Die Rohrdommel (Botaurus stellaris), welche durch vorstehende Worte des alten Geßner sehr richtig geschildert wird, führt noch heutigen Tages die alten Namen, und noch eine Menge anderer dazu; denn sie heißt nicht blos Rohrdomb und Rohrdommel, sondern auch Rohrpump, Rohrbrüller, Moor-, Wasser-, Ried-, und Mosochse, Rind- oder Kuh- und Mos- reiher und Moskrähe, Jbrum, Hortikel, Faul etc. Nach den heutigen Anschauungen bildet sie eine besondere Sippe unserer Familie, als deren Kennzeichen anzusehen sind: gedrungener Leib, langer, aber dicker Hals, schmaler, hoher Schnabel, fast bis auf die Ferse herab befiederter, großzehiger Fuß, breiter Flügel, zehnfederiger Schwanz und dichtes, am Halse verlängertes Gefieder, welchem alle Schmuckfedern fehlen. Die Geschlechter unterscheiden sich nur durch die Größe. Der Oberkopf ist schwarz, der Hinterhals grauschwarz und gelb gemischt, das übrige Gesieder auf rost-
[Abbildung]
Die Rohrdommel (Botaurus stollaris). 1/4 der nat. Größe.
gelbem Grunde mit schwarzbraunen und rostbraunen Längs- und Querflecken, welche am Vorderhalse drei Längsstreifen bilden, gezeichnet. Das Auge ist königsgelb, vor demselben graugrün, der Ober- schnabel bräunlich hornfarben, der Unterschnabel grünlich, der Fuß hellsaftgrün, an den Gelenken gelblich. Die Länge beträgt 28, die Breite 48, die Fittiglänge 15, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Die Rohrdommel theilt mit ihrer zwerghaften Verwandten ungefähr dasselbe Vaterland. Sie ist häufig in Holland, nicht selten in Deutschland, gemein in den Tiefländern der Donau und Wolga, verbreitet sich nach Osten hin über ganz Mittelsibirien, nach Westen hin über Süd- und Mitteleuropa und besucht auf dem Zuge Nordafrika, scheint aber nicht weit ins Jnnere vorzudringen, da ich sie nur an den nordegyptischen Strandseen beobachtet habe. Allerorten, wo sie vorkommt, lebt sie blos in Seen, Teichen oder Brüchen, welche theilweise mit hohem Rohre bestanden sind; sie ist undenkbar
Die Läufer. Stelzvögel. Reiher.
Die Rohrdommel (Botaurus stellaris), welche durch vorſtehende Worte des alten Geßner ſehr richtig geſchildert wird, führt noch heutigen Tages die alten Namen, und noch eine Menge anderer dazu; denn ſie heißt nicht blos Rohrdomb und Rohrdommel, ſondern auch Rohrpump, Rohrbrüller, Moor-, Waſſer-, Ried-, und Mosochſe, Rind- oder Kuh- und Mos- reiher und Moskrähe, Jbrum, Hortikel, Faul ꝛc. Nach den heutigen Anſchauungen bildet ſie eine beſondere Sippe unſerer Familie, als deren Kennzeichen anzuſehen ſind: gedrungener Leib, langer, aber dicker Hals, ſchmaler, hoher Schnabel, faſt bis auf die Ferſe herab befiederter, großzehiger Fuß, breiter Flügel, zehnfederiger Schwanz und dichtes, am Halſe verlängertes Gefieder, welchem alle Schmuckfedern fehlen. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich nur durch die Größe. Der Oberkopf iſt ſchwarz, der Hinterhals grauſchwarz und gelb gemiſcht, das übrige Geſieder auf roſt-
[Abbildung]
Die Rohrdommel (Botaurus stollaris). ¼ der nat. Größe.
gelbem Grunde mit ſchwarzbraunen und roſtbraunen Längs- und Querflecken, welche am Vorderhalſe drei Längsſtreifen bilden, gezeichnet. Das Auge iſt königsgelb, vor demſelben graugrün, der Ober- ſchnabel bräunlich hornfarben, der Unterſchnabel grünlich, der Fuß hellſaftgrün, an den Gelenken gelblich. Die Länge beträgt 28, die Breite 48, die Fittiglänge 15, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Die Rohrdommel theilt mit ihrer zwerghaften Verwandten ungefähr daſſelbe Vaterland. Sie iſt häufig in Holland, nicht ſelten in Deutſchland, gemein in den Tiefländern der Donau und Wolga, verbreitet ſich nach Oſten hin über ganz Mittelſibirien, nach Weſten hin über Süd- und Mitteleuropa und beſucht auf dem Zuge Nordafrika, ſcheint aber nicht weit ins Jnnere vorzudringen, da ich ſie nur an den nordegyptiſchen Strandſeen beobachtet habe. Allerorten, wo ſie vorkommt, lebt ſie blos in Seen, Teichen oder Brüchen, welche theilweiſe mit hohem Rohre beſtanden ſind; ſie iſt undenkbar
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0758"n="714"/><fwplace="top"type="header">Die Läufer. Stelzvögel. Reiher.</fw><lb/><p>Die <hirendition="#g">Rohrdommel</hi> (<hirendition="#aq">Botaurus stellaris</hi>), welche durch vorſtehende Worte des alten <hirendition="#g">Geßner</hi><lb/>ſehr richtig geſchildert wird, führt noch heutigen Tages die alten Namen, und noch eine Menge anderer<lb/>
dazu; denn ſie heißt nicht blos <hirendition="#g">Rohrdomb</hi> und <hirendition="#g">Rohrdommel</hi>, ſondern auch <hirendition="#g">Rohrpump,<lb/>
Rohrbrüller, Moor-, Waſſer-, Ried-</hi>, und <hirendition="#g">Mosochſe, Rind-</hi> oder <hirendition="#g">Kuh-</hi> und <hirendition="#g">Mos-<lb/>
reiher</hi> und <hirendition="#g">Moskrähe, Jbrum, Hortikel, Faul</hi>ꝛc. Nach den heutigen Anſchauungen<lb/>
bildet ſie eine beſondere Sippe unſerer Familie, als deren Kennzeichen anzuſehen ſind: gedrungener<lb/>
Leib, langer, aber dicker Hals, ſchmaler, hoher Schnabel, faſt bis auf die Ferſe herab befiederter,<lb/>
großzehiger Fuß, breiter Flügel, zehnfederiger Schwanz und dichtes, am Halſe verlängertes Gefieder,<lb/>
welchem alle Schmuckfedern fehlen. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich nur durch die Größe. Der<lb/>
Oberkopf iſt ſchwarz, der Hinterhals grauſchwarz und gelb gemiſcht, das übrige Geſieder auf roſt-<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Die Rohrdommel</hi> (<hirendition="#aq">Botaurus stollaris</hi>). ¼ der nat. Größe.</hi></head></figure><lb/>
gelbem Grunde mit ſchwarzbraunen und roſtbraunen Längs- und Querflecken, welche am Vorderhalſe<lb/>
drei Längsſtreifen bilden, gezeichnet. Das Auge iſt königsgelb, vor demſelben graugrün, der Ober-<lb/>ſchnabel bräunlich hornfarben, der Unterſchnabel grünlich, der Fuß hellſaftgrün, an den Gelenken<lb/>
gelblich. Die Länge beträgt 28, die Breite 48, die Fittiglänge 15, die Schwanzlänge 5 Zoll.</p><lb/><p>Die Rohrdommel theilt mit ihrer zwerghaften Verwandten ungefähr daſſelbe Vaterland. Sie<lb/>
iſt häufig in Holland, nicht ſelten in Deutſchland, gemein in den Tiefländern der Donau und Wolga,<lb/>
verbreitet ſich nach Oſten hin über ganz Mittelſibirien, nach Weſten hin über Süd- und Mitteleuropa<lb/>
und beſucht auf dem Zuge Nordafrika, ſcheint aber nicht weit ins Jnnere vorzudringen, da ich ſie<lb/>
nur an den nordegyptiſchen Strandſeen beobachtet habe. Allerorten, wo ſie vorkommt, lebt ſie blos<lb/>
in Seen, Teichen oder Brüchen, welche theilweiſe mit hohem Rohre beſtanden ſind; ſie iſt undenkbar<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[714/0758]
Die Läufer. Stelzvögel. Reiher.
Die Rohrdommel (Botaurus stellaris), welche durch vorſtehende Worte des alten Geßner
ſehr richtig geſchildert wird, führt noch heutigen Tages die alten Namen, und noch eine Menge anderer
dazu; denn ſie heißt nicht blos Rohrdomb und Rohrdommel, ſondern auch Rohrpump,
Rohrbrüller, Moor-, Waſſer-, Ried-, und Mosochſe, Rind- oder Kuh- und Mos-
reiher und Moskrähe, Jbrum, Hortikel, Faul ꝛc. Nach den heutigen Anſchauungen
bildet ſie eine beſondere Sippe unſerer Familie, als deren Kennzeichen anzuſehen ſind: gedrungener
Leib, langer, aber dicker Hals, ſchmaler, hoher Schnabel, faſt bis auf die Ferſe herab befiederter,
großzehiger Fuß, breiter Flügel, zehnfederiger Schwanz und dichtes, am Halſe verlängertes Gefieder,
welchem alle Schmuckfedern fehlen. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich nur durch die Größe. Der
Oberkopf iſt ſchwarz, der Hinterhals grauſchwarz und gelb gemiſcht, das übrige Geſieder auf roſt-
[Abbildung Die Rohrdommel (Botaurus stollaris). ¼ der nat. Größe.]
gelbem Grunde mit ſchwarzbraunen und roſtbraunen Längs- und Querflecken, welche am Vorderhalſe
drei Längsſtreifen bilden, gezeichnet. Das Auge iſt königsgelb, vor demſelben graugrün, der Ober-
ſchnabel bräunlich hornfarben, der Unterſchnabel grünlich, der Fuß hellſaftgrün, an den Gelenken
gelblich. Die Länge beträgt 28, die Breite 48, die Fittiglänge 15, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Die Rohrdommel theilt mit ihrer zwerghaften Verwandten ungefähr daſſelbe Vaterland. Sie
iſt häufig in Holland, nicht ſelten in Deutſchland, gemein in den Tiefländern der Donau und Wolga,
verbreitet ſich nach Oſten hin über ganz Mittelſibirien, nach Weſten hin über Süd- und Mitteleuropa
und beſucht auf dem Zuge Nordafrika, ſcheint aber nicht weit ins Jnnere vorzudringen, da ich ſie
nur an den nordegyptiſchen Strandſeen beobachtet habe. Allerorten, wo ſie vorkommt, lebt ſie blos
in Seen, Teichen oder Brüchen, welche theilweiſe mit hohem Rohre beſtanden ſind; ſie iſt undenkbar
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/758>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.