"Schön für das Auge, sanft für das Gefühl, süß duftend für den Geruch und schmackhaft für den Gaumen -- in der That, die Helmwachtel ist ein herrlicher Vogel! Seitdem ich sie zum ersten Male sah, vor vielen Jahren, ausgestopft, tölpelhaft aufgenagelt auf ein Brett, um einem Museum als Zierde zu dienen, habe ich sie bewundert: jetzt aber, nachdem ich sie im Leben, in ihrer Heimat beobachtet, mit ihr verkehrt habe, bevor der Glanz ihrer Augen gebrochen war, nachdem ihre Küchlein meine Schoßthiere geworden, bewundere ich sie mehr und meine, daß es kaum einen andern Vogel in Amerika geben kann, welcher so schön ist wie sie. Jhre vollen und runden Formen erscheinen keines- wegs plump; denn Hals und Schwanz sind lang, der Kopf ist klein, und die zierlich gebogene Feder verleiht eine außerordentliche Anmuth. Jhr Lauf sieht leicht und gemächlich aus: es ist ein wunder- voller Anblick, einen Hahn zu sehen, wie er stolz dahinschreitet, mit erhobenem Haupte, leuchtenden Augen und schwankender Helmfeder, über den am Boden liegenden Stamm, unter welchem sich seine kleine Familie versteckt hat. Er ist so muthig und so schwach, so willensstark und so unfähig dazu!" ....
"Solcher Vogel muß den Forscher, den Künstler, den Jäger in gleichem Grade entzücken. Aber er hat noch andere Vorzüge; denn der angenehme Geruch und kostbare Geschmack seines zarten, weißen Fleisches muß selbst dem Gutschmecker der anspruchvollsten Sorte genügen."
"Es war spät im Juni, als ich in meinem Bestimmungsorte, in Arizona, eintraf. Jch erfuhr bald, daß die Helmwachtel überaus häufig ist. Schon beim ersten Jagdausfluge strauchelte ich so zu sagen über ein Volk junger Küchlein, welche eben dem Ei entschlüpft waren; aber die kleinen behenden Thierchen rannten davon und verbargen sich so wunderbar, daß ich nicht ein einziges von ihnen finden konnte. Jch erinnere mich, daß ich sie mit der Bergwachtel (Oreortyx pietus) verwechselte und mich wunderte, noch so spät Junge von dieser zu finden. Aber es war noch nicht spät für die Helmwachtel; denn ich traf noch im August viele Bruten, welche erst wenige Tage alt waren. Jm folgenden Jahre beobachtete ich, daß die alten Vögel Ende Aprils sich gepaart hatten, und Anfangs Juni sah ich die ersten Küchlein. Jch wurde also belehrt, daß das Brutgeschäft dieser Art während der Monate Mai, Juni, Juli und August vor sich geht, und ich glaube, es ist wahrscheinlich, daß sie zwei, möglicher- weise drei Bruten in einem Jahre ausbrüten. Die größte Anzahl der Küchlein einer Brut, welche ich kennen lernte, war zwischen funfzehn und zwanzig, die kleinste sechs bis acht. Am ersten Oktober traf ich zwar gelegentlich auch noch halb erwachsene Küchlein an; die Mehrzahl aber war bereits fast oder ganz so groß wie die Eltern und so flügge, daß sie wohl die Aufmerksamkeit eines ehrlichen Waidmannes auf sich ziehen konnten."
"Solange als die junge Brut die Vorsorge der Eltern bedarf, hält sie sich in einem eng ge- schlossenen Volke zusammen, und wenn dieses bedroht wird, rennt jedes einzelne so schnell davon und drückt sich an einem so passenden Orte nieder, daß es sehr schwer hält, sie zum Aufstehen zu bringen. Gelingt es, so fliegt die Gesellschaft in geschlossenem Schwarme auf, fällt aber gewöhnlich bald wieder nieder, in der Regel auf die niedern Zweige von Bäumen oder Büschen, oft aber auch auf den Boden. Hier pflegen die Vögel still zu sitzen, manchmal förmlich auf einem Haufen und, weil sie meinen, gut ver- steckt zu sein, gestatten sie eine Annäherung bis auf wenige Schritte. Später im Jahre, wenn sie ihre volle Größe erreicht haben, bäumen sie seltener, sind vorsichtiger und lassen sich dann schwer nahe kommen. Die erste Andeutung, daß man sich einem Volke genähert hat, gibt ein einziger Laut, welcher zwei- oder dreimal nach einander rasch wiederholt wird; ihm folgt ein Rascheln auf den dürren Blättern, und die ganze Gesellschaft eilt so schnell als möglich davon -- noch einen Schritt weiter, und alle erheben sich mit einem schnurrenden Geräusche und zertheilen sich nach den verschiedensten Richtungen hin."
"Mit Ausnahme zusammenhängender Nadelwälder ohne Unterholz bevölkern diese Hühner jede Oertlichkeit, scheinen jedoch dichtes Gestrüpp und namentlich jene Weidendickichte, welche die Ufer einfassen, zu bevorzugen. Hier zu Lande freilich trifft man sie fast ebenso häufig an den zerrissenen Gehängen zwischen dem Gestrüpp, welches diese bedeckt, ja selbst in dem Gebüsche der dürren Ebene, und da ich ihnen auf jeder Oertlichkeit begegnet bin, kann ich eigentlich kaum sagen, daß sie einer den Vorzug geben."
Die Läufer. Scharrvögel. Baumhühner.
„Schön für das Auge, ſanft für das Gefühl, ſüß duftend für den Geruch und ſchmackhaft für den Gaumen — in der That, die Helmwachtel iſt ein herrlicher Vogel! Seitdem ich ſie zum erſten Male ſah, vor vielen Jahren, ausgeſtopft, tölpelhaft aufgenagelt auf ein Brett, um einem Muſeum als Zierde zu dienen, habe ich ſie bewundert: jetzt aber, nachdem ich ſie im Leben, in ihrer Heimat beobachtet, mit ihr verkehrt habe, bevor der Glanz ihrer Augen gebrochen war, nachdem ihre Küchlein meine Schoßthiere geworden, bewundere ich ſie mehr und meine, daß es kaum einen andern Vogel in Amerika geben kann, welcher ſo ſchön iſt wie ſie. Jhre vollen und runden Formen erſcheinen keines- wegs plump; denn Hals und Schwanz ſind lang, der Kopf iſt klein, und die zierlich gebogene Feder verleiht eine außerordentliche Anmuth. Jhr Lauf ſieht leicht und gemächlich aus: es iſt ein wunder- voller Anblick, einen Hahn zu ſehen, wie er ſtolz dahinſchreitet, mit erhobenem Haupte, leuchtenden Augen und ſchwankender Helmfeder, über den am Boden liegenden Stamm, unter welchem ſich ſeine kleine Familie verſteckt hat. Er iſt ſo muthig und ſo ſchwach, ſo willensſtark und ſo unfähig dazu!“ ....
„Solcher Vogel muß den Forſcher, den Künſtler, den Jäger in gleichem Grade entzücken. Aber er hat noch andere Vorzüge; denn der angenehme Geruch und koſtbare Geſchmack ſeines zarten, weißen Fleiſches muß ſelbſt dem Gutſchmecker der anſpruchvollſten Sorte genügen.“
„Es war ſpät im Juni, als ich in meinem Beſtimmungsorte, in Arizona, eintraf. Jch erfuhr bald, daß die Helmwachtel überaus häufig iſt. Schon beim erſten Jagdausfluge ſtrauchelte ich ſo zu ſagen über ein Volk junger Küchlein, welche eben dem Ei entſchlüpft waren; aber die kleinen behenden Thierchen rannten davon und verbargen ſich ſo wunderbar, daß ich nicht ein einziges von ihnen finden konnte. Jch erinnere mich, daß ich ſie mit der Bergwachtel (Oreortyx pietus) verwechſelte und mich wunderte, noch ſo ſpät Junge von dieſer zu finden. Aber es war noch nicht ſpät für die Helmwachtel; denn ich traf noch im Auguſt viele Bruten, welche erſt wenige Tage alt waren. Jm folgenden Jahre beobachtete ich, daß die alten Vögel Ende Aprils ſich gepaart hatten, und Anfangs Juni ſah ich die erſten Küchlein. Jch wurde alſo belehrt, daß das Brutgeſchäft dieſer Art während der Monate Mai, Juni, Juli und Auguſt vor ſich geht, und ich glaube, es iſt wahrſcheinlich, daß ſie zwei, möglicher- weiſe drei Bruten in einem Jahre ausbrüten. Die größte Anzahl der Küchlein einer Brut, welche ich kennen lernte, war zwiſchen funfzehn und zwanzig, die kleinſte ſechs bis acht. Am erſten Oktober traf ich zwar gelegentlich auch noch halb erwachſene Küchlein an; die Mehrzahl aber war bereits faſt oder ganz ſo groß wie die Eltern und ſo flügge, daß ſie wohl die Aufmerkſamkeit eines ehrlichen Waidmannes auf ſich ziehen konnten.“
„Solange als die junge Brut die Vorſorge der Eltern bedarf, hält ſie ſich in einem eng ge- ſchloſſenen Volke zuſammen, und wenn dieſes bedroht wird, rennt jedes einzelne ſo ſchnell davon und drückt ſich an einem ſo paſſenden Orte nieder, daß es ſehr ſchwer hält, ſie zum Aufſtehen zu bringen. Gelingt es, ſo fliegt die Geſellſchaft in geſchloſſenem Schwarme auf, fällt aber gewöhnlich bald wieder nieder, in der Regel auf die niedern Zweige von Bäumen oder Büſchen, oft aber auch auf den Boden. Hier pflegen die Vögel ſtill zu ſitzen, manchmal förmlich auf einem Haufen und, weil ſie meinen, gut ver- ſteckt zu ſein, geſtatten ſie eine Annäherung bis auf wenige Schritte. Später im Jahre, wenn ſie ihre volle Größe erreicht haben, bäumen ſie ſeltener, ſind vorſichtiger und laſſen ſich dann ſchwer nahe kommen. Die erſte Andeutung, daß man ſich einem Volke genähert hat, gibt ein einziger Laut, welcher zwei- oder dreimal nach einander raſch wiederholt wird; ihm folgt ein Raſcheln auf den dürren Blättern, und die ganze Geſellſchaft eilt ſo ſchnell als möglich davon — noch einen Schritt weiter, und alle erheben ſich mit einem ſchnurrenden Geräuſche und zertheilen ſich nach den verſchiedenſten Richtungen hin.“
„Mit Ausnahme zuſammenhängender Nadelwälder ohne Unterholz bevölkern dieſe Hühner jede Oertlichkeit, ſcheinen jedoch dichtes Geſtrüpp und namentlich jene Weidendickichte, welche die Ufer einfaſſen, zu bevorzugen. Hier zu Lande freilich trifft man ſie faſt ebenſo häufig an den zerriſſenen Gehängen zwiſchen dem Geſtrüpp, welches dieſe bedeckt, ja ſelbſt in dem Gebüſche der dürren Ebene, und da ich ihnen auf jeder Oertlichkeit begegnet bin, kann ich eigentlich kaum ſagen, daß ſie einer den Vorzug geben.“
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Die Läufer. Scharrvögel. Baumhühner.
„Schön für das Auge, ſanft für das Gefühl, ſüß duftend für den Geruch und ſchmackhaft für
den Gaumen — in der That, die Helmwachtel iſt ein herrlicher Vogel! Seitdem ich ſie zum erſten
Male ſah, vor vielen Jahren, ausgeſtopft, tölpelhaft aufgenagelt auf ein Brett, um einem Muſeum als
Zierde zu dienen, habe ich ſie bewundert: jetzt aber, nachdem ich ſie im Leben, in ihrer Heimat
beobachtet, mit ihr verkehrt habe, bevor der Glanz ihrer Augen gebrochen war, nachdem ihre Küchlein
meine Schoßthiere geworden, bewundere ich ſie mehr und meine, daß es kaum einen andern Vogel in
Amerika geben kann, welcher ſo ſchön iſt wie ſie. Jhre vollen und runden Formen erſcheinen keines-
wegs plump; denn Hals und Schwanz ſind lang, der Kopf iſt klein, und die zierlich gebogene Feder
verleiht eine außerordentliche Anmuth. Jhr Lauf ſieht leicht und gemächlich aus: es iſt ein wunder-
voller Anblick, einen Hahn zu ſehen, wie er ſtolz dahinſchreitet, mit erhobenem Haupte, leuchtenden
Augen und ſchwankender Helmfeder, über den am Boden liegenden Stamm, unter welchem ſich ſeine
kleine Familie verſteckt hat. Er iſt ſo muthig und ſo ſchwach, ſo willensſtark und ſo unfähig dazu!“ ....
„Solcher Vogel muß den Forſcher, den Künſtler, den Jäger in gleichem Grade entzücken. Aber
er hat noch andere Vorzüge; denn der angenehme Geruch und koſtbare Geſchmack ſeines zarten, weißen
Fleiſches muß ſelbſt dem Gutſchmecker der anſpruchvollſten Sorte genügen.“
„Es war ſpät im Juni, als ich in meinem Beſtimmungsorte, in Arizona, eintraf. Jch erfuhr
bald, daß die Helmwachtel überaus häufig iſt. Schon beim erſten Jagdausfluge ſtrauchelte ich ſo zu
ſagen über ein Volk junger Küchlein, welche eben dem Ei entſchlüpft waren; aber die kleinen behenden
Thierchen rannten davon und verbargen ſich ſo wunderbar, daß ich nicht ein einziges von ihnen finden
konnte. Jch erinnere mich, daß ich ſie mit der Bergwachtel (Oreortyx pietus) verwechſelte und mich
wunderte, noch ſo ſpät Junge von dieſer zu finden. Aber es war noch nicht ſpät für die Helmwachtel;
denn ich traf noch im Auguſt viele Bruten, welche erſt wenige Tage alt waren. Jm folgenden Jahre
beobachtete ich, daß die alten Vögel Ende Aprils ſich gepaart hatten, und Anfangs Juni ſah ich die
erſten Küchlein. Jch wurde alſo belehrt, daß das Brutgeſchäft dieſer Art während der Monate Mai,
Juni, Juli und Auguſt vor ſich geht, und ich glaube, es iſt wahrſcheinlich, daß ſie zwei, möglicher-
weiſe drei Bruten in einem Jahre ausbrüten. Die größte Anzahl der Küchlein einer Brut, welche
ich kennen lernte, war zwiſchen funfzehn und zwanzig, die kleinſte ſechs bis acht. Am erſten Oktober
traf ich zwar gelegentlich auch noch halb erwachſene Küchlein an; die Mehrzahl aber war bereits faſt
oder ganz ſo groß wie die Eltern und ſo flügge, daß ſie wohl die Aufmerkſamkeit eines ehrlichen
Waidmannes auf ſich ziehen konnten.“
„Solange als die junge Brut die Vorſorge der Eltern bedarf, hält ſie ſich in einem eng ge-
ſchloſſenen Volke zuſammen, und wenn dieſes bedroht wird, rennt jedes einzelne ſo ſchnell davon und
drückt ſich an einem ſo paſſenden Orte nieder, daß es ſehr ſchwer hält, ſie zum Aufſtehen zu bringen.
Gelingt es, ſo fliegt die Geſellſchaft in geſchloſſenem Schwarme auf, fällt aber gewöhnlich bald wieder
nieder, in der Regel auf die niedern Zweige von Bäumen oder Büſchen, oft aber auch auf den Boden.
Hier pflegen die Vögel ſtill zu ſitzen, manchmal förmlich auf einem Haufen und, weil ſie meinen, gut ver-
ſteckt zu ſein, geſtatten ſie eine Annäherung bis auf wenige Schritte. Später im Jahre, wenn ſie ihre volle
Größe erreicht haben, bäumen ſie ſeltener, ſind vorſichtiger und laſſen ſich dann ſchwer nahe kommen.
Die erſte Andeutung, daß man ſich einem Volke genähert hat, gibt ein einziger Laut, welcher zwei-
oder dreimal nach einander raſch wiederholt wird; ihm folgt ein Raſcheln auf den dürren Blättern, und
die ganze Geſellſchaft eilt ſo ſchnell als möglich davon — noch einen Schritt weiter, und alle erheben
ſich mit einem ſchnurrenden Geräuſche und zertheilen ſich nach den verſchiedenſten Richtungen hin.“
„Mit Ausnahme zuſammenhängender Nadelwälder ohne Unterholz bevölkern dieſe Hühner jede
Oertlichkeit, ſcheinen jedoch dichtes Geſtrüpp und namentlich jene Weidendickichte, welche die Ufer
einfaſſen, zu bevorzugen. Hier zu Lande freilich trifft man ſie faſt ebenſo häufig an den zerriſſenen
Gehängen zwiſchen dem Geſtrüpp, welches dieſe bedeckt, ja ſelbſt in dem Gebüſche der dürren Ebene,
und da ich ihnen auf jeder Oertlichkeit begegnet bin, kann ich eigentlich kaum ſagen, daß ſie einer den
Vorzug geben.“
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/444>, abgerufen am 25.11.2024.
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