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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Gesammtheit.
darmartig, vielfach gewunden und mit einem weiten Trichter, welcher die Eier gleichsam einschluckt,
in die Bauchhöhle geöffnet; vor ihrer Oeffnung in die Kloake zeigen sie oft eine gebärmutterartige
Erweiterung, in welcher sich bei den Salamandern auch wirklich die Jungen entwickeln. Eigentliche
Geschlechtswerkzeuge fehlen gänzlich."

Höchst bedeutsam für das Leben der Lurche sind die Werkzeuge des Blutumlaufes und der
Athmung. Das Herz weicht wenig von dem der Kriechthiere ab; es besteht aus zwei, jedoch nicht
immer vollständig getrennten, dünnhäutigen Vorkammern und einer einfachen, dickwandigen Herz-
kammer, welche das Blut in die Schlagadern treibt. Letztere verändern sich während der Verwandlung,
welche alle Lurche durchzumachen haben, bedeutend und mit ihnen gleichzeitig auch die Lungen, welche
während der Jugend durch Kiemen ersetzt wurden, bei einzelnen überhaupt erst sehr spät zur Wirk-
samkeit gelangen. Dies hängt so genau mit der Entwicklung unseres Thieres selbst zusammen,
daß wir vor allem Anderen uns hiermit beschäftigen müssen.

Eine eigentliche Begattung und Befruchtung der Eier im Leibe der Mutter scheint nur bei den
lebendig gebärenden Erdsalamandern vorzukommen; bei allen übrigen Lurchen werden die Eier wie
bei den Fischen, erst befruchtet, nachdem sie den Leib der Mutter verlassen haben. Die Befruchtung
geschieht deshalb auch stets im Wasser, und die Eier selbst werden blos ausnahmsweise von den
Eltern mit einer gewissen Fürsorge behandelt, in der Regel dagegen dem Wasser und der Sonne über-
lassen. Bei der Leichtigkeit, mit welcher man sich den Laich der Lurche verschaffen kann, ist die
Entwicklung Gegenstand vielfacher Untersuchung gewesen. "Die reifen Eier", sagt Karl Vogt,
"bilden eine kegelförmige Dottermasse, welche bei den meisten eine Ablagerung dunkelgefärbter Farb-
stoffe in ihrer Rindenschicht zeigt, die besonders um die eine Hälfte so stark ist, daß das Ei hier
vollkommen schwarz erscheint. Die Dottermasse selbst besteht aus einer dicklichen, eiweißhaltigen,
zähen Flüssigkeit, in welcher ungemein viele, festere Dotterkörperchen von talgähnlicher Beschaffenheit
und meist viereckiger, abgeplatteter Gestalt sich befinden; eine sehr zarte Dotterhaut umschließt das
Ganze. Beim Durchtritt durch den lang gewundenen Eileiter werden die Eier mit gallertartiger
Masse umhüllt, die nur bei wenigen Arten fester wird und dann eine elastische Schnur darstellt, bei
den meisten dagegen im Wasser ungemein anschwillt und so die gewaltigen Massen und Klumpen von
Laich bildet, welche wir im Frühjahre in Gräben und Teichen finden. Bei der Entwickelung spielt
diese Gallertmasse keine weitere Rolle als die einer schützenden Umhüllung, welche stets wie ein
Schwamm mit Wasser vollgesogen ist. Sobald die Larve ihren ersten Entwicklungsgang vollendet
hat, durchbricht sie diese Hülle, indem sie dieselbe zum Theil auffrißt, um dann frei im Wasser zu
leben. Die Furchung des Eies ist meist durchaus vollständig, sodaß das ganze Dotter sich in zwei
kugelförmige Hälften theilt, und diese Theilung sich ebenso durchgreifend fortsetzt, bis die endgiltige
Bildung der Keimzellen vorhanden ist. Die ganze Rindenschicht des Dotters nimmt Antheil an der
Ausbildung des Keimes und schließt so die Kernmasse des Dotters, welche nach und nach aufgebraucht
wird, in ihr Jnneres ein. Es zeigt sich demgemäß nie ein eigentlich beutelförmiger Dottersack.
Die Bauchgegend erscheint nur je nach dem Alter der Larven mehr oder weniger aufgetrieben, da sie
den Dotter im Jnnern enthält. Die erste Entwicklung geht ziemlich rasch vor sich, sodaß schon
wenige Tage nach der Befruchtung die ganze Dotterkugel in eine Larve umgewandelt ist, deren
platter, niedergedrückter, mit kleinem, endständigen Maule verfehener Kopf unmittelbar in den sack-
förmigen Bauch übergeht, an dem sich hinten ein plattgedrückter Ruderschwanz befindet, der ringsum
von einem breiten Hautsaume, von einer senkrechten Flosse umgeben ist. Dieser Schwanz zeigt
dieselbe zickzackförmige Anordnung der Muskelbinden, wie sie auch bei den Fischen vorkommt. An
dem Halse sprossen die einzelnen Kiemen in Gestalt warziger Bäumchen hervor, verschwinden aber
bei den Froschlarven bald wieder, indem sie durch innere Kiemen ersetzt werden, während sie bei den
Larven der Molche viel längere Zeit bestehen bleiben. Die weitere Ausbildung der Larve, welche sich
nach dem Durchbruch der Gallerte von Pflanzenstoffen, namentlich von Algen und Wasserfäden
nährt, ist nun wesentlich auf die Entwicklung des Schwanzes und die allmähliche Verarbeitung des

Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
darmartig, vielfach gewunden und mit einem weiten Trichter, welcher die Eier gleichſam einſchluckt,
in die Bauchhöhle geöffnet; vor ihrer Oeffnung in die Kloake zeigen ſie oft eine gebärmutterartige
Erweiterung, in welcher ſich bei den Salamandern auch wirklich die Jungen entwickeln. Eigentliche
Geſchlechtswerkzeuge fehlen gänzlich.“

Höchſt bedeutſam für das Leben der Lurche ſind die Werkzeuge des Blutumlaufes und der
Athmung. Das Herz weicht wenig von dem der Kriechthiere ab; es beſteht aus zwei, jedoch nicht
immer vollſtändig getrennten, dünnhäutigen Vorkammern und einer einfachen, dickwandigen Herz-
kammer, welche das Blut in die Schlagadern treibt. Letztere verändern ſich während der Verwandlung,
welche alle Lurche durchzumachen haben, bedeutend und mit ihnen gleichzeitig auch die Lungen, welche
während der Jugend durch Kiemen erſetzt wurden, bei einzelnen überhaupt erſt ſehr ſpät zur Wirk-
ſamkeit gelangen. Dies hängt ſo genau mit der Entwicklung unſeres Thieres ſelbſt zuſammen,
daß wir vor allem Anderen uns hiermit beſchäftigen müſſen.

Eine eigentliche Begattung und Befruchtung der Eier im Leibe der Mutter ſcheint nur bei den
lebendig gebärenden Erdſalamandern vorzukommen; bei allen übrigen Lurchen werden die Eier wie
bei den Fiſchen, erſt befruchtet, nachdem ſie den Leib der Mutter verlaſſen haben. Die Befruchtung
geſchieht deshalb auch ſtets im Waſſer, und die Eier ſelbſt werden blos ausnahmsweiſe von den
Eltern mit einer gewiſſen Fürſorge behandelt, in der Regel dagegen dem Waſſer und der Sonne über-
laſſen. Bei der Leichtigkeit, mit welcher man ſich den Laich der Lurche verſchaffen kann, iſt die
Entwicklung Gegenſtand vielfacher Unterſuchung geweſen. „Die reifen Eier“, ſagt Karl Vogt,
„bilden eine kegelförmige Dottermaſſe, welche bei den meiſten eine Ablagerung dunkelgefärbter Farb-
ſtoffe in ihrer Rindenſchicht zeigt, die beſonders um die eine Hälfte ſo ſtark iſt, daß das Ei hier
vollkommen ſchwarz erſcheint. Die Dottermaſſe ſelbſt beſteht aus einer dicklichen, eiweißhaltigen,
zähen Flüſſigkeit, in welcher ungemein viele, feſtere Dotterkörperchen von talgähnlicher Beſchaffenheit
und meiſt viereckiger, abgeplatteter Geſtalt ſich befinden; eine ſehr zarte Dotterhaut umſchließt das
Ganze. Beim Durchtritt durch den lang gewundenen Eileiter werden die Eier mit gallertartiger
Maſſe umhüllt, die nur bei wenigen Arten feſter wird und dann eine elaſtiſche Schnur darſtellt, bei
den meiſten dagegen im Waſſer ungemein anſchwillt und ſo die gewaltigen Maſſen und Klumpen von
Laich bildet, welche wir im Frühjahre in Gräben und Teichen finden. Bei der Entwickelung ſpielt
dieſe Gallertmaſſe keine weitere Rolle als die einer ſchützenden Umhüllung, welche ſtets wie ein
Schwamm mit Waſſer vollgeſogen iſt. Sobald die Larve ihren erſten Entwicklungsgang vollendet
hat, durchbricht ſie dieſe Hülle, indem ſie dieſelbe zum Theil auffrißt, um dann frei im Waſſer zu
leben. Die Furchung des Eies iſt meiſt durchaus vollſtändig, ſodaß das ganze Dotter ſich in zwei
kugelförmige Hälften theilt, und dieſe Theilung ſich ebenſo durchgreifend fortſetzt, bis die endgiltige
Bildung der Keimzellen vorhanden iſt. Die ganze Rindenſchicht des Dotters nimmt Antheil an der
Ausbildung des Keimes und ſchließt ſo die Kernmaſſe des Dotters, welche nach und nach aufgebraucht
wird, in ihr Jnneres ein. Es zeigt ſich demgemäß nie ein eigentlich beutelförmiger Dotterſack.
Die Bauchgegend erſcheint nur je nach dem Alter der Larven mehr oder weniger aufgetrieben, da ſie
den Dotter im Jnnern enthält. Die erſte Entwicklung geht ziemlich raſch vor ſich, ſodaß ſchon
wenige Tage nach der Befruchtung die ganze Dotterkugel in eine Larve umgewandelt iſt, deren
platter, niedergedrückter, mit kleinem, endſtändigen Maule verfehener Kopf unmittelbar in den ſack-
förmigen Bauch übergeht, an dem ſich hinten ein plattgedrückter Ruderſchwanz befindet, der ringsum
von einem breiten Hautſaume, von einer ſenkrechten Floſſe umgeben iſt. Dieſer Schwanz zeigt
dieſelbe zickzackförmige Anordnung der Muskelbinden, wie ſie auch bei den Fiſchen vorkommt. An
dem Halſe ſproſſen die einzelnen Kiemen in Geſtalt warziger Bäumchen hervor, verſchwinden aber
bei den Froſchlarven bald wieder, indem ſie durch innere Kiemen erſetzt werden, während ſie bei den
Larven der Molche viel längere Zeit beſtehen bleiben. Die weitere Ausbildung der Larve, welche ſich
nach dem Durchbruch der Gallerte von Pflanzenſtoffen, namentlich von Algen und Waſſerfäden
nährt, iſt nun weſentlich auf die Entwicklung des Schwanzes und die allmähliche Verarbeitung des

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[358/0384] Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit. darmartig, vielfach gewunden und mit einem weiten Trichter, welcher die Eier gleichſam einſchluckt, in die Bauchhöhle geöffnet; vor ihrer Oeffnung in die Kloake zeigen ſie oft eine gebärmutterartige Erweiterung, in welcher ſich bei den Salamandern auch wirklich die Jungen entwickeln. Eigentliche Geſchlechtswerkzeuge fehlen gänzlich.“ Höchſt bedeutſam für das Leben der Lurche ſind die Werkzeuge des Blutumlaufes und der Athmung. Das Herz weicht wenig von dem der Kriechthiere ab; es beſteht aus zwei, jedoch nicht immer vollſtändig getrennten, dünnhäutigen Vorkammern und einer einfachen, dickwandigen Herz- kammer, welche das Blut in die Schlagadern treibt. Letztere verändern ſich während der Verwandlung, welche alle Lurche durchzumachen haben, bedeutend und mit ihnen gleichzeitig auch die Lungen, welche während der Jugend durch Kiemen erſetzt wurden, bei einzelnen überhaupt erſt ſehr ſpät zur Wirk- ſamkeit gelangen. Dies hängt ſo genau mit der Entwicklung unſeres Thieres ſelbſt zuſammen, daß wir vor allem Anderen uns hiermit beſchäftigen müſſen. Eine eigentliche Begattung und Befruchtung der Eier im Leibe der Mutter ſcheint nur bei den lebendig gebärenden Erdſalamandern vorzukommen; bei allen übrigen Lurchen werden die Eier wie bei den Fiſchen, erſt befruchtet, nachdem ſie den Leib der Mutter verlaſſen haben. Die Befruchtung geſchieht deshalb auch ſtets im Waſſer, und die Eier ſelbſt werden blos ausnahmsweiſe von den Eltern mit einer gewiſſen Fürſorge behandelt, in der Regel dagegen dem Waſſer und der Sonne über- laſſen. Bei der Leichtigkeit, mit welcher man ſich den Laich der Lurche verſchaffen kann, iſt die Entwicklung Gegenſtand vielfacher Unterſuchung geweſen. „Die reifen Eier“, ſagt Karl Vogt, „bilden eine kegelförmige Dottermaſſe, welche bei den meiſten eine Ablagerung dunkelgefärbter Farb- ſtoffe in ihrer Rindenſchicht zeigt, die beſonders um die eine Hälfte ſo ſtark iſt, daß das Ei hier vollkommen ſchwarz erſcheint. Die Dottermaſſe ſelbſt beſteht aus einer dicklichen, eiweißhaltigen, zähen Flüſſigkeit, in welcher ungemein viele, feſtere Dotterkörperchen von talgähnlicher Beſchaffenheit und meiſt viereckiger, abgeplatteter Geſtalt ſich befinden; eine ſehr zarte Dotterhaut umſchließt das Ganze. Beim Durchtritt durch den lang gewundenen Eileiter werden die Eier mit gallertartiger Maſſe umhüllt, die nur bei wenigen Arten feſter wird und dann eine elaſtiſche Schnur darſtellt, bei den meiſten dagegen im Waſſer ungemein anſchwillt und ſo die gewaltigen Maſſen und Klumpen von Laich bildet, welche wir im Frühjahre in Gräben und Teichen finden. Bei der Entwickelung ſpielt dieſe Gallertmaſſe keine weitere Rolle als die einer ſchützenden Umhüllung, welche ſtets wie ein Schwamm mit Waſſer vollgeſogen iſt. Sobald die Larve ihren erſten Entwicklungsgang vollendet hat, durchbricht ſie dieſe Hülle, indem ſie dieſelbe zum Theil auffrißt, um dann frei im Waſſer zu leben. Die Furchung des Eies iſt meiſt durchaus vollſtändig, ſodaß das ganze Dotter ſich in zwei kugelförmige Hälften theilt, und dieſe Theilung ſich ebenſo durchgreifend fortſetzt, bis die endgiltige Bildung der Keimzellen vorhanden iſt. Die ganze Rindenſchicht des Dotters nimmt Antheil an der Ausbildung des Keimes und ſchließt ſo die Kernmaſſe des Dotters, welche nach und nach aufgebraucht wird, in ihr Jnneres ein. Es zeigt ſich demgemäß nie ein eigentlich beutelförmiger Dotterſack. Die Bauchgegend erſcheint nur je nach dem Alter der Larven mehr oder weniger aufgetrieben, da ſie den Dotter im Jnnern enthält. Die erſte Entwicklung geht ziemlich raſch vor ſich, ſodaß ſchon wenige Tage nach der Befruchtung die ganze Dotterkugel in eine Larve umgewandelt iſt, deren platter, niedergedrückter, mit kleinem, endſtändigen Maule verfehener Kopf unmittelbar in den ſack- förmigen Bauch übergeht, an dem ſich hinten ein plattgedrückter Ruderſchwanz befindet, der ringsum von einem breiten Hautſaume, von einer ſenkrechten Floſſe umgeben iſt. Dieſer Schwanz zeigt dieſelbe zickzackförmige Anordnung der Muskelbinden, wie ſie auch bei den Fiſchen vorkommt. An dem Halſe ſproſſen die einzelnen Kiemen in Geſtalt warziger Bäumchen hervor, verſchwinden aber bei den Froſchlarven bald wieder, indem ſie durch innere Kiemen erſetzt werden, während ſie bei den Larven der Molche viel längere Zeit beſtehen bleiben. Die weitere Ausbildung der Larve, welche ſich nach dem Durchbruch der Gallerte von Pflanzenſtoffen, namentlich von Algen und Waſſerfäden nährt, iſt nun weſentlich auf die Entwicklung des Schwanzes und die allmähliche Verarbeitung des

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/384>, abgerufen am 22.05.2024.