Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Läufer. Stelzvögel. Wasserläufer.
dem Bürzel weiß, braun gefleckt; die Augenbrauen, die Kehle, Halsseiten und unteren Theile sind
lebhaft dunkelrostroth, die Brustseiten und unteren Schwanzdeckfedern schwarz in die Länge gefleckt, die
Schwingen schwarz, weiß marmorirt, die Steuerfedern grau und weiß in die Quere gebändert. Das
Auge ist braun, der Schnabel röthlich, an der Spitze schwarzgrau, der Fuß schwarz. Beim Weibchen
sind die Farben minder lebhaft. Jm Winterkleide herrscht eine graue Hauptfarbe vor; die Oberseite
ist dann aschgrau, schwärzlichbraun in die Länge gefleckt, der Rücken, Bürzel und die Unterschwanz-
deckfedern sind weiß, die Deckfedern der Flügel schwarz, weiß gesäumt, die Untertheile weiß. Die
Länge beträgt 151/2, die Breite 26, die Fittiglänge 8, die Schwanzlänge 23/4 Zoll.

Nordeuropa und Nordasien sind die Länder, in welchen der Sumpfwater brütet; vonhieraus
besucht er aber während seines Zuges den größten Theil von Südasien, ganz Südeuropa und Nord-
afrika bis nach Südnubien und den Gambia hin, erscheint also auch an den deutschen und insbesondere
an den holländischen Küsten in großer Menge. Man hat beobachtet, daß er sich an der Ostseeküste
niemals sehr häufig zeigt, während er an der Westküste Schleswigs und Jütlands zuweilen massenhaft
auftritt. "Myriaden", sagt Naumann, "streichen dort in wolkenähnlichen Zügen von den Watten
auf die Wiesen und Viehweiden und auf jene zurück, wie es ihnen Ebbe und Flut gebieten; wo sich
eine solche Schar lagert, bedeckt sie buchstäblich den Strand in einer langen Strecke oder überzieht,
wo sie ruhig auf den Watten ihrer Nahrung nachgeht und weniger dicht beisammen ist, eine fast nicht
zu übersehende Fläche. Unglaublich ist ein solches Gewimmel, und das Aufsteigen einer Schar in der
Ferne oft einem aufsteigenden Rauche ähnlich." Die Hauptmasse scheint den Seeküsten entlang zu
wandern; wenigstens trifft man die Pfuhlschnepfen im Jnneren Deutschlands stets nur in geringer
Anzahl. Dagegen sieht man sie häufig im Süden Europas und besonders an den Strandseen Unter-
egyptens, wie denn überhaupt die Mittelmeerländer für diejenigen, welche aus Nordwesteuropa weg-
ziehen, wohl die eigentliche Winterherberge bilden.

Der Sommeraufenthalt des Sumpfwaters und feiner Verwandten ist sehr kurz. Alle Ufer-
schnepfen scheinen blos nach dem Norden zu ziehen, um dort zu brüten, und, sobald sie der Fort-
pflanzung genügt haben, sich wieder auf die Reise zu begeben. Kaum sind die Schwärme, welche man
im Frühjahre auf jenen Watten sieht, nach Nordosten gezogen, da kehren auch schon einzelne Alte
wieder zurück, wie Naumann meint, solche, welche in der Brut unglücklich waren und ohne Nach-
kommenschaft blieben. Der wirkliche Zug beginnt zu Ende des August und währt den September
hindurch; die Rückkehr erfolgt vom April an bis tief in den Mai hinein, sodaß also die Zeit des
Aufenthalts am Brutorte höchstens zwei Monate währen kann. Man darf die Uferschnepfen See-
vögel nennen, obwohl sie wahrscheinlich nicht in unmittelbarer Nähe der Küste brüten und in der
Winterherberge sich oft ziemlich weit vom Meere entfernen, ja, den Flüssen nachgehend, bis tief in das
Jnnere des Landes fliegen. Doch hält die Mehrzahl sich an jenen Seen auf, hier am Rande derselben,
oder in den benachbarten Sümpfen und sumpfigen Feldern ihre Nahrung suchend. Während des
Zuges entfernen sie sich ungern vom Meere, treiben sich auf den von der Ebbe blos gelegten Watten
und Sandbänken umher, schwärmen mit zurückkehrender Flut nach dem Festlande zurück, senden,
wenn die Ebbe wieder eintritt, Kundschafter aus, erheben sich, nachdem ihnen diese die erwünschte
Nachricht gebracht, unter entsetzlichem Lärmen, eilen dem Wasser zu und folgen nun den zurückkehrenden
Wogen. "Hier", sagt Naumann, "athmet Alles Lust und Freude, und man sieht deutlich, daß sie
gerade am rechten Platze, in ihrem wahren Elemente sind. Dieses von sechs zu sechs Stunden sich
wiederholende Wechseln des Nassen mit dem Trockenen einer so erstaunlichen Anzahl großer und schöner
Vögel bietet dem Forscher die herrlichste Gelegenheit zu den interessantesten Beobachtungen dar."
Auch diejenigen, welche im Jnneren des Landes sich aufhalten, lieben es, vom Wasser weg auf das
Trockene zu fliegen und wieder dahin zurückzukehren. Sie verbringen dann die Mittagszeit, in welcher
sie auch schlafen, im Lande und suchen das Wasser gegen Abend auf, an ihm während der ganzen
Nacht oder doch in der Abend- und Morgendämmerung sich beschäftigend.

Die Läufer. Stelzvögel. Waſſerläufer.
dem Bürzel weiß, braun gefleckt; die Augenbrauen, die Kehle, Halsſeiten und unteren Theile ſind
lebhaft dunkelroſtroth, die Bruſtſeiten und unteren Schwanzdeckfedern ſchwarz in die Länge gefleckt, die
Schwingen ſchwarz, weiß marmorirt, die Steuerfedern grau und weiß in die Quere gebändert. Das
Auge iſt braun, der Schnabel röthlich, an der Spitze ſchwarzgrau, der Fuß ſchwarz. Beim Weibchen
ſind die Farben minder lebhaft. Jm Winterkleide herrſcht eine graue Hauptfarbe vor; die Oberſeite
iſt dann aſchgrau, ſchwärzlichbraun in die Länge gefleckt, der Rücken, Bürzel und die Unterſchwanz-
deckfedern ſind weiß, die Deckfedern der Flügel ſchwarz, weiß geſäumt, die Untertheile weiß. Die
Länge beträgt 15½, die Breite 26, die Fittiglänge 8, die Schwanzlänge 2¾ Zoll.

Nordeuropa und Nordaſien ſind die Länder, in welchen der Sumpfwater brütet; vonhieraus
beſucht er aber während ſeines Zuges den größten Theil von Südaſien, ganz Südeuropa und Nord-
afrika bis nach Südnubien und den Gambia hin, erſcheint alſo auch an den deutſchen und insbeſondere
an den holländiſchen Küſten in großer Menge. Man hat beobachtet, daß er ſich an der Oſtſeeküſte
niemals ſehr häufig zeigt, während er an der Weſtküſte Schleswigs und Jütlands zuweilen maſſenhaft
auftritt. „Myriaden“, ſagt Naumann, „ſtreichen dort in wolkenähnlichen Zügen von den Watten
auf die Wieſen und Viehweiden und auf jene zurück, wie es ihnen Ebbe und Flut gebieten; wo ſich
eine ſolche Schar lagert, bedeckt ſie buchſtäblich den Strand in einer langen Strecke oder überzieht,
wo ſie ruhig auf den Watten ihrer Nahrung nachgeht und weniger dicht beiſammen iſt, eine faſt nicht
zu überſehende Fläche. Unglaublich iſt ein ſolches Gewimmel, und das Aufſteigen einer Schar in der
Ferne oft einem aufſteigenden Rauche ähnlich.“ Die Hauptmaſſe ſcheint den Seeküſten entlang zu
wandern; wenigſtens trifft man die Pfuhlſchnepfen im Jnneren Deutſchlands ſtets nur in geringer
Anzahl. Dagegen ſieht man ſie häufig im Süden Europas und beſonders an den Strandſeen Unter-
egyptens, wie denn überhaupt die Mittelmeerländer für diejenigen, welche aus Nordweſteuropa weg-
ziehen, wohl die eigentliche Winterherberge bilden.

Der Sommeraufenthalt des Sumpfwaters und feiner Verwandten iſt ſehr kurz. Alle Ufer-
ſchnepfen ſcheinen blos nach dem Norden zu ziehen, um dort zu brüten, und, ſobald ſie der Fort-
pflanzung genügt haben, ſich wieder auf die Reiſe zu begeben. Kaum ſind die Schwärme, welche man
im Frühjahre auf jenen Watten ſieht, nach Nordoſten gezogen, da kehren auch ſchon einzelne Alte
wieder zurück, wie Naumann meint, ſolche, welche in der Brut unglücklich waren und ohne Nach-
kommenſchaft blieben. Der wirkliche Zug beginnt zu Ende des Auguſt und währt den September
hindurch; die Rückkehr erfolgt vom April an bis tief in den Mai hinein, ſodaß alſo die Zeit des
Aufenthalts am Brutorte höchſtens zwei Monate währen kann. Man darf die Uferſchnepfen See-
vögel nennen, obwohl ſie wahrſcheinlich nicht in unmittelbarer Nähe der Küſte brüten und in der
Winterherberge ſich oft ziemlich weit vom Meere entfernen, ja, den Flüſſen nachgehend, bis tief in das
Jnnere des Landes fliegen. Doch hält die Mehrzahl ſich an jenen Seen auf, hier am Rande derſelben,
oder in den benachbarten Sümpfen und ſumpfigen Feldern ihre Nahrung ſuchend. Während des
Zuges entfernen ſie ſich ungern vom Meere, treiben ſich auf den von der Ebbe blos gelegten Watten
und Sandbänken umher, ſchwärmen mit zurückkehrender Flut nach dem Feſtlande zurück, ſenden,
wenn die Ebbe wieder eintritt, Kundſchafter aus, erheben ſich, nachdem ihnen dieſe die erwünſchte
Nachricht gebracht, unter entſetzlichem Lärmen, eilen dem Waſſer zu und folgen nun den zurückkehrenden
Wogen. „Hier“, ſagt Naumann, „athmet Alles Luſt und Freude, und man ſieht deutlich, daß ſie
gerade am rechten Platze, in ihrem wahren Elemente ſind. Dieſes von ſechs zu ſechs Stunden ſich
wiederholende Wechſeln des Naſſen mit dem Trockenen einer ſo erſtaunlichen Anzahl großer und ſchöner
Vögel bietet dem Forſcher die herrlichſte Gelegenheit zu den intereſſanteſten Beobachtungen dar.“
Auch diejenigen, welche im Jnneren des Landes ſich aufhalten, lieben es, vom Waſſer weg auf das
Trockene zu fliegen und wieder dahin zurückzukehren. Sie verbringen dann die Mittagszeit, in welcher
ſie auch ſchlafen, im Lande und ſuchen das Waſſer gegen Abend auf, an ihm während der ganzen
Nacht oder doch in der Abend- und Morgendämmerung ſich beſchäftigend.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0680" n="640"/><fw place="top" type="header">Die Läufer. Stelzvögel. Wa&#x017F;&#x017F;erläufer.</fw><lb/>
dem Bürzel weiß, braun gefleckt; die Augenbrauen, die Kehle, Hals&#x017F;eiten und unteren Theile &#x017F;ind<lb/>
lebhaft dunkelro&#x017F;troth, die Bru&#x017F;t&#x017F;eiten und unteren Schwanzdeckfedern &#x017F;chwarz in die Länge gefleckt, die<lb/>
Schwingen &#x017F;chwarz, weiß marmorirt, die Steuerfedern grau und weiß in die Quere gebändert. Das<lb/>
Auge i&#x017F;t braun, der Schnabel röthlich, an der Spitze &#x017F;chwarzgrau, der Fuß &#x017F;chwarz. Beim Weibchen<lb/>
&#x017F;ind die Farben minder lebhaft. Jm Winterkleide herr&#x017F;cht eine graue Hauptfarbe vor; die Ober&#x017F;eite<lb/>
i&#x017F;t dann a&#x017F;chgrau, &#x017F;chwärzlichbraun in die Länge gefleckt, der Rücken, Bürzel und die Unter&#x017F;chwanz-<lb/>
deckfedern &#x017F;ind weiß, die Deckfedern der Flügel &#x017F;chwarz, weiß ge&#x017F;äumt, die Untertheile weiß. Die<lb/>
Länge beträgt 15½, die Breite 26, die Fittiglänge 8, die Schwanzlänge 2¾ Zoll.</p><lb/>
          <p>Nordeuropa und Norda&#x017F;ien &#x017F;ind die Länder, in welchen der Sumpfwater brütet; vonhieraus<lb/>
be&#x017F;ucht er aber während &#x017F;eines Zuges den größten Theil von Süda&#x017F;ien, ganz Südeuropa und Nord-<lb/>
afrika bis nach Südnubien und den Gambia hin, er&#x017F;cheint al&#x017F;o auch an den deut&#x017F;chen und insbe&#x017F;ondere<lb/>
an den holländi&#x017F;chen Kü&#x017F;ten in großer Menge. Man hat beobachtet, daß er &#x017F;ich an der O&#x017F;t&#x017F;eekü&#x017F;te<lb/>
niemals &#x017F;ehr häufig zeigt, während er an der We&#x017F;tkü&#x017F;te Schleswigs und Jütlands zuweilen ma&#x017F;&#x017F;enhaft<lb/>
auftritt. &#x201E;Myriaden&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Naumann,</hi> &#x201E;&#x017F;treichen dort in wolkenähnlichen Zügen von den Watten<lb/>
auf die Wie&#x017F;en und Viehweiden und auf jene zurück, wie es ihnen Ebbe und Flut gebieten; wo &#x017F;ich<lb/>
eine &#x017F;olche Schar lagert, bedeckt &#x017F;ie buch&#x017F;täblich den Strand in einer langen Strecke oder überzieht,<lb/>
wo &#x017F;ie ruhig auf den Watten ihrer Nahrung nachgeht und weniger dicht bei&#x017F;ammen i&#x017F;t, eine fa&#x017F;t nicht<lb/>
zu über&#x017F;ehende Fläche. Unglaublich i&#x017F;t ein &#x017F;olches Gewimmel, und das Auf&#x017F;teigen einer Schar in der<lb/>
Ferne oft einem auf&#x017F;teigenden Rauche ähnlich.&#x201C; Die Hauptma&#x017F;&#x017F;e &#x017F;cheint den Seekü&#x017F;ten entlang zu<lb/>
wandern; wenig&#x017F;tens trifft man die Pfuhl&#x017F;chnepfen im Jnneren Deut&#x017F;chlands &#x017F;tets nur in geringer<lb/>
Anzahl. Dagegen &#x017F;ieht man &#x017F;ie häufig im Süden Europas und be&#x017F;onders an den Strand&#x017F;een Unter-<lb/>
egyptens, wie denn überhaupt die Mittelmeerländer für diejenigen, welche aus Nordwe&#x017F;teuropa weg-<lb/>
ziehen, wohl die eigentliche Winterherberge bilden.</p><lb/>
          <p>Der Sommeraufenthalt des Sumpfwaters und feiner Verwandten i&#x017F;t &#x017F;ehr kurz. Alle Ufer-<lb/>
&#x017F;chnepfen &#x017F;cheinen blos nach dem Norden zu ziehen, um dort zu brüten, und, &#x017F;obald &#x017F;ie der Fort-<lb/>
pflanzung genügt haben, &#x017F;ich wieder auf die Rei&#x017F;e zu begeben. Kaum &#x017F;ind die Schwärme, welche man<lb/>
im Frühjahre auf jenen Watten &#x017F;ieht, nach Nordo&#x017F;ten gezogen, da kehren auch &#x017F;chon einzelne Alte<lb/>
wieder zurück, wie <hi rendition="#g">Naumann</hi> meint, &#x017F;olche, welche in der Brut unglücklich waren und ohne Nach-<lb/>
kommen&#x017F;chaft blieben. Der wirkliche Zug beginnt zu Ende des Augu&#x017F;t und währt den September<lb/>
hindurch; die Rückkehr erfolgt vom April an bis tief in den Mai hinein, &#x017F;odaß al&#x017F;o die Zeit des<lb/>
Aufenthalts am Brutorte höch&#x017F;tens zwei Monate währen kann. Man darf die Ufer&#x017F;chnepfen See-<lb/>
vögel nennen, obwohl &#x017F;ie wahr&#x017F;cheinlich nicht in unmittelbarer Nähe der Kü&#x017F;te brüten und in der<lb/>
Winterherberge &#x017F;ich oft ziemlich weit vom Meere entfernen, ja, den Flü&#x017F;&#x017F;en nachgehend, bis tief in das<lb/>
Jnnere des Landes fliegen. Doch hält die Mehrzahl &#x017F;ich an jenen Seen auf, hier am Rande der&#x017F;elben,<lb/>
oder in den benachbarten Sümpfen und &#x017F;umpfigen Feldern ihre Nahrung &#x017F;uchend. Während des<lb/>
Zuges entfernen &#x017F;ie &#x017F;ich ungern vom Meere, treiben &#x017F;ich auf den von der Ebbe blos gelegten Watten<lb/>
und Sandbänken umher, &#x017F;chwärmen mit zurückkehrender Flut nach dem Fe&#x017F;tlande zurück, &#x017F;enden,<lb/>
wenn die Ebbe wieder eintritt, Kund&#x017F;chafter aus, erheben &#x017F;ich, nachdem ihnen die&#x017F;e die erwün&#x017F;chte<lb/>
Nachricht gebracht, unter ent&#x017F;etzlichem Lärmen, eilen dem Wa&#x017F;&#x017F;er zu und folgen nun den zurückkehrenden<lb/>
Wogen. &#x201E;Hier&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Naumann,</hi> &#x201E;athmet Alles Lu&#x017F;t und Freude, und man &#x017F;ieht deutlich, daß &#x017F;ie<lb/>
gerade am rechten Platze, in ihrem wahren Elemente &#x017F;ind. Die&#x017F;es von &#x017F;echs zu &#x017F;echs Stunden &#x017F;ich<lb/>
wiederholende Wech&#x017F;eln des Na&#x017F;&#x017F;en mit dem Trockenen einer &#x017F;o er&#x017F;taunlichen Anzahl großer und &#x017F;chöner<lb/>
Vögel bietet dem For&#x017F;cher die herrlich&#x017F;te Gelegenheit zu den intere&#x017F;&#x017F;ante&#x017F;ten Beobachtungen dar.&#x201C;<lb/>
Auch diejenigen, welche im Jnneren des Landes &#x017F;ich aufhalten, lieben es, vom Wa&#x017F;&#x017F;er weg auf das<lb/>
Trockene zu fliegen und wieder dahin zurückzukehren. Sie verbringen dann die Mittagszeit, in welcher<lb/>
&#x017F;ie auch &#x017F;chlafen, im Lande und &#x017F;uchen das Wa&#x017F;&#x017F;er gegen Abend auf, an ihm während der ganzen<lb/>
Nacht oder doch in der Abend- und Morgendämmerung &#x017F;ich be&#x017F;chäftigend.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[640/0680] Die Läufer. Stelzvögel. Waſſerläufer. dem Bürzel weiß, braun gefleckt; die Augenbrauen, die Kehle, Halsſeiten und unteren Theile ſind lebhaft dunkelroſtroth, die Bruſtſeiten und unteren Schwanzdeckfedern ſchwarz in die Länge gefleckt, die Schwingen ſchwarz, weiß marmorirt, die Steuerfedern grau und weiß in die Quere gebändert. Das Auge iſt braun, der Schnabel röthlich, an der Spitze ſchwarzgrau, der Fuß ſchwarz. Beim Weibchen ſind die Farben minder lebhaft. Jm Winterkleide herrſcht eine graue Hauptfarbe vor; die Oberſeite iſt dann aſchgrau, ſchwärzlichbraun in die Länge gefleckt, der Rücken, Bürzel und die Unterſchwanz- deckfedern ſind weiß, die Deckfedern der Flügel ſchwarz, weiß geſäumt, die Untertheile weiß. Die Länge beträgt 15½, die Breite 26, die Fittiglänge 8, die Schwanzlänge 2¾ Zoll. Nordeuropa und Nordaſien ſind die Länder, in welchen der Sumpfwater brütet; vonhieraus beſucht er aber während ſeines Zuges den größten Theil von Südaſien, ganz Südeuropa und Nord- afrika bis nach Südnubien und den Gambia hin, erſcheint alſo auch an den deutſchen und insbeſondere an den holländiſchen Küſten in großer Menge. Man hat beobachtet, daß er ſich an der Oſtſeeküſte niemals ſehr häufig zeigt, während er an der Weſtküſte Schleswigs und Jütlands zuweilen maſſenhaft auftritt. „Myriaden“, ſagt Naumann, „ſtreichen dort in wolkenähnlichen Zügen von den Watten auf die Wieſen und Viehweiden und auf jene zurück, wie es ihnen Ebbe und Flut gebieten; wo ſich eine ſolche Schar lagert, bedeckt ſie buchſtäblich den Strand in einer langen Strecke oder überzieht, wo ſie ruhig auf den Watten ihrer Nahrung nachgeht und weniger dicht beiſammen iſt, eine faſt nicht zu überſehende Fläche. Unglaublich iſt ein ſolches Gewimmel, und das Aufſteigen einer Schar in der Ferne oft einem aufſteigenden Rauche ähnlich.“ Die Hauptmaſſe ſcheint den Seeküſten entlang zu wandern; wenigſtens trifft man die Pfuhlſchnepfen im Jnneren Deutſchlands ſtets nur in geringer Anzahl. Dagegen ſieht man ſie häufig im Süden Europas und beſonders an den Strandſeen Unter- egyptens, wie denn überhaupt die Mittelmeerländer für diejenigen, welche aus Nordweſteuropa weg- ziehen, wohl die eigentliche Winterherberge bilden. Der Sommeraufenthalt des Sumpfwaters und feiner Verwandten iſt ſehr kurz. Alle Ufer- ſchnepfen ſcheinen blos nach dem Norden zu ziehen, um dort zu brüten, und, ſobald ſie der Fort- pflanzung genügt haben, ſich wieder auf die Reiſe zu begeben. Kaum ſind die Schwärme, welche man im Frühjahre auf jenen Watten ſieht, nach Nordoſten gezogen, da kehren auch ſchon einzelne Alte wieder zurück, wie Naumann meint, ſolche, welche in der Brut unglücklich waren und ohne Nach- kommenſchaft blieben. Der wirkliche Zug beginnt zu Ende des Auguſt und währt den September hindurch; die Rückkehr erfolgt vom April an bis tief in den Mai hinein, ſodaß alſo die Zeit des Aufenthalts am Brutorte höchſtens zwei Monate währen kann. Man darf die Uferſchnepfen See- vögel nennen, obwohl ſie wahrſcheinlich nicht in unmittelbarer Nähe der Küſte brüten und in der Winterherberge ſich oft ziemlich weit vom Meere entfernen, ja, den Flüſſen nachgehend, bis tief in das Jnnere des Landes fliegen. Doch hält die Mehrzahl ſich an jenen Seen auf, hier am Rande derſelben, oder in den benachbarten Sümpfen und ſumpfigen Feldern ihre Nahrung ſuchend. Während des Zuges entfernen ſie ſich ungern vom Meere, treiben ſich auf den von der Ebbe blos gelegten Watten und Sandbänken umher, ſchwärmen mit zurückkehrender Flut nach dem Feſtlande zurück, ſenden, wenn die Ebbe wieder eintritt, Kundſchafter aus, erheben ſich, nachdem ihnen dieſe die erwünſchte Nachricht gebracht, unter entſetzlichem Lärmen, eilen dem Waſſer zu und folgen nun den zurückkehrenden Wogen. „Hier“, ſagt Naumann, „athmet Alles Luſt und Freude, und man ſieht deutlich, daß ſie gerade am rechten Platze, in ihrem wahren Elemente ſind. Dieſes von ſechs zu ſechs Stunden ſich wiederholende Wechſeln des Naſſen mit dem Trockenen einer ſo erſtaunlichen Anzahl großer und ſchöner Vögel bietet dem Forſcher die herrlichſte Gelegenheit zu den intereſſanteſten Beobachtungen dar.“ Auch diejenigen, welche im Jnneren des Landes ſich aufhalten, lieben es, vom Waſſer weg auf das Trockene zu fliegen und wieder dahin zurückzukehren. Sie verbringen dann die Mittagszeit, in welcher ſie auch ſchlafen, im Lande und ſuchen das Waſſer gegen Abend auf, an ihm während der ganzen Nacht oder doch in der Abend- und Morgendämmerung ſich beſchäftigend.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/680
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/680>, abgerufen am 22.11.2024.