Jn der Zeit der Liebe brüsten sich die Männchen mit ihrer Schönheit, nehmen sonderbare Stellungen an, bewegen sich in eigenthümlicher Weise und singen dabei auch recht niedlich. Das Nest ist ein kunstreicher Bau, welcher in den meisten Fällen an dünnen Zweigen aufgehängt wird. Das Gelege zählt wenige Eier von reinweißer Färbung.
Die Familie zerfällt in mehrere Horden, welche sich unterscheiden durch das Vorhandensein oder Fehlen eines Büschels eigenthümlich gestalteter Schmuckfedern, welche unter dem Flügel stehen, und durch das mehr oder weniger metallisch glänzende Gefieder. Da die Lebensweise derselben sich nicht oder nur wenig unterscheidet, will ich mich auf die bekanntesten Arten beschränken.
Zu denjenigen Arten, welche lebhaft gefärbt, aber nicht oder wenig metallglänzend sind, keinen Schmuckbüschel tragen und einen keilförmigen Schwanz besitzen, dessen Mittelfedern verlängert sind, gehört der Abu-Risch(Hedydipna metallica). Die Sippe, welche er vertritt, kennzeichnet sich durch den kaum kopflangen, geraden und wenig gebogenen Schnabel, durch den verhältnißmäßig kurzen Flügel, in dem die zweite bis fünfte Schwinge gleich lang und die längsten sind, und durch den keil- förmigen Schwanz, dessen beide Mittelfedern sich bedeutend über die übrigen verlängern. Das Männchen ist auf Kopf, Hals, Rücken und Schulterdecken erzgrün, auf der Unterseite hochgelb; ein Brustgürtel und der Bürzel sind violettglänzend, die Schwingen und Schwanzfedern schwarzblau. Das Auge ist braun, der Schnabel und die Füße sind schwarz. Das Weibchen ist helloliven- bräunlich, auf der Unterseite schwefelgelb; die Schwingen und Schwanzfedern sind blaß gesäumt. Die Jungen ähneln der Mutter, sind aber noch blässer. Die Länge beträgt 6 Zoll, wovon 31/2 Zoll auf die mittleren Schwanzfedern zu rechnen sind; der Fittig mißt 2 1/6 , der Schwanz ohne die Mittelfedern 13/4 Zoll.
Der Abu-Risch ist der erste Tropenvogel, welchem man begegnet, wenn man, vom Rorden kom- mend, ins Jnnere Afrikas eindringt, und obschon er im Norden nur einzeln zu finden ist, reicht er doch bis weit über die Grenze hinaus, welche andere mit ihm in derselben Heimat lebende Vögel streng innehalten. Jhm begegnet man, sobald man den Wendekreis überschritten hat; ihn fand ich schon bei Korosko und Derr in Nordnubien auf. Jn Mittelnubien fehlt er aus dem einfachen Grunde, weil die Gegend zu arm ist, ihn zu ernähren, weil die schwarzen Felsmassen zu beiden Seiten des Nil, des einzig Lebendigen in dieser Wüste, nicht einmal der so wenig begehrenden Mi- mose Raum geben. Da aber, wo die Mimose sich wieder zeigt, fehlt auch sicherlich unser Vögelchen nicht. Denn der Baum ist sein Ein und Alles: auf ihm beginnt, auf ihm verfließt, auf ihm endet sein Leben! Wenn er wirklich einmal den Jschr (Calotropis procera) besucht, so hält er sich dort doch nur auf, um rasch die großen und kerbthierreichen Blüthen zu durchforschen, oder aber, um die ihm zum Bau seines Nestes so erwünschte Pflanzenwolle dieses Strauches aufzusammeln: es sind nur Besuche, welche er auf dem Strauche macht. Das Gleiche gilt für einige Nutzpflanzen, welche in den Gärten der Stadt gezogen werden, namentlich für den Feigenkaktus, dessen große gelbe Blüthen von Kerbthieren sehr heimgesucht werden. Jmmer kehrt er bald wieder zu seiner Mimose zurück; sie bietet ihm, was er bedarf, erwünschtes Obdach und Nahrung in Fülle.
Auch ihn sieht man regelmäßig paarweise, an günstigen Orten allerdings sehr häufig. Hier muß sich jedes Paar begnügen, und es begnügt sich auch mit wenigen blüthentragenden Bäumen oder zeitweilig mit einer einzigen Hecke des Feigenkattus. Der Abu-Risch ist ein echter Sonnenvogel. Morgens und abends ist er ruhig und still; wenn aber der heiße Mittag über der Erde liegt und die Glutstrahlen der scheitelrecht herabblitzenden Sonne alle anderen Vögel einem kühlen, schattigen Plätzchen zugescheucht haben, wenn sie alle der Ruhe pflegen: da treibt er es am lustigsten. Von Blüthe zu Blüthe geht sein Flug -- fressend, schreiend, singend, immer in treuer Gemeinschaft mit seinem Weibchen! Vor anderen Vögeln scheut er sich wenig, und auch den Menschen gestattet er, nahe an ihn heranzukommen und ihn zu beobachten. Wenn man eine gerade recht in Blüthe stehende
Die Späher. Klettervögel. Honigſauger.
Jn der Zeit der Liebe brüſten ſich die Männchen mit ihrer Schönheit, nehmen ſonderbare Stellungen an, bewegen ſich in eigenthümlicher Weiſe und ſingen dabei auch recht niedlich. Das Neſt iſt ein kunſtreicher Bau, welcher in den meiſten Fällen an dünnen Zweigen aufgehängt wird. Das Gelege zählt wenige Eier von reinweißer Färbung.
Die Familie zerfällt in mehrere Horden, welche ſich unterſcheiden durch das Vorhandenſein oder Fehlen eines Büſchels eigenthümlich geſtalteter Schmuckfedern, welche unter dem Flügel ſtehen, und durch das mehr oder weniger metalliſch glänzende Gefieder. Da die Lebensweiſe derſelben ſich nicht oder nur wenig unterſcheidet, will ich mich auf die bekannteſten Arten beſchränken.
Zu denjenigen Arten, welche lebhaft gefärbt, aber nicht oder wenig metallglänzend ſind, keinen Schmuckbüſchel tragen und einen keilförmigen Schwanz beſitzen, deſſen Mittelfedern verlängert ſind, gehört der Abu-Riſch(Hedydipna metallica). Die Sippe, welche er vertritt, kennzeichnet ſich durch den kaum kopflangen, geraden und wenig gebogenen Schnabel, durch den verhältnißmäßig kurzen Flügel, in dem die zweite bis fünfte Schwinge gleich lang und die längſten ſind, und durch den keil- förmigen Schwanz, deſſen beide Mittelfedern ſich bedeutend über die übrigen verlängern. Das Männchen iſt auf Kopf, Hals, Rücken und Schulterdecken erzgrün, auf der Unterſeite hochgelb; ein Bruſtgürtel und der Bürzel ſind violettglänzend, die Schwingen und Schwanzfedern ſchwarzblau. Das Auge iſt braun, der Schnabel und die Füße ſind ſchwarz. Das Weibchen iſt helloliven- bräunlich, auf der Unterſeite ſchwefelgelb; die Schwingen und Schwanzfedern ſind blaß geſäumt. Die Jungen ähneln der Mutter, ſind aber noch bläſſer. Die Länge beträgt 6 Zoll, wovon 3½ Zoll auf die mittleren Schwanzfedern zu rechnen ſind; der Fittig mißt 2⅙, der Schwanz ohne die Mittelfedern 1¾ Zoll.
Der Abu-Riſch iſt der erſte Tropenvogel, welchem man begegnet, wenn man, vom Rorden kom- mend, ins Jnnere Afrikas eindringt, und obſchon er im Norden nur einzeln zu finden iſt, reicht er doch bis weit über die Grenze hinaus, welche andere mit ihm in derſelben Heimat lebende Vögel ſtreng innehalten. Jhm begegnet man, ſobald man den Wendekreis überſchritten hat; ihn fand ich ſchon bei Korosko und Derr in Nordnubien auf. Jn Mittelnubien fehlt er aus dem einfachen Grunde, weil die Gegend zu arm iſt, ihn zu ernähren, weil die ſchwarzen Felsmaſſen zu beiden Seiten des Nil, des einzig Lebendigen in dieſer Wüſte, nicht einmal der ſo wenig begehrenden Mi- moſe Raum geben. Da aber, wo die Mimoſe ſich wieder zeigt, fehlt auch ſicherlich unſer Vögelchen nicht. Denn der Baum iſt ſein Ein und Alles: auf ihm beginnt, auf ihm verfließt, auf ihm endet ſein Leben! Wenn er wirklich einmal den Jſchr (Calotropis procera) beſucht, ſo hält er ſich dort doch nur auf, um raſch die großen und kerbthierreichen Blüthen zu durchforſchen, oder aber, um die ihm zum Bau ſeines Neſtes ſo erwünſchte Pflanzenwolle dieſes Strauches aufzuſammeln: es ſind nur Beſuche, welche er auf dem Strauche macht. Das Gleiche gilt für einige Nutzpflanzen, welche in den Gärten der Stadt gezogen werden, namentlich für den Feigenkaktus, deſſen große gelbe Blüthen von Kerbthieren ſehr heimgeſucht werden. Jmmer kehrt er bald wieder zu ſeiner Mimoſe zurück; ſie bietet ihm, was er bedarf, erwünſchtes Obdach und Nahrung in Fülle.
Auch ihn ſieht man regelmäßig paarweiſe, an günſtigen Orten allerdings ſehr häufig. Hier muß ſich jedes Paar begnügen, und es begnügt ſich auch mit wenigen blüthentragenden Bäumen oder zeitweilig mit einer einzigen Hecke des Feigenkattus. Der Abu-Riſch iſt ein echter Sonnenvogel. Morgens und abends iſt er ruhig und ſtill; wenn aber der heiße Mittag über der Erde liegt und die Glutſtrahlen der ſcheitelrecht herabblitzenden Sonne alle anderen Vögel einem kühlen, ſchattigen Plätzchen zugeſcheucht haben, wenn ſie alle der Ruhe pflegen: da treibt er es am luſtigſten. Von Blüthe zu Blüthe geht ſein Flug — freſſend, ſchreiend, ſingend, immer in treuer Gemeinſchaft mit ſeinem Weibchen! Vor anderen Vögeln ſcheut er ſich wenig, und auch den Menſchen geſtattet er, nahe an ihn heranzukommen und ihn zu beobachten. Wenn man eine gerade recht in Blüthe ſtehende
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[10/0022]
Die Späher. Klettervögel. Honigſauger.
Jn der Zeit der Liebe brüſten ſich die Männchen mit ihrer Schönheit, nehmen ſonderbare
Stellungen an, bewegen ſich in eigenthümlicher Weiſe und ſingen dabei auch recht niedlich. Das
Neſt iſt ein kunſtreicher Bau, welcher in den meiſten Fällen an dünnen Zweigen aufgehängt wird.
Das Gelege zählt wenige Eier von reinweißer Färbung.
Die Familie zerfällt in mehrere Horden, welche ſich unterſcheiden durch das Vorhandenſein oder
Fehlen eines Büſchels eigenthümlich geſtalteter Schmuckfedern, welche unter dem Flügel ſtehen, und
durch das mehr oder weniger metalliſch glänzende Gefieder. Da die Lebensweiſe derſelben ſich
nicht oder nur wenig unterſcheidet, will ich mich auf die bekannteſten Arten beſchränken.
Zu denjenigen Arten, welche lebhaft gefärbt, aber nicht oder wenig metallglänzend ſind, keinen
Schmuckbüſchel tragen und einen keilförmigen Schwanz beſitzen, deſſen Mittelfedern verlängert ſind,
gehört der Abu-Riſch (Hedydipna metallica). Die Sippe, welche er vertritt, kennzeichnet ſich durch
den kaum kopflangen, geraden und wenig gebogenen Schnabel, durch den verhältnißmäßig kurzen
Flügel, in dem die zweite bis fünfte Schwinge gleich lang und die längſten ſind, und durch den keil-
förmigen Schwanz, deſſen beide Mittelfedern ſich bedeutend über die übrigen verlängern. Das
Männchen iſt auf Kopf, Hals, Rücken und Schulterdecken erzgrün, auf der Unterſeite hochgelb; ein
Bruſtgürtel und der Bürzel ſind violettglänzend, die Schwingen und Schwanzfedern ſchwarzblau.
Das Auge iſt braun, der Schnabel und die Füße ſind ſchwarz. Das Weibchen iſt helloliven-
bräunlich, auf der Unterſeite ſchwefelgelb; die Schwingen und Schwanzfedern ſind blaß geſäumt.
Die Jungen ähneln der Mutter, ſind aber noch bläſſer. Die Länge beträgt 6 Zoll, wovon 3½ Zoll
auf die mittleren Schwanzfedern zu rechnen ſind; der Fittig mißt 2⅙, der Schwanz ohne die
Mittelfedern 1¾ Zoll.
Der Abu-Riſch iſt der erſte Tropenvogel, welchem man begegnet, wenn man, vom Rorden kom-
mend, ins Jnnere Afrikas eindringt, und obſchon er im Norden nur einzeln zu finden iſt, reicht er
doch bis weit über die Grenze hinaus, welche andere mit ihm in derſelben Heimat lebende Vögel
ſtreng innehalten. Jhm begegnet man, ſobald man den Wendekreis überſchritten hat; ihn fand ich
ſchon bei Korosko und Derr in Nordnubien auf. Jn Mittelnubien fehlt er aus dem einfachen
Grunde, weil die Gegend zu arm iſt, ihn zu ernähren, weil die ſchwarzen Felsmaſſen zu beiden
Seiten des Nil, des einzig Lebendigen in dieſer Wüſte, nicht einmal der ſo wenig begehrenden Mi-
moſe Raum geben. Da aber, wo die Mimoſe ſich wieder zeigt, fehlt auch ſicherlich unſer Vögelchen
nicht. Denn der Baum iſt ſein Ein und Alles: auf ihm beginnt, auf ihm verfließt, auf ihm endet
ſein Leben! Wenn er wirklich einmal den Jſchr (Calotropis procera) beſucht, ſo hält er ſich dort
doch nur auf, um raſch die großen und kerbthierreichen Blüthen zu durchforſchen, oder aber, um die
ihm zum Bau ſeines Neſtes ſo erwünſchte Pflanzenwolle dieſes Strauches aufzuſammeln: es ſind nur
Beſuche, welche er auf dem Strauche macht. Das Gleiche gilt für einige Nutzpflanzen, welche in
den Gärten der Stadt gezogen werden, namentlich für den Feigenkaktus, deſſen große gelbe Blüthen
von Kerbthieren ſehr heimgeſucht werden. Jmmer kehrt er bald wieder zu ſeiner Mimoſe zurück; ſie
bietet ihm, was er bedarf, erwünſchtes Obdach und Nahrung in Fülle.
Auch ihn ſieht man regelmäßig paarweiſe, an günſtigen Orten allerdings ſehr häufig. Hier
muß ſich jedes Paar begnügen, und es begnügt ſich auch mit wenigen blüthentragenden Bäumen oder
zeitweilig mit einer einzigen Hecke des Feigenkattus. Der Abu-Riſch iſt ein echter Sonnenvogel.
Morgens und abends iſt er ruhig und ſtill; wenn aber der heiße Mittag über der Erde liegt und die
Glutſtrahlen der ſcheitelrecht herabblitzenden Sonne alle anderen Vögel einem kühlen, ſchattigen
Plätzchen zugeſcheucht haben, wenn ſie alle der Ruhe pflegen: da treibt er es am luſtigſten. Von
Blüthe zu Blüthe geht ſein Flug — freſſend, ſchreiend, ſingend, immer in treuer Gemeinſchaft mit
ſeinem Weibchen! Vor anderen Vögeln ſcheut er ſich wenig, und auch den Menſchen geſtattet er,
nahe an ihn heranzukommen und ihn zu beobachten. Wenn man eine gerade recht in Blüthe ſtehende
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/22>, abgerufen am 27.11.2024.
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