Nächst der Turteltaube wird, abgesehen von der Felsentaube, keine andere Art der Ordnung häufiger zahm gehalten, als die verwandte Lachtaube. Bonaparte hat sie zum Vertreter einer besondern Sippe (Streptopeleia) erhoben, weil ihr Schwanz kürzer und minder abgerundet, ihr Hals- band geschlossen und ihr Gefieder lichter ist, auch mehrere andere Arten ähnliche Merkmale zeigen: die Unterschiede zwischen Lach- und Turteltaube sind aber höchst geringfügig. Die Lachtaube (Strep- topeleia risoria) ist isabellgelb, auf dem Rücken dunkler, auf dem Kopfe, der Kehle und dem Bauche lichter, auf den Schwingen schwärzlich; ein Genickband ist schwarz. Das Auge ist lichtroth, der Schnabel schwarz, der Fuß karminroth. Die Länge beträgt 12, die Breite 20, die Fittiglänge 61/2, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Der westliche Theil Jndiens, Ceylon, Jemen, Arabien und ein großer Theil Ostafrikas sind die Heimat der Lachtaube. Reichenbach behauptet zwar, daß diejenigen Naturforscher, welche Lach- tauben in Afrika beobachtet haben wollen, sie mit einer verwandten Art verwechseln und läßt selbst die von Vaillant gegebene Abbildung nicht gelten; ich aber kann, auf eigene Erfahrung gestützt, versichern, daß ich die Lachtaube nicht nur bei Aden, sondern auch in Afrika, namentlich in der Samchara und in den Steppenwaldungen am blauen Flusse beobachtet habe und zwar in außerordent- licher Menge. Eine Verwechslung mit andern Tauben brauche ich nicht zu fürchten, da ich viele in Afrika erlegte Lachtauben in der Heimat auf das Sorgfältigste mit andern verglichen und gefunden habe, daß sie sich von unsern zahmen nicht im geringsten unterscheiden. Nach Jerdon findet sie sich in ganz Jndien, vorzugsweise auf Bäumen und Gebüschen in der Nähe bebauter Gegen- den, aber auch in den Dschungeln; nach meinen Erfahrungen liebt sie dürre, wüstenartige Steppen- gegenden. Sie ist schon von Mittelnubien an nach Süden hin häufig und wird im Jnnern Afrikas zur gemeinsten Art der ganzen Ordnung. Bei einem Ritt durch die Samchara oder durch irgend eine Steppe des Jnnern tönt das Lachen und Girren dieser Tauben beinahe von jedem Busche herab und zu gewissen Zeiten des Jahres, gegen Anfang der Dürre hin, sammeln sie sich in manchen Waldungen zu wirklich unschätzbaren Massen. Man kann Züge gewahren, welche, wenn auch nicht stundenlang, so doch viele Minuten hinter einander in dichtem Gewimmel dahinfliegen oder, wenn sie sich niederlassen, buchstäblich halbe Geviertmeilen bedecken. Jch erinnere mich an Tage, wo mir die Lachtauben überaus lästig wurden, weil sie mir die Jagd fast vereitelten, indem sie mich von allen Seiten umgaben und die Beobachtung anderer seltenerer Thiere wesentlich beeinträchtigten. Solche Versammlungen scheinen, wahrscheinlich vom Nahrungsmangel getrieben, wochenlang gemein- schaftlich in der Steppe umherzuschweifen, und sie kommen an manchen Wasserplätzen in den Vor- mittagsstunden und gegen Abend zu Millionen an, wenn auch nicht sämmtlich auf einmal, so doch stundenlang in ununterbrochener Folge.
Während des übrigen Jahres sieht man die Lachtaube paarweise oder in kleinen Familien. Jn der Samchara bemerkte ich auf jedem Busche zwei bis drei Paare, und wenn das eine Paar aufflog und sich einem anderen Busche zuwandte, fand es diesen sicherlich schon besetzt. Dem Kropfe der von mir erlegten entnahm ich die verschiedensten Sämereien; es war mir aber oft unbegreiflich, wie die Menge der Tauben genügende Nahrung finden konnte. Freilich pickten sie emsig auch an solchen Stellen Etwas auf, wo wir beim schärfsten Suchen Nichts entdecken konnten.
Die Stimme ähnelt dem Girren der Turtel, wird aber regelmäßig von Lauten begleitet, welche man mit Gelächter verglichen hat, weil sie wie "Hi hi hi hi" klingen: daher denn auch der Name des Vogels. Daß jener Vergleich, wie jeder andere, hinkt, braucht nicht erwähnt zu werden: den erwähnten Lauten fehlt das Helle, Offene des Lachens; sie klingen dumpf, hohl und keineswegs fröhlich, deshalb aber doch nicht unangenehm.
Jerdon sagt, daß die Lachtaube in Jndien zu jeder Jahreszeit brütet: in Afrika ist Dies nicht der Fall. Hier beginnt die Fortpflanzung kurz vor Eintritt der ersten Regen und endet mit den letzten. Das Betragen der verliebten Lachtauben unterscheidet sich wenig von dem anderer Arten. Der Tauber krümmt den Rücken und sträubt dessen Gefieder, bückt sich tief, richtet sich darauf
Die Läufer. Girrvögel. Turteltauben.
Nächſt der Turteltaube wird, abgeſehen von der Felſentaube, keine andere Art der Ordnung häufiger zahm gehalten, als die verwandte Lachtaube. Bonaparte hat ſie zum Vertreter einer beſondern Sippe (Streptopeleia) erhoben, weil ihr Schwanz kürzer und minder abgerundet, ihr Hals- band geſchloſſen und ihr Gefieder lichter iſt, auch mehrere andere Arten ähnliche Merkmale zeigen: die Unterſchiede zwiſchen Lach- und Turteltaube ſind aber höchſt geringfügig. Die Lachtaube (Strep- topeleia risoria) iſt iſabellgelb, auf dem Rücken dunkler, auf dem Kopfe, der Kehle und dem Bauche lichter, auf den Schwingen ſchwärzlich; ein Genickband iſt ſchwarz. Das Auge iſt lichtroth, der Schnabel ſchwarz, der Fuß karminroth. Die Länge beträgt 12, die Breite 20, die Fittiglänge 6½, die Schwanzlänge 5 Zoll.
Der weſtliche Theil Jndiens, Ceylon, Jemen, Arabien und ein großer Theil Oſtafrikas ſind die Heimat der Lachtaube. Reichenbach behauptet zwar, daß diejenigen Naturforſcher, welche Lach- tauben in Afrika beobachtet haben wollen, ſie mit einer verwandten Art verwechſeln und läßt ſelbſt die von Vaillant gegebene Abbildung nicht gelten; ich aber kann, auf eigene Erfahrung geſtützt, verſichern, daß ich die Lachtaube nicht nur bei Aden, ſondern auch in Afrika, namentlich in der Samchara und in den Steppenwaldungen am blauen Fluſſe beobachtet habe und zwar in außerordent- licher Menge. Eine Verwechslung mit andern Tauben brauche ich nicht zu fürchten, da ich viele in Afrika erlegte Lachtauben in der Heimat auf das Sorgfältigſte mit andern verglichen und gefunden habe, daß ſie ſich von unſern zahmen nicht im geringſten unterſcheiden. Nach Jerdon findet ſie ſich in ganz Jndien, vorzugsweiſe auf Bäumen und Gebüſchen in der Nähe bebauter Gegen- den, aber auch in den Dſchungeln; nach meinen Erfahrungen liebt ſie dürre, wüſtenartige Steppen- gegenden. Sie iſt ſchon von Mittelnubien an nach Süden hin häufig und wird im Jnnern Afrikas zur gemeinſten Art der ganzen Ordnung. Bei einem Ritt durch die Samchara oder durch irgend eine Steppe des Jnnern tönt das Lachen und Girren dieſer Tauben beinahe von jedem Buſche herab und zu gewiſſen Zeiten des Jahres, gegen Anfang der Dürre hin, ſammeln ſie ſich in manchen Waldungen zu wirklich unſchätzbaren Maſſen. Man kann Züge gewahren, welche, wenn auch nicht ſtundenlang, ſo doch viele Minuten hinter einander in dichtem Gewimmel dahinfliegen oder, wenn ſie ſich niederlaſſen, buchſtäblich halbe Geviertmeilen bedecken. Jch erinnere mich an Tage, wo mir die Lachtauben überaus läſtig wurden, weil ſie mir die Jagd faſt vereitelten, indem ſie mich von allen Seiten umgaben und die Beobachtung anderer ſeltenerer Thiere weſentlich beeinträchtigten. Solche Verſammlungen ſcheinen, wahrſcheinlich vom Nahrungsmangel getrieben, wochenlang gemein- ſchaftlich in der Steppe umherzuſchweifen, und ſie kommen an manchen Waſſerplätzen in den Vor- mittagsſtunden und gegen Abend zu Millionen an, wenn auch nicht ſämmtlich auf einmal, ſo doch ſtundenlang in ununterbrochener Folge.
Während des übrigen Jahres ſieht man die Lachtaube paarweiſe oder in kleinen Familien. Jn der Samchara bemerkte ich auf jedem Buſche zwei bis drei Paare, und wenn das eine Paar aufflog und ſich einem anderen Buſche zuwandte, fand es dieſen ſicherlich ſchon beſetzt. Dem Kropfe der von mir erlegten entnahm ich die verſchiedenſten Sämereien; es war mir aber oft unbegreiflich, wie die Menge der Tauben genügende Nahrung finden konnte. Freilich pickten ſie emſig auch an ſolchen Stellen Etwas auf, wo wir beim ſchärfſten Suchen Nichts entdecken konnten.
Die Stimme ähnelt dem Girren der Turtel, wird aber regelmäßig von Lauten begleitet, welche man mit Gelächter verglichen hat, weil ſie wie „Hi hi hi hi“ klingen: daher denn auch der Name des Vogels. Daß jener Vergleich, wie jeder andere, hinkt, braucht nicht erwähnt zu werden: den erwähnten Lauten fehlt das Helle, Offene des Lachens; ſie klingen dumpf, hohl und keineswegs fröhlich, deshalb aber doch nicht unangenehm.
Jerdon ſagt, daß die Lachtaube in Jndien zu jeder Jahreszeit brütet: in Afrika iſt Dies nicht der Fall. Hier beginnt die Fortpflanzung kurz vor Eintritt der erſten Regen und endet mit den letzten. Das Betragen der verliebten Lachtauben unterſcheidet ſich wenig von dem anderer Arten. Der Tauber krümmt den Rücken und ſträubt deſſen Gefieder, bückt ſich tief, richtet ſich darauf
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[282/0304]
Die Läufer. Girrvögel. Turteltauben.
Nächſt der Turteltaube wird, abgeſehen von der Felſentaube, keine andere Art der Ordnung
häufiger zahm gehalten, als die verwandte Lachtaube. Bonaparte hat ſie zum Vertreter einer
beſondern Sippe (Streptopeleia) erhoben, weil ihr Schwanz kürzer und minder abgerundet, ihr Hals-
band geſchloſſen und ihr Gefieder lichter iſt, auch mehrere andere Arten ähnliche Merkmale zeigen: die
Unterſchiede zwiſchen Lach- und Turteltaube ſind aber höchſt geringfügig. Die Lachtaube (Strep-
topeleia risoria) iſt iſabellgelb, auf dem Rücken dunkler, auf dem Kopfe, der Kehle und dem Bauche
lichter, auf den Schwingen ſchwärzlich; ein Genickband iſt ſchwarz. Das Auge iſt lichtroth, der
Schnabel ſchwarz, der Fuß karminroth. Die Länge beträgt 12, die Breite 20, die Fittiglänge 6½,
die Schwanzlänge 5 Zoll.
Der weſtliche Theil Jndiens, Ceylon, Jemen, Arabien und ein großer Theil Oſtafrikas ſind die
Heimat der Lachtaube. Reichenbach behauptet zwar, daß diejenigen Naturforſcher, welche Lach-
tauben in Afrika beobachtet haben wollen, ſie mit einer verwandten Art verwechſeln und läßt ſelbſt
die von Vaillant gegebene Abbildung nicht gelten; ich aber kann, auf eigene Erfahrung geſtützt,
verſichern, daß ich die Lachtaube nicht nur bei Aden, ſondern auch in Afrika, namentlich in der
Samchara und in den Steppenwaldungen am blauen Fluſſe beobachtet habe und zwar in außerordent-
licher Menge. Eine Verwechslung mit andern Tauben brauche ich nicht zu fürchten, da ich viele in
Afrika erlegte Lachtauben in der Heimat auf das Sorgfältigſte mit andern verglichen und gefunden
habe, daß ſie ſich von unſern zahmen nicht im geringſten unterſcheiden. Nach Jerdon findet
ſie ſich in ganz Jndien, vorzugsweiſe auf Bäumen und Gebüſchen in der Nähe bebauter Gegen-
den, aber auch in den Dſchungeln; nach meinen Erfahrungen liebt ſie dürre, wüſtenartige Steppen-
gegenden. Sie iſt ſchon von Mittelnubien an nach Süden hin häufig und wird im Jnnern Afrikas
zur gemeinſten Art der ganzen Ordnung. Bei einem Ritt durch die Samchara oder durch irgend eine
Steppe des Jnnern tönt das Lachen und Girren dieſer Tauben beinahe von jedem Buſche herab
und zu gewiſſen Zeiten des Jahres, gegen Anfang der Dürre hin, ſammeln ſie ſich in manchen
Waldungen zu wirklich unſchätzbaren Maſſen. Man kann Züge gewahren, welche, wenn auch nicht
ſtundenlang, ſo doch viele Minuten hinter einander in dichtem Gewimmel dahinfliegen oder, wenn
ſie ſich niederlaſſen, buchſtäblich halbe Geviertmeilen bedecken. Jch erinnere mich an Tage, wo mir
die Lachtauben überaus läſtig wurden, weil ſie mir die Jagd faſt vereitelten, indem ſie mich von allen
Seiten umgaben und die Beobachtung anderer ſeltenerer Thiere weſentlich beeinträchtigten. Solche
Verſammlungen ſcheinen, wahrſcheinlich vom Nahrungsmangel getrieben, wochenlang gemein-
ſchaftlich in der Steppe umherzuſchweifen, und ſie kommen an manchen Waſſerplätzen in den Vor-
mittagsſtunden und gegen Abend zu Millionen an, wenn auch nicht ſämmtlich auf einmal, ſo doch
ſtundenlang in ununterbrochener Folge.
Während des übrigen Jahres ſieht man die Lachtaube paarweiſe oder in kleinen Familien. Jn
der Samchara bemerkte ich auf jedem Buſche zwei bis drei Paare, und wenn das eine Paar aufflog
und ſich einem anderen Buſche zuwandte, fand es dieſen ſicherlich ſchon beſetzt. Dem Kropfe der von
mir erlegten entnahm ich die verſchiedenſten Sämereien; es war mir aber oft unbegreiflich, wie die
Menge der Tauben genügende Nahrung finden konnte. Freilich pickten ſie emſig auch an ſolchen
Stellen Etwas auf, wo wir beim ſchärfſten Suchen Nichts entdecken konnten.
Die Stimme ähnelt dem Girren der Turtel, wird aber regelmäßig von Lauten begleitet,
welche man mit Gelächter verglichen hat, weil ſie wie „Hi hi hi hi“ klingen: daher denn
auch der Name des Vogels. Daß jener Vergleich, wie jeder andere, hinkt, braucht nicht erwähnt
zu werden: den erwähnten Lauten fehlt das Helle, Offene des Lachens; ſie klingen dumpf, hohl
und keineswegs fröhlich, deshalb aber doch nicht unangenehm.
Jerdon ſagt, daß die Lachtaube in Jndien zu jeder Jahreszeit brütet: in Afrika iſt Dies
nicht der Fall. Hier beginnt die Fortpflanzung kurz vor Eintritt der erſten Regen und endet mit
den letzten. Das Betragen der verliebten Lachtauben unterſcheidet ſich wenig von dem anderer
Arten. Der Tauber krümmt den Rücken und ſträubt deſſen Gefieder, bückt ſich tief, richtet ſich darauf
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/304>, abgerufen am 18.12.2024.
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