Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Späher. Leichtschnäbler. Nageschnäbel.
Das Weibchen ähnelt dem Männchen, ist aber minder prachtvoll gefärbt. Die Länge beträgt 141/4,
die Breite 221/2, die Fittiglänge 71/4, die Schwanzlänge 7 Zoll. Die beiden Mitteldeckfedern über-
ragen die Steuerfedern aber noch um 61/2 Zoll.

Spir entdeckte diesen Vogel am Rio Negro; Natterer fand ihn später in derselben Gegend
wieder auf.

Der Schmucksuruku (Calurus antisianus) unterscheidet sich dadurch vom Pfauenfuruku,
daß sich über der Schnabelwurzel ein Büschel haarartig zerschlissener Federn erhebt und daß das
Deckgefieder der Flügel und des Schwanzes sehr entwickelt, aber nicht besonders verlängert ist.
Das Gefieder zeigt fast dieselbe Färbung, wie bei jenem; die drei äußersten Schwanzfedern sind aber
fast ganz weiß, und der Schnabel ist gilblich. Die Länge beträgt 14, die Fittiglänge 71/2, die
Schwanzlänge 61/2 Zoll.

D'Orbigny entdeckte den Schmucksuruku in Bolivia und zwar in den feuchten und heißen
Waldungen der Provinz Yungas. Hier war er selten und schwer zu bemerken, weil er sich in der
Nähe der reißenden Ströme aufhielt.

Der Quesal endlich (Calurus-Pharomacrus-Mocinno, paradisens oder resplendens), der
prachtvollste von allen, kennzeichnet sich durch einen vollen, ebenfalls aus zerschlissenen Federn
bestehenden Helm und die außerordentliche Entwickelung des Deckgefieders, welches über die Flügel
und den Schwanz wallend herabhängt. Die Färbung entspricht der seiner Verwandten: das Gefieder
der Oberseite und der Oberbrust ist glänzend goldgrün, das der Unterseite hoch karminroth. Das
Auge ist dunkelnußbraun, das Augenlid schwarz, der Schnabel gelb, am Grunde ölbraun, der Fuß
braungelb. Das Weibchen unterscheidet sich durch den nur schwach angedeuteten Schopf und das
weit weniger entwickelte Deckgefieder, welches die Steuerfedern kaum überragt. Kopf, Kehle, Hals
und Oberbrust sind bei beiden Geschlechtern dunkelgrün, der Rücken, die Schultern und Oberschwanz-
deckfedern hellgrün, die Unterbrust und der Bauch graubraun, der Steiß ist hochroth; die mittleren
Steuerfedern sind schwarz, die äußeren weiß, schwarz in die Quere gebändert. Die Länge beträgt
16, die Fittiglänge 8 1/3 , die Schwanzlänge 81/2 Zoll. Die längsten Schwanzdeckfedern überragen
die Steuerfedern um 25 Zoll.

Bis vor Kurzem wußten wir nur, daß der Quesal in Mejiko und Mittelamerika gefunden wird
und hier die Gebirgswaldungen bewohnt; neuerdings sind wir durch Salvin's und Owen's
Forschungen über die Lebensweise unterrichtet worden. "Der Vogel", sagt Ersterer, "wählt zu seinen
Aufenthaltsorten einen Gürtel von ungefähr 6000 Fuß unbedingter Höhe. Jnnerhalb desselben
scheint er in allen Waldungen vorzukommen, wenn auch nur in denen, welche aus den höchsten
Bäumen bestehen. Die niedern Zweige derselben, d. h. diejenigen, welche sich ungefähr im zweiten
Drittel der Baumhöhe befinden, dienen ihm zur bevorzugten Warte. Hier sieht man ihn fast
bewegungslos sitzen; denn er dreht höchstens den Kopf langsam von einer Seite zur andern oder
breitet und schließt abwechselnd den fast senkrecht herabhängenden Schwanz, erhebt ihn auch wohl und
bringt dann die lang überhängenden Deckfedern in eine sanfte Bewegung. Sein Auge erspäht eine
reife Frucht; er erhebt sich von seinem Zweige, erhält sich einen Augenblick rüttelnd, pflückt eine Beere
und kehrt zu demselben Zweige zurück. Ein derartiger Ausflug wird mit einer Zierlichkeit ausge-
führt, welche jeder Beschreibung spottet. Jch habe oft gehört, daß Leute, welche ausgestopfte Kolibris
sahen, begeistert ausriefen: "Wie prachtvoll müssen diese kleinen Geschöpfe erscheinen, wenn sie fliegen."
Aber Dies ist nicht der Fall. Man denke sich den Kolibri in einer Entfernung von zwanzig Ellen,
und man sieht von seinen Farben Nichts, es sei denn, daß man sich in der allervortheilhaftesten Lage
befinde. Anders ist es mit dem Quesal. Seine Pracht bleibt dieselbe, welche Stellung er auch
annehmen möge, und er fesselt durch sie sofort das Auge. Kein anderer Vogel der neuen Welt erreicht
ihn, kein anderer der alten Welt übertrifft ihn. Dies waren meine Gedanken, als ich den ersten

Die Späher. Leichtſchnäbler. Nageſchnäbel.
Das Weibchen ähnelt dem Männchen, iſt aber minder prachtvoll gefärbt. Die Länge beträgt 14¼,
die Breite 22½, die Fittiglänge 7¼, die Schwanzlänge 7 Zoll. Die beiden Mitteldeckfedern über-
ragen die Steuerfedern aber noch um 6½ Zoll.

Spir entdeckte dieſen Vogel am Rio Negro; Natterer fand ihn ſpäter in derſelben Gegend
wieder auf.

Der Schmuckſuruku (Calurus antisianus) unterſcheidet ſich dadurch vom Pfauenfuruku,
daß ſich über der Schnabelwurzel ein Büſchel haarartig zerſchliſſener Federn erhebt und daß das
Deckgefieder der Flügel und des Schwanzes ſehr entwickelt, aber nicht beſonders verlängert iſt.
Das Gefieder zeigt faſt dieſelbe Färbung, wie bei jenem; die drei äußerſten Schwanzfedern ſind aber
faſt ganz weiß, und der Schnabel iſt gilblich. Die Länge beträgt 14, die Fittiglänge 7½, die
Schwanzlänge 6½ Zoll.

D’Orbigny entdeckte den Schmuckſuruku in Bolivia und zwar in den feuchten und heißen
Waldungen der Provinz Yungas. Hier war er ſelten und ſchwer zu bemerken, weil er ſich in der
Nähe der reißenden Ströme aufhielt.

Der Queſal endlich (Calurus-Pharomacrus-Mocinno, paradisens oder resplendens), der
prachtvollſte von allen, kennzeichnet ſich durch einen vollen, ebenfalls aus zerſchliſſenen Federn
beſtehenden Helm und die außerordentliche Entwickelung des Deckgefieders, welches über die Flügel
und den Schwanz wallend herabhängt. Die Färbung entſpricht der ſeiner Verwandten: das Gefieder
der Oberſeite und der Oberbruſt iſt glänzend goldgrün, das der Unterſeite hoch karminroth. Das
Auge iſt dunkelnußbraun, das Augenlid ſchwarz, der Schnabel gelb, am Grunde ölbraun, der Fuß
braungelb. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch den nur ſchwach angedeuteten Schopf und das
weit weniger entwickelte Deckgefieder, welches die Steuerfedern kaum überragt. Kopf, Kehle, Hals
und Oberbruſt ſind bei beiden Geſchlechtern dunkelgrün, der Rücken, die Schultern und Oberſchwanz-
deckfedern hellgrün, die Unterbruſt und der Bauch graubraun, der Steiß iſt hochroth; die mittleren
Steuerfedern ſind ſchwarz, die äußeren weiß, ſchwarz in die Quere gebändert. Die Länge beträgt
16, die Fittiglänge 8⅓, die Schwanzlänge 8½ Zoll. Die längſten Schwanzdeckfedern überragen
die Steuerfedern um 25 Zoll.

Bis vor Kurzem wußten wir nur, daß der Queſal in Mejiko und Mittelamerika gefunden wird
und hier die Gebirgswaldungen bewohnt; neuerdings ſind wir durch Salvin’s und Owen’s
Forſchungen über die Lebensweiſe unterrichtet worden. „Der Vogel“, ſagt Erſterer, „wählt zu ſeinen
Aufenthaltsorten einen Gürtel von ungefähr 6000 Fuß unbedingter Höhe. Jnnerhalb deſſelben
ſcheint er in allen Waldungen vorzukommen, wenn auch nur in denen, welche aus den höchſten
Bäumen beſtehen. Die niedern Zweige derſelben, d. h. diejenigen, welche ſich ungefähr im zweiten
Drittel der Baumhöhe befinden, dienen ihm zur bevorzugten Warte. Hier ſieht man ihn faſt
bewegungslos ſitzen; denn er dreht höchſtens den Kopf langſam von einer Seite zur andern oder
breitet und ſchließt abwechſelnd den faſt ſenkrecht herabhängenden Schwanz, erhebt ihn auch wohl und
bringt dann die lang überhängenden Deckfedern in eine ſanfte Bewegung. Sein Auge erſpäht eine
reife Frucht; er erhebt ſich von ſeinem Zweige, erhält ſich einen Augenblick rüttelnd, pflückt eine Beere
und kehrt zu demſelben Zweige zurück. Ein derartiger Ausflug wird mit einer Zierlichkeit ausge-
führt, welche jeder Beſchreibung ſpottet. Jch habe oft gehört, daß Leute, welche ausgeſtopfte Kolibris
ſahen, begeiſtert ausriefen: „Wie prachtvoll müſſen dieſe kleinen Geſchöpfe erſcheinen, wenn ſie fliegen.“
Aber Dies iſt nicht der Fall. Man denke ſich den Kolibri in einer Entfernung von zwanzig Ellen,
und man ſieht von ſeinen Farben Nichts, es ſei denn, daß man ſich in der allervortheilhafteſten Lage
befinde. Anders iſt es mit dem Queſal. Seine Pracht bleibt dieſelbe, welche Stellung er auch
annehmen möge, und er feſſelt durch ſie ſofort das Auge. Kein anderer Vogel der neuen Welt erreicht
ihn, kein anderer der alten Welt übertrifft ihn. Dies waren meine Gedanken, als ich den erſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0208" n="188"/><fw place="top" type="header">Die Späher. Leicht&#x017F;chnäbler. Nage&#x017F;chnäbel.</fw><lb/>
Das Weibchen ähnelt dem Männchen, i&#x017F;t aber minder prachtvoll gefärbt. Die Länge beträgt 14¼,<lb/>
die Breite 22½, die Fittiglänge 7¼, die Schwanzlänge 7 Zoll. Die beiden Mitteldeckfedern über-<lb/>
ragen die Steuerfedern aber noch um 6½ Zoll.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Spir</hi> entdeckte die&#x017F;en Vogel am Rio Negro; <hi rendition="#g">Natterer</hi> fand ihn &#x017F;päter in der&#x017F;elben Gegend<lb/>
wieder auf.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Schmuck&#x017F;uruku</hi> <hi rendition="#aq">(Calurus antisianus)</hi> unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich dadurch vom Pfauenfuruku,<lb/>
daß &#x017F;ich über der Schnabelwurzel ein Bü&#x017F;chel haarartig zer&#x017F;chli&#x017F;&#x017F;ener Federn erhebt und daß das<lb/>
Deckgefieder der Flügel und des Schwanzes &#x017F;ehr entwickelt, aber nicht be&#x017F;onders verlängert i&#x017F;t.<lb/>
Das Gefieder zeigt fa&#x017F;t die&#x017F;elbe Färbung, wie bei jenem; die drei äußer&#x017F;ten Schwanzfedern &#x017F;ind aber<lb/>
fa&#x017F;t ganz weiß, und der Schnabel i&#x017F;t gilblich. Die Länge beträgt 14, die Fittiglänge 7½, die<lb/>
Schwanzlänge 6½ Zoll.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">D&#x2019;Orbigny</hi> entdeckte den Schmuck&#x017F;uruku in Bolivia und zwar in den feuchten und heißen<lb/>
Waldungen der Provinz Yungas. Hier war er &#x017F;elten und &#x017F;chwer zu bemerken, weil er &#x017F;ich in der<lb/>
Nähe der reißenden Ströme aufhielt.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Que&#x017F;al</hi> endlich <hi rendition="#aq">(Calurus-Pharomacrus-Mocinno, paradisens</hi> oder <hi rendition="#aq">resplendens),</hi> der<lb/>
prachtvoll&#x017F;te von allen, kennzeichnet &#x017F;ich durch einen vollen, ebenfalls aus zer&#x017F;chli&#x017F;&#x017F;enen Federn<lb/>
be&#x017F;tehenden Helm und die außerordentliche Entwickelung des Deckgefieders, welches über die Flügel<lb/>
und den Schwanz wallend herabhängt. Die Färbung ent&#x017F;pricht der &#x017F;einer Verwandten: das Gefieder<lb/>
der Ober&#x017F;eite und der Oberbru&#x017F;t i&#x017F;t glänzend goldgrün, das der Unter&#x017F;eite hoch karminroth. Das<lb/>
Auge i&#x017F;t dunkelnußbraun, das Augenlid &#x017F;chwarz, der Schnabel gelb, am Grunde ölbraun, der Fuß<lb/>
braungelb. Das Weibchen unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich durch den nur &#x017F;chwach angedeuteten Schopf und das<lb/>
weit weniger entwickelte Deckgefieder, welches die Steuerfedern kaum überragt. Kopf, Kehle, Hals<lb/>
und Oberbru&#x017F;t &#x017F;ind bei beiden Ge&#x017F;chlechtern dunkelgrün, der Rücken, die Schultern und Ober&#x017F;chwanz-<lb/>
deckfedern hellgrün, die Unterbru&#x017F;t und der Bauch graubraun, der Steiß i&#x017F;t hochroth; die mittleren<lb/>
Steuerfedern &#x017F;ind &#x017F;chwarz, die äußeren weiß, &#x017F;chwarz in die Quere gebändert. Die Länge beträgt<lb/>
16, die Fittiglänge 8&#x2153;, die Schwanzlänge 8½ Zoll. Die läng&#x017F;ten Schwanzdeckfedern überragen<lb/>
die Steuerfedern um 25 Zoll.</p><lb/>
          <p>Bis vor Kurzem wußten wir nur, daß der Que&#x017F;al in Mejiko und Mittelamerika gefunden wird<lb/>
und hier die Gebirgswaldungen bewohnt; neuerdings &#x017F;ind wir durch <hi rendition="#g">Salvin&#x2019;s</hi> und <hi rendition="#g">Owen&#x2019;s</hi><lb/>
For&#x017F;chungen über die Lebenswei&#x017F;e unterrichtet worden. &#x201E;Der Vogel&#x201C;, &#x017F;agt Er&#x017F;terer, &#x201E;wählt zu &#x017F;einen<lb/>
Aufenthaltsorten einen Gürtel von ungefähr 6000 Fuß unbedingter Höhe. Jnnerhalb de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;cheint er in allen Waldungen vorzukommen, wenn auch nur in denen, welche aus den höch&#x017F;ten<lb/>
Bäumen be&#x017F;tehen. Die niedern Zweige der&#x017F;elben, d. h. diejenigen, welche &#x017F;ich ungefähr im zweiten<lb/>
Drittel der Baumhöhe befinden, dienen ihm zur bevorzugten Warte. Hier &#x017F;ieht man ihn fa&#x017F;t<lb/>
bewegungslos &#x017F;itzen; denn er dreht höch&#x017F;tens den Kopf lang&#x017F;am von einer Seite zur andern oder<lb/>
breitet und &#x017F;chließt abwech&#x017F;elnd den fa&#x017F;t &#x017F;enkrecht herabhängenden Schwanz, erhebt ihn auch wohl und<lb/>
bringt dann die lang überhängenden Deckfedern in eine &#x017F;anfte Bewegung. Sein Auge er&#x017F;päht eine<lb/>
reife Frucht; er erhebt &#x017F;ich von &#x017F;einem Zweige, erhält &#x017F;ich einen Augenblick rüttelnd, pflückt eine Beere<lb/>
und kehrt zu dem&#x017F;elben Zweige zurück. Ein derartiger Ausflug wird mit einer Zierlichkeit ausge-<lb/>
führt, welche jeder Be&#x017F;chreibung &#x017F;pottet. Jch habe oft gehört, daß Leute, welche ausge&#x017F;topfte Kolibris<lb/>
&#x017F;ahen, begei&#x017F;tert ausriefen: &#x201E;Wie prachtvoll mü&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e kleinen Ge&#x017F;chöpfe er&#x017F;cheinen, wenn &#x017F;ie fliegen.&#x201C;<lb/>
Aber Dies i&#x017F;t nicht der Fall. Man denke &#x017F;ich den Kolibri in einer Entfernung von zwanzig Ellen,<lb/>
und man &#x017F;ieht von &#x017F;einen Farben Nichts, es &#x017F;ei denn, daß man &#x017F;ich in der allervortheilhafte&#x017F;ten Lage<lb/>
befinde. Anders i&#x017F;t es mit dem Que&#x017F;al. Seine Pracht bleibt die&#x017F;elbe, welche Stellung er auch<lb/>
annehmen möge, und er fe&#x017F;&#x017F;elt durch &#x017F;ie &#x017F;ofort das Auge. Kein anderer Vogel der neuen Welt erreicht<lb/>
ihn, kein anderer der alten Welt übertrifft ihn. Dies waren meine Gedanken, als ich den er&#x017F;ten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0208] Die Späher. Leichtſchnäbler. Nageſchnäbel. Das Weibchen ähnelt dem Männchen, iſt aber minder prachtvoll gefärbt. Die Länge beträgt 14¼, die Breite 22½, die Fittiglänge 7¼, die Schwanzlänge 7 Zoll. Die beiden Mitteldeckfedern über- ragen die Steuerfedern aber noch um 6½ Zoll. Spir entdeckte dieſen Vogel am Rio Negro; Natterer fand ihn ſpäter in derſelben Gegend wieder auf. Der Schmuckſuruku (Calurus antisianus) unterſcheidet ſich dadurch vom Pfauenfuruku, daß ſich über der Schnabelwurzel ein Büſchel haarartig zerſchliſſener Federn erhebt und daß das Deckgefieder der Flügel und des Schwanzes ſehr entwickelt, aber nicht beſonders verlängert iſt. Das Gefieder zeigt faſt dieſelbe Färbung, wie bei jenem; die drei äußerſten Schwanzfedern ſind aber faſt ganz weiß, und der Schnabel iſt gilblich. Die Länge beträgt 14, die Fittiglänge 7½, die Schwanzlänge 6½ Zoll. D’Orbigny entdeckte den Schmuckſuruku in Bolivia und zwar in den feuchten und heißen Waldungen der Provinz Yungas. Hier war er ſelten und ſchwer zu bemerken, weil er ſich in der Nähe der reißenden Ströme aufhielt. Der Queſal endlich (Calurus-Pharomacrus-Mocinno, paradisens oder resplendens), der prachtvollſte von allen, kennzeichnet ſich durch einen vollen, ebenfalls aus zerſchliſſenen Federn beſtehenden Helm und die außerordentliche Entwickelung des Deckgefieders, welches über die Flügel und den Schwanz wallend herabhängt. Die Färbung entſpricht der ſeiner Verwandten: das Gefieder der Oberſeite und der Oberbruſt iſt glänzend goldgrün, das der Unterſeite hoch karminroth. Das Auge iſt dunkelnußbraun, das Augenlid ſchwarz, der Schnabel gelb, am Grunde ölbraun, der Fuß braungelb. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch den nur ſchwach angedeuteten Schopf und das weit weniger entwickelte Deckgefieder, welches die Steuerfedern kaum überragt. Kopf, Kehle, Hals und Oberbruſt ſind bei beiden Geſchlechtern dunkelgrün, der Rücken, die Schultern und Oberſchwanz- deckfedern hellgrün, die Unterbruſt und der Bauch graubraun, der Steiß iſt hochroth; die mittleren Steuerfedern ſind ſchwarz, die äußeren weiß, ſchwarz in die Quere gebändert. Die Länge beträgt 16, die Fittiglänge 8⅓, die Schwanzlänge 8½ Zoll. Die längſten Schwanzdeckfedern überragen die Steuerfedern um 25 Zoll. Bis vor Kurzem wußten wir nur, daß der Queſal in Mejiko und Mittelamerika gefunden wird und hier die Gebirgswaldungen bewohnt; neuerdings ſind wir durch Salvin’s und Owen’s Forſchungen über die Lebensweiſe unterrichtet worden. „Der Vogel“, ſagt Erſterer, „wählt zu ſeinen Aufenthaltsorten einen Gürtel von ungefähr 6000 Fuß unbedingter Höhe. Jnnerhalb deſſelben ſcheint er in allen Waldungen vorzukommen, wenn auch nur in denen, welche aus den höchſten Bäumen beſtehen. Die niedern Zweige derſelben, d. h. diejenigen, welche ſich ungefähr im zweiten Drittel der Baumhöhe befinden, dienen ihm zur bevorzugten Warte. Hier ſieht man ihn faſt bewegungslos ſitzen; denn er dreht höchſtens den Kopf langſam von einer Seite zur andern oder breitet und ſchließt abwechſelnd den faſt ſenkrecht herabhängenden Schwanz, erhebt ihn auch wohl und bringt dann die lang überhängenden Deckfedern in eine ſanfte Bewegung. Sein Auge erſpäht eine reife Frucht; er erhebt ſich von ſeinem Zweige, erhält ſich einen Augenblick rüttelnd, pflückt eine Beere und kehrt zu demſelben Zweige zurück. Ein derartiger Ausflug wird mit einer Zierlichkeit ausge- führt, welche jeder Beſchreibung ſpottet. Jch habe oft gehört, daß Leute, welche ausgeſtopfte Kolibris ſahen, begeiſtert ausriefen: „Wie prachtvoll müſſen dieſe kleinen Geſchöpfe erſcheinen, wenn ſie fliegen.“ Aber Dies iſt nicht der Fall. Man denke ſich den Kolibri in einer Entfernung von zwanzig Ellen, und man ſieht von ſeinen Farben Nichts, es ſei denn, daß man ſich in der allervortheilhafteſten Lage befinde. Anders iſt es mit dem Queſal. Seine Pracht bleibt dieſelbe, welche Stellung er auch annehmen möge, und er feſſelt durch ſie ſofort das Auge. Kein anderer Vogel der neuen Welt erreicht ihn, kein anderer der alten Welt übertrifft ihn. Dies waren meine Gedanken, als ich den erſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/208
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/208>, abgerufen am 05.05.2024.