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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Stelzschwäne.
vollen Wachsein Kunde gibt, wird der Hals nach Art der Reiher Sförmig zusammengebogen, sodaß
der Kopf dicht über den Nacken zu stehen kommt. Nur wenn der Flaming erschreckt oder sonstwie
erregt wurde, erhebt er seinen Kopf so hoch, als der lange Hals Dies gestattet, und nimmt dann auf
Augenblicke diejenige Stellung an, welche bei unseren Ausstopfern ganz besonders beliebt zu sein
scheint. Ebenso sonderbar, als im Zustande der Ruhe, trägt er sich, wenn er wirklich thätig ist,
d. h. wenn er sich mit Aufnahme seiner Nahrung beschäftigt. Auch er gründelt, wie andere Zahn-
schnäbler, aber in durchaus verschiedener Weise. Der fischende Flaming watet in dem Wasser dahin
und biegt seinen langen Hals so tief herab, daß der Kopf mit den Füßen auf dieselbe Ebene zu stehen
kommt, mit anderen Worten, daß der Schnabel, und zwar der Oberschnabel, in den Schlamm ein-
gedrückt werden kann. Jn dieser Weise untersucht der Vogel den Grund des Gewässers; er bewegt
sich mit kleinen Schritten vor- oder rückwärts und öffnet und schließt abwechselnd seinen Schnabel
unter entsprechender Bewegung der Zunge. Vermöge des feinen Gefühls derselben wird Alles, was
in den Siebschnabel gelangt, geprüft und das zur Ernährung Dienende von dem Unbrauchbaren
ausgeschieden oder richtiger abgeseiht. Durch das Trippeln mit den Füßen erregt er seinen Weide-
grund: er bringt die kleinen Wasserthiere, von denen er sich ernährt, in Aufruhr und Bewegung.

Der Gang ähnelt der Gehbewegung der hochbeinigen Watvögel, ohne ihr jedoch zu gleichen.
Jeder Storch, jeder Kranich, jeder Reiher geht anders als ein Flaming; der Unterschied in der
Bewegung des einen und der anderen läßt sich aber schwer mit Worten ausdrücken: man kann
höchstens sagen, daß die Schritte des Flamings langsamer, unregelmäßiger, schwankender sind als die
der eigentlichen Watvögel, was wohl in der Länge der Beine seinen hauptsächlichsten Grund haben
mag. An den Gefangenen sieht man übrigens, daß dem Flaming das Gehen sehr leicht wird, ganz
im Gegensatze zu der oft ausgesprochenen Meinung einiger Forscher, welche sich verleiten ließen zu
glauben, daß er sich beim Gehen mit dem Schnabel stützen müsse, weil sie sahen, daß er zuweilen
auch auf dem Festlande seinen Kopf bis zum Boden herabbeugt. Allerdings benutzt er seinen
Schnabel zur Stütze, aber nur dann, wenn er mit zusammengeknickten Beinen auf dem Boden ruhte,
bezüglich lag, und sich dann rasch aufrichten will. Jst Dies einmal geschehen, so läuft er in der oben
beschriebenen Weise ziemlich rasch dahin. Jhm eigenthümlich ist eine andere Bewegungsweise, welche
dem Beobachter einen bedeutsamen Fingerzeig mehr für die wahre Stellung des Vogels gibt. Vor
dem Auffliegen nämlich bewegt er sich gar nicht selten halb fliegend, halb laufend auf der Oberfläche
des Wassers dahin, zwar nicht mit der Fertigkeit, welche der Sturmvogel an den Tag legt, aber doch
ebenso gewandt, als ein Wasserhuhn oder ein Entvogel dasselbe auszuführen vermag. Jm tieferen
Wasser schwimmt er, wie es scheint ohne alle Anstrengung; er bewegt sich zwar langsamer als die
kurzbeinigen Schwimmvögel, aber, wenn es sein muß, mit großer Ausdauer. Der Flug, welcher
durch jenes Dahinlaufen über das Wasser eingeleitet zu werden pflegt, erscheint leicht, nachdem der
Vogel sich einmal erhoben hat. Die ziemlich raschen Flügelschläge bringen ein ähnliches Geräusch
hervor, wie wir es von Enten und Gänsen zu hören gewohnt sind; einige Berichterstatter vergleichen
das Getön, welches eine plötzlich aufgescheuchte Flaminggesellschaft verursacht, mit fernem Donner.
Auch der Ungeübteste oder der Neuling, wenn ich so sagen darf, würde den fliegenden Flaming nie zu
verkennen im Stande sein. Gegen anderer Langhälse Art streckt dieser Vogel nämlich im Fliegen
außer den langen Beinen auch den langen Hals gerade von sich und erscheint deshalb auffallend
lang und schmächtig. An diese Gestalt sind nun die schmalen Flügel genau in der Mitte eingesetzt,
und so nimmt der fliegende Flaming die Gestalt eines Kreuzes an. Eine größere Anzahl pflegt sich,
wie das ziehende Kranichsheer, zu längerem Fluge entweder in eine Reihe oder in einen Keil zu
ordnen, dessen Schenkel sich im Verlaufe des Fluges fortwährend ändern, weil immer einer der Vögel
nach dem anderen den Vordermann ablöst. Aus größeren Höhen steigen die Flamings in weit aus-
geschweiften Schraubenlinien hernieder, kurz vor dem Niederlassen schweben sie wie vor dem Auf-
fliegen noch ein Stück über das Wasser dahin, bis sie im Stande sind, ihre Bewegung, soviel als zum
ruhigen Stehenbleiben erforderlich ist, zu verlangsamen.

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Stelzſchwäne.
vollen Wachſein Kunde gibt, wird der Hals nach Art der Reiher Sförmig zuſammengebogen, ſodaß
der Kopf dicht über den Nacken zu ſtehen kommt. Nur wenn der Flaming erſchreckt oder ſonſtwie
erregt wurde, erhebt er ſeinen Kopf ſo hoch, als der lange Hals Dies geſtattet, und nimmt dann auf
Augenblicke diejenige Stellung an, welche bei unſeren Ausſtopfern ganz beſonders beliebt zu ſein
ſcheint. Ebenſo ſonderbar, als im Zuſtande der Ruhe, trägt er ſich, wenn er wirklich thätig iſt,
d. h. wenn er ſich mit Aufnahme ſeiner Nahrung beſchäftigt. Auch er gründelt, wie andere Zahn-
ſchnäbler, aber in durchaus verſchiedener Weiſe. Der fiſchende Flaming watet in dem Waſſer dahin
und biegt ſeinen langen Hals ſo tief herab, daß der Kopf mit den Füßen auf dieſelbe Ebene zu ſtehen
kommt, mit anderen Worten, daß der Schnabel, und zwar der Oberſchnabel, in den Schlamm ein-
gedrückt werden kann. Jn dieſer Weiſe unterſucht der Vogel den Grund des Gewäſſers; er bewegt
ſich mit kleinen Schritten vor- oder rückwärts und öffnet und ſchließt abwechſelnd ſeinen Schnabel
unter entſprechender Bewegung der Zunge. Vermöge des feinen Gefühls derſelben wird Alles, was
in den Siebſchnabel gelangt, geprüft und das zur Ernährung Dienende von dem Unbrauchbaren
ausgeſchieden oder richtiger abgeſeiht. Durch das Trippeln mit den Füßen erregt er ſeinen Weide-
grund: er bringt die kleinen Waſſerthiere, von denen er ſich ernährt, in Aufruhr und Bewegung.

Der Gang ähnelt der Gehbewegung der hochbeinigen Watvögel, ohne ihr jedoch zu gleichen.
Jeder Storch, jeder Kranich, jeder Reiher geht anders als ein Flaming; der Unterſchied in der
Bewegung des einen und der anderen läßt ſich aber ſchwer mit Worten ausdrücken: man kann
höchſtens ſagen, daß die Schritte des Flamings langſamer, unregelmäßiger, ſchwankender ſind als die
der eigentlichen Watvögel, was wohl in der Länge der Beine ſeinen hauptſächlichſten Grund haben
mag. An den Gefangenen ſieht man übrigens, daß dem Flaming das Gehen ſehr leicht wird, ganz
im Gegenſatze zu der oft ausgeſprochenen Meinung einiger Forſcher, welche ſich verleiten ließen zu
glauben, daß er ſich beim Gehen mit dem Schnabel ſtützen müſſe, weil ſie ſahen, daß er zuweilen
auch auf dem Feſtlande ſeinen Kopf bis zum Boden herabbeugt. Allerdings benutzt er ſeinen
Schnabel zur Stütze, aber nur dann, wenn er mit zuſammengeknickten Beinen auf dem Boden ruhte,
bezüglich lag, und ſich dann raſch aufrichten will. Jſt Dies einmal geſchehen, ſo läuft er in der oben
beſchriebenen Weiſe ziemlich raſch dahin. Jhm eigenthümlich iſt eine andere Bewegungsweiſe, welche
dem Beobachter einen bedeutſamen Fingerzeig mehr für die wahre Stellung des Vogels gibt. Vor
dem Auffliegen nämlich bewegt er ſich gar nicht ſelten halb fliegend, halb laufend auf der Oberfläche
des Waſſers dahin, zwar nicht mit der Fertigkeit, welche der Sturmvogel an den Tag legt, aber doch
ebenſo gewandt, als ein Waſſerhuhn oder ein Entvogel daſſelbe auszuführen vermag. Jm tieferen
Waſſer ſchwimmt er, wie es ſcheint ohne alle Anſtrengung; er bewegt ſich zwar langſamer als die
kurzbeinigen Schwimmvögel, aber, wenn es ſein muß, mit großer Ausdauer. Der Flug, welcher
durch jenes Dahinlaufen über das Waſſer eingeleitet zu werden pflegt, erſcheint leicht, nachdem der
Vogel ſich einmal erhoben hat. Die ziemlich raſchen Flügelſchläge bringen ein ähnliches Geräuſch
hervor, wie wir es von Enten und Gänſen zu hören gewohnt ſind; einige Berichterſtatter vergleichen
das Getön, welches eine plötzlich aufgeſcheuchte Flaminggeſellſchaft verurſacht, mit fernem Donner.
Auch der Ungeübteſte oder der Neuling, wenn ich ſo ſagen darf, würde den fliegenden Flaming nie zu
verkennen im Stande ſein. Gegen anderer Langhälſe Art ſtreckt dieſer Vogel nämlich im Fliegen
außer den langen Beinen auch den langen Hals gerade von ſich und erſcheint deshalb auffallend
lang und ſchmächtig. An dieſe Geſtalt ſind nun die ſchmalen Flügel genau in der Mitte eingeſetzt,
und ſo nimmt der fliegende Flaming die Geſtalt eines Kreuzes an. Eine größere Anzahl pflegt ſich,
wie das ziehende Kranichsheer, zu längerem Fluge entweder in eine Reihe oder in einen Keil zu
ordnen, deſſen Schenkel ſich im Verlaufe des Fluges fortwährend ändern, weil immer einer der Vögel
nach dem anderen den Vordermann ablöſt. Aus größeren Höhen ſteigen die Flamings in weit aus-
geſchweiften Schraubenlinien hernieder, kurz vor dem Niederlaſſen ſchweben ſie wie vor dem Auf-
fliegen noch ein Stück über das Waſſer dahin, bis ſie im Stande ſind, ihre Bewegung, ſoviel als zum
ruhigen Stehenbleiben erforderlich iſt, zu verlangſamen.

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[774/0820] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Stelzſchwäne. vollen Wachſein Kunde gibt, wird der Hals nach Art der Reiher Sförmig zuſammengebogen, ſodaß der Kopf dicht über den Nacken zu ſtehen kommt. Nur wenn der Flaming erſchreckt oder ſonſtwie erregt wurde, erhebt er ſeinen Kopf ſo hoch, als der lange Hals Dies geſtattet, und nimmt dann auf Augenblicke diejenige Stellung an, welche bei unſeren Ausſtopfern ganz beſonders beliebt zu ſein ſcheint. Ebenſo ſonderbar, als im Zuſtande der Ruhe, trägt er ſich, wenn er wirklich thätig iſt, d. h. wenn er ſich mit Aufnahme ſeiner Nahrung beſchäftigt. Auch er gründelt, wie andere Zahn- ſchnäbler, aber in durchaus verſchiedener Weiſe. Der fiſchende Flaming watet in dem Waſſer dahin und biegt ſeinen langen Hals ſo tief herab, daß der Kopf mit den Füßen auf dieſelbe Ebene zu ſtehen kommt, mit anderen Worten, daß der Schnabel, und zwar der Oberſchnabel, in den Schlamm ein- gedrückt werden kann. Jn dieſer Weiſe unterſucht der Vogel den Grund des Gewäſſers; er bewegt ſich mit kleinen Schritten vor- oder rückwärts und öffnet und ſchließt abwechſelnd ſeinen Schnabel unter entſprechender Bewegung der Zunge. Vermöge des feinen Gefühls derſelben wird Alles, was in den Siebſchnabel gelangt, geprüft und das zur Ernährung Dienende von dem Unbrauchbaren ausgeſchieden oder richtiger abgeſeiht. Durch das Trippeln mit den Füßen erregt er ſeinen Weide- grund: er bringt die kleinen Waſſerthiere, von denen er ſich ernährt, in Aufruhr und Bewegung. Der Gang ähnelt der Gehbewegung der hochbeinigen Watvögel, ohne ihr jedoch zu gleichen. Jeder Storch, jeder Kranich, jeder Reiher geht anders als ein Flaming; der Unterſchied in der Bewegung des einen und der anderen läßt ſich aber ſchwer mit Worten ausdrücken: man kann höchſtens ſagen, daß die Schritte des Flamings langſamer, unregelmäßiger, ſchwankender ſind als die der eigentlichen Watvögel, was wohl in der Länge der Beine ſeinen hauptſächlichſten Grund haben mag. An den Gefangenen ſieht man übrigens, daß dem Flaming das Gehen ſehr leicht wird, ganz im Gegenſatze zu der oft ausgeſprochenen Meinung einiger Forſcher, welche ſich verleiten ließen zu glauben, daß er ſich beim Gehen mit dem Schnabel ſtützen müſſe, weil ſie ſahen, daß er zuweilen auch auf dem Feſtlande ſeinen Kopf bis zum Boden herabbeugt. Allerdings benutzt er ſeinen Schnabel zur Stütze, aber nur dann, wenn er mit zuſammengeknickten Beinen auf dem Boden ruhte, bezüglich lag, und ſich dann raſch aufrichten will. Jſt Dies einmal geſchehen, ſo läuft er in der oben beſchriebenen Weiſe ziemlich raſch dahin. Jhm eigenthümlich iſt eine andere Bewegungsweiſe, welche dem Beobachter einen bedeutſamen Fingerzeig mehr für die wahre Stellung des Vogels gibt. Vor dem Auffliegen nämlich bewegt er ſich gar nicht ſelten halb fliegend, halb laufend auf der Oberfläche des Waſſers dahin, zwar nicht mit der Fertigkeit, welche der Sturmvogel an den Tag legt, aber doch ebenſo gewandt, als ein Waſſerhuhn oder ein Entvogel daſſelbe auszuführen vermag. Jm tieferen Waſſer ſchwimmt er, wie es ſcheint ohne alle Anſtrengung; er bewegt ſich zwar langſamer als die kurzbeinigen Schwimmvögel, aber, wenn es ſein muß, mit großer Ausdauer. Der Flug, welcher durch jenes Dahinlaufen über das Waſſer eingeleitet zu werden pflegt, erſcheint leicht, nachdem der Vogel ſich einmal erhoben hat. Die ziemlich raſchen Flügelſchläge bringen ein ähnliches Geräuſch hervor, wie wir es von Enten und Gänſen zu hören gewohnt ſind; einige Berichterſtatter vergleichen das Getön, welches eine plötzlich aufgeſcheuchte Flaminggeſellſchaft verurſacht, mit fernem Donner. Auch der Ungeübteſte oder der Neuling, wenn ich ſo ſagen darf, würde den fliegenden Flaming nie zu verkennen im Stande ſein. Gegen anderer Langhälſe Art ſtreckt dieſer Vogel nämlich im Fliegen außer den langen Beinen auch den langen Hals gerade von ſich und erſcheint deshalb auffallend lang und ſchmächtig. An dieſe Geſtalt ſind nun die ſchmalen Flügel genau in der Mitte eingeſetzt, und ſo nimmt der fliegende Flaming die Geſtalt eines Kreuzes an. Eine größere Anzahl pflegt ſich, wie das ziehende Kranichsheer, zu längerem Fluge entweder in eine Reihe oder in einen Keil zu ordnen, deſſen Schenkel ſich im Verlaufe des Fluges fortwährend ändern, weil immer einer der Vögel nach dem anderen den Vordermann ablöſt. Aus größeren Höhen ſteigen die Flamings in weit aus- geſchweiften Schraubenlinien hernieder, kurz vor dem Niederlaſſen ſchweben ſie wie vor dem Auf- fliegen noch ein Stück über das Waſſer dahin, bis ſie im Stande ſind, ihre Bewegung, ſoviel als zum ruhigen Stehenbleiben erforderlich iſt, zu verlangſamen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/820>, abgerufen am 22.11.2024.