers weißlich oder ledergelb. Der Verbreitungskreis der Karette iſt ſehr ausgedehnt: man findet ſie in allen zwiſchen den Wendekreiſen liegenden Meeren und Meerestheilen der Erde, beſonders häufig in der Nähe Jndiens und Mittelamerikas. Jn die europäiſchen Gewäſſer hat ſie ſich mehrfach verirrt. Die Seeſchildkröten ſind vollendete Meerthiere. Sie halten ſich zwar vorzugsweiſe in der Nähe der Küſte auf, werden aber doch oft auch ſehr weit von dieſer, manchmal mitten im Meere gefunden. Hier ſieht man ſie nah der Oberfläche umherſchwimmen, zuweilen auch wohl auf ihr liegen, wie es ſcheint, ſchlafend, bei der geringſten Störung aber ſofort in der Tiefe verſchwinden. Sie ſchwimmen mit großer Schnelligkeit und bedeutender Kraft in verſchiedener Tiefe, nehmen auch im Waſſer wechſelnde Stellungen an, indem ſie bald mehr, bald weniger die wagrechte Lage verändern. Da, wo ſie häufig ſind, ſieht man manchmal förmliche Herden von ihnen, wie ſie überhaupt ſehr geſellig zu ſein ſcheinen. Jhre Nahrung beſteht in Seethieren verſchiedener Art und in Pflanzen. Die Karette gehört zu den Raubthieren und ſoll ſich vorzugsweiſe von Muſcheln nähren, deren Schalen ſie mit ihren kräftigen Kiefern leicht zerbricht; die Suppenſchildkröte hingegen frißt wenigſtens vor- zugsweiſe Seepflanzen, insbeſondere Tange und verräth ſich da, wo ſie häufig iſt, durch die von ihr abgebiſſenen Theile dieſer Pflanzen, welche auf der Oberfläche des Meeres umherſchwimmen. Zu gewiſſen Zeiten verlaſſen die Seeſchildkröten die Tiefe des Meeres und ſteuern beſtimmten- altgewohnten Plätzen zu, um ihrem Fortpflanzungstriebe zu genügen. Die Männchen folgen, laut Dampier, ihrem Weibchen auf dieſer Reiſe, gehen aber, wenn dieſe legen, nicht mit ihnen ans Land, ſondern bleiben in der Gegend. Vorher hatten ſich beide Geſchlechter begattet, welches Geſchäft nach Catesby mehr als vierzehn Tage in Anſpruch nehmen ſoll. Villemont ſagt, daß das Männchen während der Begattung auf dem Rücken des Weibchens ſitze und gleichſam reite; Lacepede dagegen behauptet, daß beide die Bruſtſchilder gegen einander kehren und das Männchen ſich mit den Nägeln der Vorderfüße an der ſchlaffen Halshaut des Weibchens feſthält. Jn der Nähe des Landes angekommen, wartet die Schildkröte ihre Zeit ab und begibt ſich dann abends mit großer Vorſicht aus Land. Schon am Tage ſieht man ſie, nach Beobachtung des Prinzen von Wied, unweit der Küſte umherſchwimmen, wobei ſie den dicken, runden Kopf allein über dem Waſſer zeigt, den Rückenpanzer aber eben nur an die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/62
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/62>, abgerufen am 07.05.2024.