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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Leichtschnäbler. Nageschnäbel.
Bauch blaßgelb, die Flügeldeckfedern sind fein weiß quer gebändert. Das Auge ist braun, der
Schnabel blaßgrünlichweiß, der Fuß schwarzgrau. Die Länge beträgt 123/4, die Breite 181/2, die
Fittiglänge 53/4, die Schwanzlänge 5 1/3 Zoll.

Die Surukua bewohnt die Urwaldungen des südlichen Brafilien und nördlichen Paraguay;
der Pompeo verbreitet sich über Nordbrasilien und Guyana. Die eine wie die andere Art ist, wo sie
vorkommt, niemals selten; der Pompeo gehört sogar zu den gemeinsten Vögeln der Urwälder, welche
der Prinz von Wied besuchte. Er lebt in ebenen und bergigen Gegenden gleich gern und hält sich
auch an der Seeküste auf, wo diese vom Urwald bedeckt ist. "Ueberall", sagt der Prinz, "sind diese
Vögel verbreitet, sowohl im Sertong und den inneren trockenen und erhitzten Waldungen, als in den
hohen, dunkeln, prachtvollen Küstenwäldern, welche in Hinsicht der Schönheit und durch ihren erhabenen
majestätischen Charakter bei weitem die Waldungen des inneren Brasilien übertreffen. Sie scheinen
aber in den Küstenländern viel zahlreicher vorzukommen, als in den Gebüschen des höheren Landes."
Allerorten vernimmt man den Ruf des Pompeo, einen eintönigen, ziemlich kurzen, oft wiederholten
Pfiff, welcher allmählich von der Höhe zur Tiefe hinabsinkt und Aehnlichkeit mit dem Rufe des
weiblichen Truthahns hat oder, laut Schomburgk, wie "Wu wu" klingt, und überall kann man den
Vogel selbst wahrnehmen; denn er ist durchaus nicht scheu, sondern läßt den Menschen bis in seine
unmittelbarste Nähe kommen. Azara sah, daß man eine Surukua mit dem Stock von dem Zweige
herabschlug, auf welchem sie saß, und auch der Prinz hält Ties hinsichtlich des Pompeo für möglich.
Auf einem freien, mäßig hohen Aste sitzen beide stundenlang unbeweglich oder, wie Schomburgk
sagt, unverdrossen, mit eingezogenem Halse und schlaff herabhängendem Schwanze, auf Kerbthiere
lauernd. Gewöhnlich bemerkt man die Vögel einzeln oder höchstens paarweise; doch sagt Bates,
daß er auch kleine Gesellschaften von einem halben Dutzend Stücken gesehen habe. "Sie verweilen,
auf den unteren Zweigen der Bäume sitzend, fast bewegungslos eine oder zwei Stunden lang, und
drehen höchstens den Kopf ein wenig, wenn sich ein fliegendes Kerbthier sehen läßt." Kommt ein
solches in ihre Nähe, so erheben sie sich mit leisem, sanften, eulenartigen und nicht reißenden Fluge,
fangen die Beute und kehren wieder zu demselben Sitze zurück. Häufig bemerkt man sie, laut
Schomburgk, auf Fikusbäumen, deren Früchte sie gern zu fressen scheinen, gewöhnlich in Gesell-
schaft von Schmuckvögeln. Auch Natterer hat in dem Magen des Pompeo Samen und Früchte
gefunden. Am thätigsten sind die Vögel in den Morgenstunden und namentlich unmittelbar nach
Sonnenaufgang. Um diese Zeit tönt der Wald wieder von ihrem klagenden Rufe.

Die Surukua nistet in Höhlungen, welche sie sich in die auf den Bäumen stehenden Termiten-
nester eingräbt. "Jch sah", sagt Azara, "das Männchen wie ein Specht angehängt und beschäftigt,
mit seinem Schnabel das Nest auszuhöhlen, währenddem das Weibchen ruhig auf einem benachbarten
Baume saß und das Männchen durch seine Blicke anzufeuern schien." Während der Paarzeit wird
auch diese Art laut; man vernimmt dann den häufig wiederholten Ruf, welcher den Silben "Pio pio"
ähnelt. Jm September ist das Nest vollendet, und das Weibchen legt nun seine zwei bis vier weißen
Eier. Ueber das Brutgeschäft des Pompeo hat Schomburgk eine Mittheilung gemacht; ich muß
aber gestehen, daß ich an die Richtigkeit seiner Beobachtung nicht glaube. Der Pompeo soll
nämlich zwischen Baumzweigen ein Nest bauen, welches ganz dem der Wildtauben ähnelt. Er
würde sich, wäre diese Angabe richtig, dadurch von den meisten seiner Verwandten sehr wesentlich
unterscheiden.

Die Erlegung der Surukua und des Pompeo verursacht nicht die geringsten Schwierigkeiten;
denn selbst wenn man den Vogel nicht sieht, kann man sich seiner bemächtigen, indem er sich durch den
leicht nachzuahmenden Ruf herbeilocken läßt und dann in unmittelbarer Nähe des Jägers seinen Sitz
nimmt. Die Brasilianer wenden dieses Kunststück an, wenn es ihnen, wie es in den menschenleeren
Waldungen oft vorkommt, an Lebensmitteln mangelt. Das Fleisch selbst soll schmackhaft sein.
Größere Schwierigkeit verursacht die getödtete Surukna dem Naturforscher. "Kein Vogel", versichert
Schomburgk, "machte mir beim Abziehen so viele Mühe, wie der Pompeo, da es selbst bei der

Die Späher. Leichtſchnäbler. Nageſchnäbel.
Bauch blaßgelb, die Flügeldeckfedern ſind fein weiß quer gebändert. Das Auge iſt braun, der
Schnabel blaßgrünlichweiß, der Fuß ſchwarzgrau. Die Länge beträgt 12¾, die Breite 18½, die
Fittiglänge 5¾, die Schwanzlänge 5⅓ Zoll.

Die Surukua bewohnt die Urwaldungen des ſüdlichen Brafilien und nördlichen Paraguay;
der Pompeo verbreitet ſich über Nordbraſilien und Guyana. Die eine wie die andere Art iſt, wo ſie
vorkommt, niemals ſelten; der Pompeo gehört ſogar zu den gemeinſten Vögeln der Urwälder, welche
der Prinz von Wied beſuchte. Er lebt in ebenen und bergigen Gegenden gleich gern und hält ſich
auch an der Seeküſte auf, wo dieſe vom Urwald bedeckt iſt. „Ueberall“, ſagt der Prinz, „ſind dieſe
Vögel verbreitet, ſowohl im Sertong und den inneren trockenen und erhitzten Waldungen, als in den
hohen, dunkeln, prachtvollen Küſtenwäldern, welche in Hinſicht der Schönheit und durch ihren erhabenen
majeſtätiſchen Charakter bei weitem die Waldungen des inneren Braſilien übertreffen. Sie ſcheinen
aber in den Küſtenländern viel zahlreicher vorzukommen, als in den Gebüſchen des höheren Landes.“
Allerorten vernimmt man den Ruf des Pompeo, einen eintönigen, ziemlich kurzen, oft wiederholten
Pfiff, welcher allmählich von der Höhe zur Tiefe hinabſinkt und Aehnlichkeit mit dem Rufe des
weiblichen Truthahns hat oder, laut Schomburgk, wie „Wu wu“ klingt, und überall kann man den
Vogel ſelbſt wahrnehmen; denn er iſt durchaus nicht ſcheu, ſondern läßt den Menſchen bis in ſeine
unmittelbarſte Nähe kommen. Azara ſah, daß man eine Surukua mit dem Stock von dem Zweige
herabſchlug, auf welchem ſie ſaß, und auch der Prinz hält Ties hinſichtlich des Pompeo für möglich.
Auf einem freien, mäßig hohen Aſte ſitzen beide ſtundenlang unbeweglich oder, wie Schomburgk
ſagt, unverdroſſen, mit eingezogenem Halſe und ſchlaff herabhängendem Schwanze, auf Kerbthiere
lauernd. Gewöhnlich bemerkt man die Vögel einzeln oder höchſtens paarweiſe; doch ſagt Bates,
daß er auch kleine Geſellſchaften von einem halben Dutzend Stücken geſehen habe. „Sie verweilen,
auf den unteren Zweigen der Bäume ſitzend, faſt bewegungslos eine oder zwei Stunden lang, und
drehen höchſtens den Kopf ein wenig, wenn ſich ein fliegendes Kerbthier ſehen läßt.“ Kommt ein
ſolches in ihre Nähe, ſo erheben ſie ſich mit leiſem, ſanften, eulenartigen und nicht reißenden Fluge,
fangen die Beute und kehren wieder zu demſelben Sitze zurück. Häufig bemerkt man ſie, laut
Schomburgk, auf Fikusbäumen, deren Früchte ſie gern zu freſſen ſcheinen, gewöhnlich in Geſell-
ſchaft von Schmuckvögeln. Auch Natterer hat in dem Magen des Pompeo Samen und Früchte
gefunden. Am thätigſten ſind die Vögel in den Morgenſtunden und namentlich unmittelbar nach
Sonnenaufgang. Um dieſe Zeit tönt der Wald wieder von ihrem klagenden Rufe.

Die Surukua niſtet in Höhlungen, welche ſie ſich in die auf den Bäumen ſtehenden Termiten-
neſter eingräbt. „Jch ſah“, ſagt Azara, „das Männchen wie ein Specht angehängt und beſchäftigt,
mit ſeinem Schnabel das Neſt auszuhöhlen, währenddem das Weibchen ruhig auf einem benachbarten
Baume ſaß und das Männchen durch ſeine Blicke anzufeuern ſchien.“ Während der Paarzeit wird
auch dieſe Art laut; man vernimmt dann den häufig wiederholten Ruf, welcher den Silben „Pio pio“
ähnelt. Jm September iſt das Neſt vollendet, und das Weibchen legt nun ſeine zwei bis vier weißen
Eier. Ueber das Brutgeſchäft des Pompeo hat Schomburgk eine Mittheilung gemacht; ich muß
aber geſtehen, daß ich an die Richtigkeit ſeiner Beobachtung nicht glaube. Der Pompeo ſoll
nämlich zwiſchen Baumzweigen ein Neſt bauen, welches ganz dem der Wildtauben ähnelt. Er
würde ſich, wäre dieſe Angabe richtig, dadurch von den meiſten ſeiner Verwandten ſehr weſentlich
unterſcheiden.

Die Erlegung der Surukua und des Pompeo verurſacht nicht die geringſten Schwierigkeiten;
denn ſelbſt wenn man den Vogel nicht ſieht, kann man ſich ſeiner bemächtigen, indem er ſich durch den
leicht nachzuahmenden Ruf herbeilocken läßt und dann in unmittelbarer Nähe des Jägers ſeinen Sitz
nimmt. Die Braſilianer wenden dieſes Kunſtſtück an, wenn es ihnen, wie es in den menſchenleeren
Waldungen oft vorkommt, an Lebensmitteln mangelt. Das Fleiſch ſelbſt ſoll ſchmackhaft ſein.
Größere Schwierigkeit verurſacht die getödtete Surukna dem Naturforſcher. „Kein Vogel“, verſichert
Schomburgk, „machte mir beim Abziehen ſo viele Mühe, wie der Pompeo, da es ſelbſt bei der

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[186/0206] Die Späher. Leichtſchnäbler. Nageſchnäbel. Bauch blaßgelb, die Flügeldeckfedern ſind fein weiß quer gebändert. Das Auge iſt braun, der Schnabel blaßgrünlichweiß, der Fuß ſchwarzgrau. Die Länge beträgt 12¾, die Breite 18½, die Fittiglänge 5¾, die Schwanzlänge 5⅓ Zoll. Die Surukua bewohnt die Urwaldungen des ſüdlichen Brafilien und nördlichen Paraguay; der Pompeo verbreitet ſich über Nordbraſilien und Guyana. Die eine wie die andere Art iſt, wo ſie vorkommt, niemals ſelten; der Pompeo gehört ſogar zu den gemeinſten Vögeln der Urwälder, welche der Prinz von Wied beſuchte. Er lebt in ebenen und bergigen Gegenden gleich gern und hält ſich auch an der Seeküſte auf, wo dieſe vom Urwald bedeckt iſt. „Ueberall“, ſagt der Prinz, „ſind dieſe Vögel verbreitet, ſowohl im Sertong und den inneren trockenen und erhitzten Waldungen, als in den hohen, dunkeln, prachtvollen Küſtenwäldern, welche in Hinſicht der Schönheit und durch ihren erhabenen majeſtätiſchen Charakter bei weitem die Waldungen des inneren Braſilien übertreffen. Sie ſcheinen aber in den Küſtenländern viel zahlreicher vorzukommen, als in den Gebüſchen des höheren Landes.“ Allerorten vernimmt man den Ruf des Pompeo, einen eintönigen, ziemlich kurzen, oft wiederholten Pfiff, welcher allmählich von der Höhe zur Tiefe hinabſinkt und Aehnlichkeit mit dem Rufe des weiblichen Truthahns hat oder, laut Schomburgk, wie „Wu wu“ klingt, und überall kann man den Vogel ſelbſt wahrnehmen; denn er iſt durchaus nicht ſcheu, ſondern läßt den Menſchen bis in ſeine unmittelbarſte Nähe kommen. Azara ſah, daß man eine Surukua mit dem Stock von dem Zweige herabſchlug, auf welchem ſie ſaß, und auch der Prinz hält Ties hinſichtlich des Pompeo für möglich. Auf einem freien, mäßig hohen Aſte ſitzen beide ſtundenlang unbeweglich oder, wie Schomburgk ſagt, unverdroſſen, mit eingezogenem Halſe und ſchlaff herabhängendem Schwanze, auf Kerbthiere lauernd. Gewöhnlich bemerkt man die Vögel einzeln oder höchſtens paarweiſe; doch ſagt Bates, daß er auch kleine Geſellſchaften von einem halben Dutzend Stücken geſehen habe. „Sie verweilen, auf den unteren Zweigen der Bäume ſitzend, faſt bewegungslos eine oder zwei Stunden lang, und drehen höchſtens den Kopf ein wenig, wenn ſich ein fliegendes Kerbthier ſehen läßt.“ Kommt ein ſolches in ihre Nähe, ſo erheben ſie ſich mit leiſem, ſanften, eulenartigen und nicht reißenden Fluge, fangen die Beute und kehren wieder zu demſelben Sitze zurück. Häufig bemerkt man ſie, laut Schomburgk, auf Fikusbäumen, deren Früchte ſie gern zu freſſen ſcheinen, gewöhnlich in Geſell- ſchaft von Schmuckvögeln. Auch Natterer hat in dem Magen des Pompeo Samen und Früchte gefunden. Am thätigſten ſind die Vögel in den Morgenſtunden und namentlich unmittelbar nach Sonnenaufgang. Um dieſe Zeit tönt der Wald wieder von ihrem klagenden Rufe. Die Surukua niſtet in Höhlungen, welche ſie ſich in die auf den Bäumen ſtehenden Termiten- neſter eingräbt. „Jch ſah“, ſagt Azara, „das Männchen wie ein Specht angehängt und beſchäftigt, mit ſeinem Schnabel das Neſt auszuhöhlen, währenddem das Weibchen ruhig auf einem benachbarten Baume ſaß und das Männchen durch ſeine Blicke anzufeuern ſchien.“ Während der Paarzeit wird auch dieſe Art laut; man vernimmt dann den häufig wiederholten Ruf, welcher den Silben „Pio pio“ ähnelt. Jm September iſt das Neſt vollendet, und das Weibchen legt nun ſeine zwei bis vier weißen Eier. Ueber das Brutgeſchäft des Pompeo hat Schomburgk eine Mittheilung gemacht; ich muß aber geſtehen, daß ich an die Richtigkeit ſeiner Beobachtung nicht glaube. Der Pompeo ſoll nämlich zwiſchen Baumzweigen ein Neſt bauen, welches ganz dem der Wildtauben ähnelt. Er würde ſich, wäre dieſe Angabe richtig, dadurch von den meiſten ſeiner Verwandten ſehr weſentlich unterſcheiden. Die Erlegung der Surukua und des Pompeo verurſacht nicht die geringſten Schwierigkeiten; denn ſelbſt wenn man den Vogel nicht ſieht, kann man ſich ſeiner bemächtigen, indem er ſich durch den leicht nachzuahmenden Ruf herbeilocken läßt und dann in unmittelbarer Nähe des Jägers ſeinen Sitz nimmt. Die Braſilianer wenden dieſes Kunſtſtück an, wenn es ihnen, wie es in den menſchenleeren Waldungen oft vorkommt, an Lebensmitteln mangelt. Das Fleiſch ſelbſt ſoll ſchmackhaft ſein. Größere Schwierigkeit verurſacht die getödtete Surukna dem Naturforſcher. „Kein Vogel“, verſichert Schomburgk, „machte mir beim Abziehen ſo viele Mühe, wie der Pompeo, da es ſelbſt bei der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/206>, abgerufen am 05.05.2024.