Das Nest, eine einfache Vertiefung, welche sich das Weibchen ausgekratzt und zugerundet hat, steht regelmäßig auf kiesigen Strecken der Flußufer, welche voraussichtlich einer Ueberschwemmung nicht ausgesetzt werden, manchmal einige hundert Schritte vom Wasser entfernt, und enthält um die Mitte des Mai vier niedliche Eier, deren Färbung dem Kiesel ringsum täuschend ähnelt. Jhre zarte, glanzlose Schale ist auf bleichrostgelbem Grunde mit aschgrauen Unter- und schwarzbraunen gröberen und feineren Oberflecken und Punkten gezeichnet, zuweilen kranzartig. Uebertags brüten die Eltern sehr wenig; die Sonnenstrahlen sind auch vollständig stark genug, um eine gleichmäßige Entwicklung des Keimes zu vermitteln; bei Regenwetter aber und nachts sitzen die Alten viel auf den Eiern; wenigstens nimmt man an, daß sich beide Gatten abwechseln. Nach funfzehn bis siebzehn Tagen schlüpfen die Jungen aus und verlassen, sobald sie abgetrocknet sind, das Nest mit den Eltern, welche nun ebenso wie die Verwandten alle Zärtlichkeit, deren sie fähig sind, an den Tag legen. Anfänglich tragen die Eltern die Azung den Jungen im Schnabel zu; schon nach ein Paar Tagen aber sind diese hinlänglich unterrichtet, um sich selbst zu ernähren. Das Versteckspielen verstehen sie vom ersten Tage ihres Lebens an. Jn der dritten Woche ihres Daseins können sie, laut Naumann, die Fürsorge der Eltern bereits entbehren; doch halten sie sich zu diesen, bis sie völlig erwachsen sind, bleiben selbst während des Zuges noch in Gesellschaft ihrer Erzeuger.
Ueber die Jagd und den Fang braucht nach dem früher Angegebenen Nichts mehr erwähnt zu werden.
Früher sah man auch die Kiebitze(Vanelli) als Regenpfeifer an; gegenwärtig pflegt man sie in einer besondern Gruppe, welche wir Familie nennen wollen, zusammenzufassen, weil sie sich durch ihre beträchtliche Größe, den mäßig starken Schnabel, die hohen Läufe und die oft vierzehigen Füße genügend unterscheiden. Bei einigen von ihnen verlängert sich das Kopfgefieder zu einer Haube, andere tragen Sporen am Flügelbuge, einige einen sonderbaren Hautschmuck am Schnabelwinkel. Die Geschlechter unterscheiden sich gewöhnlich nicht oder doch nur wenig von einander, und die Jungen erhalten sehr bald das ausgefärbte Kleid. Der innere Bau des Leibes ähnelt in allem Wesentlichen dem der Regenpfeifer.
Kiebitze gibt es auf der ganzen Erde, in allen Gürteln und in allen Klimaten; aber die Aufent- haltsorte der einzelnen Arten sind sehr verschieden. Die Mehrzahl liebt das Wasser und entfernt sich selten weit von ihm, siedelt sich wenigstens an Sümpfen an; einzelne jedoch bewohnen auch die dürre Steppe oder die Wüste und ersetzen in ersterer gewissermaßen die Rennvögel. Jhre Lebens- weise hat mit der der Regenpfeifer viele Aehnlichkeit, aber doch manches Eigenthümliche. Vor Allem zeichnen die Kiebitze sich aus durch große Regsamkeit und Vorsicht, und doch auch durch eine gewisse zudringliche Neugier. Sie werden deshalb unter allen Umständen zu Warnern derjenigen Thiere, welche auf sie achten wollen und bringen dem Jäger oft schweres Herzeleid. Selbst der Forscher, welchen ihr munteres Treiben aufs Höchste befriedigen muß, wird durch sie zu Zorn- und Rache- gefühlen verleitet; denn sie sind fähig, ihm empfindlichen Schaden zuzufügen. Alle Kiebitze lieben die Geselligkeit, halten sich jedoch stets paarweise zusammen. Selbst in der Winterherberge wird es leicht, die vereinigten Gatten zu erkennen, und schon die Jungen wählen sich, wie es scheinen will, den Lebensgefährten. An der Gesellschaft anderer Vögel oder Thiere überhaupt liegt ihnen wenig; aber sie werden ihrer nutzbringenden Wachsamkeit halber von einer Menge ähnlich lebender Vögel gewisser- maßen aufgesucht, mindestens sehr beachtet. Deshalb trifft man sie auch selten allein, regelmäßig vielmehr in Gesellschaft von allerlei Sumpf- und Wassergeflügel an. Die Nahrung richtet sich nach der Oertlichkeit; doch darf man im allgemeinen sagen, daß Kerbthiere, Würmer und Weichthiere bevorzugt, Pflanzenstoffe aber nicht gänzlich verschmäht werden. Das Nest ist regelmäßig eine ein-
Die Läufer. Stelzvögel. Kiebitze.
Das Neſt, eine einfache Vertiefung, welche ſich das Weibchen ausgekratzt und zugerundet hat, ſteht regelmäßig auf kieſigen Strecken der Flußufer, welche vorausſichtlich einer Ueberſchwemmung nicht ausgeſetzt werden, manchmal einige hundert Schritte vom Waſſer entfernt, und enthält um die Mitte des Mai vier niedliche Eier, deren Färbung dem Kieſel ringsum täuſchend ähnelt. Jhre zarte, glanzloſe Schale iſt auf bleichroſtgelbem Grunde mit aſchgrauen Unter- und ſchwarzbraunen gröberen und feineren Oberflecken und Punkten gezeichnet, zuweilen kranzartig. Uebertags brüten die Eltern ſehr wenig; die Sonnenſtrahlen ſind auch vollſtändig ſtark genug, um eine gleichmäßige Entwicklung des Keimes zu vermitteln; bei Regenwetter aber und nachts ſitzen die Alten viel auf den Eiern; wenigſtens nimmt man an, daß ſich beide Gatten abwechſeln. Nach funfzehn bis ſiebzehn Tagen ſchlüpfen die Jungen aus und verlaſſen, ſobald ſie abgetrocknet ſind, das Neſt mit den Eltern, welche nun ebenſo wie die Verwandten alle Zärtlichkeit, deren ſie fähig ſind, an den Tag legen. Anfänglich tragen die Eltern die Azung den Jungen im Schnabel zu; ſchon nach ein Paar Tagen aber ſind dieſe hinlänglich unterrichtet, um ſich ſelbſt zu ernähren. Das Verſteckſpielen verſtehen ſie vom erſten Tage ihres Lebens an. Jn der dritten Woche ihres Daſeins können ſie, laut Naumann, die Fürſorge der Eltern bereits entbehren; doch halten ſie ſich zu dieſen, bis ſie völlig erwachſen ſind, bleiben ſelbſt während des Zuges noch in Geſellſchaft ihrer Erzeuger.
Ueber die Jagd und den Fang braucht nach dem früher Angegebenen Nichts mehr erwähnt zu werden.
Früher ſah man auch die Kiebitze(Vanelli) als Regenpfeifer an; gegenwärtig pflegt man ſie in einer beſondern Gruppe, welche wir Familie nennen wollen, zuſammenzufaſſen, weil ſie ſich durch ihre beträchtliche Größe, den mäßig ſtarken Schnabel, die hohen Läufe und die oft vierzehigen Füße genügend unterſcheiden. Bei einigen von ihnen verlängert ſich das Kopfgefieder zu einer Haube, andere tragen Sporen am Flügelbuge, einige einen ſonderbaren Hautſchmuck am Schnabelwinkel. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich gewöhnlich nicht oder doch nur wenig von einander, und die Jungen erhalten ſehr bald das ausgefärbte Kleid. Der innere Bau des Leibes ähnelt in allem Weſentlichen dem der Regenpfeifer.
Kiebitze gibt es auf der ganzen Erde, in allen Gürteln und in allen Klimaten; aber die Aufent- haltsorte der einzelnen Arten ſind ſehr verſchieden. Die Mehrzahl liebt das Waſſer und entfernt ſich ſelten weit von ihm, ſiedelt ſich wenigſtens an Sümpfen an; einzelne jedoch bewohnen auch die dürre Steppe oder die Wüſte und erſetzen in erſterer gewiſſermaßen die Rennvögel. Jhre Lebens- weiſe hat mit der der Regenpfeifer viele Aehnlichkeit, aber doch manches Eigenthümliche. Vor Allem zeichnen die Kiebitze ſich aus durch große Regſamkeit und Vorſicht, und doch auch durch eine gewiſſe zudringliche Neugier. Sie werden deshalb unter allen Umſtänden zu Warnern derjenigen Thiere, welche auf ſie achten wollen und bringen dem Jäger oft ſchweres Herzeleid. Selbſt der Forſcher, welchen ihr munteres Treiben aufs Höchſte befriedigen muß, wird durch ſie zu Zorn- und Rache- gefühlen verleitet; denn ſie ſind fähig, ihm empfindlichen Schaden zuzufügen. Alle Kiebitze lieben die Geſelligkeit, halten ſich jedoch ſtets paarweiſe zuſammen. Selbſt in der Winterherberge wird es leicht, die vereinigten Gatten zu erkennen, und ſchon die Jungen wählen ſich, wie es ſcheinen will, den Lebensgefährten. An der Geſellſchaft anderer Vögel oder Thiere überhaupt liegt ihnen wenig; aber ſie werden ihrer nutzbringenden Wachſamkeit halber von einer Menge ähnlich lebender Vögel gewiſſer- maßen aufgeſucht, mindeſtens ſehr beachtet. Deshalb trifft man ſie auch ſelten allein, regelmäßig vielmehr in Geſellſchaft von allerlei Sumpf- und Waſſergeflügel an. Die Nahrung richtet ſich nach der Oertlichkeit; doch darf man im allgemeinen ſagen, daß Kerbthiere, Würmer und Weichthiere bevorzugt, Pflanzenſtoffe aber nicht gänzlich verſchmäht werden. Das Neſt iſt regelmäßig eine ein-
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Die Läufer. Stelzvögel. Kiebitze.
Das Neſt, eine einfache Vertiefung, welche ſich das Weibchen ausgekratzt und zugerundet hat,
ſteht regelmäßig auf kieſigen Strecken der Flußufer, welche vorausſichtlich einer Ueberſchwemmung
nicht ausgeſetzt werden, manchmal einige hundert Schritte vom Waſſer entfernt, und enthält um die
Mitte des Mai vier niedliche Eier, deren Färbung dem Kieſel ringsum täuſchend ähnelt. Jhre zarte,
glanzloſe Schale iſt auf bleichroſtgelbem Grunde mit aſchgrauen Unter- und ſchwarzbraunen gröberen
und feineren Oberflecken und Punkten gezeichnet, zuweilen kranzartig. Uebertags brüten die Eltern
ſehr wenig; die Sonnenſtrahlen ſind auch vollſtändig ſtark genug, um eine gleichmäßige Entwicklung
des Keimes zu vermitteln; bei Regenwetter aber und nachts ſitzen die Alten viel auf den Eiern;
wenigſtens nimmt man an, daß ſich beide Gatten abwechſeln. Nach funfzehn bis ſiebzehn Tagen
ſchlüpfen die Jungen aus und verlaſſen, ſobald ſie abgetrocknet ſind, das Neſt mit den Eltern, welche
nun ebenſo wie die Verwandten alle Zärtlichkeit, deren ſie fähig ſind, an den Tag legen. Anfänglich
tragen die Eltern die Azung den Jungen im Schnabel zu; ſchon nach ein Paar Tagen aber ſind dieſe
hinlänglich unterrichtet, um ſich ſelbſt zu ernähren. Das Verſteckſpielen verſtehen ſie vom erſten
Tage ihres Lebens an. Jn der dritten Woche ihres Daſeins können ſie, laut Naumann, die
Fürſorge der Eltern bereits entbehren; doch halten ſie ſich zu dieſen, bis ſie völlig erwachſen ſind,
bleiben ſelbſt während des Zuges noch in Geſellſchaft ihrer Erzeuger.
Ueber die Jagd und den Fang braucht nach dem früher Angegebenen Nichts mehr erwähnt
zu werden.
Früher ſah man auch die Kiebitze (Vanelli) als Regenpfeifer an; gegenwärtig pflegt man ſie
in einer beſondern Gruppe, welche wir Familie nennen wollen, zuſammenzufaſſen, weil ſie ſich durch
ihre beträchtliche Größe, den mäßig ſtarken Schnabel, die hohen Läufe und die oft vierzehigen Füße
genügend unterſcheiden. Bei einigen von ihnen verlängert ſich das Kopfgefieder zu einer Haube,
andere tragen Sporen am Flügelbuge, einige einen ſonderbaren Hautſchmuck am Schnabelwinkel.
Die Geſchlechter unterſcheiden ſich gewöhnlich nicht oder doch nur wenig von einander, und die Jungen
erhalten ſehr bald das ausgefärbte Kleid. Der innere Bau des Leibes ähnelt in allem Weſentlichen
dem der Regenpfeifer.
Kiebitze gibt es auf der ganzen Erde, in allen Gürteln und in allen Klimaten; aber die Aufent-
haltsorte der einzelnen Arten ſind ſehr verſchieden. Die Mehrzahl liebt das Waſſer und entfernt
ſich ſelten weit von ihm, ſiedelt ſich wenigſtens an Sümpfen an; einzelne jedoch bewohnen auch die
dürre Steppe oder die Wüſte und erſetzen in erſterer gewiſſermaßen die Rennvögel. Jhre Lebens-
weiſe hat mit der der Regenpfeifer viele Aehnlichkeit, aber doch manches Eigenthümliche. Vor Allem
zeichnen die Kiebitze ſich aus durch große Regſamkeit und Vorſicht, und doch auch durch eine gewiſſe
zudringliche Neugier. Sie werden deshalb unter allen Umſtänden zu Warnern derjenigen Thiere,
welche auf ſie achten wollen und bringen dem Jäger oft ſchweres Herzeleid. Selbſt der Forſcher,
welchen ihr munteres Treiben aufs Höchſte befriedigen muß, wird durch ſie zu Zorn- und Rache-
gefühlen verleitet; denn ſie ſind fähig, ihm empfindlichen Schaden zuzufügen. Alle Kiebitze lieben die
Geſelligkeit, halten ſich jedoch ſtets paarweiſe zuſammen. Selbſt in der Winterherberge wird es
leicht, die vereinigten Gatten zu erkennen, und ſchon die Jungen wählen ſich, wie es ſcheinen will, den
Lebensgefährten. An der Geſellſchaft anderer Vögel oder Thiere überhaupt liegt ihnen wenig; aber
ſie werden ihrer nutzbringenden Wachſamkeit halber von einer Menge ähnlich lebender Vögel gewiſſer-
maßen aufgeſucht, mindeſtens ſehr beachtet. Deshalb trifft man ſie auch ſelten allein, regelmäßig
vielmehr in Geſellſchaft von allerlei Sumpf- und Waſſergeflügel an. Die Nahrung richtet ſich nach
der Oertlichkeit; doch darf man im allgemeinen ſagen, daß Kerbthiere, Würmer und Weichthiere
bevorzugt, Pflanzenſtoffe aber nicht gänzlich verſchmäht werden. Das Neſt iſt regelmäßig eine ein-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/630>, abgerufen am 22.11.2024.
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