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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Leichtschnäbler. Eisvögel.
errichtet, dessen Boden theilweise ein tiefes Wasserbecken ist, und dessen Wandungen alle Bequemlich-
keiten bieten, wie Fischer sie verlangen. Jn dem Becken wimmelt es von kleinen Fischen, über dem-
selben sind bequeme Warten: kurz, das Ganze ist so behaglich eingerichtet, als nur möglich. Jn
diesem Käfig befinden sich die dort lebenden Eisvögel vortrefflich. Sie können es hier beinahe wie an
ihren Bächen treiben; ihre Fischerei führen sie wenigstens ganz in derselben Weise aus, wie in der
Freiheit. Jch darf wohl behaupten, daß mich dieser deutsche Vogel, den ich hier zum erstenmale in
der Gefangenschaft sah, ebenso angezogen hat, wie irgend ein anderes Thier der so außerordentlich
reichhaltigen Sammlung.



Jn Jndien, auf den malaiischen und philippinischen Jnseln, sowie in Neuguinea leben Eisvögel,
deren Füßen die innere Zehe fehlt. Man hat sie Stummeleisvögel (Ceyx) genannt, gewöhnlich
aber nicht zu dieser Familie, sondern zu der Gruppe der Lieste oder Baumeisvögel gerechnet, weil
ihr Schnabel am Grunde breiter ist. Die Gesammtbildung des Leibes, namentlich der kurze Schwanz
und die kurzen Flügel, und die damit zusammenhängende Lebensweise lassen sie jedoch als so nahe Ver-
wandte unserer Eisvögel erscheinen, daß sie von diesen nicht getrennt werden dürfen.

Eine der schönsten und bekanntesten Arten dieser Gruppe ist der Purpurfischer (Ceyx
tridactyla).
Das Gefieder ist auf der Oberseite orangenfarbig, prächtig pfirsichblüthroth schillernd; die
Färbung der Hals- und Brusiseiten zieht aus Rostroth in Hellkastanienbraun; die übrige Unterseite
ist safrangelb; die großen Flügeldecken sind reinschwarz, die Schultern und der Vorderrand des Fittigs
kastanienbraun, die Schwingen schwarzbraun, ihre Jnnenfahnen rostbraun gesäumt, die Steuer-
federn rostfarbig. Das Auge ist braun, der Schnabel korallenroth, der Fuß blaßroth. Die Länge
beträgt 5, die Breite 8, die Fittiglänge 21/4, die Schwanzlänge 3/4 Zoll.

Ueber die Lebensweise sind mir nur Jerdon's Angaben bekannt. "Dieser zierliche Vogel",
sagt er, "ist verbreitet über ganz Jndien und Ceylon, aber nirgends häufig. Sykes erbeutete ihn in
Dekan; aber es scheint, daß er eigentlich ein Küstenvogel ist. Noch häufiger als in Jndien ist er auf
den malaiischen Jnseln. Er frißt ausschließlich kleine Fische und Wasserthiere."



Die Stoßfischer (Ceryle) beweisen wiederum, daß die Lebensweise eines Geschöpfes stets im
engsten Zusammenhang steht mit seiner Gestaltung. Sie unterscheiden sich von den Königsfischern
hauptsächlich durch den Bau der Flügel und des Schwanzes. Erstere sind bedeutend länger und
spitzer als bei den Königsfischern, -- denn die zweite Schwinge ist fast ebenso lang, als die dritte, --
letztere ist ziemlich lang und verhältnißmäßig breit: die Flugwerkzeuge sind also weit mehr entwickelt
als bei jenen. Der Schnabel ist lang, gerade, spitzig und seitlich zusammengedrückt. Das Gefieder
ist noch dicht und glatt anliegend, aber nicht mehr prächtig gefärbt, ja fast glanzlos, und je nach dem
Geschlecht mehr oder weniger verschieden. Die Gruppe -- denn man hat auch die Stoßfischer in mehrere
Sippen zertheilt -- ist namentlich in Amerika zahlreich vertreten, fehlt aber auch in Afrika und Asien
nicht; ja, ein Mitglied derselben ist wiederholt in Europa vorgekommen und hat deshalb hier Bürger-
recht erlangt. Sie umfaßt die stärksten, gewandtesten und demzufolge auch die raubgierigsten Mit-
glieder der Familie: die "Fischtiger", wie wenigstens einige von ihnen Cabanis genannt hat.

Das Mitglied, welches uns zunächst angeht, ist der Graufischer (Ceryle rudis), derselbe,
welcher sich von Egypten und Syrien aus wiederholt nach Europa verflogen hat. Seine Färbung ist
eine sehr bescheidene. Das Gefieder der Oberseite ist schwarz und weiß gescheckt, das der untern bis

Die Späher. Leichtſchnäbler. Eisvögel.
errichtet, deſſen Boden theilweiſe ein tiefes Waſſerbecken iſt, und deſſen Wandungen alle Bequemlich-
keiten bieten, wie Fiſcher ſie verlangen. Jn dem Becken wimmelt es von kleinen Fiſchen, über dem-
ſelben ſind bequeme Warten: kurz, das Ganze iſt ſo behaglich eingerichtet, als nur möglich. Jn
dieſem Käfig befinden ſich die dort lebenden Eisvögel vortrefflich. Sie können es hier beinahe wie an
ihren Bächen treiben; ihre Fiſcherei führen ſie wenigſtens ganz in derſelben Weiſe aus, wie in der
Freiheit. Jch darf wohl behaupten, daß mich dieſer deutſche Vogel, den ich hier zum erſtenmale in
der Gefangenſchaft ſah, ebenſo angezogen hat, wie irgend ein anderes Thier der ſo außerordentlich
reichhaltigen Sammlung.



Jn Jndien, auf den malaiiſchen und philippiniſchen Jnſeln, ſowie in Neuguinea leben Eisvögel,
deren Füßen die innere Zehe fehlt. Man hat ſie Stummeleisvögel (Ceyx) genannt, gewöhnlich
aber nicht zu dieſer Familie, ſondern zu der Gruppe der Lieſte oder Baumeisvögel gerechnet, weil
ihr Schnabel am Grunde breiter iſt. Die Geſammtbildung des Leibes, namentlich der kurze Schwanz
und die kurzen Flügel, und die damit zuſammenhängende Lebensweiſe laſſen ſie jedoch als ſo nahe Ver-
wandte unſerer Eisvögel erſcheinen, daß ſie von dieſen nicht getrennt werden dürfen.

Eine der ſchönſten und bekannteſten Arten dieſer Gruppe iſt der Purpurfiſcher (Ceyx
tridactyla).
Das Gefieder iſt auf der Oberſeite orangenfarbig, prächtig pfirſichblüthroth ſchillernd; die
Färbung der Hals- und Bruſiſeiten zieht aus Roſtroth in Hellkaſtanienbraun; die übrige Unterſeite
iſt ſafrangelb; die großen Flügeldecken ſind reinſchwarz, die Schultern und der Vorderrand des Fittigs
kaſtanienbraun, die Schwingen ſchwarzbraun, ihre Jnnenfahnen roſtbraun geſäumt, die Steuer-
federn roſtfarbig. Das Auge iſt braun, der Schnabel korallenroth, der Fuß blaßroth. Die Länge
beträgt 5, die Breite 8, die Fittiglänge 2¼, die Schwanzlänge ¾ Zoll.

Ueber die Lebensweiſe ſind mir nur Jerdon’s Angaben bekannt. „Dieſer zierliche Vogel“,
ſagt er, „iſt verbreitet über ganz Jndien und Ceylon, aber nirgends häufig. Sykes erbeutete ihn in
Dekan; aber es ſcheint, daß er eigentlich ein Küſtenvogel iſt. Noch häufiger als in Jndien iſt er auf
den malaiiſchen Jnſeln. Er frißt ausſchließlich kleine Fiſche und Waſſerthiere.“



Die Stoßfiſcher (Ceryle) beweiſen wiederum, daß die Lebensweiſe eines Geſchöpfes ſtets im
engſten Zuſammenhang ſteht mit ſeiner Geſtaltung. Sie unterſcheiden ſich von den Königsfiſchern
hauptſächlich durch den Bau der Flügel und des Schwanzes. Erſtere ſind bedeutend länger und
ſpitzer als bei den Königsfiſchern, — denn die zweite Schwinge iſt faſt ebenſo lang, als die dritte, —
letztere iſt ziemlich lang und verhältnißmäßig breit: die Flugwerkzeuge ſind alſo weit mehr entwickelt
als bei jenen. Der Schnabel iſt lang, gerade, ſpitzig und ſeitlich zuſammengedrückt. Das Gefieder
iſt noch dicht und glatt anliegend, aber nicht mehr prächtig gefärbt, ja faſt glanzlos, und je nach dem
Geſchlecht mehr oder weniger verſchieden. Die Gruppe — denn man hat auch die Stoßfiſcher in mehrere
Sippen zertheilt — iſt namentlich in Amerika zahlreich vertreten, fehlt aber auch in Afrika und Aſien
nicht; ja, ein Mitglied derſelben iſt wiederholt in Europa vorgekommen und hat deshalb hier Bürger-
recht erlangt. Sie umfaßt die ſtärkſten, gewandteſten und demzufolge auch die raubgierigſten Mit-
glieder der Familie: die „Fiſchtiger“, wie wenigſtens einige von ihnen Cabanis genannt hat.

Das Mitglied, welches uns zunächſt angeht, iſt der Graufiſcher (Ceryle rudis), derſelbe,
welcher ſich von Egypten und Syrien aus wiederholt nach Europa verflogen hat. Seine Färbung iſt
eine ſehr beſcheidene. Das Gefieder der Oberſeite iſt ſchwarz und weiß geſcheckt, das der untern bis

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[166/0182] Die Späher. Leichtſchnäbler. Eisvögel. errichtet, deſſen Boden theilweiſe ein tiefes Waſſerbecken iſt, und deſſen Wandungen alle Bequemlich- keiten bieten, wie Fiſcher ſie verlangen. Jn dem Becken wimmelt es von kleinen Fiſchen, über dem- ſelben ſind bequeme Warten: kurz, das Ganze iſt ſo behaglich eingerichtet, als nur möglich. Jn dieſem Käfig befinden ſich die dort lebenden Eisvögel vortrefflich. Sie können es hier beinahe wie an ihren Bächen treiben; ihre Fiſcherei führen ſie wenigſtens ganz in derſelben Weiſe aus, wie in der Freiheit. Jch darf wohl behaupten, daß mich dieſer deutſche Vogel, den ich hier zum erſtenmale in der Gefangenſchaft ſah, ebenſo angezogen hat, wie irgend ein anderes Thier der ſo außerordentlich reichhaltigen Sammlung. Jn Jndien, auf den malaiiſchen und philippiniſchen Jnſeln, ſowie in Neuguinea leben Eisvögel, deren Füßen die innere Zehe fehlt. Man hat ſie Stummeleisvögel (Ceyx) genannt, gewöhnlich aber nicht zu dieſer Familie, ſondern zu der Gruppe der Lieſte oder Baumeisvögel gerechnet, weil ihr Schnabel am Grunde breiter iſt. Die Geſammtbildung des Leibes, namentlich der kurze Schwanz und die kurzen Flügel, und die damit zuſammenhängende Lebensweiſe laſſen ſie jedoch als ſo nahe Ver- wandte unſerer Eisvögel erſcheinen, daß ſie von dieſen nicht getrennt werden dürfen. Eine der ſchönſten und bekannteſten Arten dieſer Gruppe iſt der Purpurfiſcher (Ceyx tridactyla). Das Gefieder iſt auf der Oberſeite orangenfarbig, prächtig pfirſichblüthroth ſchillernd; die Färbung der Hals- und Bruſiſeiten zieht aus Roſtroth in Hellkaſtanienbraun; die übrige Unterſeite iſt ſafrangelb; die großen Flügeldecken ſind reinſchwarz, die Schultern und der Vorderrand des Fittigs kaſtanienbraun, die Schwingen ſchwarzbraun, ihre Jnnenfahnen roſtbraun geſäumt, die Steuer- federn roſtfarbig. Das Auge iſt braun, der Schnabel korallenroth, der Fuß blaßroth. Die Länge beträgt 5, die Breite 8, die Fittiglänge 2¼, die Schwanzlänge ¾ Zoll. Ueber die Lebensweiſe ſind mir nur Jerdon’s Angaben bekannt. „Dieſer zierliche Vogel“, ſagt er, „iſt verbreitet über ganz Jndien und Ceylon, aber nirgends häufig. Sykes erbeutete ihn in Dekan; aber es ſcheint, daß er eigentlich ein Küſtenvogel iſt. Noch häufiger als in Jndien iſt er auf den malaiiſchen Jnſeln. Er frißt ausſchließlich kleine Fiſche und Waſſerthiere.“ Die Stoßfiſcher (Ceryle) beweiſen wiederum, daß die Lebensweiſe eines Geſchöpfes ſtets im engſten Zuſammenhang ſteht mit ſeiner Geſtaltung. Sie unterſcheiden ſich von den Königsfiſchern hauptſächlich durch den Bau der Flügel und des Schwanzes. Erſtere ſind bedeutend länger und ſpitzer als bei den Königsfiſchern, — denn die zweite Schwinge iſt faſt ebenſo lang, als die dritte, — letztere iſt ziemlich lang und verhältnißmäßig breit: die Flugwerkzeuge ſind alſo weit mehr entwickelt als bei jenen. Der Schnabel iſt lang, gerade, ſpitzig und ſeitlich zuſammengedrückt. Das Gefieder iſt noch dicht und glatt anliegend, aber nicht mehr prächtig gefärbt, ja faſt glanzlos, und je nach dem Geſchlecht mehr oder weniger verſchieden. Die Gruppe — denn man hat auch die Stoßfiſcher in mehrere Sippen zertheilt — iſt namentlich in Amerika zahlreich vertreten, fehlt aber auch in Afrika und Aſien nicht; ja, ein Mitglied derſelben iſt wiederholt in Europa vorgekommen und hat deshalb hier Bürger- recht erlangt. Sie umfaßt die ſtärkſten, gewandteſten und demzufolge auch die raubgierigſten Mit- glieder der Familie: die „Fiſchtiger“, wie wenigſtens einige von ihnen Cabanis genannt hat. Das Mitglied, welches uns zunächſt angeht, iſt der Graufiſcher (Ceryle rudis), derſelbe, welcher ſich von Egypten und Syrien aus wiederholt nach Europa verflogen hat. Seine Färbung iſt eine ſehr beſcheidene. Das Gefieder der Oberſeite iſt ſchwarz und weiß geſcheckt, das der untern bis

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/182>, abgerufen am 06.05.2024.