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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Teichfrosch.
er sich sehr verdient; er schadet jedoch auch wieder, da seine Gefräßigkeit ihn zu Eingriffen in unsere
Rechte verleitet, welche wir ihm nicht verzeihen können. Rösel, ein Naturforscher, welcher die
Frösche sehr sorgfältig beobachtete, versichert, daß alte Teichfrösche junge Mäuse, junge Sperlinge
verschlingen, sich sogar der Entenküchlein auf dem Wasser zu bemächtigen versuchen, obgleich sie kaum
oder nicht im Stande sind, dieselben zu verschlingen, sie vielmehr nur ertränken können. Gegen
Jüngere seiner Art oder Verwandte beweist er sehr wenig Rücksicht; was vor ihm zappelt und
genießbar ist, erscheint ihm eben recht. Jn Brutteichen kann er schädlich werden, weil er den jungen
Fischen ebenso eifrig nachstellt als Kerbthieren, Fröschen und Molchen; es wird versichert, daß er sich
sogar an alte Fische wage, sich an ihnen festsetze und sie so lange quäle, daß sie den Geist aufgeben.
Vielleicht geschieht Solches, falls es überhaupt begründet, mehr im Paarungsdrange als aus Raublust.

Erst wenn wirklich der Frühling eingetreten, also viel später als Laub- und Thaufrosch,
beginnt der Teichfrosch sein Fortpflanzungsgeschäft, selten vor Ende Mai's, gewöhnlich erst im Juni.
Die Begattung geschieht wie bei anderen Fröschen auch, währt aber länger; spät stattsindendes
Eierlegen soll das Weibchen zuweilen so entkräften, daß es dabei verendet. Das Männchen umarmt
es brünstig und drückt durch die Kraft seiner Arme und die Last seines Körpers die Eier geradezu
heraus. Letztere sehen hellgelb, auf einer Seite aber dunkelgelb aus, umhüllen sich beim Durchgange
im Eileiter mit einem gallertartigen Stoffe, fallen nach dem Legen zu Boden und bleiben hier liegen.
An Größe stehen sie denen der Thaufrösche, ja sogar denen der Laubfrösche etwas nach; dafür sind
sie um so zahlreicher und, wenn die Witterung während der Regenzeit günstig ist, entwickeln sich aus
ihnen so viele Larven und bezüglich Frösche, daß die letzteren in der That zur Landplage werden
können. Schon am vierten Tage bewegt sich der Keim, am Ende des fünften oder sechsten platzt das
Eilein, und man sieht nun die etwa linienlange Kaulquappe sich zitternd bewegen, bald darauf auch
schwimmen. Unter dem Vergrößerungsglase gewahrt man die Augen und den Mund schon deutlich,
an jeder Seite des Kopfes faltige Anhänge oder Röhrchen, aus denen sich die Kiemchen bilden. Von
nun an schreitet das Wachsthum der Larve sehr rasch vor sich. Der Kopf wird dicker, der Körper
rundlicher, der Schwanz länger, die Haut durchsichtig; am dreizehnten oder vierzehnten Tage hat die
Lunge sich bereits gebildet; die Kiemen schrumpfen ein und man bemerkt an ihrer Stelle ein
Kiemenloch. Nach Ablauf eines Monats verlangsamt sich der Fortgang der Entwicklung.
Wenn die Larve eine Länge von 21/2 Zoll hat, sind die vier Beine vollkommen ausgebildet,
der Schwanz aber immer noch länger als der Leib, seitlich zusammengedrückt und sehr hoch; von
nun an schrumpft dieser langsam ein und schwindet endlich gänzlich, ohne daß man eine ersichtliche
Zunahme des Leibes bemerkt: es sieht im Gegentheile aus, als ob der verwandelte Frosch kleiner sei
als die frühere Larve. Erst nach etwa vier Monaten ist die Verwandlung vollendet; im fünften
Jahre des Lebens hat der Frosch eine gewöhnliche Größe erreicht, wächst aber immer noch stetig fort
und nimmt möglicherweise bis zu Ende seines Lebens noch etwas an Umfang zu.

Wenige Teichfrösche sterben eines sogenannten natürlichen Todes; die Mehrzahl verendet unter
den Zähnen, im Schnabel oder in der Klaue eines Raubthieres. Jhre Zählebigkeit ist außerordentlich
groß. Auch sie können in Eisklumpen eingefrieren und mit dem aufthauenden Eise wieder ins
Leben zurückgerufen werden; auch sie sind befähigt, großer Dürre längere Zeit zu trotzen -- ein
Fall, welcher übrigens nur im Süden stattfindet, da sie im Norden unter solchen Umständen einem
anderen Gewässer zuhüpfen. Selbst schwere Verwundungen heilen bei ihnen bald wieder, Ver-
stümmelungen der fürchterlichsten Art bringen ihnen erst nach Stunden den Tod. Spallanzani
schnitt einem sich begattenden Frosch den Kopf ab; demungeachtet zog derselbe seine Vorderfüße nicht
vom Weibchen ab, und erst sieben Stunden später, nachdem das Weibchen aufgehört hatte, Eier zu
legen, trennte sich von demselben der Rumpf, dessen Bewegungen noch immer vier Stunden fort-
dauerten. Dagegen haben unsere Lurche an Raubthieren aller Art erbitterte Feinde. Fischotter,
Jltis und Wasserratte bemächtigen sich ihrer, Schreiadler, Schlangenadler und Bussarde, Raben und
Verwandtschaft, Störche und Reiher überfallen sie, Hechte und andere Raubfische würgen sie hinab,

Teichfroſch.
er ſich ſehr verdient; er ſchadet jedoch auch wieder, da ſeine Gefräßigkeit ihn zu Eingriffen in unſere
Rechte verleitet, welche wir ihm nicht verzeihen können. Röſel, ein Naturforſcher, welcher die
Fröſche ſehr ſorgfältig beobachtete, verſichert, daß alte Teichfröſche junge Mäuſe, junge Sperlinge
verſchlingen, ſich ſogar der Entenküchlein auf dem Waſſer zu bemächtigen verſuchen, obgleich ſie kaum
oder nicht im Stande ſind, dieſelben zu verſchlingen, ſie vielmehr nur ertränken können. Gegen
Jüngere ſeiner Art oder Verwandte beweiſt er ſehr wenig Rückſicht; was vor ihm zappelt und
genießbar iſt, erſcheint ihm eben recht. Jn Brutteichen kann er ſchädlich werden, weil er den jungen
Fiſchen ebenſo eifrig nachſtellt als Kerbthieren, Fröſchen und Molchen; es wird verſichert, daß er ſich
ſogar an alte Fiſche wage, ſich an ihnen feſtſetze und ſie ſo lange quäle, daß ſie den Geiſt aufgeben.
Vielleicht geſchieht Solches, falls es überhaupt begründet, mehr im Paarungsdrange als aus Raubluſt.

Erſt wenn wirklich der Frühling eingetreten, alſo viel ſpäter als Laub- und Thaufroſch,
beginnt der Teichfroſch ſein Fortpflanzungsgeſchäft, ſelten vor Ende Mai’s, gewöhnlich erſt im Juni.
Die Begattung geſchieht wie bei anderen Fröſchen auch, währt aber länger; ſpät ſtattſindendes
Eierlegen ſoll das Weibchen zuweilen ſo entkräften, daß es dabei verendet. Das Männchen umarmt
es brünſtig und drückt durch die Kraft ſeiner Arme und die Laſt ſeines Körpers die Eier geradezu
heraus. Letztere ſehen hellgelb, auf einer Seite aber dunkelgelb aus, umhüllen ſich beim Durchgange
im Eileiter mit einem gallertartigen Stoffe, fallen nach dem Legen zu Boden und bleiben hier liegen.
An Größe ſtehen ſie denen der Thaufröſche, ja ſogar denen der Laubfröſche etwas nach; dafür ſind
ſie um ſo zahlreicher und, wenn die Witterung während der Regenzeit günſtig iſt, entwickeln ſich aus
ihnen ſo viele Larven und bezüglich Fröſche, daß die letzteren in der That zur Landplage werden
können. Schon am vierten Tage bewegt ſich der Keim, am Ende des fünften oder ſechsten platzt das
Eilein, und man ſieht nun die etwa linienlange Kaulquappe ſich zitternd bewegen, bald darauf auch
ſchwimmen. Unter dem Vergrößerungsglaſe gewahrt man die Augen und den Mund ſchon deutlich,
an jeder Seite des Kopfes faltige Anhänge oder Röhrchen, aus denen ſich die Kiemchen bilden. Von
nun an ſchreitet das Wachsthum der Larve ſehr raſch vor ſich. Der Kopf wird dicker, der Körper
rundlicher, der Schwanz länger, die Haut durchſichtig; am dreizehnten oder vierzehnten Tage hat die
Lunge ſich bereits gebildet; die Kiemen ſchrumpfen ein und man bemerkt an ihrer Stelle ein
Kiemenloch. Nach Ablauf eines Monats verlangſamt ſich der Fortgang der Entwicklung.
Wenn die Larve eine Länge von 2½ Zoll hat, ſind die vier Beine vollkommen ausgebildet,
der Schwanz aber immer noch länger als der Leib, ſeitlich zuſammengedrückt und ſehr hoch; von
nun an ſchrumpft dieſer langſam ein und ſchwindet endlich gänzlich, ohne daß man eine erſichtliche
Zunahme des Leibes bemerkt: es ſieht im Gegentheile aus, als ob der verwandelte Froſch kleiner ſei
als die frühere Larve. Erſt nach etwa vier Monaten iſt die Verwandlung vollendet; im fünften
Jahre des Lebens hat der Froſch eine gewöhnliche Größe erreicht, wächſt aber immer noch ſtetig fort
und nimmt möglicherweiſe bis zu Ende ſeines Lebens noch etwas an Umfang zu.

Wenige Teichfröſche ſterben eines ſogenannten natürlichen Todes; die Mehrzahl verendet unter
den Zähnen, im Schnabel oder in der Klaue eines Raubthieres. Jhre Zählebigkeit iſt außerordentlich
groß. Auch ſie können in Eisklumpen eingefrieren und mit dem aufthauenden Eiſe wieder ins
Leben zurückgerufen werden; auch ſie ſind befähigt, großer Dürre längere Zeit zu trotzen — ein
Fall, welcher übrigens nur im Süden ſtattfindet, da ſie im Norden unter ſolchen Umſtänden einem
anderen Gewäſſer zuhüpfen. Selbſt ſchwere Verwundungen heilen bei ihnen bald wieder, Ver-
ſtümmelungen der fürchterlichſten Art bringen ihnen erſt nach Stunden den Tod. Spallanzani
ſchnitt einem ſich begattenden Froſch den Kopf ab; demungeachtet zog derſelbe ſeine Vorderfüße nicht
vom Weibchen ab, und erſt ſieben Stunden ſpäter, nachdem das Weibchen aufgehört hatte, Eier zu
legen, trennte ſich von demſelben der Rumpf, deſſen Bewegungen noch immer vier Stunden fort-
dauerten. Dagegen haben unſere Lurche an Raubthieren aller Art erbitterte Feinde. Fiſchotter,
Jltis und Waſſerratte bemächtigen ſich ihrer, Schreiadler, Schlangenadler und Buſſarde, Raben und
Verwandtſchaft, Störche und Reiher überfallen ſie, Hechte und andere Raubfiſche würgen ſie hinab,

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[383/0411] Teichfroſch. er ſich ſehr verdient; er ſchadet jedoch auch wieder, da ſeine Gefräßigkeit ihn zu Eingriffen in unſere Rechte verleitet, welche wir ihm nicht verzeihen können. Röſel, ein Naturforſcher, welcher die Fröſche ſehr ſorgfältig beobachtete, verſichert, daß alte Teichfröſche junge Mäuſe, junge Sperlinge verſchlingen, ſich ſogar der Entenküchlein auf dem Waſſer zu bemächtigen verſuchen, obgleich ſie kaum oder nicht im Stande ſind, dieſelben zu verſchlingen, ſie vielmehr nur ertränken können. Gegen Jüngere ſeiner Art oder Verwandte beweiſt er ſehr wenig Rückſicht; was vor ihm zappelt und genießbar iſt, erſcheint ihm eben recht. Jn Brutteichen kann er ſchädlich werden, weil er den jungen Fiſchen ebenſo eifrig nachſtellt als Kerbthieren, Fröſchen und Molchen; es wird verſichert, daß er ſich ſogar an alte Fiſche wage, ſich an ihnen feſtſetze und ſie ſo lange quäle, daß ſie den Geiſt aufgeben. Vielleicht geſchieht Solches, falls es überhaupt begründet, mehr im Paarungsdrange als aus Raubluſt. Erſt wenn wirklich der Frühling eingetreten, alſo viel ſpäter als Laub- und Thaufroſch, beginnt der Teichfroſch ſein Fortpflanzungsgeſchäft, ſelten vor Ende Mai’s, gewöhnlich erſt im Juni. Die Begattung geſchieht wie bei anderen Fröſchen auch, währt aber länger; ſpät ſtattſindendes Eierlegen ſoll das Weibchen zuweilen ſo entkräften, daß es dabei verendet. Das Männchen umarmt es brünſtig und drückt durch die Kraft ſeiner Arme und die Laſt ſeines Körpers die Eier geradezu heraus. Letztere ſehen hellgelb, auf einer Seite aber dunkelgelb aus, umhüllen ſich beim Durchgange im Eileiter mit einem gallertartigen Stoffe, fallen nach dem Legen zu Boden und bleiben hier liegen. An Größe ſtehen ſie denen der Thaufröſche, ja ſogar denen der Laubfröſche etwas nach; dafür ſind ſie um ſo zahlreicher und, wenn die Witterung während der Regenzeit günſtig iſt, entwickeln ſich aus ihnen ſo viele Larven und bezüglich Fröſche, daß die letzteren in der That zur Landplage werden können. Schon am vierten Tage bewegt ſich der Keim, am Ende des fünften oder ſechsten platzt das Eilein, und man ſieht nun die etwa linienlange Kaulquappe ſich zitternd bewegen, bald darauf auch ſchwimmen. Unter dem Vergrößerungsglaſe gewahrt man die Augen und den Mund ſchon deutlich, an jeder Seite des Kopfes faltige Anhänge oder Röhrchen, aus denen ſich die Kiemchen bilden. Von nun an ſchreitet das Wachsthum der Larve ſehr raſch vor ſich. Der Kopf wird dicker, der Körper rundlicher, der Schwanz länger, die Haut durchſichtig; am dreizehnten oder vierzehnten Tage hat die Lunge ſich bereits gebildet; die Kiemen ſchrumpfen ein und man bemerkt an ihrer Stelle ein Kiemenloch. Nach Ablauf eines Monats verlangſamt ſich der Fortgang der Entwicklung. Wenn die Larve eine Länge von 2½ Zoll hat, ſind die vier Beine vollkommen ausgebildet, der Schwanz aber immer noch länger als der Leib, ſeitlich zuſammengedrückt und ſehr hoch; von nun an ſchrumpft dieſer langſam ein und ſchwindet endlich gänzlich, ohne daß man eine erſichtliche Zunahme des Leibes bemerkt: es ſieht im Gegentheile aus, als ob der verwandelte Froſch kleiner ſei als die frühere Larve. Erſt nach etwa vier Monaten iſt die Verwandlung vollendet; im fünften Jahre des Lebens hat der Froſch eine gewöhnliche Größe erreicht, wächſt aber immer noch ſtetig fort und nimmt möglicherweiſe bis zu Ende ſeines Lebens noch etwas an Umfang zu. Wenige Teichfröſche ſterben eines ſogenannten natürlichen Todes; die Mehrzahl verendet unter den Zähnen, im Schnabel oder in der Klaue eines Raubthieres. Jhre Zählebigkeit iſt außerordentlich groß. Auch ſie können in Eisklumpen eingefrieren und mit dem aufthauenden Eiſe wieder ins Leben zurückgerufen werden; auch ſie ſind befähigt, großer Dürre längere Zeit zu trotzen — ein Fall, welcher übrigens nur im Süden ſtattfindet, da ſie im Norden unter ſolchen Umſtänden einem anderen Gewäſſer zuhüpfen. Selbſt ſchwere Verwundungen heilen bei ihnen bald wieder, Ver- ſtümmelungen der fürchterlichſten Art bringen ihnen erſt nach Stunden den Tod. Spallanzani ſchnitt einem ſich begattenden Froſch den Kopf ab; demungeachtet zog derſelbe ſeine Vorderfüße nicht vom Weibchen ab, und erſt ſieben Stunden ſpäter, nachdem das Weibchen aufgehört hatte, Eier zu legen, trennte ſich von demſelben der Rumpf, deſſen Bewegungen noch immer vier Stunden fort- dauerten. Dagegen haben unſere Lurche an Raubthieren aller Art erbitterte Feinde. Fiſchotter, Jltis und Waſſerratte bemächtigen ſich ihrer, Schreiadler, Schlangenadler und Buſſarde, Raben und Verwandtſchaft, Störche und Reiher überfallen ſie, Hechte und andere Raubfiſche würgen ſie hinab,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/411>, abgerufen am 23.05.2024.