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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Stoffwechsel. Bewegungen.
von Meilen zurücklegen, binnen wenigen Stunden ein breites Meer überfliegen kann. Zugvögel
fliegen tagelang ohne wesentliche Unterbrechung, Schwebevögel spielen stundenlang in der Luft, und
nur sehr ungünstige Verhältnisse entkräften einzelne schließlich wirklich. Bewunderungswürdig ist,
daß der Vogel in den verschiedensten Höhen, in denen doch die verschiedene Dichtigkeit der Luft auch
einen verschiedenen Kraftaufwand bedingen muß, anscheinend mit derselben Leichtigkeit fliegt. Als
sich Humboldt in der Nähe des Gipfels vom Chimborasso befand, sah er in unermeßbarer Höhe über
sich noch einen Kondor schweben, so hoch, daß er nur als kleines Pünktchen erschien; der Vogel flog
anscheinend mit derselben Leichtigkeit wie in der Tiefe. Daß Dies nicht der Fall ist, hat man durch
Versuche feststellen können: Tauben, welche Luftfahrer fliegen ließen, flogen in bedeutenden Höhen
weit unsicherer als in tieferen Schichten.

Jn der Regel sind die guten Flieger zum Gehen mehr oder weniger unfähig; indessen gibt es
auch unter ihnen einige, welche sich laufend mit Leichtigkeit bewegen. Der Gang selbst ist viel-
fach verschieden: es gibt Renner, Traber, Läufer, Springer, Schreiter, Gänger und endlich ungeschickte
Watschler oder Rutscher unter den Vögeln. Von dem Gange des Menschen, welcher wie sie auf
zwei Füßen einherschreitet, weicht ihr Lauf merklich ab. Mit Ausnahme weniger Schwimmvögel,
welche nur rutschend sich bewegen, gehen alle Vögel auf den Zehen; diejenigen, bei denen der Schwer-
punkt in die Mitte des Körpers fällt, am besten, wenn auch nicht am raschesten, die hochbeinigen gut,
jedoch mit gemessenen Schritten, die kurzbeinigen schlecht, gewöhnlich hüpfend, diejenigen mit mittel-
hohen Beinen sehr schnell und mehr rennend als laufend; alle, welche sich steil tragen, bewegen sich
schwerfällig und ungeschickt, diejenigen, bei denen die Beine ebenfalls weit hinten am Körper eingelenkt
sind, welche aber den Vordertheil desselben herabbiegen, kaum leichter, weil bei ihnen jeder Schritt auch
eine merkliche Drehung des Vorderkörpers nothwendig macht. Einige vortreffliche Flieger können
gar nicht mehr gehen, einige ausgezeichnete Taucher blos rutschend und kriechend sich fördern. Bei
sehr eiligem Laufe nehmen viele ihre Flügel zu Hilfe.

Nicht wenige Mitglieder der Klasse bewegen sich im Wasser mit Behendigkeit, nehmen
schwimmend die meisten Handlungen vor, fördern sich rudernd auf der Oberfläche weiter und tauchen
in dessen Tiefe hinab. Jeder Vogel schwimmt, wenn er auf das Wasser geworfen wird; die Schwimm-
fähigkeit beschränkt sich auch nicht ausschließlich auf die eigentlichen Schwimmer. Bei diesen, wie bei
allen im Wasser lebenden Vögeln überhaupt, stehen die Federn dichter als bei den übrigen, werden auch
beständig reichlich eingefettet und sind so vortrefflich geeignet, die Nässe abzuhalten. Der auf der
Oberfläche des Wassers fortschwimmende Vogel erhält sich ohne irgend welche Anstrengung in seiner
Lage, und jeder Ruderschlag hat bei ihm einzig und allein Fortbewegung des Körpers zur Folge.
Zum Schwimmen benutzt er gewöhnlich nur die Füße, welche er zusammengefaltet vorwärts zieht,
ausbreitet und dann mit voller Kraft gegen das Wasser drückt, bei ruhigem Schwimmen einen nach
dem anderen, bei raschem meist beide zugleich. Um zu steuern, legt er ein Bein mit ausgebreiteten
Zehen nach hinten und rudert mit dem anderen. Mit dem Schwimmen ist oft Tauchfähigkeit ver-
bunden. Einige Vögel schwimmen unter der Oberfläche des Wassers schneller als auf ihr und wett-
eifern mit den Fischen; andere sind nur dann im Stande zu tauchen, wenn sie sich aus einer gewissen
Höhe herab auf das Wasser stürzen. Beide Fähigkeiten sind bedeutsam für die Lebensweise. Jene,
welche von der Oberfläche des Wassers aus mit einem mehr oder weniger sichtbaren Sprunge in das
Wasser tauchen, werden Schwimm- oder Sprungtaucher, jene, welche sich aus der Luft herab in die
Wellen stürzen, Stoßtaucher genannt. Die Schwimmtaucher sind Meister, die Stoßtaucher eigentlich
nur Stümper in ihrer Kunst: jene können ohne Weiteres in die Tiefe hinab tauchen und längere Zeit
in ihr verweilen, diese zwängen sich nur durch die Macht des Stoßes unter die Oberfläche und werden
gewiß gegen ihren Willen wieder emporgeschleudert; jene suchen unter Wasser nach Beute, diese sind
bestrebt, eine bereits erkundete wegzunehmen. Kurze Flügel ermöglichen das Schwimmtauchen, lange
sind zum Stoßtauchen unerläßlich, weil hier das Fliegen Hauptsache, das Tauchen Nebensache geworden
ist. Nur eine einzige Vögelfamilie, die der Sturmtaucher, vereinigt in gewissem Sinne beide Fertig-

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Stoffwechſel. Bewegungen.
von Meilen zurücklegen, binnen wenigen Stunden ein breites Meer überfliegen kann. Zugvögel
fliegen tagelang ohne weſentliche Unterbrechung, Schwebevögel ſpielen ſtundenlang in der Luft, und
nur ſehr ungünſtige Verhältniſſe entkräften einzelne ſchließlich wirklich. Bewunderungswürdig iſt,
daß der Vogel in den verſchiedenſten Höhen, in denen doch die verſchiedene Dichtigkeit der Luft auch
einen verſchiedenen Kraftaufwand bedingen muß, anſcheinend mit derſelben Leichtigkeit fliegt. Als
ſich Humboldt in der Nähe des Gipfels vom Chimboraſſo befand, ſah er in unermeßbarer Höhe über
ſich noch einen Kondor ſchweben, ſo hoch, daß er nur als kleines Pünktchen erſchien; der Vogel flog
anſcheinend mit derſelben Leichtigkeit wie in der Tiefe. Daß Dies nicht der Fall iſt, hat man durch
Verſuche feſtſtellen können: Tauben, welche Luftfahrer fliegen ließen, flogen in bedeutenden Höhen
weit unſicherer als in tieferen Schichten.

Jn der Regel ſind die guten Flieger zum Gehen mehr oder weniger unfähig; indeſſen gibt es
auch unter ihnen einige, welche ſich laufend mit Leichtigkeit bewegen. Der Gang ſelbſt iſt viel-
fach verſchieden: es gibt Renner, Traber, Läufer, Springer, Schreiter, Gänger und endlich ungeſchickte
Watſchler oder Rutſcher unter den Vögeln. Von dem Gange des Menſchen, welcher wie ſie auf
zwei Füßen einherſchreitet, weicht ihr Lauf merklich ab. Mit Ausnahme weniger Schwimmvögel,
welche nur rutſchend ſich bewegen, gehen alle Vögel auf den Zehen; diejenigen, bei denen der Schwer-
punkt in die Mitte des Körpers fällt, am beſten, wenn auch nicht am raſcheſten, die hochbeinigen gut,
jedoch mit gemeſſenen Schritten, die kurzbeinigen ſchlecht, gewöhnlich hüpfend, diejenigen mit mittel-
hohen Beinen ſehr ſchnell und mehr rennend als laufend; alle, welche ſich ſteil tragen, bewegen ſich
ſchwerfällig und ungeſchickt, diejenigen, bei denen die Beine ebenfalls weit hinten am Körper eingelenkt
ſind, welche aber den Vordertheil deſſelben herabbiegen, kaum leichter, weil bei ihnen jeder Schritt auch
eine merkliche Drehung des Vorderkörpers nothwendig macht. Einige vortreffliche Flieger können
gar nicht mehr gehen, einige ausgezeichnete Taucher blos rutſchend und kriechend ſich fördern. Bei
ſehr eiligem Laufe nehmen viele ihre Flügel zu Hilfe.

Nicht wenige Mitglieder der Klaſſe bewegen ſich im Waſſer mit Behendigkeit, nehmen
ſchwimmend die meiſten Handlungen vor, fördern ſich rudernd auf der Oberfläche weiter und tauchen
in deſſen Tiefe hinab. Jeder Vogel ſchwimmt, wenn er auf das Waſſer geworfen wird; die Schwimm-
fähigkeit beſchränkt ſich auch nicht ausſchließlich auf die eigentlichen Schwimmer. Bei dieſen, wie bei
allen im Waſſer lebenden Vögeln überhaupt, ſtehen die Federn dichter als bei den übrigen, werden auch
beſtändig reichlich eingefettet und ſind ſo vortrefflich geeignet, die Näſſe abzuhalten. Der auf der
Oberfläche des Waſſers fortſchwimmende Vogel erhält ſich ohne irgend welche Anſtrengung in ſeiner
Lage, und jeder Ruderſchlag hat bei ihm einzig und allein Fortbewegung des Körpers zur Folge.
Zum Schwimmen benutzt er gewöhnlich nur die Füße, welche er zuſammengefaltet vorwärts zieht,
ausbreitet und dann mit voller Kraft gegen das Waſſer drückt, bei ruhigem Schwimmen einen nach
dem anderen, bei raſchem meiſt beide zugleich. Um zu ſteuern, legt er ein Bein mit ausgebreiteten
Zehen nach hinten und rudert mit dem anderen. Mit dem Schwimmen iſt oft Tauchfähigkeit ver-
bunden. Einige Vögel ſchwimmen unter der Oberfläche des Waſſers ſchneller als auf ihr und wett-
eifern mit den Fiſchen; andere ſind nur dann im Stande zu tauchen, wenn ſie ſich aus einer gewiſſen
Höhe herab auf das Waſſer ſtürzen. Beide Fähigkeiten ſind bedeutſam für die Lebensweiſe. Jene,
welche von der Oberfläche des Waſſers aus mit einem mehr oder weniger ſichtbaren Sprunge in das
Waſſer tauchen, werden Schwimm- oder Sprungtaucher, jene, welche ſich aus der Luft herab in die
Wellen ſtürzen, Stoßtaucher genannt. Die Schwimmtaucher ſind Meiſter, die Stoßtaucher eigentlich
nur Stümper in ihrer Kunſt: jene können ohne Weiteres in die Tiefe hinab tauchen und längere Zeit
in ihr verweilen, dieſe zwängen ſich nur durch die Macht des Stoßes unter die Oberfläche und werden
gewiß gegen ihren Willen wieder emporgeſchleudert; jene ſuchen unter Waſſer nach Beute, dieſe ſind
beſtrebt, eine bereits erkundete wegzunehmen. Kurze Flügel ermöglichen das Schwimmtauchen, lange
ſind zum Stoßtauchen unerläßlich, weil hier das Fliegen Hauptſache, das Tauchen Nebenſache geworden
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[979/1033] Stoffwechſel. Bewegungen. von Meilen zurücklegen, binnen wenigen Stunden ein breites Meer überfliegen kann. Zugvögel fliegen tagelang ohne weſentliche Unterbrechung, Schwebevögel ſpielen ſtundenlang in der Luft, und nur ſehr ungünſtige Verhältniſſe entkräften einzelne ſchließlich wirklich. Bewunderungswürdig iſt, daß der Vogel in den verſchiedenſten Höhen, in denen doch die verſchiedene Dichtigkeit der Luft auch einen verſchiedenen Kraftaufwand bedingen muß, anſcheinend mit derſelben Leichtigkeit fliegt. Als ſich Humboldt in der Nähe des Gipfels vom Chimboraſſo befand, ſah er in unermeßbarer Höhe über ſich noch einen Kondor ſchweben, ſo hoch, daß er nur als kleines Pünktchen erſchien; der Vogel flog anſcheinend mit derſelben Leichtigkeit wie in der Tiefe. Daß Dies nicht der Fall iſt, hat man durch Verſuche feſtſtellen können: Tauben, welche Luftfahrer fliegen ließen, flogen in bedeutenden Höhen weit unſicherer als in tieferen Schichten. Jn der Regel ſind die guten Flieger zum Gehen mehr oder weniger unfähig; indeſſen gibt es auch unter ihnen einige, welche ſich laufend mit Leichtigkeit bewegen. Der Gang ſelbſt iſt viel- fach verſchieden: es gibt Renner, Traber, Läufer, Springer, Schreiter, Gänger und endlich ungeſchickte Watſchler oder Rutſcher unter den Vögeln. Von dem Gange des Menſchen, welcher wie ſie auf zwei Füßen einherſchreitet, weicht ihr Lauf merklich ab. Mit Ausnahme weniger Schwimmvögel, welche nur rutſchend ſich bewegen, gehen alle Vögel auf den Zehen; diejenigen, bei denen der Schwer- punkt in die Mitte des Körpers fällt, am beſten, wenn auch nicht am raſcheſten, die hochbeinigen gut, jedoch mit gemeſſenen Schritten, die kurzbeinigen ſchlecht, gewöhnlich hüpfend, diejenigen mit mittel- hohen Beinen ſehr ſchnell und mehr rennend als laufend; alle, welche ſich ſteil tragen, bewegen ſich ſchwerfällig und ungeſchickt, diejenigen, bei denen die Beine ebenfalls weit hinten am Körper eingelenkt ſind, welche aber den Vordertheil deſſelben herabbiegen, kaum leichter, weil bei ihnen jeder Schritt auch eine merkliche Drehung des Vorderkörpers nothwendig macht. Einige vortreffliche Flieger können gar nicht mehr gehen, einige ausgezeichnete Taucher blos rutſchend und kriechend ſich fördern. Bei ſehr eiligem Laufe nehmen viele ihre Flügel zu Hilfe. Nicht wenige Mitglieder der Klaſſe bewegen ſich im Waſſer mit Behendigkeit, nehmen ſchwimmend die meiſten Handlungen vor, fördern ſich rudernd auf der Oberfläche weiter und tauchen in deſſen Tiefe hinab. Jeder Vogel ſchwimmt, wenn er auf das Waſſer geworfen wird; die Schwimm- fähigkeit beſchränkt ſich auch nicht ausſchließlich auf die eigentlichen Schwimmer. Bei dieſen, wie bei allen im Waſſer lebenden Vögeln überhaupt, ſtehen die Federn dichter als bei den übrigen, werden auch beſtändig reichlich eingefettet und ſind ſo vortrefflich geeignet, die Näſſe abzuhalten. Der auf der Oberfläche des Waſſers fortſchwimmende Vogel erhält ſich ohne irgend welche Anſtrengung in ſeiner Lage, und jeder Ruderſchlag hat bei ihm einzig und allein Fortbewegung des Körpers zur Folge. Zum Schwimmen benutzt er gewöhnlich nur die Füße, welche er zuſammengefaltet vorwärts zieht, ausbreitet und dann mit voller Kraft gegen das Waſſer drückt, bei ruhigem Schwimmen einen nach dem anderen, bei raſchem meiſt beide zugleich. Um zu ſteuern, legt er ein Bein mit ausgebreiteten Zehen nach hinten und rudert mit dem anderen. Mit dem Schwimmen iſt oft Tauchfähigkeit ver- bunden. Einige Vögel ſchwimmen unter der Oberfläche des Waſſers ſchneller als auf ihr und wett- eifern mit den Fiſchen; andere ſind nur dann im Stande zu tauchen, wenn ſie ſich aus einer gewiſſen Höhe herab auf das Waſſer ſtürzen. Beide Fähigkeiten ſind bedeutſam für die Lebensweiſe. Jene, welche von der Oberfläche des Waſſers aus mit einem mehr oder weniger ſichtbaren Sprunge in das Waſſer tauchen, werden Schwimm- oder Sprungtaucher, jene, welche ſich aus der Luft herab in die Wellen ſtürzen, Stoßtaucher genannt. Die Schwimmtaucher ſind Meiſter, die Stoßtaucher eigentlich nur Stümper in ihrer Kunſt: jene können ohne Weiteres in die Tiefe hinab tauchen und längere Zeit in ihr verweilen, dieſe zwängen ſich nur durch die Macht des Stoßes unter die Oberfläche und werden gewiß gegen ihren Willen wieder emporgeſchleudert; jene ſuchen unter Waſſer nach Beute, dieſe ſind beſtrebt, eine bereits erkundete wegzunehmen. Kurze Flügel ermöglichen das Schwimmtauchen, lange ſind zum Stoßtauchen unerläßlich, weil hier das Fliegen Hauptſache, das Tauchen Nebenſache geworden iſt. Nur eine einzige Vögelfamilie, die der Sturmtaucher, vereinigt in gewiſſem Sinne beide Fertig- 62*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 979. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/1033>, abgerufen am 23.11.2024.