Bankiva-, Dschungelhuhn, Gangegar und Sonneratshuhn.
Beobachters entziehen und sie außerdem sich beim geringsten verdächtigen Geräusche sogleich verbirgt oder, ohne aufzufliegen, zwischen den Alang-Alanghalmen dahinläuft. Somit würden die Vögel unbe- merkt bleiben, verriethe nicht der Hahn oft seine Gegenwart durch seinen Ruf. Trotzdem bekommt man sie, so häufig man sie auch hört, nur selten zu sehen. Am leichtesten glückt Dies noch am frühen Morgen, weil sie alsdann, wenn sie sich sicher glauben, die Dickichte verlassen und an offenen Plätzen ihre Nahrung suchen, welche in mancherlei Sämereien und Knospen, ganz besonders aber in Kerbthieren besteht. Sehr gern fressen sie Termiten und suchen dieselben daher häufig auf."
Andere Beobachter behaupten, daß sich die wilden Hühner wie ihre gezähmten Nachkommen benehmen, müssen aber doch zugestehen, daß sich einige schon durch ihr Geschrei unterscheiden. Das Krähen des Dschungelhahnes klingt, laut Tennent, wie "George-Joye"; das der Gangegar ist, nach Bernstein, zweisilbig und tönt heiser wie "Kükrüü, kukrü", daß des Sonneratshuhnes unterscheidet sich, wie Jerdon ausdrücklich hervorhebt, durchaus von dem des Bankivahuhnes; es ist ein höchst sonderbarer, gebrochener Laut, eine unvollständige, aber unbeschreibliche Art von Krähen. Alle Arten tragen zur Belebung der Wälder wesentlich bei. "Es ist sehr unterhaltend", sagt v. Möckern, "früh- morgens die vielen Hähne krähen zu hören, ihre stolzen Spaziergänge und ihre Gefechte anzusehen, während die Hennen mit ihren Küchlein zwischen Bäumen und Gebüschen umherschweifen." Und ebenso rühmt Tennent, daß ein Morgen auf den Waldbergen Ceylons durch das noch in der Nacht beginnende und lange fortdauernde Krähen des Dschungelhahnes einen Hauptreiz erhalte. Die Hähne aller Arten sollen ebenso kampflustig, ja noch kampflustiger sein als ihre Nachkommen, deshalb auch von den Eingebornen gezähmt werden, weil man gefunden hat, daß die Haushähne wohl stärker sein können, aber niemals eine gleichgroße Gewandtheit und ebensoviel Muth besitzen wie sie.
Ueber die Fortpflanzung liegen mehrere Berichte vor. "Die Bankivahenne", sagt Jerdon, "brütet vom Juni an bis zum Juli, je nach der Oertlichkeit, und legt acht bis zwölf Eier von milch- weißer Farbe oft unter einen Bambusstrauch oder in ein dichtes Gebüsch, nachdem sie vorher vielleicht auch einige abgefallene Blätter oder etwas trocknes Gras zusammengescharrt und daraus ein rohes Nest bereitet hatte. Die Sonneratshenne brütet etwas später und legt sieben bis zehn Eier." Das Nest der Gangegarhenne hat Bernstein gefunden. "Es stand mitten im hohen Alang-Alang in einer kleinen Vertiefung des Bodens, bestand einfach aus losen trocknen Blättern und Halmen der genannten Grasart und enthielt vier schon etwas bebrütete gelblichweiße Eier." Der Hahn bekümmert sich nicht um die Aufzucht der Jungen; die Henne aber bemuttert diese mit derselben Zärtlichkeit, wie unsere Haushenne die ihrigen. Jerdon versichert auf das Bestimmteste, daß Vermischungen der neben einander wohnenden Hühnerarten nicht selten vorkommen und unterstützt dadurch die Ver- muthung, daß mehrere der als Arten beschriebenen Wildhühner, deren Aufführung ich übrigens unter- ließ, nur als Blendlinge unserer vier Hauptarten angesehen werden müssen.
Die Wildhühner werden wenig gejagt, weil ihr Wildpret, welches sich vom Fleische des zahmen Huhnes dadurch unterscheidet, daß es bis auf den weißen Schenkelmuskel braun aussieht, nicht beson- ders schmackhaft sein soll. Dieser Angabe widerspricht Jerdon, welcher versichert, daß das Wildpret junger Vögel den köstlichsten Wildgeschmack habe. Dieser Forscher rühmt auch die Jagd als höchst unterhaltend und sagt, daß sie hauptsächlich da, wo einzelne Dschungeldickichte zwischen Feldern liegen, sehr ergiebig ist.
Alle Wildhühner lassen sich zähmen, gewöhnen sich aber keineswegs so rasch an die Gefangenschaft, als man vielleicht annehmen möchte. Am leichtesten gelingt die Zähmung beim Bankivahuhne; schwerer schon ist sie beim Sonneratshuhne, obgleich man dieses nicht blos in Jndien, sondern auch in Europa wiederholt zur Fortpflanzung gebracht und selbst Blendlinge von ihm und dem gemeinen Haushuhne erzielt hat; am schwierigsten scheint sie bei der Gangegar zu sein. "Altgefangene", sagt Bernstein, "werden nie zahm, und selbst wenn man die Eier durch Haushühner ausbrüten läßt, sollen die Jungen, sobald sie erwachsen sind, bei der ersten Gelegenheit sich wieder weg machen. Ob sie sich in Gefangenschaft fortpflanzen oder mit Haushühnern paaren, kann ich aus eigner Erfahrung
Bankiva-, Dſchungelhuhn, Gangégar und Sonneratshuhn.
Beobachters entziehen und ſie außerdem ſich beim geringſten verdächtigen Geräuſche ſogleich verbirgt oder, ohne aufzufliegen, zwiſchen den Alang-Alanghalmen dahinläuft. Somit würden die Vögel unbe- merkt bleiben, verriethe nicht der Hahn oft ſeine Gegenwart durch ſeinen Ruf. Trotzdem bekommt man ſie, ſo häufig man ſie auch hört, nur ſelten zu ſehen. Am leichteſten glückt Dies noch am frühen Morgen, weil ſie alsdann, wenn ſie ſich ſicher glauben, die Dickichte verlaſſen und an offenen Plätzen ihre Nahrung ſuchen, welche in mancherlei Sämereien und Knospen, ganz beſonders aber in Kerbthieren beſteht. Sehr gern freſſen ſie Termiten und ſuchen dieſelben daher häufig auf.“
Andere Beobachter behaupten, daß ſich die wilden Hühner wie ihre gezähmten Nachkommen benehmen, müſſen aber doch zugeſtehen, daß ſich einige ſchon durch ihr Geſchrei unterſcheiden. Das Krähen des Dſchungelhahnes klingt, laut Tennent, wie „George-Joye“; das der Gangégar iſt, nach Bernſtein, zweiſilbig und tönt heiſer wie „Kükrüü, kukrü“, daß des Sonneratshuhnes unterſcheidet ſich, wie Jerdon ausdrücklich hervorhebt, durchaus von dem des Bankivahuhnes; es iſt ein höchſt ſonderbarer, gebrochener Laut, eine unvollſtändige, aber unbeſchreibliche Art von Krähen. Alle Arten tragen zur Belebung der Wälder weſentlich bei. „Es iſt ſehr unterhaltend“, ſagt v. Möckern, „früh- morgens die vielen Hähne krähen zu hören, ihre ſtolzen Spaziergänge und ihre Gefechte anzuſehen, während die Hennen mit ihren Küchlein zwiſchen Bäumen und Gebüſchen umherſchweifen.“ Und ebenſo rühmt Tennent, daß ein Morgen auf den Waldbergen Ceylons durch das noch in der Nacht beginnende und lange fortdauernde Krähen des Dſchungelhahnes einen Hauptreiz erhalte. Die Hähne aller Arten ſollen ebenſo kampfluſtig, ja noch kampfluſtiger ſein als ihre Nachkommen, deshalb auch von den Eingebornen gezähmt werden, weil man gefunden hat, daß die Haushähne wohl ſtärker ſein können, aber niemals eine gleichgroße Gewandtheit und ebenſoviel Muth beſitzen wie ſie.
Ueber die Fortpflanzung liegen mehrere Berichte vor. „Die Bankivahenne“, ſagt Jerdon, „brütet vom Juni an bis zum Juli, je nach der Oertlichkeit, und legt acht bis zwölf Eier von milch- weißer Farbe oft unter einen Bambusſtrauch oder in ein dichtes Gebüſch, nachdem ſie vorher vielleicht auch einige abgefallene Blätter oder etwas trocknes Gras zuſammengeſcharrt und daraus ein rohes Neſt bereitet hatte. Die Sonneratshenne brütet etwas ſpäter und legt ſieben bis zehn Eier.“ Das Neſt der Gangégarhenne hat Bernſtein gefunden. „Es ſtand mitten im hohen Alang-Alang in einer kleinen Vertiefung des Bodens, beſtand einfach aus loſen trocknen Blättern und Halmen der genannten Grasart und enthielt vier ſchon etwas bebrütete gelblichweiße Eier.“ Der Hahn bekümmert ſich nicht um die Aufzucht der Jungen; die Henne aber bemuttert dieſe mit derſelben Zärtlichkeit, wie unſere Haushenne die ihrigen. Jerdon verſichert auf das Beſtimmteſte, daß Vermiſchungen der neben einander wohnenden Hühnerarten nicht ſelten vorkommen und unterſtützt dadurch die Ver- muthung, daß mehrere der als Arten beſchriebenen Wildhühner, deren Aufführung ich übrigens unter- ließ, nur als Blendlinge unſerer vier Hauptarten angeſehen werden müſſen.
Die Wildhühner werden wenig gejagt, weil ihr Wildpret, welches ſich vom Fleiſche des zahmen Huhnes dadurch unterſcheidet, daß es bis auf den weißen Schenkelmuskel braun ausſieht, nicht beſon- ders ſchmackhaft ſein ſoll. Dieſer Angabe widerſpricht Jerdon, welcher verſichert, daß das Wildpret junger Vögel den köſtlichſten Wildgeſchmack habe. Dieſer Forſcher rühmt auch die Jagd als höchſt unterhaltend und ſagt, daß ſie hauptſächlich da, wo einzelne Dſchungeldickichte zwiſchen Feldern liegen, ſehr ergiebig iſt.
Alle Wildhühner laſſen ſich zähmen, gewöhnen ſich aber keineswegs ſo raſch an die Gefangenſchaft, als man vielleicht annehmen möchte. Am leichteſten gelingt die Zähmung beim Bankivahuhne; ſchwerer ſchon iſt ſie beim Sonneratshuhne, obgleich man dieſes nicht blos in Jndien, ſondern auch in Europa wiederholt zur Fortpflanzung gebracht und ſelbſt Blendlinge von ihm und dem gemeinen Haushuhne erzielt hat; am ſchwierigſten ſcheint ſie bei der Gangégar zu ſein. „Altgefangene“, ſagt Bernſtein, „werden nie zahm, und ſelbſt wenn man die Eier durch Haushühner ausbrüten läßt, ſollen die Jungen, ſobald ſie erwachſen ſind, bei der erſten Gelegenheit ſich wieder weg machen. Ob ſie ſich in Gefangenſchaft fortpflanzen oder mit Haushühnern paaren, kann ich aus eigner Erfahrung
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Bankiva-, Dſchungelhuhn, Gangégar und Sonneratshuhn.
Beobachters entziehen und ſie außerdem ſich beim geringſten verdächtigen Geräuſche ſogleich verbirgt
oder, ohne aufzufliegen, zwiſchen den Alang-Alanghalmen dahinläuft. Somit würden die Vögel unbe-
merkt bleiben, verriethe nicht der Hahn oft ſeine Gegenwart durch ſeinen Ruf. Trotzdem bekommt
man ſie, ſo häufig man ſie auch hört, nur ſelten zu ſehen. Am leichteſten glückt Dies noch am frühen
Morgen, weil ſie alsdann, wenn ſie ſich ſicher glauben, die Dickichte verlaſſen und an offenen Plätzen
ihre Nahrung ſuchen, welche in mancherlei Sämereien und Knospen, ganz beſonders aber in Kerbthieren
beſteht. Sehr gern freſſen ſie Termiten und ſuchen dieſelben daher häufig auf.“
Andere Beobachter behaupten, daß ſich die wilden Hühner wie ihre gezähmten Nachkommen
benehmen, müſſen aber doch zugeſtehen, daß ſich einige ſchon durch ihr Geſchrei unterſcheiden. Das
Krähen des Dſchungelhahnes klingt, laut Tennent, wie „George-Joye“; das der Gangégar iſt, nach
Bernſtein, zweiſilbig und tönt heiſer wie „Kükrüü, kukrü“, daß des Sonneratshuhnes unterſcheidet
ſich, wie Jerdon ausdrücklich hervorhebt, durchaus von dem des Bankivahuhnes; es iſt ein höchſt
ſonderbarer, gebrochener Laut, eine unvollſtändige, aber unbeſchreibliche Art von Krähen. Alle Arten
tragen zur Belebung der Wälder weſentlich bei. „Es iſt ſehr unterhaltend“, ſagt v. Möckern, „früh-
morgens die vielen Hähne krähen zu hören, ihre ſtolzen Spaziergänge und ihre Gefechte anzuſehen,
während die Hennen mit ihren Küchlein zwiſchen Bäumen und Gebüſchen umherſchweifen.“ Und
ebenſo rühmt Tennent, daß ein Morgen auf den Waldbergen Ceylons durch das noch in der Nacht
beginnende und lange fortdauernde Krähen des Dſchungelhahnes einen Hauptreiz erhalte. Die Hähne
aller Arten ſollen ebenſo kampfluſtig, ja noch kampfluſtiger ſein als ihre Nachkommen, deshalb auch
von den Eingebornen gezähmt werden, weil man gefunden hat, daß die Haushähne wohl ſtärker ſein
können, aber niemals eine gleichgroße Gewandtheit und ebenſoviel Muth beſitzen wie ſie.
Ueber die Fortpflanzung liegen mehrere Berichte vor. „Die Bankivahenne“, ſagt Jerdon,
„brütet vom Juni an bis zum Juli, je nach der Oertlichkeit, und legt acht bis zwölf Eier von milch-
weißer Farbe oft unter einen Bambusſtrauch oder in ein dichtes Gebüſch, nachdem ſie vorher vielleicht
auch einige abgefallene Blätter oder etwas trocknes Gras zuſammengeſcharrt und daraus ein rohes
Neſt bereitet hatte. Die Sonneratshenne brütet etwas ſpäter und legt ſieben bis zehn Eier.“ Das
Neſt der Gangégarhenne hat Bernſtein gefunden. „Es ſtand mitten im hohen Alang-Alang in
einer kleinen Vertiefung des Bodens, beſtand einfach aus loſen trocknen Blättern und Halmen der
genannten Grasart und enthielt vier ſchon etwas bebrütete gelblichweiße Eier.“ Der Hahn bekümmert
ſich nicht um die Aufzucht der Jungen; die Henne aber bemuttert dieſe mit derſelben Zärtlichkeit, wie
unſere Haushenne die ihrigen. Jerdon verſichert auf das Beſtimmteſte, daß Vermiſchungen der
neben einander wohnenden Hühnerarten nicht ſelten vorkommen und unterſtützt dadurch die Ver-
muthung, daß mehrere der als Arten beſchriebenen Wildhühner, deren Aufführung ich übrigens unter-
ließ, nur als Blendlinge unſerer vier Hauptarten angeſehen werden müſſen.
Die Wildhühner werden wenig gejagt, weil ihr Wildpret, welches ſich vom Fleiſche des zahmen
Huhnes dadurch unterſcheidet, daß es bis auf den weißen Schenkelmuskel braun ausſieht, nicht beſon-
ders ſchmackhaft ſein ſoll. Dieſer Angabe widerſpricht Jerdon, welcher verſichert, daß das Wildpret
junger Vögel den köſtlichſten Wildgeſchmack habe. Dieſer Forſcher rühmt auch die Jagd als höchſt
unterhaltend und ſagt, daß ſie hauptſächlich da, wo einzelne Dſchungeldickichte zwiſchen Feldern liegen,
ſehr ergiebig iſt.
Alle Wildhühner laſſen ſich zähmen, gewöhnen ſich aber keineswegs ſo raſch an die Gefangenſchaft,
als man vielleicht annehmen möchte. Am leichteſten gelingt die Zähmung beim Bankivahuhne;
ſchwerer ſchon iſt ſie beim Sonneratshuhne, obgleich man dieſes nicht blos in Jndien, ſondern auch in
Europa wiederholt zur Fortpflanzung gebracht und ſelbſt Blendlinge von ihm und dem gemeinen
Haushuhne erzielt hat; am ſchwierigſten ſcheint ſie bei der Gangégar zu ſein. „Altgefangene“, ſagt
Bernſtein, „werden nie zahm, und ſelbſt wenn man die Eier durch Haushühner ausbrüten läßt,
ſollen die Jungen, ſobald ſie erwachſen ſind, bei der erſten Gelegenheit ſich wieder weg machen. Ob
ſie ſich in Gefangenſchaft fortpflanzen oder mit Haushühnern paaren, kann ich aus eigner Erfahrung
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/473>, abgerufen am 22.11.2024.
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