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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Blöker. Seebarben. Rothbarben.
lang, die Leber groß und in zwei ungleiche Lappen getheilt; den Pförtner umgeben viele Anhänge;
eine Schwimmblase ist nicht vorhanden.

Bei den alten Römern standen die Seebarben im höchstem Ansehen, nicht allein ihres
köstlichen Fleisches, sondern auch ihrer prachtvollen Färbung halber. "Das fleisch der thieren", sagt
Geßner, die alten Berichte wiedergebend, "ist in grosser mächtiger werthe gehalten, von menniglichen
hoch gehalten, also daß sie zu zeiten mit gleichem guts reins silbers an dem gewicht sind bezahlt
worden: dann nicht allein von seines fleischs wegen sind sie hochgehalten, sonder die augen damit zu
belustigen, indem daß man solche lebendig in durchscheinende gläsene geschirr gethan hat, wol
verschlossen, zu sehen sein lieblichen todt, wunderbarlich absterben, verwanderung der schönen farben
seiner schüppen von einer in die ander, solang biß er gantz abgestorben." .... "Nichts Schöneres",
ruft Seueca aus, "als eine sterbende Seebarbe! Sie wehrt sich gegen den nahenden Tod, und
diese Anstrengungen verbreiten über ihren Leib das glänzendste Purpurroth, welches später in eine
allgemeine Blässe übergeht, während des Sterbens die wunderherrlichsten Schattirungen durchlaufend."
Zur Augenweide der eingeladenen Gäste brachte man in gläsernen Gefäßen Seebarben in das
Speisezimmer und übergab sie dann den Weibern, welche sie in ihren Händen sterben ließen, um sich
an dem erwähnten Farbenspiele zu ergötzen. Zuerst beobachtete man die Bewegungen in den
Gefäßen unter lauten Ausrufen der Bewunderung des Schauspieles; später machte man sich wechsel-
seitig auf das lebhafte Feuer der Schuppen, auf den Glanz der Kiemen aufmerksam. Nach erfolgtem
Tode eilte man so schnell als möglich in die Küche, um den Fisch bereiten zu lassen; denn eine
Seebarbe, welche am Morgen gefangen und abgestorben war, galt nicht für frisch: sie mußte lebend
den Gästen vorgestellt worden sein. Jhretwegen legte man unter den Polstern, auf welchen die
Tischgäste bei der Mahlzeit lagerten, eigene Fischbehälter an und verband diese mit den Teichen außer-
halb der Wohnhäuser, in denen man die Vorräthe aufspeicherte. Große Seebarben wurden oft von
sehr weit her aus den Meeren gebracht und dann zunächst in jenen Fischteichen aufbewahrt, obgleich
sie die Gefangenschaft nicht gut aushielten und von mehreren Tausenden blos wenige am Leben
blieben. Cicero schilt die Römer, daß sie solch kindisches Spiel treiben und sagt, die Reichen
glaubten im Himmel zu sein, wenn sie in ihren Fischteichen Seebarben besäßen, welche nach der
Hand ihres Herrn schwimmen. Der Preis erreichte in Folge dieser Liebhaberei eine unglaubliche
Höhe. Eine Seebarbe von zwei Pfund kostete sehr viel Geld; eine solche von drei Pfund zog
allgemeine Bewunderung auf sich; eine von mehr als vier Pfund war fast unbezahlbar. Ueber den
Preis liegen genaue Angaben vor. So erzählt Seneca, daß Tiberius eine ihm geschenkte See-
barbe von vier Pfund Gewicht aus Geiz auf den Markt gesandt habe, im Voraus die Käufer
bestimmend. Jn der That überboten sich denn auch die von ihm genannten Schlecker Apicius und
Octavius, und letzterer erwarb sich den außerordentlichen Ruhm, einen Fisch, welchen der Kaiser
verkaufte und Apicius nicht bezahlen konnte, für fünftausend Sestertien oder etwa dreihundert Thaler
unseres Geldes zu erstehen. Juvenal spricht übrigens von einer Seebarbe, welche um sechstausend
Sestertien gekauft wurde, freilich auch fast sechs Pfund wog. Unter der Regierung des Caligula
kaufte Asinus Celer, laut Plinius, einen dieser Fische um achttausend Sestertien; ja der Preis
stieg noch mehr, sodaß Tiberius endlich sich veranlaßt sah, besondere Gesetze zu erlassen, bestimmt,
den Preis der Lebensmittel auf den Märkten zu regeln. Nach dem Urtheile der Römer galt die
Seebarbe als der beste aller Fische und Kopf und Leber als der feinste Leckerbissen, den man sich
überhaupt denken konnte. Aber diese Anschauung war Nichts mehr oder minder als reine
Modesache; denn sie verlor sich später gänzlich.



Die Stachelfloſſer. Blöker. Seebarben. Rothbarben.
lang, die Leber groß und in zwei ungleiche Lappen getheilt; den Pförtner umgeben viele Anhänge;
eine Schwimmblaſe iſt nicht vorhanden.

Bei den alten Römern ſtanden die Seebarben im höchſtem Anſehen, nicht allein ihres
köſtlichen Fleiſches, ſondern auch ihrer prachtvollen Färbung halber. „Das fleiſch der thieren“, ſagt
Geßner, die alten Berichte wiedergebend, „iſt in groſſer mächtiger werthe gehalten, von menniglichen
hoch gehalten, alſo daß ſie zu zeiten mit gleichem guts reins ſilbers an dem gewicht ſind bezahlt
worden: dann nicht allein von ſeines fleiſchs wegen ſind ſie hochgehalten, ſonder die augen damit zu
beluſtigen, indem daß man ſolche lebendig in durchſcheinende gläſene geſchirr gethan hat, wol
verſchloſſen, zu ſehen ſein lieblichen todt, wunderbarlich abſterben, verwanderung der ſchönen farben
ſeiner ſchüppen von einer in die ander, ſolang biß er gantz abgeſtorben.“ .... „Nichts Schöneres“,
ruft Seueca aus, „als eine ſterbende Seebarbe! Sie wehrt ſich gegen den nahenden Tod, und
dieſe Anſtrengungen verbreiten über ihren Leib das glänzendſte Purpurroth, welches ſpäter in eine
allgemeine Bläſſe übergeht, während des Sterbens die wunderherrlichſten Schattirungen durchlaufend.“
Zur Augenweide der eingeladenen Gäſte brachte man in gläſernen Gefäßen Seebarben in das
Speiſezimmer und übergab ſie dann den Weibern, welche ſie in ihren Händen ſterben ließen, um ſich
an dem erwähnten Farbenſpiele zu ergötzen. Zuerſt beobachtete man die Bewegungen in den
Gefäßen unter lauten Ausrufen der Bewunderung des Schauſpieles; ſpäter machte man ſich wechſel-
ſeitig auf das lebhafte Feuer der Schuppen, auf den Glanz der Kiemen aufmerkſam. Nach erfolgtem
Tode eilte man ſo ſchnell als möglich in die Küche, um den Fiſch bereiten zu laſſen; denn eine
Seebarbe, welche am Morgen gefangen und abgeſtorben war, galt nicht für friſch: ſie mußte lebend
den Gäſten vorgeſtellt worden ſein. Jhretwegen legte man unter den Polſtern, auf welchen die
Tiſchgäſte bei der Mahlzeit lagerten, eigene Fiſchbehälter an und verband dieſe mit den Teichen außer-
halb der Wohnhäuſer, in denen man die Vorräthe aufſpeicherte. Große Seebarben wurden oft von
ſehr weit her aus den Meeren gebracht und dann zunächſt in jenen Fiſchteichen aufbewahrt, obgleich
ſie die Gefangenſchaft nicht gut aushielten und von mehreren Tauſenden blos wenige am Leben
blieben. Cicero ſchilt die Römer, daß ſie ſolch kindiſches Spiel treiben und ſagt, die Reichen
glaubten im Himmel zu ſein, wenn ſie in ihren Fiſchteichen Seebarben beſäßen, welche nach der
Hand ihres Herrn ſchwimmen. Der Preis erreichte in Folge dieſer Liebhaberei eine unglaubliche
Höhe. Eine Seebarbe von zwei Pfund koſtete ſehr viel Geld; eine ſolche von drei Pfund zog
allgemeine Bewunderung auf ſich; eine von mehr als vier Pfund war faſt unbezahlbar. Ueber den
Preis liegen genaue Angaben vor. So erzählt Seneca, daß Tiberius eine ihm geſchenkte See-
barbe von vier Pfund Gewicht aus Geiz auf den Markt geſandt habe, im Voraus die Käufer
beſtimmend. Jn der That überboten ſich denn auch die von ihm genannten Schlecker Apicius und
Octavius, und letzterer erwarb ſich den außerordentlichen Ruhm, einen Fiſch, welchen der Kaiſer
verkaufte und Apicius nicht bezahlen konnte, für fünftauſend Seſtertien oder etwa dreihundert Thaler
unſeres Geldes zu erſtehen. Juvenal ſpricht übrigens von einer Seebarbe, welche um ſechstauſend
Seſtertien gekauft wurde, freilich auch faſt ſechs Pfund wog. Unter der Regierung des Caligula
kaufte Aſinus Celer, laut Plinius, einen dieſer Fiſche um achttauſend Seſtertien; ja der Preis
ſtieg noch mehr, ſodaß Tiberius endlich ſich veranlaßt ſah, beſondere Geſetze zu erlaſſen, beſtimmt,
den Preis der Lebensmittel auf den Märkten zu regeln. Nach dem Urtheile der Römer galt die
Seebarbe als der beſte aller Fiſche und Kopf und Leber als der feinſte Leckerbiſſen, den man ſich
überhaupt denken konnte. Aber dieſe Anſchauung war Nichts mehr oder minder als reine
Modeſache; denn ſie verlor ſich ſpäter gänzlich.



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[514/0546] Die Stachelfloſſer. Blöker. Seebarben. Rothbarben. lang, die Leber groß und in zwei ungleiche Lappen getheilt; den Pförtner umgeben viele Anhänge; eine Schwimmblaſe iſt nicht vorhanden. Bei den alten Römern ſtanden die Seebarben im höchſtem Anſehen, nicht allein ihres köſtlichen Fleiſches, ſondern auch ihrer prachtvollen Färbung halber. „Das fleiſch der thieren“, ſagt Geßner, die alten Berichte wiedergebend, „iſt in groſſer mächtiger werthe gehalten, von menniglichen hoch gehalten, alſo daß ſie zu zeiten mit gleichem guts reins ſilbers an dem gewicht ſind bezahlt worden: dann nicht allein von ſeines fleiſchs wegen ſind ſie hochgehalten, ſonder die augen damit zu beluſtigen, indem daß man ſolche lebendig in durchſcheinende gläſene geſchirr gethan hat, wol verſchloſſen, zu ſehen ſein lieblichen todt, wunderbarlich abſterben, verwanderung der ſchönen farben ſeiner ſchüppen von einer in die ander, ſolang biß er gantz abgeſtorben.“ .... „Nichts Schöneres“, ruft Seueca aus, „als eine ſterbende Seebarbe! Sie wehrt ſich gegen den nahenden Tod, und dieſe Anſtrengungen verbreiten über ihren Leib das glänzendſte Purpurroth, welches ſpäter in eine allgemeine Bläſſe übergeht, während des Sterbens die wunderherrlichſten Schattirungen durchlaufend.“ Zur Augenweide der eingeladenen Gäſte brachte man in gläſernen Gefäßen Seebarben in das Speiſezimmer und übergab ſie dann den Weibern, welche ſie in ihren Händen ſterben ließen, um ſich an dem erwähnten Farbenſpiele zu ergötzen. Zuerſt beobachtete man die Bewegungen in den Gefäßen unter lauten Ausrufen der Bewunderung des Schauſpieles; ſpäter machte man ſich wechſel- ſeitig auf das lebhafte Feuer der Schuppen, auf den Glanz der Kiemen aufmerkſam. Nach erfolgtem Tode eilte man ſo ſchnell als möglich in die Küche, um den Fiſch bereiten zu laſſen; denn eine Seebarbe, welche am Morgen gefangen und abgeſtorben war, galt nicht für friſch: ſie mußte lebend den Gäſten vorgeſtellt worden ſein. Jhretwegen legte man unter den Polſtern, auf welchen die Tiſchgäſte bei der Mahlzeit lagerten, eigene Fiſchbehälter an und verband dieſe mit den Teichen außer- halb der Wohnhäuſer, in denen man die Vorräthe aufſpeicherte. Große Seebarben wurden oft von ſehr weit her aus den Meeren gebracht und dann zunächſt in jenen Fiſchteichen aufbewahrt, obgleich ſie die Gefangenſchaft nicht gut aushielten und von mehreren Tauſenden blos wenige am Leben blieben. Cicero ſchilt die Römer, daß ſie ſolch kindiſches Spiel treiben und ſagt, die Reichen glaubten im Himmel zu ſein, wenn ſie in ihren Fiſchteichen Seebarben beſäßen, welche nach der Hand ihres Herrn ſchwimmen. Der Preis erreichte in Folge dieſer Liebhaberei eine unglaubliche Höhe. Eine Seebarbe von zwei Pfund koſtete ſehr viel Geld; eine ſolche von drei Pfund zog allgemeine Bewunderung auf ſich; eine von mehr als vier Pfund war faſt unbezahlbar. Ueber den Preis liegen genaue Angaben vor. So erzählt Seneca, daß Tiberius eine ihm geſchenkte See- barbe von vier Pfund Gewicht aus Geiz auf den Markt geſandt habe, im Voraus die Käufer beſtimmend. Jn der That überboten ſich denn auch die von ihm genannten Schlecker Apicius und Octavius, und letzterer erwarb ſich den außerordentlichen Ruhm, einen Fiſch, welchen der Kaiſer verkaufte und Apicius nicht bezahlen konnte, für fünftauſend Seſtertien oder etwa dreihundert Thaler unſeres Geldes zu erſtehen. Juvenal ſpricht übrigens von einer Seebarbe, welche um ſechstauſend Seſtertien gekauft wurde, freilich auch faſt ſechs Pfund wog. Unter der Regierung des Caligula kaufte Aſinus Celer, laut Plinius, einen dieſer Fiſche um achttauſend Seſtertien; ja der Preis ſtieg noch mehr, ſodaß Tiberius endlich ſich veranlaßt ſah, beſondere Geſetze zu erlaſſen, beſtimmt, den Preis der Lebensmittel auf den Märkten zu regeln. Nach dem Urtheile der Römer galt die Seebarbe als der beſte aller Fiſche und Kopf und Leber als der feinſte Leckerbiſſen, den man ſich überhaupt denken konnte. Aber dieſe Anſchauung war Nichts mehr oder minder als reine Modeſache; denn ſie verlor ſich ſpäter gänzlich.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/546>, abgerufen am 15.06.2024.