ist, diese beiden, den Kahn- und den Schuhschnabel, in einer besonderen Gruppe oder Familie zu vereinigen, wie ich es hier gethan habe. Eine solche Berechtigung vorausgesetzt, würde man als Familienkennzeichen der Kahnschnäbler (Cancromata) anzugeben haben: kräftigen Leib, mittel- langen, aber dicken Hals, gewaltigen, großen, breiten, hohen, gewölbten Schnabel, hohe, langzehige Beine, lange, breite, gerundete Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längsten, ziemlich langen, gerade abgeschnittenen Schwanz und ein ziemlich reichhaltiges, weiches Kleingefieder, welches sich am Hinterkopfe zu einem Schopfe verlängert.
Der Schuhschnabel (Balaeniceps Rex) kennzeichnet sich durch seine bedeutende Größe, den massigen Leib, dicken Hals und großen Kopf, den gewaltigen, einem plumpen Holzschuh nicht unähnlichen, auf der Firste seicht eingebogenen, gekielten, starkhakigen Schnabel, dessen breite Unter- kiefer bis zu ihrer Verbindungsstelle durch eine lederige Haut verbunden werden, die sehr hohen Beine und großen Füße, deren lange Zehen mit kräftigen Nägeln bewehrt sind, die breiten und langen Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längsten, den mittellangen, geraden, zwölf- federigen Schwanz und das großfederige, ziemlich weiche Kleingefieder, welches am Hinterhaupte einen kurzen Schopf bildet. Ein schönes Aschgrau ist die Grundfärbung des Gefieders; die Ränder der größeren Federn sind lichtgrau, die Schwingen und Steuerfedern grauschwarz. Das Auge ist hellgelb, der Schnabel hornfarben, der Fuß schwarz. Genaue Maße kenne ich nicht.
Ueber das Freileben des Schuhschnabels sind wir neuerdings durch Heuglin und Petherick unterrichtet worden. Jener Riefe der Sumpfvögel lebt in zahlreichen Gesellschaften in den Sümpfen und Regenbetten des weißen Nil und einigen seiner Nebenflüsse, insbesondere im Lande der Kitsch- und Nuer-Neger, zwischen dem fünften und achten Grade nördlicher Breite. Gewöhnlich sieht man ihn hier in kleineren Gesellschaften, zuweilen jedoch auch in Schwärmen von mehr als hundert, welche, im Wasser watend, ihrer Fischjagd obliegen und, wenn sie aufgestört werden, niedrig über der Oberfläche des Wassers dahinfliegen, sich auch bald wieder niederlassen. Werden sie dagegen durch Schüsse in Furcht gesetzt, so erheben sie sich hoch in die Luft, kreisen und schweben längere Zeit umher und lassen sich höchstens auf den Wipfeln der Bäume nieder, kehren aber, solange sie die verdächtigen Menschen gewahren, nicht wieder zum Wasser zurück. Gleichwohl schlafen sie wahrscheinlich nicht auf Bäumen, sondern auf dem Boden.
Jn seinem Gange und Fluge zeigt der Schuhschnabel Aehnlichkeit mit dem Marabu, welchen wir später kennen lernen werden. Der einzige Ton, welchen er von sich gibt, ist ein lautes Knacken und Klappern mit dem Schnabel, welches an das Storchgeklapper erinnert. Seine Nahrung besteht vorzugsweise aus Fischen, und sie weiß er, oft bis zur Brust im Wasser stehend, mit dem gewaltigen Schnabel geschickt zu fangen. Petherick versichert, daß seine Leute gesehen hätten, wie er Wasser- schlangen (?) fing und tödtete, und fügt hinzu, daß er die Eingeweide todter Thiere auch nicht verschmähe und, um zu ihnen zu gelangen, nach Art des Marabu den Leib eines Aases aufreiße.
Die Brutzeit fällt in die dortige Regenzeit, also in die Monate Juli und August. Der Schuh- schnabel erwählt sich zur Anlage seines Nestes eine kleine Erhöhung im Schilfe oder Grase, unmittel- bar am Rande des Wassers, oder am liebsten da, wo sie vom Wasser umgeben ist, scharrt eine seichte Mulde in den Boden und legt in diese, ohne sie vorher mit Pflanzenstoffen oder Federn auszukleiden, die Eier. Diese sind nach Heuglin's Angabe verhältnißmäßig klein, eigestaltig, weiß, frisch etwas bläulich angeflogen, später, in Folge des Bebrütens, bräunlich beschmuzt; die dicke, feinkörnige Schale scheint dunkelgrün durch und hat einen glatten Kalküberzug, in welchem sich häufig äußere Eindrücke finden und der hier und da blasig ist, oder an der Spitze fast ganz fehlt. Derselbe Naturforscher versichert, daß das aus dem Neste genommene Junge sich sehr leicht mit Fischen erhalten und zähmen läßt, Petherick hingegen, daß alle die Jungen, welche durch seine Leute ausgenommen wurden, gestorben seien und er deshalb genöthigt worden wäre, solche durch Hühner ausbrüten zu lassen. Diese Jungen geberdeten sich zum größten Mißvergnügen ihrer Pflegemutter so unhühnerhaft als
Löffler. Schuhſchnabel.
iſt, dieſe beiden, den Kahn- und den Schuhſchnabel, in einer beſonderen Gruppe oder Familie zu vereinigen, wie ich es hier gethan habe. Eine ſolche Berechtigung vorausgeſetzt, würde man als Familienkennzeichen der Kahnſchnäbler (Cancromata) anzugeben haben: kräftigen Leib, mittel- langen, aber dicken Hals, gewaltigen, großen, breiten, hohen, gewölbten Schnabel, hohe, langzehige Beine, lange, breite, gerundete Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längſten, ziemlich langen, gerade abgeſchnittenen Schwanz und ein ziemlich reichhaltiges, weiches Kleingefieder, welches ſich am Hinterkopfe zu einem Schopfe verlängert.
Der Schuhſchnabel (Balaeniceps Rex) kennzeichnet ſich durch ſeine bedeutende Größe, den maſſigen Leib, dicken Hals und großen Kopf, den gewaltigen, einem plumpen Holzſchuh nicht unähnlichen, auf der Firſte ſeicht eingebogenen, gekielten, ſtarkhakigen Schnabel, deſſen breite Unter- kiefer bis zu ihrer Verbindungsſtelle durch eine lederige Haut verbunden werden, die ſehr hohen Beine und großen Füße, deren lange Zehen mit kräftigen Nägeln bewehrt ſind, die breiten und langen Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längſten, den mittellangen, geraden, zwölf- federigen Schwanz und das großfederige, ziemlich weiche Kleingefieder, welches am Hinterhaupte einen kurzen Schopf bildet. Ein ſchönes Aſchgrau iſt die Grundfärbung des Gefieders; die Ränder der größeren Federn ſind lichtgrau, die Schwingen und Steuerfedern grauſchwarz. Das Auge iſt hellgelb, der Schnabel hornfarben, der Fuß ſchwarz. Genaue Maße kenne ich nicht.
Ueber das Freileben des Schuhſchnabels ſind wir neuerdings durch Heuglin und Petherick unterrichtet worden. Jener Riefe der Sumpfvögel lebt in zahlreichen Geſellſchaften in den Sümpfen und Regenbetten des weißen Nil und einigen ſeiner Nebenflüſſe, insbeſondere im Lande der Kitſch- und Nuër-Neger, zwiſchen dem fünften und achten Grade nördlicher Breite. Gewöhnlich ſieht man ihn hier in kleineren Geſellſchaften, zuweilen jedoch auch in Schwärmen von mehr als hundert, welche, im Waſſer watend, ihrer Fiſchjagd obliegen und, wenn ſie aufgeſtört werden, niedrig über der Oberfläche des Waſſers dahinfliegen, ſich auch bald wieder niederlaſſen. Werden ſie dagegen durch Schüſſe in Furcht geſetzt, ſo erheben ſie ſich hoch in die Luft, kreiſen und ſchweben längere Zeit umher und laſſen ſich höchſtens auf den Wipfeln der Bäume nieder, kehren aber, ſolange ſie die verdächtigen Menſchen gewahren, nicht wieder zum Waſſer zurück. Gleichwohl ſchlafen ſie wahrſcheinlich nicht auf Bäumen, ſondern auf dem Boden.
Jn ſeinem Gange und Fluge zeigt der Schuhſchnabel Aehnlichkeit mit dem Marabu, welchen wir ſpäter kennen lernen werden. Der einzige Ton, welchen er von ſich gibt, iſt ein lautes Knacken und Klappern mit dem Schnabel, welches an das Storchgeklapper erinnert. Seine Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus Fiſchen, und ſie weiß er, oft bis zur Bruſt im Waſſer ſtehend, mit dem gewaltigen Schnabel geſchickt zu fangen. Petherick verſichert, daß ſeine Leute geſehen hätten, wie er Waſſer- ſchlangen (?) fing und tödtete, und fügt hinzu, daß er die Eingeweide todter Thiere auch nicht verſchmähe und, um zu ihnen zu gelangen, nach Art des Marabu den Leib eines Aaſes aufreiße.
Die Brutzeit fällt in die dortige Regenzeit, alſo in die Monate Juli und Auguſt. Der Schuh- ſchnabel erwählt ſich zur Anlage ſeines Neſtes eine kleine Erhöhung im Schilfe oder Graſe, unmittel- bar am Rande des Waſſers, oder am liebſten da, wo ſie vom Waſſer umgeben iſt, ſcharrt eine ſeichte Mulde in den Boden und legt in dieſe, ohne ſie vorher mit Pflanzenſtoffen oder Federn auszukleiden, die Eier. Dieſe ſind nach Heuglin’s Angabe verhältnißmäßig klein, eigeſtaltig, weiß, friſch etwas bläulich angeflogen, ſpäter, in Folge des Bebrütens, bräunlich beſchmuzt; die dicke, feinkörnige Schale ſcheint dunkelgrün durch und hat einen glatten Kalküberzug, in welchem ſich häufig äußere Eindrücke finden und der hier und da blaſig iſt, oder an der Spitze faſt ganz fehlt. Derſelbe Naturforſcher verſichert, daß das aus dem Neſte genommene Junge ſich ſehr leicht mit Fiſchen erhalten und zähmen läßt, Petherick hingegen, daß alle die Jungen, welche durch ſeine Leute ausgenommen wurden, geſtorben ſeien und er deshalb genöthigt worden wäre, ſolche durch Hühner ausbrüten zu laſſen. Dieſe Jungen geberdeten ſich zum größten Mißvergnügen ihrer Pflegemutter ſo unhühnerhaft als
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Löffler. Schuhſchnabel.
iſt, dieſe beiden, den Kahn- und den Schuhſchnabel, in einer beſonderen Gruppe oder Familie zu
vereinigen, wie ich es hier gethan habe. Eine ſolche Berechtigung vorausgeſetzt, würde man als
Familienkennzeichen der Kahnſchnäbler (Cancromata) anzugeben haben: kräftigen Leib, mittel-
langen, aber dicken Hals, gewaltigen, großen, breiten, hohen, gewölbten Schnabel, hohe, langzehige
Beine, lange, breite, gerundete Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längſten,
ziemlich langen, gerade abgeſchnittenen Schwanz und ein ziemlich reichhaltiges, weiches Kleingefieder,
welches ſich am Hinterkopfe zu einem Schopfe verlängert.
Der Schuhſchnabel (Balaeniceps Rex) kennzeichnet ſich durch ſeine bedeutende Größe, den
maſſigen Leib, dicken Hals und großen Kopf, den gewaltigen, einem plumpen Holzſchuh nicht
unähnlichen, auf der Firſte ſeicht eingebogenen, gekielten, ſtarkhakigen Schnabel, deſſen breite Unter-
kiefer bis zu ihrer Verbindungsſtelle durch eine lederige Haut verbunden werden, die ſehr hohen
Beine und großen Füße, deren lange Zehen mit kräftigen Nägeln bewehrt ſind, die breiten und langen
Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längſten, den mittellangen, geraden, zwölf-
federigen Schwanz und das großfederige, ziemlich weiche Kleingefieder, welches am Hinterhaupte einen
kurzen Schopf bildet. Ein ſchönes Aſchgrau iſt die Grundfärbung des Gefieders; die Ränder der
größeren Federn ſind lichtgrau, die Schwingen und Steuerfedern grauſchwarz. Das Auge iſt hellgelb,
der Schnabel hornfarben, der Fuß ſchwarz. Genaue Maße kenne ich nicht.
Ueber das Freileben des Schuhſchnabels ſind wir neuerdings durch Heuglin und Petherick
unterrichtet worden. Jener Riefe der Sumpfvögel lebt in zahlreichen Geſellſchaften in den Sümpfen
und Regenbetten des weißen Nil und einigen ſeiner Nebenflüſſe, insbeſondere im Lande der
Kitſch- und Nuër-Neger, zwiſchen dem fünften und achten Grade nördlicher Breite. Gewöhnlich
ſieht man ihn hier in kleineren Geſellſchaften, zuweilen jedoch auch in Schwärmen von mehr als
hundert, welche, im Waſſer watend, ihrer Fiſchjagd obliegen und, wenn ſie aufgeſtört werden,
niedrig über der Oberfläche des Waſſers dahinfliegen, ſich auch bald wieder niederlaſſen. Werden ſie
dagegen durch Schüſſe in Furcht geſetzt, ſo erheben ſie ſich hoch in die Luft, kreiſen und ſchweben
längere Zeit umher und laſſen ſich höchſtens auf den Wipfeln der Bäume nieder, kehren aber, ſolange
ſie die verdächtigen Menſchen gewahren, nicht wieder zum Waſſer zurück. Gleichwohl ſchlafen ſie
wahrſcheinlich nicht auf Bäumen, ſondern auf dem Boden.
Jn ſeinem Gange und Fluge zeigt der Schuhſchnabel Aehnlichkeit mit dem Marabu, welchen
wir ſpäter kennen lernen werden. Der einzige Ton, welchen er von ſich gibt, iſt ein lautes Knacken
und Klappern mit dem Schnabel, welches an das Storchgeklapper erinnert. Seine Nahrung beſteht
vorzugsweiſe aus Fiſchen, und ſie weiß er, oft bis zur Bruſt im Waſſer ſtehend, mit dem gewaltigen
Schnabel geſchickt zu fangen. Petherick verſichert, daß ſeine Leute geſehen hätten, wie er Waſſer-
ſchlangen (?) fing und tödtete, und fügt hinzu, daß er die Eingeweide todter Thiere auch nicht
verſchmähe und, um zu ihnen zu gelangen, nach Art des Marabu den Leib eines Aaſes aufreiße.
Die Brutzeit fällt in die dortige Regenzeit, alſo in die Monate Juli und Auguſt. Der Schuh-
ſchnabel erwählt ſich zur Anlage ſeines Neſtes eine kleine Erhöhung im Schilfe oder Graſe, unmittel-
bar am Rande des Waſſers, oder am liebſten da, wo ſie vom Waſſer umgeben iſt, ſcharrt eine ſeichte
Mulde in den Boden und legt in dieſe, ohne ſie vorher mit Pflanzenſtoffen oder Federn auszukleiden,
die Eier. Dieſe ſind nach Heuglin’s Angabe verhältnißmäßig klein, eigeſtaltig, weiß, friſch etwas
bläulich angeflogen, ſpäter, in Folge des Bebrütens, bräunlich beſchmuzt; die dicke, feinkörnige Schale
ſcheint dunkelgrün durch und hat einen glatten Kalküberzug, in welchem ſich häufig äußere Eindrücke
finden und der hier und da blaſig iſt, oder an der Spitze faſt ganz fehlt. Derſelbe Naturforſcher
verſichert, daß das aus dem Neſte genommene Junge ſich ſehr leicht mit Fiſchen erhalten und zähmen
läßt, Petherick hingegen, daß alle die Jungen, welche durch ſeine Leute ausgenommen wurden,
geſtorben ſeien und er deshalb genöthigt worden wäre, ſolche durch Hühner ausbrüten zu laſſen.
Dieſe Jungen geberdeten ſich zum größten Mißvergnügen ihrer Pflegemutter ſo unhühnerhaft als
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/709>, abgerufen am 22.11.2024.
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