noch im todten Zustande den Blitz abwehre, verborgene Schätze vermehre, Jedem, der ihn bei sich trage, Anmuth und Schönheit verleihe, Frieden in das Haus und Windstille auf das Meer bringe, die Fische an sich locke und deshalb den Fischfang verbessere, so laufen selbst heutzutage noch bei einigen asiatischen Völkerschaften, bei den Tartaren und Ostjäken, wundersame Geschichten von Mund zu Munde. Die genannten Stämme schreiben noch immer den Federn unseres Vogels einen Liebes- zauber und seinem Schnabel heilsame Kräfte zu. All' diese Mären gelten in unseren Augen Nichts mehr; aber der Vogel, den sie verherrlichten, und sein Leben sind darum nicht minder der allgemeinen Beachtung werth.
Unser Eisvogel oder Königsfischer, der Ufer-, Wasser- oder Seespecht, Eisen- gart und Martinsvogel(Alcedo ispida) kennzeichnet sich durch folgende Merkmale: Der Schnabel ist lang, dünn, gerade, von der starken Wurzel an nach und nach zugespitzt, an der Spitze keilförmig oder etwas zusammengedrückt, an den scharfen Schneiden ein wenig eingezogen. Die Füße sind sehr klein und kurz; die mittlere der drei Vorderzehen ist mit der fast ebenso langen äußeren bis zum zweiten, mit der kürzeren inneren bis zum ersten Gelenk verwachsen, die Hinterzehe ist sehr klein. Jn dem kurzen und ziemlich stumpfen Flügel ist die dritte Schwinge die längste. Der Schwanz besteht aus zwölf kleinen, kurzen Federn. Das Gefieder ist reich, aber glatt anliegend, zerschlissen, jedoch derb, prachtvoll gefärbt, oben metallisch, unten seidig glänzend. Die Federn des Hinterkopfes sind zu einer kleinen Holle verlängert. Da der Königsfischer mit keinem andern europäischen Vogel ver- wechselt werden kann, genügt es, wenn wir sagen, daß die Oberseite grünblau, die Unterseite gelb- braun, das Auge dunkelbraun, der Schnabel hochroth und der Fuß lebhaft mennigroth ist. Die Länge beträgt 61/2, die Breite 101/2, die Fittiglänge 2 2/3 , die Schwanzlänge 11/2 Zoll.
Ganz Europa von Jütland, Dänemark, Liv- und Esthland an nach Süden hin, sowie der westliche Theil Mittelasiens sind die Heimat des Eisvogels. Jn Nordwestafrika wird er wahr- scheinlich auch als Brutvogel vorkommen; Nordostafrika besucht er regelmäßig während des Winters, ohne jedoch daselbst zu brüten. Jn Spanien, in Griechenland und auf seinen Jnseln ist er noch häufig, am Jordan nach Tristram's Beobachtungen gemein, auf Malta schon ziemlich selten. Jn Ostasien wird er durch eine nah verwandte Art vertreten, welche von einzelnen Naturforschern als Spielart angesehen wird. Jn den Alpen steigt er, laut Tschudi, bis zu 5500 Fuß über dem Meere empor.
Bei uns zu Lande sieht man den prachtvollen Vogel überall, aber immer nur einzeln. Er fällt wegen seines schönen Gefieders ebenso auf als wegen seiner sonderbaren Lebensweise und ist deshalb wohl bekannt, obgleich er seinerseits bemüht ist, sich den Blicken des Menschen möglichst zu entziehen. Am liebsten bewohnt er kleine Flüsse und Bäche mit klarem Wasser; an trüben Gewässern fehlt er stets. Flüsse oder Bäche, welche durch Wälder fließen oder wenigstens an beiden Ufern mit Weidicht bestanden sind, bieten ihm Aufenthaltsorte, wie er sie vor allen andern leiden mag; und wenn sie so viel Fall haben, daß sie im Winter wenigstens nicht überall zufrieren, verweilt er an ihnen auch in dieser schweren Zeit. Sind die Verhältnisse nicht so günstig, so muß er sich wohl oder übel zum Wandern bequemen, und gelegentlich dieser Wanderungen eben fliegt er bis nach Nordafrika hinüber.
Gewöhnlich sieht man ihn nur, während er pfeilschnell über den Wasserspiegel dahinfliegt; denn Der, welcher ihn im Sitzen auffinden will, muß schon ein Kundiger sein. Namentlich in der Nähe bewohnter Ortschaften oder überhaupt in der Nähe regen Verkehres wählt er sich zu seinen Ruhesitzen stets möglichst versteckte Plätzchen und Winkel aus, beweist darin ein großes Geschick, scheint sich auch sehr zu bemühen, bis er den rechten Ort gefunden hat. Daß der schließlich gewählte Platz der rechte ist, erkennt man bald, weil alle Eisvögel, welche einen Fluß besuchen, immer auch dieselben Sitzplätze sich erküren. "Solcher allgemeinen Lieblingsplätzchen", sagt Naumann, "gibt es in einer Gegend immer mehrere, aber oft in ziemlicher Entfernung von einander. Sie liegen alle-
Brehm, Thierlehen IV. 11
Eisvogel.
noch im todten Zuſtande den Blitz abwehre, verborgene Schätze vermehre, Jedem, der ihn bei ſich trage, Anmuth und Schönheit verleihe, Frieden in das Haus und Windſtille auf das Meer bringe, die Fiſche an ſich locke und deshalb den Fiſchfang verbeſſere, ſo laufen ſelbſt heutzutage noch bei einigen aſiatiſchen Völkerſchaften, bei den Tartaren und Oſtjäken, wunderſame Geſchichten von Mund zu Munde. Die genannten Stämme ſchreiben noch immer den Federn unſeres Vogels einen Liebes- zauber und ſeinem Schnabel heilſame Kräfte zu. All’ dieſe Mären gelten in unſeren Augen Nichts mehr; aber der Vogel, den ſie verherrlichten, und ſein Leben ſind darum nicht minder der allgemeinen Beachtung werth.
Unſer Eisvogel oder Königsfiſcher, der Ufer-, Waſſer- oder Seeſpecht, Eiſen- gart und Martinsvogel(Alcedo ispida) kennzeichnet ſich durch folgende Merkmale: Der Schnabel iſt lang, dünn, gerade, von der ſtarken Wurzel an nach und nach zugeſpitzt, an der Spitze keilförmig oder etwas zuſammengedrückt, an den ſcharfen Schneiden ein wenig eingezogen. Die Füße ſind ſehr klein und kurz; die mittlere der drei Vorderzehen iſt mit der faſt ebenſo langen äußeren bis zum zweiten, mit der kürzeren inneren bis zum erſten Gelenk verwachſen, die Hinterzehe iſt ſehr klein. Jn dem kurzen und ziemlich ſtumpfen Flügel iſt die dritte Schwinge die längſte. Der Schwanz beſteht aus zwölf kleinen, kurzen Federn. Das Gefieder iſt reich, aber glatt anliegend, zerſchliſſen, jedoch derb, prachtvoll gefärbt, oben metalliſch, unten ſeidig glänzend. Die Federn des Hinterkopfes ſind zu einer kleinen Holle verlängert. Da der Königsfiſcher mit keinem andern europäiſchen Vogel ver- wechſelt werden kann, genügt es, wenn wir ſagen, daß die Oberſeite grünblau, die Unterſeite gelb- braun, das Auge dunkelbraun, der Schnabel hochroth und der Fuß lebhaft mennigroth iſt. Die Länge beträgt 6½, die Breite 10½, die Fittiglänge 2⅔, die Schwanzlänge 1½ Zoll.
Ganz Europa von Jütland, Dänemark, Liv- und Eſthland an nach Süden hin, ſowie der weſtliche Theil Mittelaſiens ſind die Heimat des Eisvogels. Jn Nordweſtafrika wird er wahr- ſcheinlich auch als Brutvogel vorkommen; Nordoſtafrika beſucht er regelmäßig während des Winters, ohne jedoch daſelbſt zu brüten. Jn Spanien, in Griechenland und auf ſeinen Jnſeln iſt er noch häufig, am Jordan nach Triſtram’s Beobachtungen gemein, auf Malta ſchon ziemlich ſelten. Jn Oſtaſien wird er durch eine nah verwandte Art vertreten, welche von einzelnen Naturforſchern als Spielart angeſehen wird. Jn den Alpen ſteigt er, laut Tſchudi, bis zu 5500 Fuß über dem Meere empor.
Bei uns zu Lande ſieht man den prachtvollen Vogel überall, aber immer nur einzeln. Er fällt wegen ſeines ſchönen Gefieders ebenſo auf als wegen ſeiner ſonderbaren Lebensweiſe und iſt deshalb wohl bekannt, obgleich er ſeinerſeits bemüht iſt, ſich den Blicken des Menſchen möglichſt zu entziehen. Am liebſten bewohnt er kleine Flüſſe und Bäche mit klarem Waſſer; an trüben Gewäſſern fehlt er ſtets. Flüſſe oder Bäche, welche durch Wälder fließen oder wenigſtens an beiden Ufern mit Weidicht beſtanden ſind, bieten ihm Aufenthaltsorte, wie er ſie vor allen andern leiden mag; und wenn ſie ſo viel Fall haben, daß ſie im Winter wenigſtens nicht überall zufrieren, verweilt er an ihnen auch in dieſer ſchweren Zeit. Sind die Verhältniſſe nicht ſo günſtig, ſo muß er ſich wohl oder übel zum Wandern bequemen, und gelegentlich dieſer Wanderungen eben fliegt er bis nach Nordafrika hinüber.
Gewöhnlich ſieht man ihn nur, während er pfeilſchnell über den Waſſerſpiegel dahinfliegt; denn Der, welcher ihn im Sitzen auffinden will, muß ſchon ein Kundiger ſein. Namentlich in der Nähe bewohnter Ortſchaften oder überhaupt in der Nähe regen Verkehres wählt er ſich zu ſeinen Ruheſitzen ſtets möglichſt verſteckte Plätzchen und Winkel aus, beweiſt darin ein großes Geſchick, ſcheint ſich auch ſehr zu bemühen, bis er den rechten Ort gefunden hat. Daß der ſchließlich gewählte Platz der rechte iſt, erkennt man bald, weil alle Eisvögel, welche einen Fluß beſuchen, immer auch dieſelben Sitzplätze ſich erküren. „Solcher allgemeinen Lieblingsplätzchen“, ſagt Naumann, „gibt es in einer Gegend immer mehrere, aber oft in ziemlicher Entfernung von einander. Sie liegen alle-
Brehm, Thierlehen IV. 11
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0177"n="161"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Eisvogel.</hi></fw><lb/>
noch im todten Zuſtande den Blitz abwehre, verborgene Schätze vermehre, Jedem, der ihn bei ſich<lb/>
trage, Anmuth und Schönheit verleihe, Frieden in das Haus und Windſtille auf das Meer bringe,<lb/>
die Fiſche an ſich locke und deshalb den Fiſchfang verbeſſere, ſo laufen ſelbſt heutzutage noch bei<lb/>
einigen aſiatiſchen Völkerſchaften, bei den Tartaren und Oſtjäken, wunderſame Geſchichten von Mund<lb/>
zu Munde. Die genannten Stämme ſchreiben noch immer den Federn unſeres Vogels einen Liebes-<lb/>
zauber und ſeinem Schnabel heilſame Kräfte zu. All’ dieſe Mären gelten in unſeren Augen Nichts<lb/>
mehr; aber der Vogel, den ſie verherrlichten, und ſein Leben ſind darum nicht minder der allgemeinen<lb/>
Beachtung werth.</p><lb/><p>Unſer <hirendition="#g">Eisvogel</hi> oder <hirendition="#g">Königsfiſcher,</hi> der <hirendition="#g">Ufer-, Waſſer-</hi> oder <hirendition="#g">Seeſpecht, Eiſen-<lb/>
gart</hi> und <hirendition="#g">Martinsvogel</hi><hirendition="#aq">(Alcedo ispida)</hi> kennzeichnet ſich durch folgende Merkmale: Der<lb/>
Schnabel iſt lang, dünn, gerade, von der ſtarken Wurzel an nach und nach zugeſpitzt, an der Spitze<lb/>
keilförmig oder etwas zuſammengedrückt, an den ſcharfen Schneiden ein wenig eingezogen. Die Füße<lb/>ſind ſehr klein und kurz; die mittlere der drei Vorderzehen iſt mit der faſt ebenſo langen äußeren bis<lb/>
zum zweiten, mit der kürzeren inneren bis zum erſten Gelenk verwachſen, die Hinterzehe iſt ſehr klein.<lb/>
Jn dem kurzen und ziemlich ſtumpfen Flügel iſt die dritte Schwinge die längſte. Der Schwanz beſteht<lb/>
aus zwölf kleinen, kurzen Federn. Das Gefieder iſt reich, aber glatt anliegend, zerſchliſſen, jedoch<lb/>
derb, prachtvoll gefärbt, oben metalliſch, unten ſeidig glänzend. Die Federn des Hinterkopfes ſind zu<lb/>
einer kleinen Holle verlängert. Da der Königsfiſcher mit keinem andern europäiſchen Vogel ver-<lb/>
wechſelt werden kann, genügt es, wenn wir ſagen, daß die Oberſeite grünblau, die Unterſeite gelb-<lb/>
braun, das Auge dunkelbraun, der Schnabel hochroth und der Fuß lebhaft mennigroth iſt. Die Länge<lb/>
beträgt 6½, die Breite 10½, die Fittiglänge 2⅔, die Schwanzlänge 1½ Zoll.</p><lb/><p>Ganz Europa von Jütland, Dänemark, Liv- und Eſthland an nach Süden hin, ſowie der<lb/>
weſtliche Theil Mittelaſiens ſind die Heimat des Eisvogels. Jn Nordweſtafrika wird er wahr-<lb/>ſcheinlich auch als Brutvogel vorkommen; Nordoſtafrika beſucht er regelmäßig während des Winters,<lb/>
ohne jedoch daſelbſt zu brüten. Jn Spanien, in Griechenland und auf ſeinen Jnſeln iſt er noch<lb/>
häufig, am Jordan nach <hirendition="#g">Triſtram’s</hi> Beobachtungen gemein, auf Malta ſchon ziemlich ſelten. Jn<lb/>
Oſtaſien wird er durch eine nah verwandte Art vertreten, welche von einzelnen Naturforſchern als<lb/>
Spielart angeſehen wird. Jn den Alpen ſteigt er, laut <hirendition="#g">Tſchudi,</hi> bis zu 5500 Fuß über dem<lb/>
Meere empor.</p><lb/><p>Bei uns zu Lande ſieht man den prachtvollen Vogel überall, aber immer nur einzeln. Er<lb/>
fällt wegen ſeines ſchönen Gefieders ebenſo auf als wegen ſeiner ſonderbaren Lebensweiſe und iſt<lb/>
deshalb wohl bekannt, obgleich er ſeinerſeits bemüht iſt, ſich den Blicken des Menſchen möglichſt zu<lb/>
entziehen. Am liebſten bewohnt er kleine Flüſſe und Bäche mit klarem Waſſer; an trüben<lb/>
Gewäſſern fehlt er ſtets. Flüſſe oder Bäche, welche durch Wälder fließen oder wenigſtens an beiden<lb/>
Ufern mit Weidicht beſtanden ſind, bieten ihm Aufenthaltsorte, wie er ſie vor allen andern leiden<lb/>
mag; und wenn ſie ſo viel Fall haben, daß ſie im Winter wenigſtens nicht überall zufrieren, verweilt<lb/>
er an ihnen auch in dieſer ſchweren Zeit. Sind die Verhältniſſe nicht ſo günſtig, ſo muß er ſich<lb/>
wohl oder übel zum Wandern bequemen, und gelegentlich dieſer Wanderungen eben fliegt er bis<lb/>
nach Nordafrika hinüber.</p><lb/><p>Gewöhnlich ſieht man ihn nur, während er pfeilſchnell über den Waſſerſpiegel dahinfliegt; denn<lb/>
Der, welcher ihn im Sitzen auffinden will, muß ſchon ein Kundiger ſein. Namentlich in der Nähe<lb/>
bewohnter Ortſchaften oder überhaupt in der Nähe regen Verkehres wählt er ſich zu ſeinen Ruheſitzen<lb/>ſtets möglichſt verſteckte Plätzchen und Winkel aus, beweiſt darin ein großes Geſchick, ſcheint<lb/>ſich auch ſehr zu bemühen, bis er den rechten Ort gefunden hat. Daß der ſchließlich gewählte Platz<lb/>
der rechte iſt, erkennt man bald, weil alle Eisvögel, welche einen Fluß beſuchen, immer auch<lb/>
dieſelben Sitzplätze ſich erküren. „Solcher allgemeinen Lieblingsplätzchen“, ſagt <hirendition="#g">Naumann,</hi>„gibt<lb/>
es in einer Gegend immer mehrere, aber oft in ziemlicher Entfernung von einander. Sie liegen alle-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Brehm,</hi> Thierlehen <hirendition="#aq">IV.</hi> 11</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[161/0177]
Eisvogel.
noch im todten Zuſtande den Blitz abwehre, verborgene Schätze vermehre, Jedem, der ihn bei ſich
trage, Anmuth und Schönheit verleihe, Frieden in das Haus und Windſtille auf das Meer bringe,
die Fiſche an ſich locke und deshalb den Fiſchfang verbeſſere, ſo laufen ſelbſt heutzutage noch bei
einigen aſiatiſchen Völkerſchaften, bei den Tartaren und Oſtjäken, wunderſame Geſchichten von Mund
zu Munde. Die genannten Stämme ſchreiben noch immer den Federn unſeres Vogels einen Liebes-
zauber und ſeinem Schnabel heilſame Kräfte zu. All’ dieſe Mären gelten in unſeren Augen Nichts
mehr; aber der Vogel, den ſie verherrlichten, und ſein Leben ſind darum nicht minder der allgemeinen
Beachtung werth.
Unſer Eisvogel oder Königsfiſcher, der Ufer-, Waſſer- oder Seeſpecht, Eiſen-
gart und Martinsvogel (Alcedo ispida) kennzeichnet ſich durch folgende Merkmale: Der
Schnabel iſt lang, dünn, gerade, von der ſtarken Wurzel an nach und nach zugeſpitzt, an der Spitze
keilförmig oder etwas zuſammengedrückt, an den ſcharfen Schneiden ein wenig eingezogen. Die Füße
ſind ſehr klein und kurz; die mittlere der drei Vorderzehen iſt mit der faſt ebenſo langen äußeren bis
zum zweiten, mit der kürzeren inneren bis zum erſten Gelenk verwachſen, die Hinterzehe iſt ſehr klein.
Jn dem kurzen und ziemlich ſtumpfen Flügel iſt die dritte Schwinge die längſte. Der Schwanz beſteht
aus zwölf kleinen, kurzen Federn. Das Gefieder iſt reich, aber glatt anliegend, zerſchliſſen, jedoch
derb, prachtvoll gefärbt, oben metalliſch, unten ſeidig glänzend. Die Federn des Hinterkopfes ſind zu
einer kleinen Holle verlängert. Da der Königsfiſcher mit keinem andern europäiſchen Vogel ver-
wechſelt werden kann, genügt es, wenn wir ſagen, daß die Oberſeite grünblau, die Unterſeite gelb-
braun, das Auge dunkelbraun, der Schnabel hochroth und der Fuß lebhaft mennigroth iſt. Die Länge
beträgt 6½, die Breite 10½, die Fittiglänge 2⅔, die Schwanzlänge 1½ Zoll.
Ganz Europa von Jütland, Dänemark, Liv- und Eſthland an nach Süden hin, ſowie der
weſtliche Theil Mittelaſiens ſind die Heimat des Eisvogels. Jn Nordweſtafrika wird er wahr-
ſcheinlich auch als Brutvogel vorkommen; Nordoſtafrika beſucht er regelmäßig während des Winters,
ohne jedoch daſelbſt zu brüten. Jn Spanien, in Griechenland und auf ſeinen Jnſeln iſt er noch
häufig, am Jordan nach Triſtram’s Beobachtungen gemein, auf Malta ſchon ziemlich ſelten. Jn
Oſtaſien wird er durch eine nah verwandte Art vertreten, welche von einzelnen Naturforſchern als
Spielart angeſehen wird. Jn den Alpen ſteigt er, laut Tſchudi, bis zu 5500 Fuß über dem
Meere empor.
Bei uns zu Lande ſieht man den prachtvollen Vogel überall, aber immer nur einzeln. Er
fällt wegen ſeines ſchönen Gefieders ebenſo auf als wegen ſeiner ſonderbaren Lebensweiſe und iſt
deshalb wohl bekannt, obgleich er ſeinerſeits bemüht iſt, ſich den Blicken des Menſchen möglichſt zu
entziehen. Am liebſten bewohnt er kleine Flüſſe und Bäche mit klarem Waſſer; an trüben
Gewäſſern fehlt er ſtets. Flüſſe oder Bäche, welche durch Wälder fließen oder wenigſtens an beiden
Ufern mit Weidicht beſtanden ſind, bieten ihm Aufenthaltsorte, wie er ſie vor allen andern leiden
mag; und wenn ſie ſo viel Fall haben, daß ſie im Winter wenigſtens nicht überall zufrieren, verweilt
er an ihnen auch in dieſer ſchweren Zeit. Sind die Verhältniſſe nicht ſo günſtig, ſo muß er ſich
wohl oder übel zum Wandern bequemen, und gelegentlich dieſer Wanderungen eben fliegt er bis
nach Nordafrika hinüber.
Gewöhnlich ſieht man ihn nur, während er pfeilſchnell über den Waſſerſpiegel dahinfliegt; denn
Der, welcher ihn im Sitzen auffinden will, muß ſchon ein Kundiger ſein. Namentlich in der Nähe
bewohnter Ortſchaften oder überhaupt in der Nähe regen Verkehres wählt er ſich zu ſeinen Ruheſitzen
ſtets möglichſt verſteckte Plätzchen und Winkel aus, beweiſt darin ein großes Geſchick, ſcheint
ſich auch ſehr zu bemühen, bis er den rechten Ort gefunden hat. Daß der ſchließlich gewählte Platz
der rechte iſt, erkennt man bald, weil alle Eisvögel, welche einen Fluß beſuchen, immer auch
dieſelben Sitzplätze ſich erküren. „Solcher allgemeinen Lieblingsplätzchen“, ſagt Naumann, „gibt
es in einer Gegend immer mehrere, aber oft in ziemlicher Entfernung von einander. Sie liegen alle-
Brehm, Thierlehen IV. 11
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/177>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.