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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Stelzvögel. Schnepfen.
Kopfmitte verläuft, und vier lange, rostgelbe Streifen, welche sich über den Rücken und die Schultern
ziehen, auf der Unterseite dagegen weiß, auf dem Vorderhalse grau, hier, auf der Oberbrust und an
den Seiten braun gefleckt. Der Schwanz wird von vierzehn Steuerfedern gebildet. Das Auge ist
dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß dunkelhornfarben. Die Länge beträgt 11, die Breite
17, die Fittiglänge 5, die Schwanzlänge 21/4 Zoll.

Die neueren Beobachtungen haben gelehrt, daß die Sumpfschnepfe Nordamerikas, welche man
früher als die unsrige ansah, eine besondere Art bildet, ebenso aber auch, daß wahrscheinlich in
Europa mehrere ihr höchst ähnliche Arten, welche sich durch den Bau des Kopfes und die Anzahl
der Steuerfedern unterscheiden, vorkommen. Als die eigentliche Heimat der Bekassine muß ebenfalls
der Norden Europas und Asiens angesehen werden; jedoch brütet sie überall, wo es große Sümpfe
gibt, wahrscheinlich noch im Süden Europas und vielleicht sogar im Norden Afrikas. Jn Nord-
deutschland, Holland, Dänemark, Skandinavien, Lievland, Finnland und Sibirien ist sie an
geeigneten Oertlichkeiten außerordentlich gemein. Während ihres Zuges besucht sie alle größeren
und kleineren Sümpfe, Brüche, Moore, welche zwischen ihrer Sommer- und ihrer Winterherberge
liegen. Letztere nimmt vielleicht noch einen größeren Raum ein, als ihre Heimat selbst; denn die
Bekassine kommt von Südchina an bis zum Senegal in allen zwischen dem 45. und 13. Grade der
nördlichen Breite liegenden Ländern als Wandervogel vor. Mit Beginn des Oktobers erscheint sie in
Egypten oder in Jndien in unermeßlicher Anzahl, siedelt sich hier in allen Brüchen, Sümpfen und in
überschwemmten Reisfeldern an, setzt sich sogar an Strömen mit sandigen Ufern fest und läuft hier
wie ein Strandläufer ungedeckt umher, wandert den Strömen nach, soweit sie es in südlicher Richtung
thun kann und besucht möglicherweise die Quellen des Nils ebenso regelmäßig, wie die Mündungen
des Ganges. Auch sie gehört, trotz ihres massenhaften Auftretens an einem und demselben Orte, zu
den ungeselligen Vögeln. Eine kann dicht neben der anderen liegen, wird sich aber schwerlich um
ihren Nachbar bekümmern, und jede einzelne bewegt sich mit Ausnahme der Brutzeit ganz nach
Belieben. Jhre Reise legt sie ebenfalls in der Nacht zurück, aber auch während des Wanderfluges
zieht jede unabhängig von der anderen ihres Weges fort. Unser Vaterland durchreist sie, sobald sich
einigermaßen mildes Frühlingswetter einstellt, also unter Umständen bereits von Mitte Februars an,
bis zur Mitte April, im Herbste vom August an bis zum September und Oktober. Jn milden
Wintern verweilen viele schon bei uns zu Lande; man trifft sie sogar in schneereichen Wintern hier
und da, wenn auch einzeln, an sogenannten warmen Quellen an.

Trockene Gegenden durcheilt die Bekassine so schnell als möglich. Man begegnet ihr nur in
feuchten Niederungen, auf Sümpfen, Morästen, auf schlammigen Wiesen, kurz, auf Oertlichkeiten,
welche dem eigentlichen Sumpfe mehr oder weniger ähneln: ein Vorkommen an kahlen Fluß-
ufern, wie ich es in Nubien beobachtet habe, gehört zu den seltensten Ausnahmen. Wesentliche
Bedingung des Aufenthaltsortes, welchen sie sich erwählt, ist, daß der Boden mit Gräsern, Seggen,
Ried- und anderen Sumpfpflanzen bedeckt, und daß dieser ihren Bohrarbeiten mit dem Schnabel kein
Hinderniß bietet. Auf solchen Stellen, welche wir kurzweg Sümpfe nennen wollen, treibt sie mit
Ausnahme der Brutzeit ihr Wesen so still, daß man von ihrem Vorhandensein Nichts wahrnimmt.
Auch sie ist vorzugsweise in der Dämmerung thätig, aber doch viel mehr Tagvogel als die Wald-
schnepfe. Wahrscheinlich schläft sie nur in den Mittagsstunden und benutzt die übrige Tageszeit,
wenn sie sich ungestört weiß, zur Aufsuchung ihrer Nahrung. Jhr Gang ist verhältnißmäßig gut,
zwar nicht so rasch, wie der eines Strand- oder Wasserläufers, aber doch viel schneller, als der einer
Waldschnepfe; ihr Flug geschieht überaus schnell und zeichnet sich dadurch aus, daß er anfänglich
kurz nach dem Erheben mehrere Zickzacklinien beschreibt, auf welche das gerade Fortstürzen folgt.
Fast jede Bekassine erhebt sich jählings in die Luft, streicht mit raschen Flügelschlägen weit weg,
beschreibt einen großen Bogen, kehrt bis ziemlich zu derselben Stelle, von welcher sie sich erhob,
zurück, zieht plötzlich die Flügel ein und stürzt in schräger Richtung mit größter Schnelligkeit wieder
in den Sumpf hernieder. Mehr als einmal habe ich beobachtet, daß sie trefflich zu schwimmen ver-

Die Läufer. Stelzvögel. Schnepfen.
Kopfmitte verläuft, und vier lange, roſtgelbe Streifen, welche ſich über den Rücken und die Schultern
ziehen, auf der Unterſeite dagegen weiß, auf dem Vorderhalſe grau, hier, auf der Oberbruſt und an
den Seiten braun gefleckt. Der Schwanz wird von vierzehn Steuerfedern gebildet. Das Auge iſt
dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß dunkelhornfarben. Die Länge beträgt 11, die Breite
17, die Fittiglänge 5, die Schwanzlänge 2¼ Zoll.

Die neueren Beobachtungen haben gelehrt, daß die Sumpfſchnepfe Nordamerikas, welche man
früher als die unſrige anſah, eine beſondere Art bildet, ebenſo aber auch, daß wahrſcheinlich in
Europa mehrere ihr höchſt ähnliche Arten, welche ſich durch den Bau des Kopfes und die Anzahl
der Steuerfedern unterſcheiden, vorkommen. Als die eigentliche Heimat der Bekaſſine muß ebenfalls
der Norden Europas und Aſiens angeſehen werden; jedoch brütet ſie überall, wo es große Sümpfe
gibt, wahrſcheinlich noch im Süden Europas und vielleicht ſogar im Norden Afrikas. Jn Nord-
deutſchland, Holland, Dänemark, Skandinavien, Lievland, Finnland und Sibirien iſt ſie an
geeigneten Oertlichkeiten außerordentlich gemein. Während ihres Zuges beſucht ſie alle größeren
und kleineren Sümpfe, Brüche, Moore, welche zwiſchen ihrer Sommer- und ihrer Winterherberge
liegen. Letztere nimmt vielleicht noch einen größeren Raum ein, als ihre Heimat ſelbſt; denn die
Bekaſſine kommt von Südchina an bis zum Senegal in allen zwiſchen dem 45. und 13. Grade der
nördlichen Breite liegenden Ländern als Wandervogel vor. Mit Beginn des Oktobers erſcheint ſie in
Egypten oder in Jndien in unermeßlicher Anzahl, ſiedelt ſich hier in allen Brüchen, Sümpfen und in
überſchwemmten Reisfeldern an, ſetzt ſich ſogar an Strömen mit ſandigen Ufern feſt und läuft hier
wie ein Strandläufer ungedeckt umher, wandert den Strömen nach, ſoweit ſie es in ſüdlicher Richtung
thun kann und beſucht möglicherweiſe die Quellen des Nils ebenſo regelmäßig, wie die Mündungen
des Ganges. Auch ſie gehört, trotz ihres maſſenhaften Auftretens an einem und demſelben Orte, zu
den ungeſelligen Vögeln. Eine kann dicht neben der anderen liegen, wird ſich aber ſchwerlich um
ihren Nachbar bekümmern, und jede einzelne bewegt ſich mit Ausnahme der Brutzeit ganz nach
Belieben. Jhre Reiſe legt ſie ebenfalls in der Nacht zurück, aber auch während des Wanderfluges
zieht jede unabhängig von der anderen ihres Weges fort. Unſer Vaterland durchreiſt ſie, ſobald ſich
einigermaßen mildes Frühlingswetter einſtellt, alſo unter Umſtänden bereits von Mitte Februars an,
bis zur Mitte April, im Herbſte vom Auguſt an bis zum September und Oktober. Jn milden
Wintern verweilen viele ſchon bei uns zu Lande; man trifft ſie ſogar in ſchneereichen Wintern hier
und da, wenn auch einzeln, an ſogenannten warmen Quellen an.

Trockene Gegenden durcheilt die Bekaſſine ſo ſchnell als möglich. Man begegnet ihr nur in
feuchten Niederungen, auf Sümpfen, Moräſten, auf ſchlammigen Wieſen, kurz, auf Oertlichkeiten,
welche dem eigentlichen Sumpfe mehr oder weniger ähneln: ein Vorkommen an kahlen Fluß-
ufern, wie ich es in Nubien beobachtet habe, gehört zu den ſeltenſten Ausnahmen. Weſentliche
Bedingung des Aufenthaltsortes, welchen ſie ſich erwählt, iſt, daß der Boden mit Gräſern, Seggen,
Ried- und anderen Sumpfpflanzen bedeckt, und daß dieſer ihren Bohrarbeiten mit dem Schnabel kein
Hinderniß bietet. Auf ſolchen Stellen, welche wir kurzweg Sümpfe nennen wollen, treibt ſie mit
Ausnahme der Brutzeit ihr Weſen ſo ſtill, daß man von ihrem Vorhandenſein Nichts wahrnimmt.
Auch ſie iſt vorzugsweiſe in der Dämmerung thätig, aber doch viel mehr Tagvogel als die Wald-
ſchnepfe. Wahrſcheinlich ſchläft ſie nur in den Mittagsſtunden und benutzt die übrige Tageszeit,
wenn ſie ſich ungeſtört weiß, zur Aufſuchung ihrer Nahrung. Jhr Gang iſt verhältnißmäßig gut,
zwar nicht ſo raſch, wie der eines Strand- oder Waſſerläufers, aber doch viel ſchneller, als der einer
Waldſchnepfe; ihr Flug geſchieht überaus ſchnell und zeichnet ſich dadurch aus, daß er anfänglich
kurz nach dem Erheben mehrere Zickzacklinien beſchreibt, auf welche das gerade Fortſtürzen folgt.
Faſt jede Bekaſſine erhebt ſich jählings in die Luft, ſtreicht mit raſchen Flügelſchlägen weit weg,
beſchreibt einen großen Bogen, kehrt bis ziemlich zu derſelben Stelle, von welcher ſie ſich erhob,
zurück, zieht plötzlich die Flügel ein und ſtürzt in ſchräger Richtung mit größter Schnelligkeit wieder
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[614/0654] Die Läufer. Stelzvögel. Schnepfen. Kopfmitte verläuft, und vier lange, roſtgelbe Streifen, welche ſich über den Rücken und die Schultern ziehen, auf der Unterſeite dagegen weiß, auf dem Vorderhalſe grau, hier, auf der Oberbruſt und an den Seiten braun gefleckt. Der Schwanz wird von vierzehn Steuerfedern gebildet. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß dunkelhornfarben. Die Länge beträgt 11, die Breite 17, die Fittiglänge 5, die Schwanzlänge 2¼ Zoll. Die neueren Beobachtungen haben gelehrt, daß die Sumpfſchnepfe Nordamerikas, welche man früher als die unſrige anſah, eine beſondere Art bildet, ebenſo aber auch, daß wahrſcheinlich in Europa mehrere ihr höchſt ähnliche Arten, welche ſich durch den Bau des Kopfes und die Anzahl der Steuerfedern unterſcheiden, vorkommen. Als die eigentliche Heimat der Bekaſſine muß ebenfalls der Norden Europas und Aſiens angeſehen werden; jedoch brütet ſie überall, wo es große Sümpfe gibt, wahrſcheinlich noch im Süden Europas und vielleicht ſogar im Norden Afrikas. Jn Nord- deutſchland, Holland, Dänemark, Skandinavien, Lievland, Finnland und Sibirien iſt ſie an geeigneten Oertlichkeiten außerordentlich gemein. Während ihres Zuges beſucht ſie alle größeren und kleineren Sümpfe, Brüche, Moore, welche zwiſchen ihrer Sommer- und ihrer Winterherberge liegen. Letztere nimmt vielleicht noch einen größeren Raum ein, als ihre Heimat ſelbſt; denn die Bekaſſine kommt von Südchina an bis zum Senegal in allen zwiſchen dem 45. und 13. Grade der nördlichen Breite liegenden Ländern als Wandervogel vor. Mit Beginn des Oktobers erſcheint ſie in Egypten oder in Jndien in unermeßlicher Anzahl, ſiedelt ſich hier in allen Brüchen, Sümpfen und in überſchwemmten Reisfeldern an, ſetzt ſich ſogar an Strömen mit ſandigen Ufern feſt und läuft hier wie ein Strandläufer ungedeckt umher, wandert den Strömen nach, ſoweit ſie es in ſüdlicher Richtung thun kann und beſucht möglicherweiſe die Quellen des Nils ebenſo regelmäßig, wie die Mündungen des Ganges. Auch ſie gehört, trotz ihres maſſenhaften Auftretens an einem und demſelben Orte, zu den ungeſelligen Vögeln. Eine kann dicht neben der anderen liegen, wird ſich aber ſchwerlich um ihren Nachbar bekümmern, und jede einzelne bewegt ſich mit Ausnahme der Brutzeit ganz nach Belieben. Jhre Reiſe legt ſie ebenfalls in der Nacht zurück, aber auch während des Wanderfluges zieht jede unabhängig von der anderen ihres Weges fort. Unſer Vaterland durchreiſt ſie, ſobald ſich einigermaßen mildes Frühlingswetter einſtellt, alſo unter Umſtänden bereits von Mitte Februars an, bis zur Mitte April, im Herbſte vom Auguſt an bis zum September und Oktober. Jn milden Wintern verweilen viele ſchon bei uns zu Lande; man trifft ſie ſogar in ſchneereichen Wintern hier und da, wenn auch einzeln, an ſogenannten warmen Quellen an. Trockene Gegenden durcheilt die Bekaſſine ſo ſchnell als möglich. Man begegnet ihr nur in feuchten Niederungen, auf Sümpfen, Moräſten, auf ſchlammigen Wieſen, kurz, auf Oertlichkeiten, welche dem eigentlichen Sumpfe mehr oder weniger ähneln: ein Vorkommen an kahlen Fluß- ufern, wie ich es in Nubien beobachtet habe, gehört zu den ſeltenſten Ausnahmen. Weſentliche Bedingung des Aufenthaltsortes, welchen ſie ſich erwählt, iſt, daß der Boden mit Gräſern, Seggen, Ried- und anderen Sumpfpflanzen bedeckt, und daß dieſer ihren Bohrarbeiten mit dem Schnabel kein Hinderniß bietet. Auf ſolchen Stellen, welche wir kurzweg Sümpfe nennen wollen, treibt ſie mit Ausnahme der Brutzeit ihr Weſen ſo ſtill, daß man von ihrem Vorhandenſein Nichts wahrnimmt. Auch ſie iſt vorzugsweiſe in der Dämmerung thätig, aber doch viel mehr Tagvogel als die Wald- ſchnepfe. Wahrſcheinlich ſchläft ſie nur in den Mittagsſtunden und benutzt die übrige Tageszeit, wenn ſie ſich ungeſtört weiß, zur Aufſuchung ihrer Nahrung. Jhr Gang iſt verhältnißmäßig gut, zwar nicht ſo raſch, wie der eines Strand- oder Waſſerläufers, aber doch viel ſchneller, als der einer Waldſchnepfe; ihr Flug geſchieht überaus ſchnell und zeichnet ſich dadurch aus, daß er anfänglich kurz nach dem Erheben mehrere Zickzacklinien beſchreibt, auf welche das gerade Fortſtürzen folgt. Faſt jede Bekaſſine erhebt ſich jählings in die Luft, ſtreicht mit raſchen Flügelſchlägen weit weg, beſchreibt einen großen Bogen, kehrt bis ziemlich zu derſelben Stelle, von welcher ſie ſich erhob, zurück, zieht plötzlich die Flügel ein und ſtürzt in ſchräger Richtung mit größter Schnelligkeit wieder in den Sumpf hernieder. Mehr als einmal habe ich beobachtet, daß ſie trefflich zu ſchwimmen ver-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/654>, abgerufen am 22.11.2024.