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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Lebensweise der Edelfasanen.
dritte jeden Zweikampf und trägt dadurch zum allgemeinen Frieden bei. Um die Henne bekümmert sich
der Hahn nur während der Paarungszeit, um die Jungen gar nicht. Von der Zuvorkommenheit des
Hahnes bemerkt man bei ihm Nichts. Er denkt gar nicht daran, sich um seine Hennen zu sorgen,
sondern betrachtet sie einfach als Wesen, welches zur Befriedigung seiner sinnlichen Triebe dienen.
Wollen sie sich nicht gutmüthig fügen, so mißhandelt er sie in abscheulicher Weise, und gar nicht selten
fällt er ohne alle Ursache über eine Henne her und quält sie bis aufs Blut.

Die Paarungslust, welche Ende März sich regt, verändert auch das Wesen unseres Vogels.
Während er sonst sehr schweigsam ist und ungestört höchstens beim Aufbäumen ein lautes, hühnerartig
gackendes "Kukkuckuk, kuckukuk" durch den Wald ruft, kräht er jetzt, aber in ganz abscheulicher Weise.
Jener Ruf erinnert wohl an das vollklingende "Kickerickih" unseres Haushahnes, ist aber kurz und
heiser, gleichsam unvollständig, erregt also gerade, weil wir ihn mit dem Krähen des Hahnes ver-
gleichen, unser Mißfallen. Die Fasanenhennen denken anders; denn sie lassen sich durch diesen Ton-
unfug herbeilocken. Und auch der Hahn muß ihn sehr schön finden, weil er sich stolz aufrichtet, das
Spiel erhebt und während des Lautgebens selbst nach Art unseres Haushahnes mit den Flügeln schlägt.
Jst eine Henne in der Nähe, so läßt er sich nach dem Krähen auch wohl herab, ihr den Hof zu
machen, indem er beide Flügel breitet, den Hals einzieht und zu Boden drückt, auch wohl einige tanz-
artige Sprünge versucht, welche ihm jedoch nie gelingen. Dann stürzt er sich plötzlich wie rasend auf die
Henne, und wenn dieselbe sich nicht augenblicklich seinen Wünschen fügt, kratzt und hackt er sie, als
sehe er in ihr nicht die erkorene Braut, sondern einen Nebenbuhler, welchen er mit den schärfsten
Waffen zu bekämpfen hat. Nach der Begattung kräht er wieder, und dann dreht er der Henne den
Rücken zu. Diese Liebeswerbung pflegt in den Morgenstunden stattzufinden; doch kommt es auch
vor, daß ein Fasanenhahn gegen Abend nochmals balzt: es geschieht Dies namentlich dann, wenn er
wenig Hennen um sich hat, so z. B. in den Thiergärten, wo man den einzelnen Hahn höchstens mit
drei bis vier Hennen zusammensperrt, nicht aber mit ihrer acht bis zwölf, wie es in den Fasa-
nerien zu geschehen pflegt.

Die befruchtete Henne sucht sich ein stilles Plätzchen unter dichtem Gebüsche, hoch aufgeschossenen
Pflanzen, beispielsweise also im Getreide, in Binsen oder im Wiesengrase, kratzt sich hier eine seichte
Vertiefung, scharrt in diese etwas Genist aus der nächsten Umgebung und legt nun ihre acht bis zwölf
Eier ab, regelmäßig in Zwischenräumen von vierzig bis achtundvierzig Stunden. Nimmt man ihr
die Eier weg, so legt sie deren mehr, selten jedoch über sechszehn oder achtzehn Stück. Die Eier sind
kleiner und rundlicher als die der Haushenne und einfach gelblichgraugrün von Farbe. Sofort,
nachdem das letzte Ei gelegt ist, beginnt sie zu brüten und thut Dies mit einem bewunderungs-
würdigen Eifer. Sie sitzt so fest, daß sie den gefährlichsten Feind sehr nahe kommen läßt, bevor sie
sich zum Weggehen entschließt; und auch dann pflegt sie nicht davon zu fliegen, sondern in der Regel
davon zu laufen. Muß sie das Nest verlassen, so bedeckt sie es leicht mit den Neststoffen oder einigen
Blättern und Grashalmen, welche sie herbeischafft. Nach fünfundzwanzig- bis sechsundzwanzig-
tägiger Bebrütung schlüpfen die Jungen aus. Die Alte hudert sie, bis sie vollständig trocken
geworden sind und führt sie sodann vom Neste weg und zur Aeßung. Bei günstiger Witterung erstarken
die kleinen, ziemlich behenden Küchlein innerhalb zwölf Tagen soweit, daß sie ein wenig flattern
können, und wenn sie erst Wachtelgröße erreicht haben, bäumen sie abends mit der Alten regel-
mäßig. Letztere sucht sie gegen alle schädlichen Einflüsse möglichst zu schützen, gibt sich auch ihret-
halben einer etwaigen Gefahr rücksichtslos preis, erlebt aber doch nur selten die Freude, sie alle groß
werden zu sehen, weil junge Fasanen zu den weichlichsten und hinfälligsten Hühnervögeln gehören.
Bis spät in den Herbst hinein halten sich die Jungen bei der Mutter und bilden mit dieser ein
Gesperre; dann trennen sich zuerst die Hähne und gegen das Frühjahr hin auch die Hennen, welche
nunmehr fortpflanzungsfähig geworden sind.

Jn Mittel- und Norddeutschland überläßt man die wenigsten Fasanen sich selbst, greift vielmehr
helfend und oft genug auch hindernd ins Brutgeschäft ein. Mit Beginn des Frühlings werden von

Lebensweiſe der Edelfaſanen.
dritte jeden Zweikampf und trägt dadurch zum allgemeinen Frieden bei. Um die Henne bekümmert ſich
der Hahn nur während der Paarungszeit, um die Jungen gar nicht. Von der Zuvorkommenheit des
Hahnes bemerkt man bei ihm Nichts. Er denkt gar nicht daran, ſich um ſeine Hennen zu ſorgen,
ſondern betrachtet ſie einfach als Weſen, welches zur Befriedigung ſeiner ſinnlichen Triebe dienen.
Wollen ſie ſich nicht gutmüthig fügen, ſo mißhandelt er ſie in abſcheulicher Weiſe, und gar nicht ſelten
fällt er ohne alle Urſache über eine Henne her und quält ſie bis aufs Blut.

Die Paarungsluſt, welche Ende März ſich regt, verändert auch das Weſen unſeres Vogels.
Während er ſonſt ſehr ſchweigſam iſt und ungeſtört höchſtens beim Aufbäumen ein lautes, hühnerartig
gackendes „Kukkuckuk, kuckukuk“ durch den Wald ruft, kräht er jetzt, aber in ganz abſcheulicher Weiſe.
Jener Ruf erinnert wohl an das vollklingende „Kickerickih“ unſeres Haushahnes, iſt aber kurz und
heiſer, gleichſam unvollſtändig, erregt alſo gerade, weil wir ihn mit dem Krähen des Hahnes ver-
gleichen, unſer Mißfallen. Die Faſanenhennen denken anders; denn ſie laſſen ſich durch dieſen Ton-
unfug herbeilocken. Und auch der Hahn muß ihn ſehr ſchön finden, weil er ſich ſtolz aufrichtet, das
Spiel erhebt und während des Lautgebens ſelbſt nach Art unſeres Haushahnes mit den Flügeln ſchlägt.
Jſt eine Henne in der Nähe, ſo läßt er ſich nach dem Krähen auch wohl herab, ihr den Hof zu
machen, indem er beide Flügel breitet, den Hals einzieht und zu Boden drückt, auch wohl einige tanz-
artige Sprünge verſucht, welche ihm jedoch nie gelingen. Dann ſtürzt er ſich plötzlich wie raſend auf die
Henne, und wenn dieſelbe ſich nicht augenblicklich ſeinen Wünſchen fügt, kratzt und hackt er ſie, als
ſehe er in ihr nicht die erkorene Braut, ſondern einen Nebenbuhler, welchen er mit den ſchärfſten
Waffen zu bekämpfen hat. Nach der Begattung kräht er wieder, und dann dreht er der Henne den
Rücken zu. Dieſe Liebeswerbung pflegt in den Morgenſtunden ſtattzufinden; doch kommt es auch
vor, daß ein Faſanenhahn gegen Abend nochmals balzt: es geſchieht Dies namentlich dann, wenn er
wenig Hennen um ſich hat, ſo z. B. in den Thiergärten, wo man den einzelnen Hahn höchſtens mit
drei bis vier Hennen zuſammenſperrt, nicht aber mit ihrer acht bis zwölf, wie es in den Faſa-
nerien zu geſchehen pflegt.

Die befruchtete Henne ſucht ſich ein ſtilles Plätzchen unter dichtem Gebüſche, hoch aufgeſchoſſenen
Pflanzen, beiſpielsweiſe alſo im Getreide, in Binſen oder im Wieſengraſe, kratzt ſich hier eine ſeichte
Vertiefung, ſcharrt in dieſe etwas Geniſt aus der nächſten Umgebung und legt nun ihre acht bis zwölf
Eier ab, regelmäßig in Zwiſchenräumen von vierzig bis achtundvierzig Stunden. Nimmt man ihr
die Eier weg, ſo legt ſie deren mehr, ſelten jedoch über ſechszehn oder achtzehn Stück. Die Eier ſind
kleiner und rundlicher als die der Haushenne und einfach gelblichgraugrün von Farbe. Sofort,
nachdem das letzte Ei gelegt iſt, beginnt ſie zu brüten und thut Dies mit einem bewunderungs-
würdigen Eifer. Sie ſitzt ſo feſt, daß ſie den gefährlichſten Feind ſehr nahe kommen läßt, bevor ſie
ſich zum Weggehen entſchließt; und auch dann pflegt ſie nicht davon zu fliegen, ſondern in der Regel
davon zu laufen. Muß ſie das Neſt verlaſſen, ſo bedeckt ſie es leicht mit den Neſtſtoffen oder einigen
Blättern und Grashalmen, welche ſie herbeiſchafft. Nach fünfundzwanzig- bis ſechsundzwanzig-
tägiger Bebrütung ſchlüpfen die Jungen aus. Die Alte hudert ſie, bis ſie vollſtändig trocken
geworden ſind und führt ſie ſodann vom Neſte weg und zur Aeßung. Bei günſtiger Witterung erſtarken
die kleinen, ziemlich behenden Küchlein innerhalb zwölf Tagen ſoweit, daß ſie ein wenig flattern
können, und wenn ſie erſt Wachtelgröße erreicht haben, bäumen ſie abends mit der Alten regel-
mäßig. Letztere ſucht ſie gegen alle ſchädlichen Einflüſſe möglichſt zu ſchützen, gibt ſich auch ihret-
halben einer etwaigen Gefahr rückſichtslos preis, erlebt aber doch nur ſelten die Freude, ſie alle groß
werden zu ſehen, weil junge Faſanen zu den weichlichſten und hinfälligſten Hühnervögeln gehören.
Bis ſpät in den Herbſt hinein halten ſich die Jungen bei der Mutter und bilden mit dieſer ein
Geſperre; dann trennen ſich zuerſt die Hähne und gegen das Frühjahr hin auch die Hennen, welche
nunmehr fortpflanzungsfähig geworden ſind.

Jn Mittel- und Norddeutſchland überläßt man die wenigſten Faſanen ſich ſelbſt, greift vielmehr
helfend und oft genug auch hindernd ins Brutgeſchäft ein. Mit Beginn des Frühlings werden von

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[461/0489] Lebensweiſe der Edelfaſanen. dritte jeden Zweikampf und trägt dadurch zum allgemeinen Frieden bei. Um die Henne bekümmert ſich der Hahn nur während der Paarungszeit, um die Jungen gar nicht. Von der Zuvorkommenheit des Hahnes bemerkt man bei ihm Nichts. Er denkt gar nicht daran, ſich um ſeine Hennen zu ſorgen, ſondern betrachtet ſie einfach als Weſen, welches zur Befriedigung ſeiner ſinnlichen Triebe dienen. Wollen ſie ſich nicht gutmüthig fügen, ſo mißhandelt er ſie in abſcheulicher Weiſe, und gar nicht ſelten fällt er ohne alle Urſache über eine Henne her und quält ſie bis aufs Blut. Die Paarungsluſt, welche Ende März ſich regt, verändert auch das Weſen unſeres Vogels. Während er ſonſt ſehr ſchweigſam iſt und ungeſtört höchſtens beim Aufbäumen ein lautes, hühnerartig gackendes „Kukkuckuk, kuckukuk“ durch den Wald ruft, kräht er jetzt, aber in ganz abſcheulicher Weiſe. Jener Ruf erinnert wohl an das vollklingende „Kickerickih“ unſeres Haushahnes, iſt aber kurz und heiſer, gleichſam unvollſtändig, erregt alſo gerade, weil wir ihn mit dem Krähen des Hahnes ver- gleichen, unſer Mißfallen. Die Faſanenhennen denken anders; denn ſie laſſen ſich durch dieſen Ton- unfug herbeilocken. Und auch der Hahn muß ihn ſehr ſchön finden, weil er ſich ſtolz aufrichtet, das Spiel erhebt und während des Lautgebens ſelbſt nach Art unſeres Haushahnes mit den Flügeln ſchlägt. Jſt eine Henne in der Nähe, ſo läßt er ſich nach dem Krähen auch wohl herab, ihr den Hof zu machen, indem er beide Flügel breitet, den Hals einzieht und zu Boden drückt, auch wohl einige tanz- artige Sprünge verſucht, welche ihm jedoch nie gelingen. Dann ſtürzt er ſich plötzlich wie raſend auf die Henne, und wenn dieſelbe ſich nicht augenblicklich ſeinen Wünſchen fügt, kratzt und hackt er ſie, als ſehe er in ihr nicht die erkorene Braut, ſondern einen Nebenbuhler, welchen er mit den ſchärfſten Waffen zu bekämpfen hat. Nach der Begattung kräht er wieder, und dann dreht er der Henne den Rücken zu. Dieſe Liebeswerbung pflegt in den Morgenſtunden ſtattzufinden; doch kommt es auch vor, daß ein Faſanenhahn gegen Abend nochmals balzt: es geſchieht Dies namentlich dann, wenn er wenig Hennen um ſich hat, ſo z. B. in den Thiergärten, wo man den einzelnen Hahn höchſtens mit drei bis vier Hennen zuſammenſperrt, nicht aber mit ihrer acht bis zwölf, wie es in den Faſa- nerien zu geſchehen pflegt. Die befruchtete Henne ſucht ſich ein ſtilles Plätzchen unter dichtem Gebüſche, hoch aufgeſchoſſenen Pflanzen, beiſpielsweiſe alſo im Getreide, in Binſen oder im Wieſengraſe, kratzt ſich hier eine ſeichte Vertiefung, ſcharrt in dieſe etwas Geniſt aus der nächſten Umgebung und legt nun ihre acht bis zwölf Eier ab, regelmäßig in Zwiſchenräumen von vierzig bis achtundvierzig Stunden. Nimmt man ihr die Eier weg, ſo legt ſie deren mehr, ſelten jedoch über ſechszehn oder achtzehn Stück. Die Eier ſind kleiner und rundlicher als die der Haushenne und einfach gelblichgraugrün von Farbe. Sofort, nachdem das letzte Ei gelegt iſt, beginnt ſie zu brüten und thut Dies mit einem bewunderungs- würdigen Eifer. Sie ſitzt ſo feſt, daß ſie den gefährlichſten Feind ſehr nahe kommen läßt, bevor ſie ſich zum Weggehen entſchließt; und auch dann pflegt ſie nicht davon zu fliegen, ſondern in der Regel davon zu laufen. Muß ſie das Neſt verlaſſen, ſo bedeckt ſie es leicht mit den Neſtſtoffen oder einigen Blättern und Grashalmen, welche ſie herbeiſchafft. Nach fünfundzwanzig- bis ſechsundzwanzig- tägiger Bebrütung ſchlüpfen die Jungen aus. Die Alte hudert ſie, bis ſie vollſtändig trocken geworden ſind und führt ſie ſodann vom Neſte weg und zur Aeßung. Bei günſtiger Witterung erſtarken die kleinen, ziemlich behenden Küchlein innerhalb zwölf Tagen ſoweit, daß ſie ein wenig flattern können, und wenn ſie erſt Wachtelgröße erreicht haben, bäumen ſie abends mit der Alten regel- mäßig. Letztere ſucht ſie gegen alle ſchädlichen Einflüſſe möglichſt zu ſchützen, gibt ſich auch ihret- halben einer etwaigen Gefahr rückſichtslos preis, erlebt aber doch nur ſelten die Freude, ſie alle groß werden zu ſehen, weil junge Faſanen zu den weichlichſten und hinfälligſten Hühnervögeln gehören. Bis ſpät in den Herbſt hinein halten ſich die Jungen bei der Mutter und bilden mit dieſer ein Geſperre; dann trennen ſich zuerſt die Hähne und gegen das Frühjahr hin auch die Hennen, welche nunmehr fortpflanzungsfähig geworden ſind. Jn Mittel- und Norddeutſchland überläßt man die wenigſten Faſanen ſich ſelbſt, greift vielmehr helfend und oft genug auch hindernd ins Brutgeſchäft ein. Mit Beginn des Frühlings werden von

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/489>, abgerufen am 22.11.2024.