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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Stelzvögel. Rallen.
obgleich sie sich in deren Gesellschaft nicht ungern zu befinden scheinen. Jhre Nahrung entnehmen sie
ebensowohl dem Pflanzen- wie dem Thierreiche. Sie verzehren viele Sämereien, aber auch sehr gern
und zeitweilig wohl ausschließlich Kerbthiere, deren Larven, Schnecken, Würmer, Eier anderer
Vögel oder kleine Nestvögel selbst. Die größeren Arten der Familie sind wahre Raubvögel, welche
sogar ausgewachsenen kleinen Wirbelthieren den Garaus machen. Das Nest wird nah am Wasser,
oft über demselben im Binsicht, Ried und Schilf angelegt, ist ein ziemlich gutes Geflecht, in welches
das Wasser nicht eindringen kann, und enthält im Frühjahre der betreffenden Länder drei bis zwölf,
auf bleichem Grunde dunkler gefleckte und gepunktete Eier, welche von beiden Eltern bebrütet werden.
Die wolligflaumigen Jungen sind vollendete Nestflüchter und ihre Beobachtung deshalb außerordentlich
schwierig; doch weiß man, daß sie sich sehr bald selbständig machen, die Eltern auch wohl noch zu
einer zweiten Brut im Laufe des Sommers schreiten. Alle Rallen werden nicht eigentlich gejagt,
weil die Jagd nur mit Hilfe eines guten Stöberhundes einigen Erfolg verspricht, aber gelegentlich
mit erlegt, da ihr Fleisch sehr wohlschmeckend ist. Größeres Vergnügen als ihre Jagd gewährt ihr
Gefangenleben. Sie gehören ausnahmslos zu den anmuthigsten Vögeln, welche man halten kann,
verlangen jedoch ein größeres Gebauer und eine etwas sorgfältige Pflege, wenn sie gedeihen sollen.



Zu den Rallen rechne ich eine an Arten arme Sippe, welche bisher gewöhnlich den Schnepfen
zugezählt wurde, die Schnepfenrallen (Rhynchaea). Sie kennzeichnen sich durch den mehr als
kopflangen, hinten geraden, vorn gesenkten, seitlich zusammengedrückten Schnabel, dessen Laden an
der Spitze gleich lang und nach unten gebogen sind, die mittellangen Füße mit verhältnißmäßig
kurzen, ganz getheilten Zehen, deren hinterste sich etwas höher einlenkt als die übrigen, die breiten
Flügel, unter deren Handschwingen die dritte die längste, sanft zugerundeten, zwölffederigen Schwanz
und die schöne Zeichnung ihres Gefieders. Die Männchen sind kleiner und unscheinbarer als die
Weibchen, welche deshalb oft als Männchen beschrieben wurden.

Jn Afrika habe ich die Goldralle oder Goldschnepfe (Rhynchaea capensis) kennen gelernt.
Das Gefieder des Männchens ist auf der Oberseite schwarzgrau; ein Streifen, welcher über der Kopf-
mitte, ein Augenbrauenstreifen und ein Schulterstreifen jederseits sind gelblich, die Oberflügel auf
braunem Grunde schwärzlich gewellt, der Vorderhals und die Oberbrust tiefschwarzgrau und weiß gewellt,
die übrigen Untertheile weiß, die Schwingen und Steuerfedern durch goldgelbe Augen- und schwarze
Querflecken gezeichnet. Beim Weibchen ist die Oberseite dunkelbisterbraun, unregelmäßig grünschwarz
in die Quere gebändert, der Kopf braun mit grünlichem Schimmer, die Augenbrau gilblichweiß,
ein über die Kopfmitte verlaufender Streifen gelblich, der Hals zimmtbraun, die Vorderbrust schwarz-
braun, ein vom Halse zur Achsel laufendes Band wie die Unterseite weiß; Schwingen und Steuer-
federn sind grün und schwarz gewellt und mit goldgelben Flecken geziert, die Flügeldeckfedern grünlich,
sein schwarz gebändert. Das Auge ist braun, der Schnabel an der Spitze zinnoberroth, an der
Wurzel dunkelgrün, der Fuß hellgrün. Die Länge beträgt beim Männchen 9, beim Weibchen 10,
die Breite bei jenem 161/4, bei diesem 18, die Fittiglänge 5 1/6 , die Schwanzlänge 2 Zoll.

Einige Forscher wollen alle Goldschnepfen der alten Welt zu einer Art zählen und sehen die
unterschiedenen nur als klimatische Abarten an; ich bin mit Anderen der entgegengesetzten Ansicht.
Das Verbreitungsgebiet der beschriebenen Goldschnepfe reicht über einen großen Theil Afrikas. Jch
fand sie am Mensalehsee und in Unteregypten überhaupt, einzeln aber auch im Sudahn auf; andere
Forscher sammelten sie am Senegal, in Mosambik und auf Madagaskar. Nach meinen Erfahrungen
wandert sie nicht, sondern gehört höchstens zu den Strichvögeln; denn man trifft sie zu gleicher Zeit
in Unteregypten und im Ost-Sudahn.

Die Läufer. Stelzvögel. Rallen.
obgleich ſie ſich in deren Geſellſchaft nicht ungern zu befinden ſcheinen. Jhre Nahrung entnehmen ſie
ebenſowohl dem Pflanzen- wie dem Thierreiche. Sie verzehren viele Sämereien, aber auch ſehr gern
und zeitweilig wohl ausſchließlich Kerbthiere, deren Larven, Schnecken, Würmer, Eier anderer
Vögel oder kleine Neſtvögel ſelbſt. Die größeren Arten der Familie ſind wahre Raubvögel, welche
ſogar ausgewachſenen kleinen Wirbelthieren den Garaus machen. Das Neſt wird nah am Waſſer,
oft über demſelben im Binſicht, Ried und Schilf angelegt, iſt ein ziemlich gutes Geflecht, in welches
das Waſſer nicht eindringen kann, und enthält im Frühjahre der betreffenden Länder drei bis zwölf,
auf bleichem Grunde dunkler gefleckte und gepunktete Eier, welche von beiden Eltern bebrütet werden.
Die wolligflaumigen Jungen ſind vollendete Neſtflüchter und ihre Beobachtung deshalb außerordentlich
ſchwierig; doch weiß man, daß ſie ſich ſehr bald ſelbſtändig machen, die Eltern auch wohl noch zu
einer zweiten Brut im Laufe des Sommers ſchreiten. Alle Rallen werden nicht eigentlich gejagt,
weil die Jagd nur mit Hilfe eines guten Stöberhundes einigen Erfolg verſpricht, aber gelegentlich
mit erlegt, da ihr Fleiſch ſehr wohlſchmeckend iſt. Größeres Vergnügen als ihre Jagd gewährt ihr
Gefangenleben. Sie gehören ausnahmslos zu den anmuthigſten Vögeln, welche man halten kann,
verlangen jedoch ein größeres Gebauer und eine etwas ſorgfältige Pflege, wenn ſie gedeihen ſollen.



Zu den Rallen rechne ich eine an Arten arme Sippe, welche bisher gewöhnlich den Schnepfen
zugezählt wurde, die Schnepfenrallen (Rhynchaea). Sie kennzeichnen ſich durch den mehr als
kopflangen, hinten geraden, vorn geſenkten, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel, deſſen Laden an
der Spitze gleich lang und nach unten gebogen ſind, die mittellangen Füße mit verhältnißmäßig
kurzen, ganz getheilten Zehen, deren hinterſte ſich etwas höher einlenkt als die übrigen, die breiten
Flügel, unter deren Handſchwingen die dritte die längſte, ſanft zugerundeten, zwölffederigen Schwanz
und die ſchöne Zeichnung ihres Gefieders. Die Männchen ſind kleiner und unſcheinbarer als die
Weibchen, welche deshalb oft als Männchen beſchrieben wurden.

Jn Afrika habe ich die Goldralle oder Goldſchnepfe (Rhynchaea capensis) kennen gelernt.
Das Gefieder des Männchens iſt auf der Oberſeite ſchwarzgrau; ein Streifen, welcher über der Kopf-
mitte, ein Augenbrauenſtreifen und ein Schulterſtreifen jederſeits ſind gelblich, die Oberflügel auf
braunem Grunde ſchwärzlich gewellt, der Vorderhals und die Oberbruſt tiefſchwarzgrau und weiß gewellt,
die übrigen Untertheile weiß, die Schwingen und Steuerfedern durch goldgelbe Augen- und ſchwarze
Querflecken gezeichnet. Beim Weibchen iſt die Oberſeite dunkelbiſterbraun, unregelmäßig grünſchwarz
in die Quere gebändert, der Kopf braun mit grünlichem Schimmer, die Augenbrau gilblichweiß,
ein über die Kopfmitte verlaufender Streifen gelblich, der Hals zimmtbraun, die Vorderbruſt ſchwarz-
braun, ein vom Halſe zur Achſel laufendes Band wie die Unterſeite weiß; Schwingen und Steuer-
federn ſind grün und ſchwarz gewellt und mit goldgelben Flecken geziert, die Flügeldeckfedern grünlich,
ſein ſchwarz gebändert. Das Auge iſt braun, der Schnabel an der Spitze zinnoberroth, an der
Wurzel dunkelgrün, der Fuß hellgrün. Die Länge beträgt beim Männchen 9, beim Weibchen 10,
die Breite bei jenem 16¼, bei dieſem 18, die Fittiglänge 5⅙, die Schwanzlänge 2 Zoll.

Einige Forſcher wollen alle Goldſchnepfen der alten Welt zu einer Art zählen und ſehen die
unterſchiedenen nur als klimatiſche Abarten an; ich bin mit Anderen der entgegengeſetzten Anſicht.
Das Verbreitungsgebiet der beſchriebenen Goldſchnepfe reicht über einen großen Theil Afrikas. Jch
fand ſie am Menſalehſee und in Unteregypten überhaupt, einzeln aber auch im Sudahn auf; andere
Forſcher ſammelten ſie am Senegal, in Moſambik und auf Madagaskar. Nach meinen Erfahrungen
wandert ſie nicht, ſondern gehört höchſtens zu den Strichvögeln; denn man trifft ſie zu gleicher Zeit
in Unteregypten und im Oſt-Sudahn.

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[742/0788] Die Läufer. Stelzvögel. Rallen. obgleich ſie ſich in deren Geſellſchaft nicht ungern zu befinden ſcheinen. Jhre Nahrung entnehmen ſie ebenſowohl dem Pflanzen- wie dem Thierreiche. Sie verzehren viele Sämereien, aber auch ſehr gern und zeitweilig wohl ausſchließlich Kerbthiere, deren Larven, Schnecken, Würmer, Eier anderer Vögel oder kleine Neſtvögel ſelbſt. Die größeren Arten der Familie ſind wahre Raubvögel, welche ſogar ausgewachſenen kleinen Wirbelthieren den Garaus machen. Das Neſt wird nah am Waſſer, oft über demſelben im Binſicht, Ried und Schilf angelegt, iſt ein ziemlich gutes Geflecht, in welches das Waſſer nicht eindringen kann, und enthält im Frühjahre der betreffenden Länder drei bis zwölf, auf bleichem Grunde dunkler gefleckte und gepunktete Eier, welche von beiden Eltern bebrütet werden. Die wolligflaumigen Jungen ſind vollendete Neſtflüchter und ihre Beobachtung deshalb außerordentlich ſchwierig; doch weiß man, daß ſie ſich ſehr bald ſelbſtändig machen, die Eltern auch wohl noch zu einer zweiten Brut im Laufe des Sommers ſchreiten. Alle Rallen werden nicht eigentlich gejagt, weil die Jagd nur mit Hilfe eines guten Stöberhundes einigen Erfolg verſpricht, aber gelegentlich mit erlegt, da ihr Fleiſch ſehr wohlſchmeckend iſt. Größeres Vergnügen als ihre Jagd gewährt ihr Gefangenleben. Sie gehören ausnahmslos zu den anmuthigſten Vögeln, welche man halten kann, verlangen jedoch ein größeres Gebauer und eine etwas ſorgfältige Pflege, wenn ſie gedeihen ſollen. Zu den Rallen rechne ich eine an Arten arme Sippe, welche bisher gewöhnlich den Schnepfen zugezählt wurde, die Schnepfenrallen (Rhynchaea). Sie kennzeichnen ſich durch den mehr als kopflangen, hinten geraden, vorn geſenkten, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel, deſſen Laden an der Spitze gleich lang und nach unten gebogen ſind, die mittellangen Füße mit verhältnißmäßig kurzen, ganz getheilten Zehen, deren hinterſte ſich etwas höher einlenkt als die übrigen, die breiten Flügel, unter deren Handſchwingen die dritte die längſte, ſanft zugerundeten, zwölffederigen Schwanz und die ſchöne Zeichnung ihres Gefieders. Die Männchen ſind kleiner und unſcheinbarer als die Weibchen, welche deshalb oft als Männchen beſchrieben wurden. Jn Afrika habe ich die Goldralle oder Goldſchnepfe (Rhynchaea capensis) kennen gelernt. Das Gefieder des Männchens iſt auf der Oberſeite ſchwarzgrau; ein Streifen, welcher über der Kopf- mitte, ein Augenbrauenſtreifen und ein Schulterſtreifen jederſeits ſind gelblich, die Oberflügel auf braunem Grunde ſchwärzlich gewellt, der Vorderhals und die Oberbruſt tiefſchwarzgrau und weiß gewellt, die übrigen Untertheile weiß, die Schwingen und Steuerfedern durch goldgelbe Augen- und ſchwarze Querflecken gezeichnet. Beim Weibchen iſt die Oberſeite dunkelbiſterbraun, unregelmäßig grünſchwarz in die Quere gebändert, der Kopf braun mit grünlichem Schimmer, die Augenbrau gilblichweiß, ein über die Kopfmitte verlaufender Streifen gelblich, der Hals zimmtbraun, die Vorderbruſt ſchwarz- braun, ein vom Halſe zur Achſel laufendes Band wie die Unterſeite weiß; Schwingen und Steuer- federn ſind grün und ſchwarz gewellt und mit goldgelben Flecken geziert, die Flügeldeckfedern grünlich, ſein ſchwarz gebändert. Das Auge iſt braun, der Schnabel an der Spitze zinnoberroth, an der Wurzel dunkelgrün, der Fuß hellgrün. Die Länge beträgt beim Männchen 9, beim Weibchen 10, die Breite bei jenem 16¼, bei dieſem 18, die Fittiglänge 5⅙, die Schwanzlänge 2 Zoll. Einige Forſcher wollen alle Goldſchnepfen der alten Welt zu einer Art zählen und ſehen die unterſchiedenen nur als klimatiſche Abarten an; ich bin mit Anderen der entgegengeſetzten Anſicht. Das Verbreitungsgebiet der beſchriebenen Goldſchnepfe reicht über einen großen Theil Afrikas. Jch fand ſie am Menſalehſee und in Unteregypten überhaupt, einzeln aber auch im Sudahn auf; andere Forſcher ſammelten ſie am Senegal, in Moſambik und auf Madagaskar. Nach meinen Erfahrungen wandert ſie nicht, ſondern gehört höchſtens zu den Strichvögeln; denn man trifft ſie zu gleicher Zeit in Unteregypten und im Oſt-Sudahn.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 742. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/788>, abgerufen am 22.11.2024.