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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Gurami.
ſelbſtverſtändlich bei, bezeichnen die Sippſchaft aber treffender mit dem Namen Schlundknöchler.
Die Merkmale liegen in dem ſeitlich ſehr zuſammengedrückten, unregelmäßigen, eiförmigen, am
Bauche mehr als am Rücken ausgebogenen Leibe, dem kleinen, verſchiebbaren Maule, deſſen Unter-
kinnlade etwas vorſteht, den feinen, ſammetartigen Zähnen in beiden Kinnladen, der feinen Zähnelung
am Rande des Vorkiemendeckels und Unteraugenrandknochens, der die Rückenfloſſe an Größe über-
treffenden Afterfloſſe und der Bildung der Bauchfloſſe, deren erſter Strahl borſtig und ſehr
verlängert iſt.

Der von Commerſon unter dem angegebenen Namen beſchriebene Gurami, ein ſehr großer
Fiſch, welcher zuweilen 6 Fuß an Länge und mehr als 20 Pfund an Gewicht erreichen ſoll, iſt am Rücken
braunröthlich gefärbt und dunkler in die Quere gebändert, am Bauche auf ſilberfarbenem Grunde
wie mit braunen Mondflecken gezeichnet, weil der Rand der lichten Schuppen braun ausſieht; außer-
dem noch kenntlich an einem ſchwarzen, unregelmäßigen Flecken an der Wurzel der Bruſtfloſſe. Die
Rückenfloſſe enthält 14 ſtachelige und 12 weiche, die Afterfloſſe 11 ſtachelige und 19 weiche, jede
Bruſtfloſſe 16, die Bauchfloſſe 6, die Schwanzfloſſe 16 Strahlen.

Commerſon glaubt, daß der Gurami urſprünglich in China zu Hauſe, von hier aber nach
Java gebracht worden ſei, und zwar ſeines ausgezeichneten Fleiſches halber, welches nach Anſicht des
genannten Forſchers das aller übrigen Süßwaſſer- und Seefiſche an Güte übertreffen ſoll. Die
Holländer um Batavia halten deshalb Guramis in Teichen und in großen irdenen Gefäßen, deren
Waſſer ſie alltäglich erneuern, und füttern ihre Gefangenen mit einer Süßwaſſerpflanze, der Pistia
natans;
Dupetit-Thouars beobachtete aber, daß diejenigen, welche man auf der Jnſel Frankreich
eingeführt hatte, nicht allein Pflanzen fraßen, ſondern auch gierig die menſchlichen Auswurfſtoffe
einer in ihr Wohnwaſſer mündenden Kloake verzehrten, und daß ihr Fleiſch in Folge dieſer Nahrung
einen ſchlechten Geſchmack annahm. Ueber die Fortpflanzung wird geſagt, daß das Weibchen am
Ufer der Teiche eine Grube austiefe und in ihr ſeine Eier ablege.

Die Vortrefflichkeit des Fleiſches und die Zählebigkeit des Fiſches hat zu Verſuchen veranlaßt,
ihn auch in anderen Ländern einzuführen, um ſo mehr als die auf der Jnſel Frankreich geſammelten
Erfahrungen ſehr dafür ſprechen. Hier waren nämlich Guramis aus den Zuchtteichen entronnen
und in die kleinen Flüſſe der Jnſel gerathen, hatten ſich aber bald vollſtändig eingewöhnt, ja wirklich
eingebürgert, erfüllten alſo alle Bedingungen, welche die Verſetzung eines Thieres von ſeinem
Heimatlande in ein fremdes ermöglichen. Deshalb ſchiffte Kapitän Philibert, welcher von der
franzöſiſchen Regierung ausgeſandt worden war, verſchiedenartige Thiere und Pflanzen der Oſthälfte
nach Amerika zu bringen, hundert Guramis auf der Jnſel Mauritius ein. Sein Verſuch gelang in
überraſchender Weiſe; denn er verlor unterwegs blos dreiundzwanzig ſeiner Fiſche, — eine kaum
nennenswerthe Anzahl. Ein Gurami ſoll auch lebendig bis an die franzöſiſche Küſte gekommen und
erſt Angeſichts des Hafens geſtorben ſein. Jm vorigen Jahre (1867) hat man Guramis in einigen
Seen Ceylons ausgeſetzt und hofft, daß ſie hier gedeihen werden.

Jch weiß nicht, ob man neuerdings die Verſuche, den vielverſprechenden Fiſch bei uns einzu-
bürgern, fortgeſetzt hat; wenigſtens erinnere ich mich nicht, Etwas hierüber geleſen zu haben.
Jedenfalls dürfte es angemeſſen ſein, die allgemeine Aufmerkſamkeit wieder auf dieſes Thier zu
lenken, zumal in unſerer Zeit, in welcher die Klage über Entvölkerung der Flüſſe immer allgemeiner
wird und Abhilfe des fühlbaren Mangels dringend geboten erſcheint. Verſuche, den Gurami bei
uns heimiſch zu machen, würden höchſt wahrſcheinlich glücken, wenn man die Vorſicht gebrauchen
wollte, ihn nach und nach an die Strenge unſeres Klimas zu gewöhnen, alſo zunächſt im Süden
Europas einzuführen und von dort aus allmählich in die nördlicheren Gewäſſer zu verpflanzen.



Brehm, Thierleben. V. 34

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/563>, abgerufen am 12.01.2025.