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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Leichtschnäbler. Bienenfresser. Raken.

Jn Jndien ist die Familie zahlreich und durch einzelne Arten vertreten, welche so sehr von dem
allgemeinen Gepräge abweichen, daß Cabanis aus ihnen eine eigene Unterfamilie gebildet hat. Die
Nachtspinte (Nyctiornis) kennzeichnen sich durch mittellangen, starken, gebogenen Schnabel, mittel-
lange Flügel, in denen die vierte Schwinge die längste ist, einen langen, fast gerade abgeschnittenen
Schwanz und ein ziemlich reiches, weiches Gefieder, welches sich in der Hals- und Brustgegend zu
eigenthümlichen steifen Federgebilden verlängert.

Der Nachtspint oder Sangrok der Jndier (Nyctiornis Athertonii) ist auf der Oberseite
papageigrün, auf der Unterseite unrein isabellgelb, olivengrün in die Länge gestreift; der Oberkopf,
die Kinn- und Kehlfedern, sowie die Säume der langen, breiten, dunkelblaugrünen Gurgelfedern sind
hellspangrün. Das Auge ist tiefgelb, der Schnabel bleigrau, schwarz an der Spitze, der Fuß
dunkelgrün. Die Länge beträgt 14, die Breite 18, die Fittiglänge 51/2, die Schwanzlänge 6 Zoll.

Atherton sandte diesen Bienenfresser zuerst an den Naturforscher Jardine und berichtete, daß
derselbe sich einzeln in den Bambuswäldern des Jnnern von Jndien finde und des Nachts sein
Wesen treibe. Auf diese Angabe hin wurde der auffallende und, wie durch spätere Beobachtungen
erwiesen, falsche Name gegeben. Jetzt wissen wir durch Hodgson's und Jerdon's Forschungen,
daß der Nachtspint die großen, luftigen Wälder Jndiens, von der Tiefe an bis zu drei und viertausend
Fuß unbedingter Höhe aufwärts, bewohnt, daß er gewöhnlich einzeln lebt, von einem Zweige aus jagt
und zu demselben nach glücklichem Fange zurückkehrt, daß er Bienen und Wespen, aber auch Käfer,
Cicaden und dergleichen frißt und sich durch ein träges, langweiliges Wesen auszeichnet. Nach
Hodgson's Versicherung soll er gelegentlich der Jagdzüge, welche die Najahs veranstalten, oft lebend
gefangen werden: der von der Jägermenge verursachte Lärm verdutzt ihn so, daß er sich greifen läßt.
Dagegen versichert Boys, daß er sich schwer beschleichen ließe. Sein Schrei soll ein lauter, gellender
Ton sein. Ueber die Fortpflanzung ist etwas Sicheres nicht bekannt. Die Eingebornen behaupten,
daß er in hohlen Bäumen brüte.



Als die nächsten Verwandten der Bienenfresser betrachtet man die Naken (Coracii), ziemlich
große, meist in bunten Farben prangende Vögel, welche ebenfalls nur auf der Osthälfte der Erde zu
Hause sind. Der Schnabel ist mittel- oder ziemlich lang, kräftig, gerade, an der Wurzel etwas ver-
breitert, gegen die Spitze zusammengedrückt, scharfschneidig und an der Spitze übergebogen. Der Fuß
ist kurz, schwachläufig und kurzzehig. Die Schwingen sind mittellang oder lang und ziemlich
breit. Der Schwanz ist in der Regel ebenfalls mittellang, aber bald gerade abgeschnitten, bald
schwach gerundet, bald seicht gegabelt; zuweilen sind auch seine beiden äußersten Federn weit über die
übrigen verlängert. Das Gefieder ist zerschlissen, aber harsch und rauh; die Schäfte der Federn sind
steif, die Bärte glatt, jedoch locker geschlossen. Grün, Blau, Zimmtbraun oder Weinroth sind die
vorherrschenden Farben des Gefieders. Die Geschlechter unterscheiden sich wenig, die Jungen
unwesentlich von den Alten.

Als die eigentliche Heimat der Raken sind die Gleicherländer der alten Welt anzusehen. Eine
Art der Familie kommt allerdings im Norden und so in Europa vor; die Mehrzahl aber bewohnt
den eben angegebenen Gürtel. Afrika und Asien zählen so ziemlich die gleiche Anzahl von Arten;
Neuholland ist arm an Mitgliedern der Gruppe. Trockene und ebene Gegenden bilden den bevor-
zugten Aufenthalt; in Gebirgen finden sich die Raken ebenso selten, wie in besonders fruchtbaren
Gegenden. Nur bedingungsweise kann man sie als Waldvögel betrachten. Jn den dünn bestandenen
Steppenwäldern Afrikas fehlen sie allerdings nicht; dagegen meiden sie im Norden wie im Süden
zusammenhängende Bestände. Bedingung für ihren Aufenthalt sind große, einzeln stehende Bäume
oder Felswände, Felskegel und unbewohnte Gebäude, von denen aus sie eine weite Umschau haben

Die Späher. Leichtſchnäbler. Bienenfreſſer. Raken.

Jn Jndien iſt die Familie zahlreich und durch einzelne Arten vertreten, welche ſo ſehr von dem
allgemeinen Gepräge abweichen, daß Cabanis aus ihnen eine eigene Unterfamilie gebildet hat. Die
Nachtſpinte (Nyctiornis) kennzeichnen ſich durch mittellangen, ſtarken, gebogenen Schnabel, mittel-
lange Flügel, in denen die vierte Schwinge die längſte iſt, einen langen, faſt gerade abgeſchnittenen
Schwanz und ein ziemlich reiches, weiches Gefieder, welches ſich in der Hals- und Bruſtgegend zu
eigenthümlichen ſteifen Federgebilden verlängert.

Der Nachtſpint oder Sangrok der Jndier (Nyctiornis Athertonii) iſt auf der Oberſeite
papageigrün, auf der Unterſeite unrein iſabellgelb, olivengrün in die Länge geſtreift; der Oberkopf,
die Kinn- und Kehlfedern, ſowie die Säume der langen, breiten, dunkelblaugrünen Gurgelfedern ſind
hellſpangrün. Das Auge iſt tiefgelb, der Schnabel bleigrau, ſchwarz an der Spitze, der Fuß
dunkelgrün. Die Länge beträgt 14, die Breite 18, die Fittiglänge 5½, die Schwanzlänge 6 Zoll.

Atherton ſandte dieſen Bienenfreſſer zuerſt an den Naturforſcher Jardine und berichtete, daß
derſelbe ſich einzeln in den Bambuswäldern des Jnnern von Jndien finde und des Nachts ſein
Weſen treibe. Auf dieſe Angabe hin wurde der auffallende und, wie durch ſpätere Beobachtungen
erwieſen, falſche Name gegeben. Jetzt wiſſen wir durch Hodgſon’s und Jerdon’s Forſchungen,
daß der Nachtſpint die großen, luftigen Wälder Jndiens, von der Tiefe an bis zu drei und viertauſend
Fuß unbedingter Höhe aufwärts, bewohnt, daß er gewöhnlich einzeln lebt, von einem Zweige aus jagt
und zu demſelben nach glücklichem Fange zurückkehrt, daß er Bienen und Weſpen, aber auch Käfer,
Cicaden und dergleichen frißt und ſich durch ein träges, langweiliges Weſen auszeichnet. Nach
Hodgſon’s Verſicherung ſoll er gelegentlich der Jagdzüge, welche die Najahs veranſtalten, oft lebend
gefangen werden: der von der Jägermenge verurſachte Lärm verdutzt ihn ſo, daß er ſich greifen läßt.
Dagegen verſichert Boys, daß er ſich ſchwer beſchleichen ließe. Sein Schrei ſoll ein lauter, gellender
Ton ſein. Ueber die Fortpflanzung iſt etwas Sicheres nicht bekannt. Die Eingebornen behaupten,
daß er in hohlen Bäumen brüte.



Als die nächſten Verwandten der Bienenfreſſer betrachtet man die Naken (Coracii), ziemlich
große, meiſt in bunten Farben prangende Vögel, welche ebenfalls nur auf der Oſthälfte der Erde zu
Hauſe ſind. Der Schnabel iſt mittel- oder ziemlich lang, kräftig, gerade, an der Wurzel etwas ver-
breitert, gegen die Spitze zuſammengedrückt, ſcharfſchneidig und an der Spitze übergebogen. Der Fuß
iſt kurz, ſchwachläufig und kurzzehig. Die Schwingen ſind mittellang oder lang und ziemlich
breit. Der Schwanz iſt in der Regel ebenfalls mittellang, aber bald gerade abgeſchnitten, bald
ſchwach gerundet, bald ſeicht gegabelt; zuweilen ſind auch ſeine beiden äußerſten Federn weit über die
übrigen verlängert. Das Gefieder iſt zerſchliſſen, aber harſch und rauh; die Schäfte der Federn ſind
ſteif, die Bärte glatt, jedoch locker geſchloſſen. Grün, Blau, Zimmtbraun oder Weinroth ſind die
vorherrſchenden Farben des Gefieders. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich wenig, die Jungen
unweſentlich von den Alten.

Als die eigentliche Heimat der Raken ſind die Gleicherländer der alten Welt anzuſehen. Eine
Art der Familie kommt allerdings im Norden und ſo in Europa vor; die Mehrzahl aber bewohnt
den eben angegebenen Gürtel. Afrika und Aſien zählen ſo ziemlich die gleiche Anzahl von Arten;
Neuholland iſt arm an Mitgliedern der Gruppe. Trockene und ebene Gegenden bilden den bevor-
zugten Aufenthalt; in Gebirgen finden ſich die Raken ebenſo ſelten, wie in beſonders fruchtbaren
Gegenden. Nur bedingungsweiſe kann man ſie als Waldvögel betrachten. Jn den dünn beſtandenen
Steppenwäldern Afrikas fehlen ſie allerdings nicht; dagegen meiden ſie im Norden wie im Süden
zuſammenhängende Beſtände. Bedingung für ihren Aufenthalt ſind große, einzeln ſtehende Bäume
oder Felswände, Felskegel und unbewohnte Gebäude, von denen aus ſie eine weite Umſchau haben

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[146/0160] Die Späher. Leichtſchnäbler. Bienenfreſſer. Raken. Jn Jndien iſt die Familie zahlreich und durch einzelne Arten vertreten, welche ſo ſehr von dem allgemeinen Gepräge abweichen, daß Cabanis aus ihnen eine eigene Unterfamilie gebildet hat. Die Nachtſpinte (Nyctiornis) kennzeichnen ſich durch mittellangen, ſtarken, gebogenen Schnabel, mittel- lange Flügel, in denen die vierte Schwinge die längſte iſt, einen langen, faſt gerade abgeſchnittenen Schwanz und ein ziemlich reiches, weiches Gefieder, welches ſich in der Hals- und Bruſtgegend zu eigenthümlichen ſteifen Federgebilden verlängert. Der Nachtſpint oder Sangrok der Jndier (Nyctiornis Athertonii) iſt auf der Oberſeite papageigrün, auf der Unterſeite unrein iſabellgelb, olivengrün in die Länge geſtreift; der Oberkopf, die Kinn- und Kehlfedern, ſowie die Säume der langen, breiten, dunkelblaugrünen Gurgelfedern ſind hellſpangrün. Das Auge iſt tiefgelb, der Schnabel bleigrau, ſchwarz an der Spitze, der Fuß dunkelgrün. Die Länge beträgt 14, die Breite 18, die Fittiglänge 5½, die Schwanzlänge 6 Zoll. Atherton ſandte dieſen Bienenfreſſer zuerſt an den Naturforſcher Jardine und berichtete, daß derſelbe ſich einzeln in den Bambuswäldern des Jnnern von Jndien finde und des Nachts ſein Weſen treibe. Auf dieſe Angabe hin wurde der auffallende und, wie durch ſpätere Beobachtungen erwieſen, falſche Name gegeben. Jetzt wiſſen wir durch Hodgſon’s und Jerdon’s Forſchungen, daß der Nachtſpint die großen, luftigen Wälder Jndiens, von der Tiefe an bis zu drei und viertauſend Fuß unbedingter Höhe aufwärts, bewohnt, daß er gewöhnlich einzeln lebt, von einem Zweige aus jagt und zu demſelben nach glücklichem Fange zurückkehrt, daß er Bienen und Weſpen, aber auch Käfer, Cicaden und dergleichen frißt und ſich durch ein träges, langweiliges Weſen auszeichnet. Nach Hodgſon’s Verſicherung ſoll er gelegentlich der Jagdzüge, welche die Najahs veranſtalten, oft lebend gefangen werden: der von der Jägermenge verurſachte Lärm verdutzt ihn ſo, daß er ſich greifen läßt. Dagegen verſichert Boys, daß er ſich ſchwer beſchleichen ließe. Sein Schrei ſoll ein lauter, gellender Ton ſein. Ueber die Fortpflanzung iſt etwas Sicheres nicht bekannt. Die Eingebornen behaupten, daß er in hohlen Bäumen brüte. Als die nächſten Verwandten der Bienenfreſſer betrachtet man die Naken (Coracii), ziemlich große, meiſt in bunten Farben prangende Vögel, welche ebenfalls nur auf der Oſthälfte der Erde zu Hauſe ſind. Der Schnabel iſt mittel- oder ziemlich lang, kräftig, gerade, an der Wurzel etwas ver- breitert, gegen die Spitze zuſammengedrückt, ſcharfſchneidig und an der Spitze übergebogen. Der Fuß iſt kurz, ſchwachläufig und kurzzehig. Die Schwingen ſind mittellang oder lang und ziemlich breit. Der Schwanz iſt in der Regel ebenfalls mittellang, aber bald gerade abgeſchnitten, bald ſchwach gerundet, bald ſeicht gegabelt; zuweilen ſind auch ſeine beiden äußerſten Federn weit über die übrigen verlängert. Das Gefieder iſt zerſchliſſen, aber harſch und rauh; die Schäfte der Federn ſind ſteif, die Bärte glatt, jedoch locker geſchloſſen. Grün, Blau, Zimmtbraun oder Weinroth ſind die vorherrſchenden Farben des Gefieders. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich wenig, die Jungen unweſentlich von den Alten. Als die eigentliche Heimat der Raken ſind die Gleicherländer der alten Welt anzuſehen. Eine Art der Familie kommt allerdings im Norden und ſo in Europa vor; die Mehrzahl aber bewohnt den eben angegebenen Gürtel. Afrika und Aſien zählen ſo ziemlich die gleiche Anzahl von Arten; Neuholland iſt arm an Mitgliedern der Gruppe. Trockene und ebene Gegenden bilden den bevor- zugten Aufenthalt; in Gebirgen finden ſich die Raken ebenſo ſelten, wie in beſonders fruchtbaren Gegenden. Nur bedingungsweiſe kann man ſie als Waldvögel betrachten. Jn den dünn beſtandenen Steppenwäldern Afrikas fehlen ſie allerdings nicht; dagegen meiden ſie im Norden wie im Süden zuſammenhängende Beſtände. Bedingung für ihren Aufenthalt ſind große, einzeln ſtehende Bäume oder Felswände, Felskegel und unbewohnte Gebäude, von denen aus ſie eine weite Umſchau haben

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/160>, abgerufen am 25.11.2024.