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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Taucher. Steißfüße.
dadurch abweicht, daß es nicht aus trockenen, sondern aus nassen Stoffen zusammengeschichtet wird,
die Eier also stets im Feuchten, sogar im Wasser selbst liegen müssen. Die Neststoffe werden durch
Tauchen vom Grunde heraufgeholt, an einigen alten Schilfstengeln befestigt und höchst liederlich
zusammengeschichtet, sodaß sie mehr einem zusammengetriebenen Haufen, als einem Neste ähneln.
Schon während des Bauens geschieht die Begattung. Ein Betreten kann bei ihnen nicht stattfinden,
weil ihre Füße ganz am Ende des Rumpfes eingelenkt sind und sie nothwendig aufrecht stellen
müßten. Beide Gatten schwimmen daher, laut Naumann, nach vorhergegangenen Liebeleien, die
bei einigen Arten zuletzt durch lärmendes Geschrei beendet werden, gegeneinander, richten sich senkrecht
gerade in die Höhe, ihre Brüste schmiegen sich dicht an einander, endlich auch die Bäuche, und
der Akt ist mit einem Ruck vollzogen, worauf sie sogleich wieder, wie gewöhnlich, neben einander
schwimmen und ihre laute Stimme erheben, als ob sie bezweckten, daß alle Welt vernehmen sollte,
was hier eben vorgegangen sei." Das Gelege besteht aus drei bis sechs mäßig großen, länglichen,
starken, aber rauhschaligen Eiern von ursprünglich grünlichweißer Färbung, welche jedoch bald von
dem Schmuze des Nestes eine gelbröthliche oder olivenbräunliche Färbung, zuweilen auch eine mar-
morirte Zeichnung annehmen. Beide Geschlechter brüten abwechselnd, das Weibchen im Ganzen
länger als das Männchen, welches, während die Gattin auf dem Neste sitzt, in der Nähe desselben
umherschwimmt. Verlassen beide gemeinschaftlich das Nest, so holen sie stets vorher einen Haufen
halb verfaulter Wasserpflanzen vom Grunde herauf und bedecken damit die Eier. Nach ungefähr
dreiwöchentlicher Brutzeit entschlüpfen die Jungen, auch aus solchen Eiern, welche während der
Bebrütung größtentheils im Wasser liegen und werden nun sofort dem Wasser zugeführt. Das
Schwimmen verstehen sie vom ersten Augenblicke ihres Lebens an, das Tauchen lernen sie binnen
wenigen Tagen, da sie die Alten anfangs oft bei Gefahr immer unter ihre Flügel nehmen und mit
ihnen sich in die Tiefe versenken; nicht selten werden die zwischen den Brustfedern versteckten Jungen
auch beim Auffliegen mit fortgetragen. Ein glaubwürdiger Beobachter hat mir erzählt, daß er einen
Ohrensteißfuß aus der Luft herabgeschossen, zwischen dessen Federn er zu seiner höchsten Ueberraschung
zwei Junge versteckt fand. Jhr Nest betreten die Küchlein selten wieder; wenn sie ausruhen wollen,
finden sie ein Ruheplätzchen oder nachts eine Schlafstelle auf dem Rücken der Eltern. Das Besteigen
dieses warmen und weichen Sitzes würde ihnen schwerlich gelingen; dafür aber wissen die liebenden
Alten Rath. Sie geben ihnen ein Zeichen, sich im Schwimmen dicht an einander zu drängen,
tauchen unter das Wasser und erheben sich unter ihnen wieder so aus demselben, daß jene auf ihrem
Rücken zu sitzen kommen. Auf ähnliche Weise entledigen sie sich auch dieser Bürde, wenn sie ihnen
zur Last wird oder vielmehr, wenn allen eine Gefahr droht.

Solange die Steißfüße sich auf dem Wasser befinden, wissen sie sich vor den meisten Gefahren
zu sichern, fliegend aber werden sie oft die Beute der Raubvögel. Den Eiern stellen Raben und
Rohrweihen, vielleicht auch Wasserhühner und Rallen begierig nach. Früher fiel es Niemandem ein,
die anmuthigen Vögel, welche für jedes stehende Gewässer eine wahre Zierde bilden, zu verfolgen;
neuerdings ist es Mode geworden, ihr reiches Gefieder zu Kragen und anderem Winterschmucke zu
verwenden, und seitdem stellt man ihnen mit allen möglichen Waffen nach, besonders auf den Seen
Algeriens, von wo aus, laut Buvry, in manchen Jahren vierzigtausend Bälge ausgeführt werden
sollen. Zur Zeit der Feuerschlösser war es ein Kunststück, Steißfüße zu erlegen; denn sie tauchten
beim Aufblitzen des Pulvers auf der Pfanne so rasch in die Tiefe, daß die Schrote wohl die Stelle,
auf welcher sie sich befunden hatten, nicht aber sie selbst trafen. Unseren jetzigen Gewehren entgehen
sie nicht mehr oder doch nur selten. Der Fang ist Sache des Zufalls, falls man nicht ein kleines
Gewässer, in welchem sich gerade Steißfüße befinden, ablassen und sie auf das Trockene bringen kann.
Jn kleineren Teichen oder in entsprechend hergerichteten, d. h. mit größeren Wasserbecken versehenen
Käfigen lassen sich gefangene Steißfüße leicht erhalten, vorausgesetzt natürlich, daß man ihnen eine
hinlängliche Menge von Fischen und Kerbthieren verschafft. Die größeren Arten begnügen sich mit
Fischen allein, die kleineren verlangen diese und Kerbthiere. Sie fesseln ungemein. Jhr beständiges

Die Schwimmer. Taucher. Steißfüße.
dadurch abweicht, daß es nicht aus trockenen, ſondern aus naſſen Stoffen zuſammengeſchichtet wird,
die Eier alſo ſtets im Feuchten, ſogar im Waſſer ſelbſt liegen müſſen. Die Neſtſtoffe werden durch
Tauchen vom Grunde heraufgeholt, an einigen alten Schilfſtengeln befeſtigt und höchſt liederlich
zuſammengeſchichtet, ſodaß ſie mehr einem zuſammengetriebenen Haufen, als einem Neſte ähneln.
Schon während des Bauens geſchieht die Begattung. Ein Betreten kann bei ihnen nicht ſtattfinden,
weil ihre Füße ganz am Ende des Rumpfes eingelenkt ſind und ſie nothwendig aufrecht ſtellen
müßten. Beide Gatten ſchwimmen daher, laut Naumann, nach vorhergegangenen Liebeleien, die
bei einigen Arten zuletzt durch lärmendes Geſchrei beendet werden, gegeneinander, richten ſich ſenkrecht
gerade in die Höhe, ihre Brüſte ſchmiegen ſich dicht an einander, endlich auch die Bäuche, und
der Akt iſt mit einem Ruck vollzogen, worauf ſie ſogleich wieder, wie gewöhnlich, neben einander
ſchwimmen und ihre laute Stimme erheben, als ob ſie bezweckten, daß alle Welt vernehmen ſollte,
was hier eben vorgegangen ſei.“ Das Gelege beſteht aus drei bis ſechs mäßig großen, länglichen,
ſtarken, aber rauhſchaligen Eiern von urſprünglich grünlichweißer Färbung, welche jedoch bald von
dem Schmuze des Neſtes eine gelbröthliche oder olivenbräunliche Färbung, zuweilen auch eine mar-
morirte Zeichnung annehmen. Beide Geſchlechter brüten abwechſelnd, das Weibchen im Ganzen
länger als das Männchen, welches, während die Gattin auf dem Neſte ſitzt, in der Nähe deſſelben
umherſchwimmt. Verlaſſen beide gemeinſchaftlich das Neſt, ſo holen ſie ſtets vorher einen Haufen
halb verfaulter Waſſerpflanzen vom Grunde herauf und bedecken damit die Eier. Nach ungefähr
dreiwöchentlicher Brutzeit entſchlüpfen die Jungen, auch aus ſolchen Eiern, welche während der
Bebrütung größtentheils im Waſſer liegen und werden nun ſofort dem Waſſer zugeführt. Das
Schwimmen verſtehen ſie vom erſten Augenblicke ihres Lebens an, das Tauchen lernen ſie binnen
wenigen Tagen, da ſie die Alten anfangs oft bei Gefahr immer unter ihre Flügel nehmen und mit
ihnen ſich in die Tiefe verſenken; nicht ſelten werden die zwiſchen den Bruſtfedern verſteckten Jungen
auch beim Auffliegen mit fortgetragen. Ein glaubwürdiger Beobachter hat mir erzählt, daß er einen
Ohrenſteißfuß aus der Luft herabgeſchoſſen, zwiſchen deſſen Federn er zu ſeiner höchſten Ueberraſchung
zwei Junge verſteckt fand. Jhr Neſt betreten die Küchlein ſelten wieder; wenn ſie ausruhen wollen,
finden ſie ein Ruheplätzchen oder nachts eine Schlafſtelle auf dem Rücken der Eltern. Das Beſteigen
dieſes warmen und weichen Sitzes würde ihnen ſchwerlich gelingen; dafür aber wiſſen die liebenden
Alten Rath. Sie geben ihnen ein Zeichen, ſich im Schwimmen dicht an einander zu drängen,
tauchen unter das Waſſer und erheben ſich unter ihnen wieder ſo aus demſelben, daß jene auf ihrem
Rücken zu ſitzen kommen. Auf ähnliche Weiſe entledigen ſie ſich auch dieſer Bürde, wenn ſie ihnen
zur Laſt wird oder vielmehr, wenn allen eine Gefahr droht.

Solange die Steißfüße ſich auf dem Waſſer befinden, wiſſen ſie ſich vor den meiſten Gefahren
zu ſichern, fliegend aber werden ſie oft die Beute der Raubvögel. Den Eiern ſtellen Raben und
Rohrweihen, vielleicht auch Waſſerhühner und Rallen begierig nach. Früher fiel es Niemandem ein,
die anmuthigen Vögel, welche für jedes ſtehende Gewäſſer eine wahre Zierde bilden, zu verfolgen;
neuerdings iſt es Mode geworden, ihr reiches Gefieder zu Kragen und anderem Winterſchmucke zu
verwenden, und ſeitdem ſtellt man ihnen mit allen möglichen Waffen nach, beſonders auf den Seen
Algeriens, von wo aus, laut Buvry, in manchen Jahren vierzigtauſend Bälge ausgeführt werden
ſollen. Zur Zeit der Feuerſchlöſſer war es ein Kunſtſtück, Steißfüße zu erlegen; denn ſie tauchten
beim Aufblitzen des Pulvers auf der Pfanne ſo raſch in die Tiefe, daß die Schrote wohl die Stelle,
auf welcher ſie ſich befunden hatten, nicht aber ſie ſelbſt trafen. Unſeren jetzigen Gewehren entgehen
ſie nicht mehr oder doch nur ſelten. Der Fang iſt Sache des Zufalls, falls man nicht ein kleines
Gewäſſer, in welchem ſich gerade Steißfüße befinden, ablaſſen und ſie auf das Trockene bringen kann.
Jn kleineren Teichen oder in entſprechend hergerichteten, d. h. mit größeren Waſſerbecken verſehenen
Käfigen laſſen ſich gefangene Steißfüße leicht erhalten, vorausgeſetzt natürlich, daß man ihnen eine
hinlängliche Menge von Fiſchen und Kerbthieren verſchafft. Die größeren Arten begnügen ſich mit
Fiſchen allein, die kleineren verlangen dieſe und Kerbthiere. Sie feſſeln ungemein. Jhr beſtändiges

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[938/0990] Die Schwimmer. Taucher. Steißfüße. dadurch abweicht, daß es nicht aus trockenen, ſondern aus naſſen Stoffen zuſammengeſchichtet wird, die Eier alſo ſtets im Feuchten, ſogar im Waſſer ſelbſt liegen müſſen. Die Neſtſtoffe werden durch Tauchen vom Grunde heraufgeholt, an einigen alten Schilfſtengeln befeſtigt und höchſt liederlich zuſammengeſchichtet, ſodaß ſie mehr einem zuſammengetriebenen Haufen, als einem Neſte ähneln. Schon während des Bauens geſchieht die Begattung. Ein Betreten kann bei ihnen nicht ſtattfinden, weil ihre Füße ganz am Ende des Rumpfes eingelenkt ſind und ſie nothwendig aufrecht ſtellen müßten. Beide Gatten ſchwimmen daher, laut Naumann, nach vorhergegangenen Liebeleien, die bei einigen Arten zuletzt durch lärmendes Geſchrei beendet werden, gegeneinander, richten ſich ſenkrecht gerade in die Höhe, ihre Brüſte ſchmiegen ſich dicht an einander, endlich auch die Bäuche, und der Akt iſt mit einem Ruck vollzogen, worauf ſie ſogleich wieder, wie gewöhnlich, neben einander ſchwimmen und ihre laute Stimme erheben, als ob ſie bezweckten, daß alle Welt vernehmen ſollte, was hier eben vorgegangen ſei.“ Das Gelege beſteht aus drei bis ſechs mäßig großen, länglichen, ſtarken, aber rauhſchaligen Eiern von urſprünglich grünlichweißer Färbung, welche jedoch bald von dem Schmuze des Neſtes eine gelbröthliche oder olivenbräunliche Färbung, zuweilen auch eine mar- morirte Zeichnung annehmen. Beide Geſchlechter brüten abwechſelnd, das Weibchen im Ganzen länger als das Männchen, welches, während die Gattin auf dem Neſte ſitzt, in der Nähe deſſelben umherſchwimmt. Verlaſſen beide gemeinſchaftlich das Neſt, ſo holen ſie ſtets vorher einen Haufen halb verfaulter Waſſerpflanzen vom Grunde herauf und bedecken damit die Eier. Nach ungefähr dreiwöchentlicher Brutzeit entſchlüpfen die Jungen, auch aus ſolchen Eiern, welche während der Bebrütung größtentheils im Waſſer liegen und werden nun ſofort dem Waſſer zugeführt. Das Schwimmen verſtehen ſie vom erſten Augenblicke ihres Lebens an, das Tauchen lernen ſie binnen wenigen Tagen, da ſie die Alten anfangs oft bei Gefahr immer unter ihre Flügel nehmen und mit ihnen ſich in die Tiefe verſenken; nicht ſelten werden die zwiſchen den Bruſtfedern verſteckten Jungen auch beim Auffliegen mit fortgetragen. Ein glaubwürdiger Beobachter hat mir erzählt, daß er einen Ohrenſteißfuß aus der Luft herabgeſchoſſen, zwiſchen deſſen Federn er zu ſeiner höchſten Ueberraſchung zwei Junge verſteckt fand. Jhr Neſt betreten die Küchlein ſelten wieder; wenn ſie ausruhen wollen, finden ſie ein Ruheplätzchen oder nachts eine Schlafſtelle auf dem Rücken der Eltern. Das Beſteigen dieſes warmen und weichen Sitzes würde ihnen ſchwerlich gelingen; dafür aber wiſſen die liebenden Alten Rath. Sie geben ihnen ein Zeichen, ſich im Schwimmen dicht an einander zu drängen, tauchen unter das Waſſer und erheben ſich unter ihnen wieder ſo aus demſelben, daß jene auf ihrem Rücken zu ſitzen kommen. Auf ähnliche Weiſe entledigen ſie ſich auch dieſer Bürde, wenn ſie ihnen zur Laſt wird oder vielmehr, wenn allen eine Gefahr droht. Solange die Steißfüße ſich auf dem Waſſer befinden, wiſſen ſie ſich vor den meiſten Gefahren zu ſichern, fliegend aber werden ſie oft die Beute der Raubvögel. Den Eiern ſtellen Raben und Rohrweihen, vielleicht auch Waſſerhühner und Rallen begierig nach. Früher fiel es Niemandem ein, die anmuthigen Vögel, welche für jedes ſtehende Gewäſſer eine wahre Zierde bilden, zu verfolgen; neuerdings iſt es Mode geworden, ihr reiches Gefieder zu Kragen und anderem Winterſchmucke zu verwenden, und ſeitdem ſtellt man ihnen mit allen möglichen Waffen nach, beſonders auf den Seen Algeriens, von wo aus, laut Buvry, in manchen Jahren vierzigtauſend Bälge ausgeführt werden ſollen. Zur Zeit der Feuerſchlöſſer war es ein Kunſtſtück, Steißfüße zu erlegen; denn ſie tauchten beim Aufblitzen des Pulvers auf der Pfanne ſo raſch in die Tiefe, daß die Schrote wohl die Stelle, auf welcher ſie ſich befunden hatten, nicht aber ſie ſelbſt trafen. Unſeren jetzigen Gewehren entgehen ſie nicht mehr oder doch nur ſelten. Der Fang iſt Sache des Zufalls, falls man nicht ein kleines Gewäſſer, in welchem ſich gerade Steißfüße befinden, ablaſſen und ſie auf das Trockene bringen kann. Jn kleineren Teichen oder in entſprechend hergerichteten, d. h. mit größeren Waſſerbecken verſehenen Käfigen laſſen ſich gefangene Steißfüße leicht erhalten, vorausgeſetzt natürlich, daß man ihnen eine hinlängliche Menge von Fiſchen und Kerbthieren verſchafft. Die größeren Arten begnügen ſich mit Fiſchen allein, die kleineren verlangen dieſe und Kerbthiere. Sie feſſeln ungemein. Jhr beſtändiges

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 938. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/990>, abgerufen am 23.11.2024.