Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Späher. Leichtschnäbler. Bienenfresser.
besonderen Reiz. Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, muß ich hier von diesen Steppen-
bränden ausführlicher sprechen; denn gerade der Scharlachspint spielt dabei eine bedeutende Rolle.

Wenn die vernichtende Dürre bereits alles Pflanzenleben ertödtet und namentlich die während der
Regenzeit paradiesische Steppe in eine traurige Einöde verwandelt hat, zündet der Nomade bei
heftigem Winde den Graswald in geeigneter Richtung an. Augenblicklich fast und gewaltig greift das
Feuer um sich. Mit der Schnelle des Sturmes selbst jagen die Flammen über die Ebene dahin.
Meilenweit breitet das Feuermeer sich aus, eine Wolke von Qualm und Rauch oder dunkle Glut an das
Himmelsgewölbe heftend. Mit stets sich vermehrender Gefräßigkeit verschlingt es die dürr gewordenen
Gräser; gierig züngelt es selbst an den Bäumen empor, die blattdürren Schlingpflanzen, welche ihnen

[Abbildung] Der Scharlachspint (Meli[t]totheres nubicus). 1/2 der nat. Größe.
neue Nahrung geben, vernichtend. Nicht selten erreicht es den Urwald und verkohlt hier die Baum-
stämme, deren Laubdach es verwüstete; nicht selten kommt es an das Dorf heran und schleudert seine
zündenden Pfeile auf die aus Stroh erbauten Hütten.

Wenn nun auch der Steppenbrand, ungeachtet der Menge des Brennstoffes und seiner leichten
Entzündlichkeit, niemals zum Verderben der schnellfüßigen Thiere werden kann, erregt er doch die
ganze Thierwelt aufs äußerste; denn er treibt alles Lebende, welches die hohen Gräser verdeckten-
wenigstens in die Flucht und steigert diese zuweilen in Folge seiner schnellen Verbreitung zur förm-
lichen Naserei. Alle Steppenthiere fliehen schreckerfüllt, wenn sich ihnen das Feuer nähert. Die
Antilopen jagen mit dem Sturm um die Wette; Leoparden und andere Raubthiere mischen sich unter
sie und vergessen der Feindschaft, des Würgens; unmuthig erhebt sich der Löwe, aufbrüllend vor Zorn

Die Späher. Leichtſchnäbler. Bienenfreſſer.
beſonderen Reiz. Selbſt auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, muß ich hier von dieſen Steppen-
bränden ausführlicher ſprechen; denn gerade der Scharlachſpint ſpielt dabei eine bedeutende Rolle.

Wenn die vernichtende Dürre bereits alles Pflanzenleben ertödtet und namentlich die während der
Regenzeit paradieſiſche Steppe in eine traurige Einöde verwandelt hat, zündet der Nomade bei
heftigem Winde den Graswald in geeigneter Richtung an. Augenblicklich faſt und gewaltig greift das
Feuer um ſich. Mit der Schnelle des Sturmes ſelbſt jagen die Flammen über die Ebene dahin.
Meilenweit breitet das Feuermeer ſich aus, eine Wolke von Qualm und Rauch oder dunkle Glut an das
Himmelsgewölbe heftend. Mit ſtets ſich vermehrender Gefräßigkeit verſchlingt es die dürr gewordenen
Gräſer; gierig züngelt es ſelbſt an den Bäumen empor, die blattdürren Schlingpflanzen, welche ihnen

[Abbildung] Der Scharlachſpint (Meli[t]totheres nubicus). ½ der nat. Größe.
neue Nahrung geben, vernichtend. Nicht ſelten erreicht es den Urwald und verkohlt hier die Baum-
ſtämme, deren Laubdach es verwüſtete; nicht ſelten kommt es an das Dorf heran und ſchleudert ſeine
zündenden Pfeile auf die aus Stroh erbauten Hütten.

Wenn nun auch der Steppenbrand, ungeachtet der Menge des Brennſtoffes und ſeiner leichten
Entzündlichkeit, niemals zum Verderben der ſchnellfüßigen Thiere werden kann, erregt er doch die
ganze Thierwelt aufs äußerſte; denn er treibt alles Lebende, welches die hohen Gräſer verdeckten-
wenigſtens in die Flucht und ſteigert dieſe zuweilen in Folge ſeiner ſchnellen Verbreitung zur förm-
lichen Naſerei. Alle Steppenthiere fliehen ſchreckerfüllt, wenn ſich ihnen das Feuer nähert. Die
Antilopen jagen mit dem Sturm um die Wette; Leoparden und andere Raubthiere miſchen ſich unter
ſie und vergeſſen der Feindſchaft, des Würgens; unmuthig erhebt ſich der Löwe, aufbrüllend vor Zorn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0156" n="142"/><fw place="top" type="header">Die Späher. Leicht&#x017F;chnäbler. Bienenfre&#x017F;&#x017F;er.</fw><lb/>
be&#x017F;onderen Reiz. Selb&#x017F;t auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, muß ich hier von die&#x017F;en Steppen-<lb/>
bränden ausführlicher &#x017F;prechen; denn gerade der Scharlach&#x017F;pint &#x017F;pielt dabei eine bedeutende Rolle.</p><lb/>
          <p>Wenn die vernichtende Dürre bereits alles Pflanzenleben ertödtet und namentlich die während der<lb/>
Regenzeit paradie&#x017F;i&#x017F;che Steppe in eine traurige Einöde verwandelt hat, zündet der Nomade bei<lb/>
heftigem Winde den Graswald in geeigneter Richtung an. Augenblicklich fa&#x017F;t und gewaltig greift das<lb/>
Feuer um &#x017F;ich. Mit der Schnelle des Sturmes &#x017F;elb&#x017F;t jagen die Flammen über die Ebene dahin.<lb/>
Meilenweit breitet das Feuermeer &#x017F;ich aus, eine Wolke von Qualm und Rauch oder dunkle Glut an das<lb/>
Himmelsgewölbe heftend. Mit &#x017F;tets &#x017F;ich vermehrender Gefräßigkeit ver&#x017F;chlingt es die dürr gewordenen<lb/>
Grä&#x017F;er; gierig züngelt es &#x017F;elb&#x017F;t an den Bäumen empor, die blattdürren Schlingpflanzen, welche ihnen<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Scharlach&#x017F;pint</hi><hi rendition="#aq">(Meli<supplied>t</supplied>totheres nubicus).</hi> ½ der nat. Größe.</hi></head></figure><lb/>
neue Nahrung geben, vernichtend. Nicht &#x017F;elten erreicht es den Urwald und verkohlt hier die Baum-<lb/>
&#x017F;tämme, deren Laubdach es verwü&#x017F;tete; nicht &#x017F;elten kommt es an das Dorf heran und &#x017F;chleudert &#x017F;eine<lb/>
zündenden Pfeile auf die aus Stroh erbauten Hütten.</p><lb/>
          <p>Wenn nun auch der Steppenbrand, ungeachtet der Menge des Brenn&#x017F;toffes und &#x017F;einer leichten<lb/>
Entzündlichkeit, niemals zum Verderben der &#x017F;chnellfüßigen Thiere werden kann, erregt er doch die<lb/>
ganze Thierwelt aufs äußer&#x017F;te; denn er treibt alles Lebende, welches die hohen Grä&#x017F;er verdeckten-<lb/>
wenig&#x017F;tens in die Flucht und &#x017F;teigert die&#x017F;e zuweilen in Folge &#x017F;einer &#x017F;chnellen Verbreitung zur förm-<lb/>
lichen Na&#x017F;erei. Alle Steppenthiere fliehen &#x017F;chreckerfüllt, wenn &#x017F;ich ihnen das Feuer nähert. Die<lb/>
Antilopen jagen mit dem Sturm um die Wette; Leoparden und andere Raubthiere mi&#x017F;chen &#x017F;ich unter<lb/>
&#x017F;ie und verge&#x017F;&#x017F;en der Feind&#x017F;chaft, des Würgens; unmuthig erhebt &#x017F;ich der Löwe, aufbrüllend vor Zorn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0156] Die Späher. Leichtſchnäbler. Bienenfreſſer. beſonderen Reiz. Selbſt auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, muß ich hier von dieſen Steppen- bränden ausführlicher ſprechen; denn gerade der Scharlachſpint ſpielt dabei eine bedeutende Rolle. Wenn die vernichtende Dürre bereits alles Pflanzenleben ertödtet und namentlich die während der Regenzeit paradieſiſche Steppe in eine traurige Einöde verwandelt hat, zündet der Nomade bei heftigem Winde den Graswald in geeigneter Richtung an. Augenblicklich faſt und gewaltig greift das Feuer um ſich. Mit der Schnelle des Sturmes ſelbſt jagen die Flammen über die Ebene dahin. Meilenweit breitet das Feuermeer ſich aus, eine Wolke von Qualm und Rauch oder dunkle Glut an das Himmelsgewölbe heftend. Mit ſtets ſich vermehrender Gefräßigkeit verſchlingt es die dürr gewordenen Gräſer; gierig züngelt es ſelbſt an den Bäumen empor, die blattdürren Schlingpflanzen, welche ihnen [Abbildung Der Scharlachſpint (Melittotheres nubicus). ½ der nat. Größe.] neue Nahrung geben, vernichtend. Nicht ſelten erreicht es den Urwald und verkohlt hier die Baum- ſtämme, deren Laubdach es verwüſtete; nicht ſelten kommt es an das Dorf heran und ſchleudert ſeine zündenden Pfeile auf die aus Stroh erbauten Hütten. Wenn nun auch der Steppenbrand, ungeachtet der Menge des Brennſtoffes und ſeiner leichten Entzündlichkeit, niemals zum Verderben der ſchnellfüßigen Thiere werden kann, erregt er doch die ganze Thierwelt aufs äußerſte; denn er treibt alles Lebende, welches die hohen Gräſer verdeckten- wenigſtens in die Flucht und ſteigert dieſe zuweilen in Folge ſeiner ſchnellen Verbreitung zur förm- lichen Naſerei. Alle Steppenthiere fliehen ſchreckerfüllt, wenn ſich ihnen das Feuer nähert. Die Antilopen jagen mit dem Sturm um die Wette; Leoparden und andere Raubthiere miſchen ſich unter ſie und vergeſſen der Feindſchaft, des Würgens; unmuthig erhebt ſich der Löwe, aufbrüllend vor Zorn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/156
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/156>, abgerufen am 25.11.2024.